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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.160,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zuhanden seines Rechtsvertreters zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer war vom 1. Februar 1992 bis 31. März 2004 Bürgermeister der Gemeinde T in Salzburg. Er hat seit 1. April 2000 einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach den einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt wurde ihm zudem ein monatlicher Ruhegenuss ab 1. April 2004 zugesprochen.römisch eins. 1.1. Der Beschwerdeführer war vom 1. Februar 1992 bis 31. März 2004 Bürgermeister der Gemeinde T in Salzburg. Er hat seit 1. April 2000 einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach den einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt wurde ihm zudem ein monatlicher Ruhegenuss ab 1. April 2004 zugesprochen.
1.2. Mit Schreiben der Gemeinde T vom 22. Oktober 2004 wurde der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) bekannt gegeben, dass vom Beschwerdeführer und der Gemeinde T seit 1. April 1999 monatlich ein Pensionsversicherungsbeitrag von insgesamt 22,8 vH der jeweiligen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage einbehalten wurde. Weiter heißt es in diesem, auch dem Beschwerdeführer zugegangenen Schreiben:
"Da mit Austritt des Bürgermeisters der angefallene Gesamtbetrag an jenen Pensionsversicherungsträger zu leisten ist, der aufgrund des Zivilberufes zuständig ist, ersuchen wir um Bekanntgabe einer Bankverbindung, damit dieser Beitrag an Sie überwiesen werden kann.
Da von den Beiträgen Bgm. [W] einen Teil zurückerhalten wird, ersuchen wir um Bekanntgabe der diesbezüglichen weiteren Vorgangsweise bzw. ob [W] hier einen eigenen Antrag stellen muss."
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2004 stellte der Beschwerdeführer bei der PVA einen Antrag auf Rückerstattung von Pensionsbeiträgen. Darin führt er unter anderem aus, dass er
"[e]rst mit Schreiben der Marktgemeinde [T] vom 22.10.2004 ... darauf aufmerksam [wurde], dass von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten von der Marktgemeinde T die bisher geleisteten Beiträge noch nicht angefordert wurden. Ich bin daher erst heute in der Lage[,] gemäß §70 (4) ASVG einen Antrag auf Rückerstattung bzw. Teilrückerstattung der Beiträge zu stellen."
1.3. Mit Bescheid der PVA vom 14. Februar 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erstattung von Pensionsbeiträgen abgelehnt, da dieser Antrag nicht gemäß §70 Abs4 ASVG iVm §13 BundesbezügeG binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung eingelangt sei. 1.3. Mit Bescheid der PVA vom 14. Februar 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erstattung von Pensionsbeiträgen abgelehnt, da dieser Antrag nicht gemäß §70 Abs4 ASVG in Verbindung mit §13 BundesbezügeG binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung eingelangt sei.
1.4. Dem dagegen erhobenen Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 4. Mai 2006 keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die Beschwerde behauptet im Wesentlichen, §70 Abs4 ASVG sei unsachlich und verstoße gegen den Gleichheitssatz, weil die in dieser Bestimmung vorgesehene Frist für die Rückerstattung von Versicherungsbeiträgen bloß sechs Monate betrage, während in allen anderen Fällen des §70 ASVG die für die Rückerstattung vorgesehene Antragsfrist drei Jahre betrage.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete weitere Äußerungen.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz" in §70 Abs4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 64/1997, ein.römisch II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "binnen sechs Monaten nach dem Ende des Anspruches auf Bezüge oder auf Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz" in §70 Abs4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, Bundesgesetzblatt 189 aus 1955, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 64 aus 1997,, ein.
Mit Erkenntnis vom 12. März 2008, G254/07, hob er die Wortfolge "binnen sechs Monaten" in §70 Abs4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 64/1997, als verfassungswidrig auf. Mit Erkenntnis vom 12. März 2008, G254/07, hob er die Wortfolge "binnen sechs Monaten" in §70 Abs4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, Bundesgesetzblatt 189 aus 1955, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 64 aus 1997,, als verfassungswidrig auf.
2. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die soeben genannte Bestimmung in der als verfassungswidrig aufgehobenen Fassung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
3. Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von EUR 360,--.römisch III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von EUR 360,--.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1044.2006Dokumentnummer
JFT_09919688_06B01044_00