Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Karl Josef Steger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Janko Tischler jun, Rechtsanwalt in Klagenfurt, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T***** Reisebüro Gesellschaft mbH, Klagenfurt, Paulitschgasse 7 (AZ 5 S 158/89 des Landesgerichtes Klagenfurt) wegen Feststellung einer Konkursforderung von S 744.115,76,--, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 20. November 1991, GZ 2 R 253/91-29, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. Juni 1991, GZ 25 Cg 20/91-24, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird in "A*****", ***** richtiggestellt.
2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.459,20,-- bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.743,20,--, Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Im Gerichtsregister des Kreis-Wirtschaftsgerichtes Split als Registergericht ist unter der Registereinlage I-413/Split die "A*****" ***** (übersetzt: "A*****" Reiseagentur mit unbeschränkter Haftung; folgend Gesellschaft) mit Sitz in Dubrovnik, ********** eingetragen; das Unternehmen ist an das (szt.) jugoslawische Gesetz über Unternehmungen und an das (szt.) jugoslawische Gesetz über die Außenhandelsgeschäfte angepaßt. Unternehmensgegenstand ist unter anderem die Durchführung aller Geschäfte im Zusammenhang mit American Express und anderen Karten- und Reisedokumenten (Schecks). Im Registerblatt 8 sind als Teil der Gesellschaft drei Teilbetriebe registriert, dabei unter "Unterzahl 3." die J***** in Zagreb, *****. Nach dem (szt.) jugoslawischen Recht kommt Teilen eines Unternehmens keine eigene Rechtspersönlichkeit zu (Art 3b Abs 2 des Gesetzes über Unternehmen). Das Agieren eines Unternehmensteils kann stets nur im Namen und für Rechnung des Unternehmens, nicht jedoch im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erfolgen.
Die als "prot. Firma A*****" mit dem Sitz in Zagreb bezeichnete klagende Partei begehrte von der späteren Gemeinschuldnerin - Beklagter ist nun der Masseverwalter im Konkurs über ihr Vermögen - die Zahlung von S 606.258,-- sA aus dem Titel des Schadenersatzes wegen der behaupteten mißbräuchlichen Verwendung von Kreditkarten und nach Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12. Dezember 1989, GZ 5 S 158/89-2) sowie Bestreitung der Forderung durch den Masseverwalter die Feststellung einer entsprechenden - offenbar irrig als Masseforderung bezeichneten - Konkursforderung (ON 6). Nach Fortsetzung des Verfahrens als Prüfungsprozeß wendete der Beklagte in der Verhandlungstagsatzung vom 13. September 1990 ein, daß die klagende Partei weder Partei - noch prozeßfähig sei; die angegebene Gesellschaft bzw Gesellschaftsform existiere in Jugoslawien bzw Kroatien nicht. Die klagende Partei bezeichnete sich in der Folge als eine zur Klagsführung befugte "Zweigniederlassung" einer parteifähigen juristischen Person, während der Beklagte behauptete, die klagende Partei sei nur "Teil" einer juristischen Person.
Das Erstgericht erklärte das Verfahren ab Klagszustellung für nichtig und wies die Klage zurück. "A*****" mit Sitz in Zagreb stelle einen ins Register eingetragenen Teil der Gesellschaft mit Sitz in Dubrovnik dar. Nach (szt.) jugoslawischem Recht seien Unternehmensteile keine juristischen Personen, sondern agierten stets nur im Namen und für Rechnung des Unternehmens (der Gesellschaft); auch nach österr. Recht könne eine Zweigniederlassung nicht Partei in einem Rechtsstreit sein. Damit fehle der klagenden Partei die Partei- und die Prozeßfähigkeit.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom angezogenen Zurückweisungsgrund auf. Die vom Erstgericht angenommene Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens bestehe nicht. Prozeßpartei sei das Unternehmen A***** mit Sitz in Dubrovnik. Wenn auch seine Zagreber "Zweigniederlassung" (= Betriebsteil) in diesem Rechtsstreit, an dem sie mit Rücksicht auf den Rechtsgrund des Klagsanspruches beteiligt sei, in die Parteibezeichnung aufgenommen worden sei, könne darin allenfalls eine Ungenauigkeit erblickt werden, die jederzeit berichtigt werden könne. Es bestehe aber kein Grund, wegen der Verquickung von Hauptunternehmen und "Zweigniederlassung" in der Parteibezeichnung die Partei- und damit auch die Prozeßfähigkeit der juristischen Person "A***** Reiseagentur mit unbeschränkter Haftung", in deren Namen und auf deren Rechnung der Prozeß geführt werde, in Zweifel zu ziehen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht gerechtfertigt.
Parteifähig sind alle physischen und juristischen Personen und darüber hinaus jene Gebilde, denen die Rechtsordnung durch besondere Vorschriften die Fähigkeit zu klagen und geklagt zu werden, verliehen hat, ohne ihnen im übrigen Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen (SZ 62/1, SZ 48/76; 1 Ob 25, 26/87; Fasching Lehrbuch2 Rz 332 bis 335). Die Rechts- und Handlungsfähigkeit ausländischer Personenvereinigungen richtet sich nach ihrem Personalstatut (§§ 10, 12 IPRG), bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nach dem Recht des Staates, in welchem der Rechtsträger den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat. Die selbständige Rechtspersönlichkeit von Zweigniederlassungen ist nach ihrem eigenen Sitzrecht zu beurteilen (3 Ob 53/78; Schwimann in Rummel, Rz 10 zu § 12 IPRG und Grundriß des internationalen Privatrechts 81 mwN; Kegel, Internationales Privatrecht6 369). Haben sie danach keine eigene Rechtspersönlichkeit, so unterliegen sie in allen organisatorischen (gesellschaftsrechtlichen) Belangen einschließlich der Vertretungsmacht dem Recht am tatsächlichen Hauptverwaltungssitz der juristischen Person oder des sonstigen Gebildes (JBl 1976, 104; Schwimann in Rummel, Rz 10 zu § 12 IPRG und Grundriß des internationalen Privatrechts 86). Nach diesen Grundsätzen ist in analoger Anwendung auch bei bloßen Teilbetrieben eines Unternehmens, die keine Zweigniederlassung sind, vorzugehen. Da der als klagende Partei bezeichnete Teilbetrieb A***** in Zagreb, somit im (szt.) Jugoslawien seinen Sitz hat, kommt für die Frage nach der Rechtspersönlichkeit eines Teilbetriebs (szt.) jugoslawisches Recht zur Anwendung. Nach diesem Heimatrecht des Teilbetriebes kommt ihm, wie bereits oben dargestellt und von beiden Parteien gar nicht in Frage gestellt ist, keine eigene Rechtspersönlichkeit und damit auch keine Parteifähigkeit zu; Rechtsträger ist vielmehr die demselben Heimatrecht wie der Teilbetrieb unterfallende registrierte Gesellschaft mit Sitz in Dubrovnik. Auch nach österr. Rechtslage sind "Außenstellen", Betriebstätten, "Verkaufsbüros", "Zweigstellen" und Zweigniederlassungen eines Kaufmanns oder einer Handelsgeschäfte betreibenden Gesellschaft nicht selbständig rechtsfähig (vgl SZ 61/140 mwN, SZ 58/53, SZ 54/33; HS 9.014 ua; Schiemer, Handkommentar zum AktG2 Anm 2.2. zu § 35 mwN). Die vom Revisionsrekurswerber ins Treffen geführten rechtlichen Unterschiede von Teilbetrieben und Zweigniederlassungen sind hier bedeutungslos.
Nun ist nach österr. Prozeßrecht zu prüfen, was zu geschehen hat, wenn ein nicht rechtsfähiger Teilbetrieb als klagende Partei auftritt. Nach stRspr kann der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigende (SZ 62/1, SZ 49/17 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 337) Mangel der Parteifähigkeit durch eine bloße Änderung der Parteibezeichnung (§ 235 Abs 5 ZPO) - auch von Amts wegen durch das Rechtsmittelgericht (SZ 62/1; ÖBl 1975, 61 ua) - jederzeit dann beseitigt werden, wenn unter der angegebenen Bezeichnung kein rechtsfähiges Gebilde existiert, wohl aber, wie es hier zutrifft, aus dem gesamten Vorbringen und nicht nur aus den gemäß §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes (1 Ob 25, 26/87) klar zu erkennen und nicht zweifelhaft ist, daß ein bestehendes Rechtssubjekt klagen oder geklagt werden sollte (GesRZ 1988, 49 = WBl 1987, 344 mwN; SZ 54/61; RZ 1977/102 ua; Fasching III 112). Solche Zweifel bestehen hier nicht, zumal auch "A*****" in die Bezeichnung der klagenden Partei aufgenommen wurde.
Freilich darf eine Berichtigung der Parteibezeichnung nach Streitanhängigkeit grundsätzlich nicht dazu mißbraucht werden, daß an die Stelle der bisherigen Partei ein anderes Rechtssubjekt tritt (SZ 62/1, SZ 54/61 ua), doch kann im vorliegenden Fall davon keine Rede sein. Der erkennende Senat hält unbeschadet der Rechtsprechung, daß die - hier von der zweiten Instanz als notwendig erkannte, aber nicht vorgenommene - Richtigstellung im Rubrum der Entscheidung genügt (EvBl 1973/30; SZ 23/7 ua), die Aufnahme in den Spruch der Entscheidung für zweckmäßig (so auch 3 Ob 555/90; vgl auch Fasching, Lehrbuch2 Rz 328). Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO (Obsiegen in einem Zwischenstreit).
Anmerkung
E30203European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00014.92.0910.000Dokumentnummer
JJT_19920910_OGH0002_0080OB00014_9200000_000