TE OGH 1992/9/15 4Ob71/92

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, c/o Österreichischer Reisebüroverband, Wien 1., Hofburg, Kongreßzentrum, vertreten durch Dr.Herwig Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Wien 15., Viktoriagasse 6, 2. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesgruppe Wien, Wien 15., Diefenbachgasse 36, 3. Naturfreundejugend Österreich, Wien 15., Viktoriagasse 6, 4. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesgruppe Niederösterreich, St.Pölten, Heßstraße 4, 5. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Ortsgruppe St.Pölten, St.Pölten, Heßstraße 4, 6. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesgruppe Oberösterreich, Linz, Landstraße 36/3, 7. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesgruppe Salzburg, Salzburg, Ignaz Harrer-Straße 9, 8. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesgruppe Steiermark, Graz, Südtirolerplatz 13, 9. Touristenverein Naturfreunde Österreich, Landesleitung Tirol, Innsbruck, Salurnerstraße 1/2, sämtliche vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15.Mai 1992, GZ 5 R 59/92-12 , womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 8.Februar 1992, GZ 38 Cg 340/91-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagten sind nach dem Vereinsgesetz 1951 gegründete Vereine. In den Statuten des Erstbeklagten - denen jene der übrigen Beklagten inhaltlich entsprechen - heißt es:

"§ 2 Ziel und Zweck des Vereines

Der Verein ist eine gemeinnützige, eigenständige Kultur- und Freizeitorganisation ohne Streben nach Gewinn mit der zentralen Aufgabe, den Menschen Naturerlebnisse zu vermitteln, den Gemeinschaftsgeist zu fördern, zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung beizutragen und die Tradition als alpiner Verein fortzusetzen. Der Verein bekennt sich zu den Grundsätzen der sozialen Demokratie. Die Mitgliedschaft steht allen demokratisch Gesinnten offen.

Zielsetzungen des Vereines sind:

1. Menschen jeden Alters für das Erlebnis der Natur und deren Schutz zu gewinnen und im besonderen Kinder und Jugendliche für die Ziele des Vereines so frühzeitig wie möglich zu erfassen.

2. Naturerlebnisse vor allem dort vermitteln zu helfen, wo dafür keine ökonomische Rentabilität gegeben ist - wie im Bau und in der Erhaltung von Wegen und Unterkünften.

3. Förderung von in der Natur ausgeübten Sportarten, wie zum Beispiel Bergsteigen, Schilauf, Wandern, Wassersport und Orientierungslauf.

4. Im Bereich der naturnahen Sportarten, mit besonderem Schwerpunkt auf den Alpinismus im weitesten Sinn, richtige Vorbilder zu setzen und dadurch zu fachlich überlegtem Verhalten zu erziehen.

5. Allen Menschen Gelegenheiten zu einem naturnahen und kulturell sinnvollen Urlaub zu bieten.

6. Belange einer naturverbundenen und humanen Freizeit zu vertreten und darüber zu informieren.

7. Kulturelle Aktivitäten, zum Beispiel auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur, des Theaters, des Filmwesens, der Musik und des Volkstanzes zu fördern.

8. Das gesellschaftliche Bewußtsein der Menschen durch kulturelle und politische Bildung zu stärken.

9. Für die Erhaltung der Natur und einer gesunden Umwelt einzutreten.

10. Auf Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes, der Länder und der Gemeinden in Fragen, die mit dem Aufgabengebiet des Vereines in Zusammenhang stehen, Einfluß zu nehmen und darüberhinaus auch internationale Kontakte zu pflegen.

§ 3 Mittel zur Erreichung des Vereinszieles

1. Bau, Erwerb, Pacht und Bewirtschaftung von Schutzhütten, Talunterkünften, Kinder- und Jugendherbergen, Bootshäusern, von Vereinsheimen, Zeltplätzen und von Biwakschachteln.

Errichtung und Markierung von Wegen.

2. Durchführung von Reisen, Ausflügen, Exkursionen, Ferien- und Erholungsaufenthalten sowie von sportlichen, touristischen und naturwissenschaftlichen Unternehmungen jeder Art und jeden Schwierigkeitsgrades in Österreich und im Ausland.

Erwirkung von Ermäßigungen bei Bahn, auf Postbussen, Seilbahnen und Liftanlagen.

3. Schaffung entsprechender Fachgruppen und Errichtung von Schulungs- und Ausbildungszentren, z.B. Bergsteigerschulung, Abhaltung von Schi-, Wildwasser-, Fotokurse und dgl. für Mitglieder.

4. Einrichtung von Lehrgängen zur Aus- und Fortbildung vereinseigener Fach- und Lehrwarte sowie von Trainern in allen Sparten unter Beachtung der einschlägigen, gesetzlichen Bestimmungen.

5. Anlage fachwissenschaftlicher Sammlungen und Büchereien sowie die Herausgabe von Führerwerken, Wanderkarten, Fachbüchern, einschlägiger Broschüren und Zeitschriften.

Herausgabe der Vereinszeitschrift "Der Naturfreund".

6. Pflege des Volks- und Brauchtums.

7. Zusammenarbeit mit allen Organisationen, Behörden und Institutionen, die gleiche oder ähnliche Zielsetzungen verfolgen, z. B. Bergrettungs- und Umweltschutzeinrichtungen."

Der Erstbeklagte führt in seinem Haus in Wien 15., Viktoriagasse 6, ein im ersten Stock untergebrachtes "Bundesreisereferat" unter der Bezeichnung "Urlaub und Reisen". In der Eingangshalle befindet sich ein Wegweiser mit einem Hinweis auf dieses Referat. In dem als "Bundesreisereferat" verwendeten Raum sind auf den Wänden Plakate und Prospekte angebracht.

Die Beklagten unterrichten über ihre Aktivitäten in periodisch erscheinenden Mitgliederzeitungen. Die Vereinsaktivitäten bestehen ua im Wandern, Bergsteigen, Schilaufen, Radfahren, Sportklettern, Tourenschifahren, Wildwasserpaddeln, Laufen, Tauchen usw. Ein großer Teil der Hütten und der Bergwanderwege in der österreichischen Bergwelt werden von den Beklagten unterhalten.

In den Zeitschriften der Beklagten gibt es Informationen über Wander- und Klettergebiete, Berichte über Hochalpine Expeditionen, Umweltbeiträge, Informationen über vereinseigene Hütten und Häuser, Vorschläge für Radtouren mit Sicherheitshinweisen udgl. Die alpine Berichterstattung im weitesten Sinne dominiert.

Außerdem enthalten die Vereinszeitschriften Mitteilungen über die bei den Beklagten zu buchenden Urlaubsaufenthalte und Reisen im In- und Ausland sowie über Abenteuer-, Studien- und Fernreisen. Über das Urlaubs-, Abenteuer-, Bildungs- und Erlebnisreisenprogramm informiert auch eine wie ein Reiseprospekt gestaltete Ausgabe der Vereinszeitschrift "Der Naturfreund". Auf Seite 3 der Nr.1/91 dieser Zeitschrift hieß es unter der Überschrift "Sommerprogramm' 91":

"Auf den nächsten Seiten stellen wird Ihnen die Urlaubsangebote der Naturfreunde für 1991 vor. Sicherlich ist auch für Sie etwas dabei.

Sollten Sie sich für eine bestimmte Reise oder ein Ferienziel interessieren, wenden Sie sich bitte an das nächstgelegene Naturfreunde-Sekretariat. Telefonnummern und Adressen sind auf Seite 47 angeführt.

Die Teilnahme an unseren Reisen ist an die Mitgliedschaft bei den Naturfreunden gebunden."

Die darin vorgeschlagenen Hotels oder Feriendörfer stehen zum Teil im Eigentum der Beklagten. Auf den Seiten 46 und 47 waren die "Allgemeinen Bedingungen" abgedruckt. Ihr erster Absatz lautete:

"Die Teilnahme

Die Teilnahme an unseren Urlaubsaktionen ist nur Mitgliedern der Naturfreunde Österreich möglich. Der Erwerb der Mitgliedschaft ist jederzeit möglich."

Im Jahre 1991 betrug der Vollmitgliedsbeitrag S 310.

Einer Testperson wurde im "Bundesreisereferat" auf die Frage, ob jedermann buchen könne, mitgeteilt, daß nur die Buchung von Mitgliedern angenommen werden könne; das sei aber kein Problem, weil die Mitgliedschaft rund S 300 pro Jahr koste und bei der Buchung gezahlt werden könne.

Tatsächlich nehmen die Beklagten Reisebuchungen nur von Mitgliedern entgegen. Sie verfügen über keine Konzession für das Reisebürogewerbe.

Die Vereinsmitteilungsblätter werden nur den Vereinsmitgliedern per Post zugesandt. Im Zuge von Werbeaktionen wurden sie auch von Informationsständen aus an Passanten verteilt. Ein Sonderheft der "Naturfreunde St.Pölten, Mitteilungen", Ausgabe Juni 1991, wurde an Haushalte versandt. In ihm wurden dem Leser der fünfbeklagte Verein und seine Aktivitäten vorgestellt; berichtet wurde über Wintersport, Wandern, Bergsteigen, Klettern, Paddeln, Paragleiten, Rafting, Langsamlauf, Radwandern, Yoga, kulturelle Aktivitäten, Klettern, Stockstießen, Eislaufen, Aktivitäten einer Kinder- und Jugendgruppe, Umweltschutz, Triathlon, Urlaub und Reisen. Auf Seite 21 der Sondernummer waren die Mitgliedsbeiträge für 1991 angeführt und die Vorteile einer Mitgliedschaft aufgezählt; auf der nächsten Seite war ein auszuschneidender Kupon als Beitrittserklärung abgedruckt. Neben den persönlichen Daten hatte der Beitrittswillige auch die Möglichkeit, ein Interessengebiet anzugeben; zur Auswahl standen dabei u.a. Wandern/Bergwandern, Sportklettern, Schilauf und andere Sportarten, aber auch Fotografie, Urlaub/Reisen, Umweltschutz usw.

Am 14.12.1988 richtete der Erstbeklagte ein Schreiben an "Herrn Obersenatsrat Dr.Franz L*****, Mag.Abt.63" mit folgendem Ersuchen:

"Die Bundesleitung der Naturfreunde Österreich ersucht höflichst um Ihre gutachtliche Stellungnahme, ob die Veranstaltungstätigkeit unseres Vereines, insbesonders die Durchführung von Urlaubsaufenthalten und Bildungsreisen für Mitglieder durch die Gewerberechtsnovelle 1988 eine Änderung erfährt.

Zur Beurteilung führen wir aus:

Der Touristenverein Naturfreunde Österreich ist seit seiner Gründung im Jahr 1895 eine gemeinnützige, eigenständige Kultur- und Freizeitorganisation ohne Streben nach Gewinn mit der zentralen Aufgabe, den Menschen Naturerlebnisse zu vermitteln, den Gemeinschaftsgeist zu fördern, zu einer sinnvollen Freizeitgestaltung beizutragen und die Tradition als alpiner Verein fortzusetzen.

Ziel und Zweck des Vereines sind in § 2 Abs. 1 bis 10 unserer Statuten genau beschrieben.

Im Abs. 5 heißt es: Allen Menschen Gelegenheiten zu einem naturnahen und kulturellen sinnvollen Urlaub zu bieten.

Im § 3 Mittel zur Erreichung des Vereinszieles wird in Abs. 2 festgehalten:

Durchführung von Reisen, Ausflügen, Exkursionen, Ferien- und Erholungsaufenthalten sowie von sportlichen, touristischen und naturwissenschaftlichen Unternehmungen jeder Art und jeden Schwierigkeitsgrades in Österreich und im Ausland.

Zur Erreichung dieses wichtigen Vereinszieles führt die Bundesleitung ein 'Reisereferat', welches unter der Leitung eines Reisesekretärs und einer Mitarbeiterin steht. Beide sind Angestellte der Naturfreunde Bundesleitung. Auch einige unserer Landesorganisationen unterhalten solche 'Reisereferate'.

Alle Angebote dieser Reisereferate werden kostengünstig kalkuliert. Wir gehen davon aus, daß im Vergleich zu den Angeboten von Reiseveranstaltern, die gewinnorientiert arbeiten, unsere Reiseangebote, die ausschließlich Naturfreundemitgliedern angeboten werden, billiger sind. Die Naturfreunde können aber nicht erkennen, daß für ihre Mitglieder bzw. Teilnehmer an diesen Aktivitäten ein individueller vermögensrechtlicher Vorteil entsteht.

Ihren geschätzten Ausführungen, ob diese statutengemäße Erfüllung unseres Vereinszieles nunmehr den Regeln des Gewerberechtes unterliegt, sehen wir mit Interesse und Dank entgegen."

Das Amt der Wiener Landesregierung antwortete am 10.2.1989:

"Die in Ihrem Schreiben vom 14.Dezember 1988 aufgeworfene Frage, ob das vereinsintern geführte 'Reisereferat' nach § 1 Abs. 6 der mit 1. Jänner 1989 in Kraft getretenenen Gewerberechtsnovelle 1988 (BGBl. Nr. 399) als gewerbsmäßige Tätigkeit aufzufassen sei, wurde im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten herangetragen. Dem dazu ergangenen Erlaß vom 24.Jänner 1989, GZ. 30.553/2-III/1/89, ist zu entnehmen, daß die Tätigkeit des Reisereferates durch den Touristenverein Naturfreunde Österreich nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und daher auch nicht vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 6 leg.cit. erfaßt wird."

Das angeschlossene Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24.1.1989, GZ. 30.553/2-III/1/89, hatte folgenden Wortlaut:

"Zunächst kann vorausgesetzt werden, daß das Reisereferat des Touristenvereins Naturfreunde Österreich (TVN) mit seiner Tätigkeit keine Ertragsabsicht in dem Sinne verfolgt, daß dadurch dem TVN bzw. seinen Mitgliedern ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil zufließt (§ 1 Abs. 2 bzw. 5 GewO 1973), sondern daß die den Vereinsmitgliedern in Rechnung gestellten Entgelte des Reisereferates lediglich die Selbstkosten abdecken (vgl VwGH-Erk. vom 17.11.1976, Zl. 2049/75).

Was nun den durch die Gewerberechtsnovelle 1988 neu eingefügten § 1 Abs. 6 GewO 1973 betrifft, ist zu sagen, daß zwar in der Tätigkeit des Reisereferates des TVN insofern eine - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Mitglieder gerichtete Tätigkeit gesehen werden kann, als die vom Reisereferat des TVN angebotenen Reisen im Vergleich zu von gewerblichen Reisebüros veranstalteten Reisen im allgemeinen wohl günstiger angeboten werden können.

Hiebei muß allerdings berücksichtigt werden, daß bei einem Verein wie dem TVN, zu dessen ideellen Zielen ua. Alpinismus, Wandern, Naturerlebnis udgl. gehören, die diesen ideellen Vereinszielen unmittelbar zuzuordnende Reisetätigkeit der Verwirklichung dieser ideellen Ziele dienen soll. Die allfälligen wirtschaftlichen Vorteile, die die Mitglieder aus der die ideellen Vereinsziele verwirklichenden Tätigkeit des Reisereferates des TVN haben, treten daher bestenfalls als Nebeneffekt dieser Tätigkeiten auf. Im Sinne der Ausführungen im Bericht des Handelsausschusses des Nationalrates, 690 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, zu § 1 Abs. 6 GewO 1973 wird daher die Tätigkeit des Reisereferates des TVN nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweisen."

Über das gegen den Verantwortlichen des viertbeklagten Vereines eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren hielt der Magistrat der Landeshauptstadt St.Pölten Abteilung 1-Allgemeine Verwaltung, in einem - den Beteiligten zugestellten - Aktenvermerk folgendes fest:

"Mit Schreiben vom 4.3.1991, GZ. V/1-A-199/265, erteilte das Amt der NÖ Landesregierung dem Magistrat der Landeshauptstadt St.Pölten die Weisung zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Verantwortlichen der Naturfreunde - Landesleitung NÖ, da von diesem eine Reisebürotätigkeit ohne Konzession ausgeübt werden soll.

Als Beweis für die Verwaltungsübertretung legt das Amt der NÖ Landesregierung ein Anmeldeformular für eine Tibet - Nepal - Reise des Herrn Helmuth M***** bei.

Vom Magistrat St.Pölten wurde nunmehr der Verantwortliche der Naturfreunde, Herr Johann P*****, ermittelt und diesem aufgetragen, zum Tatvorwurf Stellung zu nehmen. In der Stellungnahme vom 28.3.1991 weist der Beschuldigte darauf hin, daß der Touristenverein Naturfreunde seit nahezu 100 Jahren Mitgliederreisen organisiert und damit den Inhalt seiner Statuten erfüllt. Dies seien aber alles lediglich Vereinsaktivitäten, an denen ausschließlich Mitglieder des Vereins teilnehmen dürfen. Zur Klärung der Frage, ob die Organisation von Reisen durch die Naturfreunde für ihre Mitglieder nach der Gewerberechtsnovelle 1988 der Konzessionspflicht unterliegt, hat die Bundesleitung des Touristenvereins ein Gutachten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten eingeholt, welches zu dem Schluß kommt, daß die gegenständliche Tätigkeit des Reisereferates des TVN nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist.

Diese Stellungnahme sowie das Gutachten des Bundesministeriums für wirtsch. Angelegenheiten wurde der letztlich anzeigenden Behörde, nämlich der Juristengruppe - Kommission für Reisebürofragen beim BMfwA, zur Stellungnahme übermittelt und teilte die Kommission mit, daß sich an der Rechtsmeinung des Ministeriums seit 1989 nichts geändert habe. Allerdings seien im gegenständlichen Fall nicht die im Gutachten angeführten Voraussetzungen gegeben, sondern verteilen die Naturfreunde ihre Prospekte, in denen für die Reisen geworben werde, öffentlich in den Straßen von St.Pölten. Dies sei eine Überschreitung der Vereinstätigkeit und stelle dies eine Reisebürotätigkeit dar. Als Beweis für ihr Vorbringen legte die Kommission die Niederösterreichische Naturfreundezeitung Heft 1/Februar 1991 vor.

Zu diesem Vorwurf erstattete der Touristenverein der Naturfreunde die Stellungnahme, daß anläßlich eines Informationsstandes, der für die Mitgliedschaft bei den Naturfreunden werben sollte, die Mitgliederzeitschrift als Darstellung der Vereinstätigkeit verteilt wurde. Ein Anbieten der Reisen an Nichtmitglieder sei aber keinesfalls erfolgt.

Die Magistratsabteilung XII, Verkehrsangelegenheiten, legte über Ersuchen eine Abschrift ihres Schreibens, in welchem sie 'die Durchführung einer Werbeveranstaltung mit Blumenverteilung' durch die Naturfreunde zur Kenntnis nimmt, vor. Sohin war also die Absicht des TVN - nämlich eine Werbeveranstaltung durchzuführen - als erwiesen anzusehen.

Dieser Umstand wurde abermals der Kommission für Reisebürofragen beim BMfwA zur Stellungnahme mitgeteilt, und antwortete das Ministerium damit, daß die gegenständliche Anzeige nach wie vor aufrecht erhalten und ersucht wird, das BMfwA über die Ermittlungen auf dem laufenden zu halten.

Nachdem die von der anzeigenden Behörde vorgelegten Beweise, nämlich das Anmeldeformular, auf dessen erster Seite die Rubrik 'Mitgliedsnummer' und der Vermerk 'Die auf der Rückseite angeführten allgemeinen Geschäftsbedingungen werden zur Kenntnis genommen' stehen, sowie der erste Punkt der AGB, nämlich daß die Teilnahme an den Urlaubsaktionen nur den Mitgliedern der Naturfreunde Österreich möglich ist, sowie die Ausschreibung der Tibet-Nepal-Reise, auf deren Seite 4 ausdrücklich hingewiesen wird, daß nur Naturfreundemitglieder teilnahmeberechtigt sind, auf einen geschlossenen Teilnehmerkreis schließen lassen, war der angesprochene Tatbestand der Ausübung einer konzessionspflichtigen Tätigkeit ohne Konzession als nicht gegeben anzusehen. Daran kann auch die Mitgliederzeitung, die anläßlich einer Werbeaktion verteilt wurde, nichts ändern, da allein aus ihr die Möglichkeit der Anmeldung von Nichtmitgliedern für Reisen des TVN nicht bewiesen wird. Die Behauptung der anzeigenden Behörde, nämlich daß jedermann bei dem TVN Reisen buchen konnte, wurde aufgrund der erhobenen Beweise daher nicht mit der für das Verwaltungsstrafverfahren nötigen Sicherheit unter Beweis gestellt, sodaß gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Ziff. 1 VStG 1991 einzustellen war."

Mit der Behauptung, daß die "Reiseaktivitäten" der Beklagten dem Erscheinungsbild einer herkömmlichen kommerziellen Reiseveranstaltertätigkeit entsprächen, die Beklagten demnach, ohne über eine entsprechende Konzession zu verfügen, das Reisebürogewerbe gemäß § 208 Abs 1 GewO ausübten und damit gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstießen, begehrt der klagende Wettbewerbsverband zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, konzessionspflichtige Dienstleistungen des Reisebürogewerbes - insbesondere die Veranstaltung von Gesellschaftsfahrten oder Pauschalreisen mit Flug- oder Bustransport inklusive Unterkunft, Verpflegung und Reiseleitung sowie die Entgegennahme von Buchungen für solche Reiseveranstaltungen - anzukündigen und/oder zu erbringen, sofern die dafür erforderliche Reisebürokonzession nicht erteilt wurde.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Das Durchführen von Reisen in Österreich und im Ausland bilde nur einen verschwindenden Teil ihrer umfangreichen Tätigkeiten. Nur ihre Mitglieder könnten bei ihnen Reisen buchen; der Mitgliedsbeitrag werde nicht anläßlich der Buchung mitgezahlt. Die Werbeaktionen der Beklagten dienten ausschließlich dem Gewinnen von Mitgliedern. Auf Grund des Rechtsgutachtens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24.1.1989 stehe fest, daß die Beklagten ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze ausübten; sie seien nicht als Reisebüro tätig, sondern nur als Vereine im Interesse ihrer Mitglieder. Die Beklagten schütteten keine Gewinne an die Mitglieder aus; vielmehr ließen sie ihnen nur die Vorteile aus der verbilligten Buchung von Reisen zugute kommen. Daß sie bei der Mitgliederwerbung auf ihre Reiseprogramme hinwiesen, können am grundsätzlichen Erscheinungsbild der Beklagten als ideelle gemeinnützige Vereine nichts ändern. Ihre Rechtsauffassung sei jedenfalls mit gutem Grund vertretbar.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das Veranstalten und Vermitteln von Erholungs- und Kulturreisen sei nur eine der zahlreichen Tätigkeiten der beklagten Vereine; deren Schwerpunkt liege nach wie vor im alpinen Bereich. Die Vereinstätigkeit der Beklagten weise insgesamt nicht das Erscheinungsbild eines Reisebüros auf. Daran könne auch die Tatsache nichts ändern, daß im Bürogebäude der Erstbeklagten ein Raum wie ein Reisebüro ausgestattet sei und jährlich eine der Vereinszeitschriften einem Reiseprospekt gleiche, zumal auch dort darauf hingewiesen werde, daß die Teilnahme an den Reisen an die Mitgliedschaft bei den "Naturfreunden" gebunden sei. Daß der Erwerb der Mitgliedschaft jederzeit möglich ist, könne im Hinblick auf die zahlreichen Aktivitäten der Beklagten nicht als Umgehung der Konzessionspflicht gewertet werden. Das Verteilen einer Naturfreunde-Zeitung von einem Informationsstand aus und das Versenden von Naturfreundemitteilungen "an einen Haushalt" sei als Mitgliederwerbung zu sehen. Daß die Beklagten Reisen veranstalteten oder vermittelten, um damit einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen oder ihren Mitgliedern vermögensrechtliche Vorteile zu verschaffen, sei nicht bescheinigt; vielmehr sei davon auszugehen, daß die beanstandete Tätigkeit in Erfüllung der Vereinszwecke geschehe. Eine Konzessionspflicht bestehe daher nicht.

Selbst eine konzessionspflichtige Tätigkeit der Beklagten wäre aber nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, habe sich doch der Erstbeklagte um ein Rechtsgutachten bemüht und eine verneinende Auskunft des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten erhalten. Durch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Verantwortlichen des Viertbeklagten sei diese Ansicht noch bestätigt worden. Ein allfälliger Gesetzesverstoß wäre daher den Beklagten keinesfalls vorzuwerfen.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Ob die Beklagten eine konzessionspflichtige Tätigkeit ausüben, sei nicht nach den Vereinsstatuten, sondern auf Grund ihrer tatsächlichen Aktivitäten zu beurteilen. § 1 Abs 6 GewO wolle die Tätigkeit von Vereinen erfassen, die für ihre Mitglieder den Gegenstand eines Gewerbes bildende Leistungen erbringen. In den EB werde ausgeführt, daß das Merkmal der Ertragsabsicht bei Personenvereinigungen neu gefaßt werden müsse, weil der Ertrag der Vereinstätigkeit nicht den Mitgliedern unmittelbar zufließe, sondern diese Tätigkeit den Mitgliedern dadurch Vorteile bringe, daß sie sich gegenüber der Inanspruchnahme vergleichbarer Gewerbebetriebe Kosten ersparten. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Beklagten die Reisen zu Preisen anbieten, die unter Berücksichtigung eines Gewinnes kalkuliert sind, oder ob die Preise den Selbstkosten entsprechen; eines von beiden müsse zutreffen, so daß die Tätigkeit der Beklagten jedenfalls den Tatbestand des § 1 Abs 6 GewO verwirkliche. Feststellungen darüber, ob die Beklagten bei ihrer Preisgestaltung einen Gewinn einrechneten oder alle Vorteile den Mitgliedern weitergäben, seien daher entbehrlich. Die Tätigkeit der Beklagten sei dann konzessionspflichtig, wenn sie das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbes aufweist (§ 1 Abs 6 GewO). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei das "Bundesreisereferat" der Erstbeklagten wie ein Reisebüro ausgestattet; für die Reisen werde in den Vereinszeitschriften und in einer einem Reiseprospekt ähnlichen Publikation geworben. Jeder einzelne der Beklagten veranstalte und vermittle - wie ergänzend als bescheinigt angenommen werde - Reisen. Die Tätigkeit der Beklagten unterscheide sich nicht von der eines Reisebüros. Daß die Beklagten daneben noch zahlreiche andere Aufgaben wahrnehmen, könne daran nichts ändern; maßgebend könne immer nur sein, wie sich jene Tätigkeit gestalte, die an sich konzessionspflichtig ist. Diese Tätigkeit zeige bei den Beklagten das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes. Sollten ihre Preise den Selbstkosten entsprechen, dann kämen ihren Mitgliedern vermögensrechtliche Vorteile zu; ihre Tätigkeit sei deshalb konzessionspflichtig. Das gleiche gelte, wenn die Preise der Beklagten die Selbstkosten überstiegen, würden sie doch in diesem Fall erst recht in der Absicht tätig, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

Die Beklagten könnten sich aber auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihre Auffassung mit guten Gründen vertretbar sei. Auf die Äußerungen der Behörden könnten sie sich nur dann berufen, wenn diesen Äußerungen ein in allen wesentlichen Merkmalen vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen wäre. Der Erstbeklagte habe jedoch in seiner Anfrage vom 14.12.1988 nicht offengelegt, wie seine Tätigkeit als Reiseveranstalter nach außen hin in Erscheinung tritt. Er habe weder seine wie ein Reiseprospekt gestaltete Vereinszeitschrift beigelegt noch darauf hingewiesen, daß das "Bundesreisereferat" "dekorationsmäßig wie ein Reisebüro ausgestattet" ist. Dazu komme, daß das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten nur die den ideellen Vereinszielen unmittelbar zuzuordnende Reisetätigkeit als nicht konzessionspflichtig gewertet habe. Die Beklagten böten aber Reisen an, die - wie Städteflüge und Fernreisen - dem Angebot kommerzieller Reiseveranstalter völlig entsprächen. Diese Reisen ließen sich den ideellen Zielen der Beklagten - wie Alpinismus, Wandern, Naturerlebnis udgl. - nicht unmittelbar zuordnen. Da das Schreiben des Erstbeklagten nicht die gesamte Reiseveranstaltungstätigkeit der Beklagten erfasse, hätten die Beklagten die Äußerung des Ministeriums nicht als verläßliche Grundlage der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung werten dürfen. Das gleiche gelte für die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Verantwortlichen der Viertbeklagten. Die Beschränkung auf einen "geschlossenen Teilnehmerkreis" schließe die Konzessionspflicht nicht aus; sie sei vielmehr ein der Veranstaltung von Gesellschaftsfahrten wesentliches Merkmal. Den Beklagten wäre es zuzumuten gewesen, qualifizierten Rechtsrat einzuholen. Sie hätten demnach sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG gehandelt.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1 Abs 2, erster Halbsatz, GewO wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt nach dem durch die Gewerberechtsnovelle 1988 BGBl 399 eingefügten § 1 Abs 6 GewO die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist.

Daß die Beklagten - wie sie behaupten (S. 51) - mit dem Veranstalten und Vermitteln von Reisen keine Gewinne anstreben, sondern nur ihren Mitgliedern billigere Reisen verschaffen wollen, hat der Kläger - trotz der Anmeldung von Zweifeln (S. 40) - nicht als unrichtig bezeichnet; er hat nicht einmal versucht, das Gegenteil zu bescheinigen. Bei der Beurteilung des Sachverhaltes ist demnach davon auszugehen, daß die Beklagten nur die Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder - durch Verschaffung billiger Reisen - anstreben. Die Beantwortung der Frage, ob die Beklagten das Gewerbe eines Reisebüros (§ 208 Abs 1 GewO) ausüben, hängt somit nur noch davon ab, ob ihre Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes, also eines Reisebüros, aufweist.

Zur Klärung der Frage, ob die Beklagten für ihre Tätigkeit eine Reisebürokonzession benötigen, sind, soweit diese Frage Hauptfrage eines Verfahrens ist, die zuständigen Gewerbebehörden berufen. Im Wettbewerbsstreit kommt es hingegen darauf an, ob die Beklagten gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoßen haben. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verlangt das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil jedenfalls dort eine besondere subjektive Komponente auf der Seite der Beklagten, wo der ihnen angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet wird. Nur eine den Beklagten auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung der Vorschriften der Gewerbeordnung würde es rechtfertigen, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung im Sinn des § 1 UWG anzunehmen (SZ 56/2; ÖBl 1986, 121; SZ 57/169 uva). Dieser Grundsatz muß vor allem dort gelten, wo es um eine unterschiedliche Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift geht. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Verletzung dieser Vorschriften gegen § 1 UWG verstößt, kommt es vor allem darauf an, ob die Auffassung der Beklagten über den Umfang ihrer Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann; trifft das zu, dann kann diese Auslegung der gesetzlichen Vorschrift und die darauf beruhende Tätigkeit der Beklagten nicht mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden (SZ 56/2; ÖBl 1986, 121; ÖBl 1987, 71; ÖBl 1988, 72; ÖBl 1990, 108 uva). Das trifft aber auf die Rechtsansicht der Beklagten nicht zu:

§ 1 Abs 6 GewO wurde geschaffen, weil nach der Meinung des Gesetzgebers in letzter Zeit immer mehr Vereine deswegen gegründet worden waren, um für die Vereinsmitglieder Tätigkeiten auszuüben, die den Gegenstand eines Gewerbes bilden. Da in solchen Fällen der Ertrag der Vereinstätigkeit den Mitgliedern nicht unmittelbar zufließt, sondern die Vereinstätigkeit den Mitgliedern dadurch Vorteile bringt, daß sie sich gegenüber der Inanspruchnahme vergleichbarer Gewerbebetriebe Kosten ersparen, müsse das Merkmal der Ertragsabsicht bei Personenvereinigungen neu gefaßt werden (RV in 341 BlgNR 17. GP 31). Bei der Neufassung dieser Bestimmung ging der Handelsausschuß davon aus, daß zahlreiche Vereine nach dem Vereinsgesetz 1951 existieren, deren Tätigkeit insgesamt zwar den Mitgliedern gewisse wirtschaftliche Vorteile verschafft,welche jedoch bei diesen Vereinen gleichsam nur als Nebeneffekt einer Tätigkeit auftreten, der im übrigen keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Verfolgung und der Pflege des Vereinszwecks zukommt. Diese Vereine sollten durch § 1 Abs 6 GewO nicht erfaßt werden, da für sie charakteristisch sei, daß sie nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweisen. Das heiße also, daß etwa ein Musikverein für sein Vereinsorchester Instrumente und Noten, ein Fußballverein die Mannschaftsdressen und Bälle, ein Schützenverein die Schützentrachten weiterhin unbeanstandet ohne Gewerbeberechtigung besorgen dürfe. Weiters würden in der Regel die im land- und forstwirtschaftlichen Bereich üblichen Vereinigungen, wie zB Vereine von Tierhaltern, Weinbautreibenden usw mangels Erscheinungsbildes eines einschlägigen Gewerbebetriebes keiner Gewerbeberechtigung bedürfen. Das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes werde hingegen dann gegeben sein, wenn der Verein seinen Mitgliedern - wenn auch zur Förderung des ideellen Zweckes - Leistungen anbietet und erbringt oder Waren an die Mitglieder vertreibt und dies in einer Art und Weise vor sich geht, die vergleichbar ist mit dem Auftreten und der Gestion eines einschlägigen Gewerbebetriebes. Hiebei komme es nicht so sehr darauf an, ob der Verein eine kaufmännische Einrichtung bestimmten Umfanges besitzt, sondern darauf, wie sich der Verein hinsichtlich der üblicherweise von Gewerbebetrieben ausgeübten Tätigkeiten dem Publikum gegenüber präsentiert (Bericht des Handelsausschusses in 690 BlgNR 17. GP 2 f).

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen hat, betreibt ein Verein auch dann das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken gewerbsmäßig, wenn nur Vereinsmitglieder die Leistungen in Anspruch nehmen können (89/04/0186 in WBl 1991, 196). Auch für die Erfüllung des Erscheinungsbildes eines gewerblichen Barbetriebes ist es nach nach dem VwGH ohne Belang, ob der Zutritt nur Mitgliedern oder auch vereinsfremden Personen möglich ist. Für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht genüge es, wenn bloß die Absicht besteht, aus der Tätigkeit den Vereinsmitgliedern irgendeinen vermögenswerten Vorteil zuzuwenden, was auch in der Möglichkeit der Mitglieder (des Clubs) liegt, gastgewerbliche Leistungen zum Selbstkostenpreis zu konsumieren (90/04/0036 in WBl 1991, 196).

Geht man vom Wortlaut des § 1 Abs 6 GewO, den Materialien und der bisher bekanntgewordenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dann kann aber nicht gesagt werden, daß die Rechtsauffassung der Beklagten mit guten Gründen vertreten werden könnte:

Entgegen der Meinung der Beklagten und des Erstgerichtes kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit der Beklagten das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist, nicht auf deren gesamte Aktivitäten, sondern - nach der insoweit eindeutig erklärten Absicht des Gesetzgebers (" ... wie sich der Verein hinsichtlich der üblicherweise von Gewerbebetrieben ausgeübten Tätigkeiten dem Publikum gegenüber präsentiert": 690 BlgNr 17. GP 3) - nur auf das Bild an, das die Reiseveranstaltungen und -vermittlungen der Beklagten machen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen unterhält der Erstbeklagte im ersten Stock des ihm als Vereinssitz dienenden Gebäudes ein "Bundesreisereferat", auf welches auf besonderen Tafeln hingewiesen wird. Dazu haben die Vorinstanzen - ohne daß darin eine Aktenwidrigkeit gelegen wäre - auf Grund der eidesstattlichen Erklärung Beilage L festgestellt, daß dieses Bundesreisereferat wie ein Reisebüro ausgestattet ist. Noch viel stärker fällt aber die Ausgestaltung der Vereinszeitschrift "Der Naturfreund 1/91" mit dem "Sommerprogramm 1991" ins Gewicht. Dort werden - wie im Prospekt eines Reisebüros - Urlaubsreisen und -aufenthalte aller Art angeboten. So kann man - als Vereinsmitglied - über die Beklagten am Meer einschließlich des Hin- und Rückfluges, aber auch Flug- und anschließende Rundreisen in die USA, nach Lateinamerika, in asiatische Länder, aber auch in die verschiedensten europäischen Staaten buchen. Die Aufmachung dieses Sommerprogramms unterscheidet sich in nichts von den Ankündigungen eines Reisebürounternehmens. Die Leistungen der Beklagten auf dem Gebiet der Reiseveranstaltungen können daher nicht mit denjenigen Vereinsaktivitäten verglichen werden, die im zitierten Bericht des Handelsausschusses als Beispiele für Fälle gebracht werden, in denen ein Verein nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist.

Dem Rekursgericht ist ferner darin beizupflichten, daß sich die Beklagten auch nicht mit Erfolg auf die Auskunft der zuständigen Verwaltungsbehörden berufen können. In seiner Anfrage vom 14.12.1988 hat der Erstbeklagte zwar seine Statuten zitiert und mitgeteilt, daß seine Bundesleitung ein "Reisereferat" unterhalte; den Umfang seiner Aktivitäten als Reiseveranstalter und Reisevermittler hat er hingegen nicht dargelegt; er hat auch keines seiner Reiseprogramme vorgelegt. Das Schwergewicht seiner Argumentation lag auf der Behauptung, daß seinen Mitgliedern kein individueller vermögensrechtlicher Vorteil entstehe. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten - das zutreffend darauf hingewiesen hat, daß den Mitgliedern der Beklagten sehr wohl ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinn des § 1 Abs 6 GewO zufließe - ist demgemäß von Reisetätigkeiten der Beklagten ausgegangen, die seinen ideellen Zielen, wie Alpinismus, Wandern und Naturerlebnis, zuzuordnen sind, wobei die wirtschaftlichen Vorteile der Mitglieder "bestenfalls als Nebeneffekt dieser Tätigkeiten aufträten". Daß das Ministerium den Umfang der Reiseaktivitäten der Beklagten gekannt und die Rechtsmeinung vertreten hätte, all diese Veranstaltungen - wie etwa Hotelaufenthalte an der Mittelmeerküste, um dort einen Badeurlaub zu verbringen, oder Städtereisen - dienten den ideellen Vereinszwecken, kann seiner Stellungnahme nicht entnommen werden, könnte doch in diesem Fall das Argument, die - in der Verbilligung der Reisen bestehenden - wirtschaftlichen Vorteile der Mitglieder seien höchstens ein Nebeneffekt dieser Tätigkeiten, nicht nachvollzogen werden. In Wahrheit bilden die von den Beklagten gebotenen Preisvergünstigungen auch für Personen, die nur an Urlauben und Reisen der heute üblichen Art interessiert sind, einen Anreiz, Vereinsmitglied zu werden, obwohl sie an den dem Kernbereich der Vereinstätigkeiten zugehörenden Aktivitäten - wie Wandern, Bergsteigen, Schisport udgl. - überhaupt nicht interessiert sind. Trotz der Äußerung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten können demnach die Beklagten die Auffassung, sie bedürften keiner Reisebürokonzession, nicht mit guten Gründen vertreten. Daran ändert auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Obmann der Viertbeklagten nichts, weil sich der zuständige Beamte dort abermals nur auf das erwähnte Gutachten des Ministeriums gestützt hat.

Den Beklagten ist somit auch subjektiv vorzuwerfen, daß sie gegen § 208 GewO verstoßen und sich damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern - die erst nach dem Erlangen einer entsprechenden Konzession als Reisebüro tätig werden - verschafft haben. Sie haben damit zugleich den guten Sitten im Wettbewerb zuwidergehandelt (§ 1 UWG).

Dem Revisionsrekurs mußte ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E30822

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00071.92.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19920915_OGH0002_0040OB00071_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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