TE OGH 1992/9/15 10ObS177/92

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter aus dem Kreis der Arbeitgeber und Werner Bayer aus dem Kreis der Arbeitnehmer in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sevim E*****, vertreten durch Dr.Bruno Binder, Dr.Helmut Blum und Dr.Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauerlände 3, wegen Gewährung der Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Feber 1992, GZ 13 Rs 108/91-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 17.Juni 1991, GZ 12 Cgs 36/91-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Versicherte starb am 9.8.1990. Seine am 14.4.1977 vor dem Standesamt Hohenems mit der Klägerin geschlossene Ehe wurde mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 26.5.1987 im Einvernehmen geschieden. In dem für den Fall der Scheidung geschlossenen Vergleich verzichteten beide Teile gegenseitig auf Unterhalt. Der Ehemann verpflichtete sich außerdem, der Klägerin 500 S zu bezahlen, wogegen sich diese verpflichtete, ihm das Essen aus von ihm gekauften Lebensmitteln zuzubereiten. Die Ehegatten waren im Zeitpunkt der Ehescheidung türkische Staatsangehörige. Die Klägerin war sowohl zur Zeit der Ehescheidung als auch zur Zeit des Todes des Versicherten erwerbstätig.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Witwenpension gerichtete Klagebegehren ab. Es nahm an, daß nicht festgestellt werden könne, ob vor oder im Zusammenhang mit der Ehescheidung über den Vergleich hinaus eine Vereinbarung über die Unterhaltsleistungen des Versicherten an die Klägerin getroffen wurden. Rechtlich folgerte es, daß die Klägerin nicht gemäß § 258 Abs 4 ASVG Anspruch auf Witwenpension habe, weil der verstorbene Versicherte zum Zeitpunkt seines Todes nicht verpflichtet gewesen sei, ihr Unterhalt zu leisten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die vom Bezirksgericht Feldkirch ausgesprochene Scheidung werde aufgrund des Übereinkommens vom 8.9.1967 über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen auch in der Türkei anerkannt. Überdies komme es hierauf nicht an. Die Frage, ob die Klägerin zur Zeit des Todes mit dem Versicherten in aufrechter Ehe gelebt habe, sei nämlich nach österreichischem Familienrecht zu beurteilen. Da aber eine rechtskräftige Entscheidung über die Scheidung der Ehe zweier in Österreich wohnhafter Türken, für die gemäß § 76 Abs 2 JN die inländische Gerichtsbarkeit gegeben sei, für den österreichischen Rechtsbereich zweifellos wirksam sei, sei die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten im Zeitpunkt seines Todes nicht mehr aufrecht gewesen. Die Klägerin habe daher keinen Anspruch auf Witwenpension gemäß § 258 Abs 1 Z 1 ASVG. Da sie im Zeitpunkt des Todes des Versicherten gegen diesen keinen Unterhaltsanspruch gehabt habe, gebühre ihr die Witwenpension auch nicht aufgrund des § 258 Abs 4

ASVG.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die "außerordentliche" (zufolge § 46 Abs 4 ASGG richtig: ordentliche) Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Schon das Berufungsgericht erkannte richtig, daß es auf die Frage, ob der Beschluß über die Scheidung der Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Versicherten in der Türkei anerkannt wird, nicht ankommt. Entscheidend kann bei § 258 ASVG vielmehr nur sein, ob die Ehescheidung für den österreichischen Rechtsbereich wirksam ist. Die Klägerin beruft sich in der Revision zur Begründung ihres gegenteiligen Standpunkts zu Unrecht auf § 20 Abs 1 IPRG, wonach (iVm § 18 Abs 1 Z 1 IPRG) die Wirkungen der Scheidung einer Ehe nach dem Personalstatut der Ehegatten zu beurteilen sind. Diese Bestimmung ist nämlich für den Anspruch auf eine Pension nicht maßgebend, weil er nicht zu den privatrechtlichen Rechtsverhältnissen gehört (vgl § 1 Abs 1 IPRG und Schwimann in Rummel, ABGB Rz 1 zu § 20 IPRG).

Es muß nicht weiter begründet werden, daß eine durch ein österreichisches Gericht ausgesprochene Scheidung der Ehe für den österreichischen Rechtsbereich jedenfalls und unabhängig davon wirksam ist, ob dasselbe für einen anderen Rechtsbereich und insbesondere für jenen des Personalstatuts der Ehegatten zutrifft. Ist die Ehe mit dem (der) Versicherten durch eine für den österreichischen Rechtsbereich wirksame Entscheidung geschieden, gebührt die Witwenpension aber nur, wenn die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG erfüllt sind. Da es demnach nicht darauf ankommt, ob die Entscheidung über die Ehescheidung aufgrund des Übereinkommens vom 8.9.1967 BGBl 1978/43, zu dessen Vertragsstaaten sowohl Österreich als auch die Türkei gehören, anerkannt wurde oder anzuerkennen ist, sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, hiezu weiter Stellung zu nehmen.

In der Revision wird gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß der Klägerin die Witwenpension aufgrund des § 258 Abs 4 ASVG nicht gebührt, nichts vorgebracht. Da auch der Oberste Gerichtshof aufgrund der von den Vorinstanzen hiezu getroffenen Tatsachenfeststellungen keine Bedenken hat, muß hierauf nicht näher eingegangen werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 lit b ASGG.

Anmerkung

E30560

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00177.92.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19920915_OGH0002_010OBS00177_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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