TE OGH 1992/9/15 10ObS199/92

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichthof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichthofes Dr.Resch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter aus dem Kreis der Arbeitgeber und Werner Bayer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alexander St*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2.April 1992, GZ 13 Rs 23/92-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.September 1991, GZ 13 Cgs 145/91-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG - die dort bezeichneten Ausnahmen kommen hier nicht in Frage - ua die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt gemäß § 10 Abs 1 ASVG unabhängig von der Erstattung der Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf den vereinbarten Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, sondern auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme (Krejci-Marhold in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes 5.ErgLfg 62). Abweichend von dieser Regel können aber auch Fälle vorliegen, in denen nicht der Beginn der Beschäftigung selbst, sondern der Beginn des Dienstverhältnisses für den Beginn der Versicherung maßgeblich ist. Erleidet der Dienstnehmer auf dem Weg zur erstmaligen Aufnahme der ab einem bestimmten Tag mit dem Dienstgeber vereinbarten Arbeitstätigkeit einen Unfall durch den er an der Arbeitsaufnahme gehindert wird, so beginnt die Pflichtversicherung im Sinne des § 10 Abs 1 ASVG für diesen Dienstnehmer bereits mit dem Beginn des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme (SozSi 1970/11; SSV-NF 1/15). Voraussetzung für den Bestand des Versicherungsschutzes gemäß § 175 Abs 2 Z 1 ASVG auf dem Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme ist aber jedenfalls, daß bereits ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, nach dem dieser Beginn der Beschäftigung festgelegt ist.

Nach den Feststellungen hat sich der Kläger hier nur auf einem Weg zu einem Vorstellungstermin befunden, als er den Unfall erlitt. Auch wenn er entschlossen war, die Arbeit bei diesem Unternehmen anzutreten und zu diesem Zweck bereits die Arbeitskleidung mit sich führte und der potentielle Dienstgeber an seiner Einstellung sehr interessiert gewesen sein sollte, ändert dies nichts daran, daß ein Arbeitsvertrag nicht zustande gekommen war. Diese Umstände sprechen wohl für die Wahrscheinlichkeit, daß es zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses gekommen wäre, ein Arbeitsvertrag nach dessen Inhalt der Kläger am 16. 11. 1990 die Arbeit anzutreten gehabt hätte, war jedoch nicht zustande gekommen. Der Kläger befand sich daher im Unfallzeitpunkt nicht auf einem mit der Beschäftigung nach § 175 Abs 1 ASVG zusammenhängenden Weg, zumal ein die Unfallversicherung begründendes Beschäftigungsverhältnis nicht bestand.

Auch die von der Revision für das Bestehen des Versicherungsschutzes nach § 176 Abs 1 Z 8 ASVG ins Treffen geführten Argumente überzeugen nicht. Arbeitsunfällen werden nach dieser Bestimmung - soweit dies hier relevant ist - ausdrücklich nur Unfälle gleichgestellt, die sich ereignen, wenn Personen auf Veranlassung von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung eine Arbeitsstelle aufsuchen. Dies war hier unstrittig nicht der Fall. Die Gesetzesanalogie bildet dann ein zulässiges Mittel der Auslegung, wenn nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung anzunehmen ist, daß der geregelte und der ungeregelte Fall in ihren maßgeblichen Voraussetzungen übereinstimmen. Die Abweichungen werden als unerheblich gewertet. Sie ist ausgeschlossen, wenn ersichtlich ist, daß der Gesetzgeber die Rechtsfolge nur eintreten lassen will, wenn gerade die Voraussetzungen des geregelten Tatbestandes erfüllt sind, also die Nichtregelung dem Plan des Gesetzes entspricht (Koziol-Welser9, 26). In der in Frage stehenden Gesetzesbestimmung wird als Voraussetzung für den Bestand des Versicherungsschutzes gefordert, daß das Aufsuchen ua einer Arbeitsstelle auf Veranlassung von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung erfolgt. Hiefür mag maßgeblich gewesen sein, daß in diesem Fall eine Einbindung in die Arbeitsmarktfürsorge besteht und der Bestand des Versicherungsschutzes auch leichter überprüfbar ist, weil aufgrund der Veranlassung des Arbeitsamtes feststeht, welcher Weg im Rahmen des Aufsuchens eines Arbeitsplatzes zurückzulegen ist (idS auch SSV-NF 5/139 für den versicherungsgeschützten Arztweg). Begibt sich jemand von sich aus, ohne daß dies von einer Dienststelle der Arbeitsmarktverwaltung veranlaßt worden wäre, auf die Suche nach einem Arbeitsplatz, so liegen gänzlich andere Voraussetzungen vor. Dadurch, daß der Gesetzgeber die Veranlassung des Aufsuchens eines Arbeitsplatzes durch die Arbeitsmarktverwaltung fordert, bringt er zum Ausdruck, daß dann, wenn der Weg zum Aufsuchen eines Arbeitsplatzes ohne diese Voraussetzung angetreten wird, der Versicherungsschutz nicht besteht. Es ist daher unzulässig, die Bestimmung des § 176 Abs 8 ASVG im Weg der Analogie auf den vorliegenden Fall anzuwenden, in dem der Kläger den Weg zur Vorstellung bei einem Arbeitgeber aus eigenem Antrieb angetreten hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

Anmerkung

E30314

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00199.92.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19920915_OGH0002_010OBS00199_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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