TE OGH 1992/9/16 9ObA185/92

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Veröffentlicht am 16.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Pipin Henzl und Ferdinand Rodinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** S*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagten Parteien 1) *****Daten-Service GmbH & Co KG, 2) *****Daten-Service GmbH, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.April 1992, GZ 5 Ra 78/92-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Jänner 1992, GZ 42 Cga 269/91-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird im Umfang der erhobenen Kostenrüge zurückgewiesen; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.603,40 (darin S 933,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Kündigung des Klägers vom 14. November 1991 mangels Einhaltung des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens gemäß § 105 Abs 1 und 2 ArbVG wirksam geworden ist, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Den Ausführungen der Revisionswerber, der am 13.November 1991 erhobene Widerspruch des Betriebsrats zu der am 8.November 1991 ausgesprochenen Kündigung des Klägers habe die Verständigung über die beabsichtigte zweite Kündigung ersetzt, ist ergänzend entgegenzuhalten:

Eine Verständigung nach § 105 Abs 1 ArbVG kann stets nur eine Absichtserklärung sein. Dadurch soll es dem Betriebsrat ermöglicht werden, sich in den Kündigungsfall rechtzeitig einzuschalten und den Betriebsinhaber unter Umständen zu veranlassen, von der beabsichtigten Kündigung abzusehen. Es kann daher während des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens immer noch zu einem anderen Geschensablauf kommen, sei es, daß sich die Parteien wieder einigen, oder das Arbeitsverhältnis vor dem Ausspruch der beabsichtigten Kündigung aus anderen Gründen endet (vgl WBl 1991, 60 ua).

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren wegen des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges nur einmal und nicht hinsichtlich jeder einzelnen Kündigungserklärung gesondert durchzuführen gewesen wäre (vgl Floretta-Strasser, MKK ArbVG2 § 105 Anm 7; Cerny, ArbVG8 § 105 Erl 8 je mwH), da es im vorliegenden Fall zu einem solchen Vorverfahren überhaupt nie gekommen ist. Die Erstbeklagte kündigte den Kläger mit Schreiben vom 8.November 1991 und verständigte den Betriebsrat mit Schreiben vom selben Tag von der bereits erfolgten Kündigung. Gemäß § 105 Abs 1 ArbVG hat jedoch der Betriebsinhaber vor der Kündigung des Arbeitnehmers den Betriebsrat von der beabsichtigten Kündigung zu verständigen und dieser kann innerhalb von fünf Arbeitstagen dazu Stellung nehmen. Der Betriebsinhaber hat, wie sich aus § 105 Abs 2 ArbVG ergibt, auf Verlangen des Betriebsrats mit diesem innerhalb der Frist über die Kündigung zu beraten. Diese Möglichkeit wurde dem Betriebsrat aber schon dadurch genommen, daß er bereits vor die vollendete Tatsache der erfolgten Kündigung gestellt wurde. Er konnte der erfolgten Kündigung daher nur mehr widersprechen. Daß eine neuerliche Kündigung erfolgen werde, wurde dem Betriebsrat nicht mitgeteilt, so daß auch diesbezüglich die Voraussetzungen eines gesetzmäßigen Vorverfahrens mit allen seinen Möglichkeiten nicht vorliegen. Da sohin die bloße Verständigung von einer bereits erfolgten Kündigung, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, nicht als Verständigung von der beabsichtigten Kündigung aufgefaßt werden kann, war auch die neuerliche Kündigung vom 14. November 1991 wirkungslos (so schon in einem gleichgelagerten Fall die Entscheidung 4 Ob 107/83).

Zweitinstanzliche Entscheidungen im Kostenpunkt sind gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO überhaupt nicht und daher auch nicht mit Kostenrüge anfechtbar ( 9 Ob A 133/91). Die Revision ist daher, soweit sie eine Kostenrüge enthält, zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Die Beklagten sind zwar keine Gesamthandschuldner, doch ist zufolge der Arbeitgebereigenschaft auch der Zweitbeklagten (vgl Schwarz-Löschnigg8, Arbeitsrecht4 129) eine entsprechende Anwendung der diesbezüglichen Normen vorzunehmen (vgl Koppensteiner in Straube, Komm zum HGB § 128 Rz 5;

Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des Österreichischen Gesellschaftsrechts5 113; HS 9.171, 9.172 ua).

Anmerkung

E32082

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00185.92.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19920916_OGH0002_009OBA00185_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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