Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Karl S*****, 2. Rosa S*****, beide vertreten durch Dr.Adolf Lientscher, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei V***** Volksbanken, Versicherungs-Aktiengesellschaft, Wien 1., Schottengasse 10, vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer, Dr.Wolfram Themmer und Dr.Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18.Mai 1992, GZ 4 R 45/92-28, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15.November 1991, GZ 31 Cg 138/90-22, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Johann S*****, der Sohn der Kläger, schloß für seinen PKW mit der beklagten Partei eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und eine Insassen-Unfallversicherung für den Todesfall und für dauernde Invalidität zum Pauschalsystem gemäß Art.18 Abs.3 lit.a AKIB ab. Die beklagte Partei stellte darüber einen Versicherungsschein aus. Danach betragen in der Insassen-Unfallversicherung die Versicherungssummen im Todesfall S 150.000,-- und bei Dauerinvalidität S 300.000,--. Diese Leistungen erhöhen sich um 25 %, wenn der anspruchsberechtigte Versicherte zur Zeit des Unfalls durch einen Gurt gesichert war, der im Sinne der kraftfahrrechtlichen Vorschriften typengenehmigt ist. Bezugsberechtigt beim Tod sind die Erben. Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht grundsätzlich dem Versicherungsnehmer zu. Namentlich gegen Unfälle versicherte Personen können ihre Versicherungsansprüche jedoch selbständig geltend machen (Art.4 Abs.2 AKIB). Die für den Todesfall versicherte Summe wird bezahlt, wenn innerhalb eines Jahres vom Unfall an gerechnet der Tod als Folge des Unfalles eintritt (Art.20 III 1 AKIB). Ergibt sich innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eine dauernde Invalidität, so wird die dem festgestellten Grade der dauernden Invalidität entsprechende Leistung erbracht. Ein Anspruch auf Leistung ist bei sonstigem Verlust desselben innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall, unter Vorlage eines ärztlichen Befundes zu begründen und geltend zu machen (Art.20 IV 1 AKIB).
Am 25.5.1984 verursachte der Sohn der Kläger einen Verkehrsunfall, bei dem er und sein Beifahrer Alexander B***** schwere Verletzungen erlitten. Der Sohn der Kläger erlag seinen Verletzungen am 31.5.1984. Sein Nachlaß wurde den Klägern am 11.12.1984 eingeantwortet.
Die Kläger begehren die Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei aus dem Insassen-Unfallversicherungsvertrag - auch in Ansehung des verletzten Alexander B***** - und mit Eventualbegehren die für den Todesfall versicherte Summe. Die Beklagten wenden Verjährung und hinsichtlich des verletzten Insassen Alexander B***** auch Verfristung der Ansprüche gemäß Art.20 IV 1
2. Satz AKIB ein.
Das Erstgericht wies sämtliche Begehren ab. Nach seinen Feststellungen waren der Lenker des Fahrzeuges Johann S***** und sein Beifahrer angegurtet. Am Tag nach dem Unfall erklärte die Zweitklägerin, die nicht wußte, welche Versicherungen ihr Sohn abgeschlossen hatte, in der Landesstelle der beklagten Partei in St.Pölten, daß ihr Sohn einen Unfall gehabt habe und bewußtlos und Alexander B***** schwer verletzt worden sei. Am Freitag nach dem Tod ihres Sohnes sprach die Zweitklägerin neuerlich im Büro der beklagten Partei in St.Pölten vor. Sie sagte dort dem Leiter der Geschäftsstelle der beklagten Partei in Melk, Friedrich W*****, der den Versicherungsantrag ihres Sohnes entgegengenommen hatte, daß ihr Sohn nach dem Unfall verstorben und Alexander B***** sein Mitfahrer gewesen sei. Friedrich W***** erklärte, die Versicherung werde schon etwas machen, daß B***** etwas bekommt.
Am 16.7.1984 langte in der Geschäftsstelle der beklagten Partei in Melk ein ausgefülltes Formblatt der beklagten Partei (Kraftfahrzeug-Schadenanzeige, Beilage 2) ein, das mit 16.7.1984 datiert und nicht unterschrieben war. Auf den für die Unterschriften des Versicherungsnehmers und des Lenkers vorgesehenen Spalten stand "verstorben". Die Polizzennummer und die Schadennummer, Name und Anschrift des Versicherungsnehmers sowie die Unfallsdaten waren angegeben. In den Rubriken "Zeugen" und "Personenschäden" wurden Name und Anschrift Alexander B***** angeführt. In diesen Rubriken stand fettgedruckt "Insassen Ihres Fahrzeuges bitte unterstreichen". Unterstrichen wurde jedoch nicht. Unter Art und Verletzung war in der Rubrik Personenschaden angegeben: "Ober-, Unterschenkelbruch, Sprunggelenk, Schlüsselbeinbruch, linke Hand einige Male gebrochen, Nasenbeinbruch usw.". Die Rubrik "Personenschaden" war auch mit einem Stern gekennzeichnet. Im Formular wurde dazu auf der untersten Linie vermerkt, daß die mit Stern bezeichneten Rubriken nur bei einem Kfz-Haftpflichtschaden ausgefüllt werden müssen. Zum Unfallshergang wurde auf das Gendarmerieprotokoll verwiesen. In der Direktion der beklagten Partei langte diese Anzeige am 19.7.1984 ein. Von wem sie verfaßt wurde, kann nicht festgestellt werden.
Mit Brief vom 28.6.1984, der am 4.7.1984 bei der beklagten Partei einlangte, stellte der Klagevertreter namens des Alexander B***** an die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer das Ersuchen, die derzeit noch nicht überschaubaren Schadeneratzansprüche des Beifahrers Alexander B***** aus dem Unfall dem Grunde nach anzuerkennen und mitzuteilen, ob die beklagte Partei bereit sei, die sicher erheblichen Schadenersatzansprüche zu akontieren. Dem Brief war eine Liste mit 13 Verletzungen Alexander B*****, im wesentlichen Frakturen, angefügt. Mit weiterem Schreiben vom 13.9.1984 teilte der Klagevertreter der beklagten Partei mit, es sei noch nicht abzusehen, inwieweit Alexander B***** von den schweren Unfallsverletzungen wiederhergestellt werden könne. In seinem Brief vom 5.10.1984 an die beklagte Partei listete der Klagevertreter schließlich die wesentlichen Verletzungen Alexander B***** auf und teilte mit, daß mit Ausnahme der rechten Hand alle Gliedmaßen schwerstens beeinträchtigt seien und erhebliche Dauerfolgen jedenfalls eintreten würden. Schließlich meldete der Klagevertreter mit Brief vom 20.2.1985 einen Rentenanspruch an, weil Alexander B***** verletzungsbedingt nach wie vor nicht arbeitsfähig sei und wahrscheinlich aufgrund der Unfallsverletzungen niemals mehr in der Lage sein werde, die in der elterlichen Landwirtschaft anfallenden Arbeiten zu verrichten. Das linke Handgelenk sei versteift, ein Bein sei von einer Peroneoslähmung betroffen, es habe sich eine Beinverkürzung und eine dauernde Beugehemmung im rechten Knie ergeben. Mit Schreiben vom 9.5.1985 teilte die beklagte Partei dem Klagevertreter mit, daß ihr beratender medizinischer Sachverständiger der Ansicht sei, daß derzeit eine endgültige Beurteilung bzw. Bewertung der Schmerzperioden und der Verunstaltung nicht möglich sei. Sie habe außerdem noch einige Erhebungen durchzuführen. Schließlich sei sie zu einer außergerichtlichen Erledigung bereit. Weiters schrieb die beklagte Partei dem Klagevertreter am 29.8.1985, daß nach Ansicht des sie beratenden medizinischen Sachverständigen vor Dezember 1985 eine Untersuchung zur abschließenden Beurteilung nicht sinnvoll sei. Sie werde sich daher erlauben, Alexander B***** im Dezember 1985 untersuchen zu lassen und eine Kopie des Gutachtens dem Klagevertreter zur Vefügung stellen. Mit Brief vom 5.9.1985 erklärte der Klagevertreter sein Einverständnis zu einer Untersuchung erst im Dezember 1985. Am 13.6.1986 langte bei der beklagten Partei das von ihr eingeholte unfallchirurgische Gutachten ein. Der Sachverständige führte darin aus, ein Dauerschaden könne frühestens in etwa einem Jahr geschätzt werden. Im April 1987 fanden die Kläger beim Aufräumen des Zimmers ihres verstorbenen Sohnes die Versicherungspolizze und verständigten den Alexander B*****. Mit dem am 16.4.1987 bei der beklagten Partei eingelangten Schreiben des Klagevertreters begehrte dieser namens des Alexander B***** S 375.000,-- aus der Insassen-Unfallversicherung wegen dauernder Invalidität. Mit Schreiben vom 12.2.1988 teilte ihm die beklagte Partei mit, daß ein eventueller Anspruch aus der Insassen-Unfallversicherung jedenfalls verjährt sei.
Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der beklagten Partei. Der Lauf der Verjährungsfrist werde zwar durch die Anmeldung eines Anspruchs beim Versicherer bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt, und ein Anspruch könne auch konkludent etwa durch Erstattung der, wenn auch nicht vollständigen, Schadensanzeige angemeldet werden; bei einer Schadensmeldung müsse aber der Versicherte gegenüber dem Versicherer unmißverständlich zum Ausdruck bringen, welche Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis überhaupt geltend gemacht werden sollen. Im vorliegenden Fall könne weder in der mündlichen Meldung des Verkehrsunfalls nach dem Tod des Versicherungsnehmers noch in der schriftlichen Schadensanzeige eine konkludente Anmeldung des Anspruches der Bezugsberechtigten aus der Insassen-Unfallversicherung erblickt werden, weil den Umständen nach für den Versicherer nicht zu erschließen war, daß hier der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Todesfall erhoben werden soll. Die mündliche Meldung habe offenbar nur den Zweck gehabt, auf die Möglichkeit von Ansprüchen des geschädigten Mitfahrers hinzuweisen. Der schriftlichen Schadensmeldung könnten weder die Erben noch die Art des geltend gemachten Anspruches entnommen werden. Es stehe auch nicht fest, daß die schriftliche Schadensanzeige von den Klägern erstattet worden sei. Da die Kläger somit innerhalb der Verjährungsfrist ihren Anspruch nicht erhoben und die Klage erst nach Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht worden sei, sei der Anspruch verjährt. Der Anspruch aus der behaupteten dauernden Invalidität des verletzten Insassen sei überdies verfristet. Bei der 15monatigen Frist des Art.20 IV 1 2.Satz AKIB handle es sich um eine Ausschlußfrist. Innerhalb der Frist von 15 Monaten seien weder von den Klägern noch von dem verletzten Insassen Ansprüche wegen Dauerinvalidität geltend gemacht worden. In der schriftlichen Schadensanzeige Beilage 2 könne eine Geltendmachung schon deshalb nicht erblickt werden, weil diese nicht den geringsten Hinweis auf Dauerfolgen enthalte. Der rechtsfreundliche Vertreter des verletzten Insassen habe innerhalb der Frist nur Ansprüche aus der Haftpflichtversicherung erhoben. Die Berufung der beklagten Partei auf die Ausschlußfrist verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nur dann vor, wenn der Fristablauf in irgendeiner Weise durch das Verhalten des Versicherers verursacht worden sei oder wenn sich der Versicherer nach Fristablauf noch auf Verhandlungen einlasse und neue Gutachten anfordere. Die beklagte Partei habe hier aber erst durch das Schreiben des Klagevertreters vom 14.4.1987 und somit nach Ablauf der Präklusivfrist überhaupt erst Kenntnis von Ansprüchen aus der Insassen-Unfallversicherung wegen dauernder Invalidität erhalten.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß es dem Eventualbegehren auf Leistung der für den Todesfall vereinbarten Versicherungssumme mit Teilurteil stattgab und im Umfang des Begehrens auf Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei in Ansehung des verletzten Insassen das Ersturteil aufhob und dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung auftrug. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes jeweils S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sind.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes seien durch die festgestellten Schadens- bzw. Unfallsmeldungen (auch) die Ansprüche aus der Insassen-Unfallversicherung im Sinne des § 12 Abs.2 VersVG angemeldet worden, zumal für beide Versicherungen nur eine Versicherungspolizze ausgestellt worden sei. Die Angaben über die Art der Verletzungen enthielten deutliche Hinweise auf das Vorliegen von Dauerfolgen. Hätte die beklagte Partei Bedenken gehabt, hätte sie eine Aufklärung verlangen müssen. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei daher der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt worden. In Ansehung der Leistungspflicht der beklagten Partei sei die Sache daher spruchreif, während es hinsichtlich des Deckungsanspruches für den verletzten Insassen noch ergänzender Feststellungen darüber bedürfe, ob sich (wohl auch innerhalb der Frist des Art.20 IV 1 AKIB) eine dauernde Invalidität ergeben habe.
Die gegen das Teilurteil der zweiten Instanz erhobene Revision und der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der beklagten Partei sind nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 12 Abs.2 VersVG ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt, wenn ein Anspruch des Versicherungsnehmers bei dem Versicherer angemeldet worden ist. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Schadensmeldung bzw. die Anzeige des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer regelmäßig als Anspruchsanmeldung im Sinne des § 12 Abs.2 VersVG anzusehen (ZVR 1971/106; EvBl. 1970/129; JBl. 1969, 559; SZ 33/90). Begründet wird dies damit, daß die Anspruchserhebung auch konkludent erfolgen kann (SZ 55/176; ZVR 1979/46). Dies ist auch die einhellige Ansicht der Lehre (Schauer, Einführung2 152; Ehrenzweig, Deutsches-Österreichisches Versicherungsvertragsrecht 185; Prölss-Martin, VVG24 136;
Bruck-Möller, VVG8 I 263; Pienitz-Flöter, AKB4 80 § 8 3;
Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung15 Rz 21 zu § 8 AKB). Die Form der Erhebung des Anspruchs ist gleichgültig, und es ist auch nicht erforderlich, daß die Ansprüche bereits der Höhe nach beziffert werden (Schauer aaO; Stiefel-Hofmann aaO). Im Sinne dieser Grundsätze wurde auch der Kraftfahrzeugschadensbericht aufgrund eines Versicherungsvertrages, der, wie im vorliegenden Fall, sowohl eine Haftpflichtversicherung als auch eine Insassen-Unfallversicherung umfaßte, als Geltendmachung der Ansprüche auch aus der Insassen-Unfallversicherung angesehen (ZVR 1971/106). Aus der Entscheidung ZVR 1979/46 ist für den gegenteiligen Standpunkt der beklagten Partei nichts zu gewinnen, weil dieser ein anders gelagerter Sachverhalt zugrundelag. Dort wurde die Geltendmachung des Deckungsanspruches durch Erstattung der Schadensmeldung nicht auch auf die Ansprüche eines allenfalls Mitversicherten erstreckt, weil dieser in der Schadensmeldung namentlich nicht genannt oder so bezeichnet war, daß sich seine Identität feststellen ließ. Gerade in diesen entscheidenden Umständen weicht aber der vorliegende Fall von dem der obgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt ab. Die Unfallsanzeige der Kläger, die Meldung des Todes ihres Sohnes und der Verletzung des Alexander B***** verbunden mit dem Hinweis, daß dieser Beifahrer gewesen sei, konnte von der beklagten Partei nur als Anmeldung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag verstanden werden und wurde von ihr auch so aufgefaßt, wie sich aus der festgestellten Äußerung des Geschäftsstellenleiters der beklagten Partei ergibt. Daß diese Meldung auch für den Erstkläger erfolgte, wurde von der beklagten Partei zugestanden (AS 17 ON 7). Daß in der Anzeige nicht ausdrücklich auf die Unfallversicherung Bezug genommen wurde, schadet deshalb nicht, weil es sich um ein einheitliches Versicherungsverhältnis mit nur einer Polizzennummer handelte, dessen Bestand nicht zweifelhaft oder strittig war. Liegt eine mit einer Haftpflichtversicherung verbundene Insassen-Unfallversicherung vor, kann die Meldung des Unfalls und des Todes des Versicherungsnehmers sowie der schweren Verletzung eines weiteren Insassen durch die in Betracht kommenden Erben des Versicherungsnehmers nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs nur als die Anmeldung von Ansprüchen aus dem gesamten Versicherungsverhältnis und somit auch aus der Unfallversicherung verstanden werden. Der Umstand, daß den Klägern der Nachlaß zum Zeitpunkt der Schadensmeldung noch nicht eingeantwortet war, berührt nur deren materielle Berechtigung. Für die Frage, ob eine Anspruchsanmeldung vorliegt, ist dies bedeutungslos. Da es nur auf den objektiven Erklärungswert ankommt (vgl. SZ 48/44), steht der Beurteilung der Schadensmeldung durch die Kläger als Anspruchserhebung im Sinne des § 12 Abs.2 VersVG auch nicht entgegen, daß den Klägern der genaue Umfang der Versicherung zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht bekannt war. Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, daß die Schadensanzeige der Kläger im Büro der beklagten Partei als Anspruchserhebung anzusehen ist, die eine Hemmung des Laufes der Verjährung bewirkte, sodaß die Ansprüche noch nicht verjährt sind. Dann ist aber, was von der beklagten Partei auch nicht bestritten wird, das Begehren der Kläger auf Leistung der für den Todesfall vereinbarten Versicherungssumme zur Entscheidung reif.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der inhaltlich mit Art.20 IV 1 Abs.1 AKIB übereinstimmenden Bestimmung des Art.8 II 2 AUVB handelt es sich bei der Frist zur Geltendmachung des Anspruchs um eine Ausschlußfrist (SZ 61/48 und 130 uva). Ein Anspruch wegen dauernder Invalidität ist demnach innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag geltend zu machen. Zur Geltendmachung gehört auch die Vorlage des ärztlichen Befundberichtes (VersR 1990, 406; SZ 61/48 uva). Die Unkenntnis entschuldigt den Versicherungsnehmer zwar nicht, doch kann die Berufung auf die Ausschlußfrist durch den Versicherer treuwidrig sein (VersRdsch 1990, 184; VersR 1990, 406 uva). Letzteres ist etwa der Fall, wenn die Fristversäumnis durch den Versicherer verursacht wurde, wenn sich der Versicherer nach Ablauf der Frist noch in Verhandlungen einläßt und neue Gutachten anfordert oder wenn sich aus der Unfallsanzeige ein deutlicher Hinweis auf Dauerfolgen ergibt. Im letzteren Fall ist der Versicherer verpflichtet, auf die Notwendigkeit zur fristgerechten Geltendmachung eines Invaliditätsanspruches hinzuweisen (VersR 1990, 406 = VersRdsch 1990, 88). Im vorliegenden Fall enthält die innerhalb der 15monatigen Frist vom Klagevertreter mit der beklagten Partei geführte Korrespondenz deutliche Hinweise auf Dauerfolgen. Die beklagte Partei hat nicht nur nicht auf die Notwendigkeit der Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes hingewiesen, sondern vielmehr eine Begutachtung durch ihren eigenen Sachverständigen für den Zeitpunkt nach Ablauf der Frist vorgeschlagen. Nach den obgenannten Grundsätzen kann sie sich daher nicht auf den Ablauf der Präklusivfrist berufen. Da aber strittig ist, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Deckungspflicht wegen dauernder Invalidität des verletzten Insassen vorliegen (vgl. Art. 20 IV AKIB), erweist sich eine Verfahrensergänzung in dieser Richtung als erforderlich.
Demgemäß ist beiden Rechtsmitteln ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.2 ZPO.
Anmerkung
E30239European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00017.92.0917.000Dokumentnummer
JJT_19920917_OGH0002_0070OB00017_9200000_000