TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/15 2005/08/0087

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Veröffentlicht am 15.02.2006
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §136 Abs5;
ASVG §31 Abs5 Z16;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §2;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §3;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4 Abs1;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §5;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/08/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde 1. der Hannelore G und 2. des Franz G, beide in W, beide vertreten durch Dr. Christa-Maria Scheimpflug, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Erdberger Lände 6/27, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien 1. vom 18. Mai 2005, Zl. MA 15-II-2-3738/2005 (betreffend Hannelore G, hg. Zl. 2005/08/0087) und 2. vom 18. Mai 2005, Zl. MA 15-II-2-3739/2005 (betreffend Franz G, hg. Zl. 2005/08/0088), betreffend Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 136 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingaben jeweils vom 17. Dezember 2004 beantragten die Beschwerdeführer die Befreiung von der Entrichtung der Rezeptgebühr. Diese Anträge wurden mit Bescheiden der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse jeweils vom 9. Februar 2005 gemäß § 136 Abs. 5 ASVG iVm § 4 Abs. 1 Z. 2 und 3 und Abs. 2 sowie § 5 der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführer lebten in gemeinsamem Haushalt. Die Erstbeschwerdeführerin beziehe derzeit einen Pensionsvorschuss des Arbeitsmarktservice in Höhe von EUR 501,--. Der Zweitbeschwerdeführer beziehe eine Bruttopension in der Höhe von EUR 1.175,15 von der Pensionsversicherungsanstalt. Davon abzuziehen sei der Krankenversicherungsbeitrag von EUR 51,12 sowie der Lohnsteueranteil von EUR 105,38. Dies ergebe einen monatlichen Netto-Pensionsanspruch von EUR 1.018,65. Das gemeinsame Einkommen (Familieneinkommen) betrage somit EUR 1.519,65. Der monatliche Richtsatz für die Befreiung der Rezeptgebühr nach § 4 Abs. 2 der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr betrage für Ehepaare bzw. Lebensgefährten EUR 1.015,--. Der Richtsatz werde daher im vorliegenden Fall um EUR 504,65 überschritten. Der von der Pensionsversicherung ausgewiesene Fremdabzug bezüglich der Pension des Zweitbeschwerdeführers in Höhe von EUR 148,85 könne im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rezeptgebühr nicht berücksichtigt werden. Laut Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt handle es sich dabei um einen Pfändungsbetrag, der jedoch nicht der Deckung einer Unterhaltsverpflichtung diene. Selbst bei Berücksichtigung dieses Fremdabzuges läge das beurteilungsrelevante Familieneinkommen dennoch um EUR 352,80 über dem Richtsatz. Unter Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer, insbesondere des gemeinsam erzielten Einkommens, könne das Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit nicht angenommen werden. Es sei daher von der Zumutbarkeit der konkreten Belastung mit Rezeptgebühren auszugehen.

Die Beschwerdeführer erhoben Einsprüche, in denen sie im Wesentlichen darlegten, der Pensionsvorschuss der Erstbeschwerdeführerin betrage täglich EUR 16,70, die Pension des Zweitbeschwerdeführers monatlich EUR 892,40. Der Zweitbeschwerdeführer müsse "unschuldig" monatlich EUR 700,-- bezahlen. Er sei "hereingelegt worden", was derzeit beim Gericht bekämpft werde. Für zwei Personen blieben zum Leben EUR 300,--. Die Erstbeschwerdeführerin sei herzkrank und müsse lebensnotwendige "überhöhte" Medikamente ihr ganzes Leben lang nehmen. Damit dürfe sie nicht "aussetzen". Bis zur Erledigung im gerichtlichen Verfahren könnten sie nicht warten. Auch der Zweitbeschwerdeführer müsse lebenswichtige Medikamente nehmen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen der Beschwerdeführer abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass im Hinblick auf die Nettopension des Zweitbeschwerdeführers in Höhe von EUR 1.018,65 und den Pensionsvorschuss der Erstbeschwerdeführerin in Höhe von EUR 16,70 täglich (EUR 501,-- monatlich) der Richtsatz für Ehegatten für das Jahr 2004 um EUR 504,65 überschritten werde, weshalb keine besondere soziale Schutzbedürftigkeit nach § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien vorliege. Nach § 5 der Richtlinien seien auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu berücksichtigen. Diese könnten nun so beschaffen sein, dass trotz eines den Richtsatz übersteigenden Einkommens bei krankheitsbedingten Aufwendungen von mindestens EUR 504,65 soziale Schutzwürdigkeit gegeben wäre. Es sei daher zu prüfen, ob der den Richtsatz übersteigende Betrag durch krankheitsbedingte Aufwendungen (darunter auch Rezeptgebühren) und etwaige andere Belastungen derart verringert werde, dass wiederum die soziale Schutzwürdigkeit von Richtsatzbeziehern erreicht werde. Allerdings führe nicht jede dem Bereich der Lebensführung zuzuordnende Ausgabe (wie Miet-, Gas- und Stromkosten) bzw. eine ohne zwingende Notwendigkeit eingegangene finanzielle Verpflichtung bereits zu einem Abzug. Die Beschwerdeführer hätten eine Aufstellung der ihnen verordneten Medikamente vorgelegt. Sie hätten damit aber nicht dargetan, dass die gemeinsamen monatlichen Ausgaben einen Betrag von EUR 504,65 überschritten. Die finanziellen Verpflichtungen des Zweitbeschwerdeführers könnten nicht berücksichtigt werden. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführer im Sinne des § 5 der Richtlinien könne nicht festgestellt werden.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 136 Abs. 5 ASVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

Gemäß § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG hat der Hauptverband für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung von der Krankenscheingebühr bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten Richtlinien aufzustellen; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)Möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen.

Die nach dieser Bestimmung vom Hauptverband erlassenen Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr, kundgemacht in der "Sozialen Sicherheit" Nr. 114/1996, S. 1065, sehen in §§ 3 und 4 bestimmte Befreiungstatbestände vor.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 der Richtlinien werden Bezieher einer Ausgleichszulage zu einer Pension aus der Pensionsversicherung von der Rezeptgebühr befreit.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien ist auf Antrag eine Befreiung von der Rezeptgebühr wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit zu bewilligen, wenn das Einkommen eines Versicherten, der weder eine Pension aus der Pensionsversicherung noch einen Ruhe- oder Versorgungsgenuss bezieht, den nach § 293 Abs. 1 lit. a ASVG in Betracht kommenden Richtsatz ("Ausgleichszulagenrichtsatz") nicht übersteigt.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien ist einem solchen Antrag wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit auch stattzugeben, wenn ein Versicherter an Krankheiten oder Gebrechen leidet, durch die ihm erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen, sofern das Einkommen des Versicherten 115 % des nach § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien in Betracht kommenden Richtsatzes nicht übersteigt.

Der in § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien genannte Richtsatz betrug für Personen, die als Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben, im (hier maßgeblichen) Jahr 2005 EUR 1.030,23.

Gemäß § 4 Abs. 4 der Richtlinien gilt als Einkommen das Nettoeinkommen nach Maßgabe des § 292 ASVG, ausgenommen gemäß § 292 Abs. 8 ASVG (hier nicht relevante, im Zusammenhang mit einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb stehende) anzurechnende Beträge.

Gemäß § 292 Abs. 3 ASVG ist das Nettoeinkommen grundsätzlich die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

§ 5 der Richtlinien lautet:

"Befreiung in besonderen Fällen

§ 5. In anderen als den in den §§ 3 und 4 genannten Fällen ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine längerdauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte."

Die Richtlinien umschreiben entsprechend der gesetzlichen Anordnung im § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG zunächst den für die Befreiung von der Rezeptgebühr in Betracht kommenden Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen. Bei Erfüllung dieser allgemeinen Merkmale, wie sie in den §§ 3 und 4 der Richtlinien normiert sind, liegt besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG unwiderleglich vor. Für die Befreiung in besonderen Fällen, welche auf Grund des § 31 Abs. 5 Z. 16 letzter Halbsatz ASVG in § 5 der Richtlinien vorgesehen ist, ist es erforderlich, dass eine der nach allgemeinen Kriterien umschriebenen besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit im Sinne der §§ 3 und 4 der Richtlinien vergleichbare Situation vorliegt, ohne dass die Tatbestandsmerkmale der §§ 3 und 4 der Richtlinie verwirklicht werden. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn trotz eines den Richtsatz um mehr als 15 % übersteigenden Einkommens gerade auf Grund der wegen einer länger dauernden medikamentösen Behandlung zu entrichtenden Rezeptgebühren eine soziale Situation eintritt, die jener vergleichbar ist, die auch bei Personen besteht, die die allgemeinen Kriterien der §§ 3 und 4 der Richtlinien erfüllen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2005, Zl. 2002/08/0268, mwN).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die Erstbeschwerdeführerin beziehe keinen Pensionsvorschuss mehr, sondern erhalte ein Arbeitslosengeld in der Höhe von EUR 14,54 pro Tag. Der Zweitbeschwerdeführer beziehe eine monatliche Pension von EUR 892,40. Das gemeinsame Familieneinkommen überschreite daher, wenn überhaupt, nur geringfügig den erhöhten Richtsatz. Laut Medikamentenverordnungsblatt vom 22. August 2005 sei der Medikamentenbedarf insbesondere der Erstbeschwerdeführerin gestiegen. Es handle sich um lebenswichtige Medikamente. Beide Beschwerdeführer gehörten zum Personenkreis der begünstigten Behinderten. Die belangte Behörde habe dazu keine Feststellungen getroffen. Sie hätte auch zur Prüfung der Einkommenssituation, da die Erstbeschwerdeführerin eine Pensionsbevorschussung erhalten habe, eine Ergänzung der Unterlagen über das tatsächliche Einkommen anfordern bzw. die Beschwerdeführer persönlich zu ihren Einkommensverhältnissen befragen müssen. Des Weiteren hätte die belangte Behörde ärztliche Befunde betreffend die Krankheiten der Beschwerdeführer und die "Medimentikatierung" beischaffen müssen. Auch habe eine Manuduktionspflicht der belangten Behörde bestanden. Sie habe auch nicht von Amts wegen die besondere soziale Schutzwürdigkeit im Hinblick auf die Krankheiten und Gebrechen der Beschwerdeführer geprüft. Beide seien schwer krank, insbesondere die Erstbeschwerdeführerin.

Wie die Beschwerdeführer selbst einräumen, liegt das gemeinsame Familieneinkommen über dem maßgebenden Richtsatz. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, dass dies anders wäre, wenn die belangte Behörde statt des für das Jahr 2004 maßgebenden Richtsatzes von EUR 1.015,-- den für das Jahr 2005 maßgebenden Richtsatz von EUR 1.030,23 zur Bescheidbegründung herangezogen hätte; dies ist auch nicht erkennbar. Gleiches gilt für den Umstand, dass die belangte Behörde von dem Bezug eines Pensionsvorschusses in der Höhe von täglich EUR 16,70 statt EUR 14,54 ausgegangen ist, wie dies einer im Akt befindlichen Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 23. Februar 2005 hinsichtlich der Zeit vom 2. März 2005 bis 28. Februar 2006 zu entnehmen ist. Die Beschwerde greift auch nicht auf, dass der Empfänger eines Pensionsvorschusses pro Jahr zwölf Zahlungen erhält, während ein Bezieher einer Pension in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes pro Jahr 14 Zahlungen erhält (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2005). Im vorliegenden Fall ist allerdings schon aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass eine Berücksichtigung dieses Umstandes zu einem anderen Bescheid hätte führen können:

Die §§ 3 und 4 der Richtlinien fordern Voraussetzungen, die sich einerseits von denen nach § 2 der Richtlinien dadurch unterscheiden, dass die betreffende Person nicht an einer in § 2 der Richtlinien genannten Krankheiten (die jedenfalls zur Befreiung von der Rezeptgebühr führen) leiden muss. Für die Befreiung nach § 3 der Richtlinien genügt ein geringes Einkommen, und zwar dass entweder eine Ausgleichszulage bezogen wird oder dieser entsprechende Einkünfte nach anderen Gesetzen. § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 der Richtlinien stellt andere Versorgungsbezüge bis zur Höhe des Richtsatzes dem Bezug einer Ausgleichszulage gleich, wohingegen § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien einen Bezug von 115 % des Richtsatzes zulässt, wenn (hier kumulativ) Krankheiten oder Gebrechen bestehen, durch die erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen hervorgerufen werden.

Vor diesem Hintergrund enthält § 5 der Richtlinien eine Generalklausel und ein Beispiel für einen Anwendungsfall derselben. Ein Fall des § 5 der Richtlinien liegt etwa auch dann vor, wenn das Einkommen über 115 % des Richtsatzes liegt, aber die Summe der Rezeptgebühren zur Unterschreitung der Grenzen der §§ 3 und 4 der Richtlinien führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2003/08/0044).

An dieser Stelle ist aber festzuhalten, dass Belastungen aus der allgemeinen Lebensführung, wie etwa Leasingraten und Ausgaben für Gas, Strom, Miete und Bekleidung, aber auch Pensionsabzüge auf Grund laufender Exekutionen, wobei im vorliegenden Fall diesen unbestritten keine Unterhaltsverpflichtungen zu Grunde gelegen sind, keine besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG bzw. des § 5 der Richtlinien begründen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2003/08/0044).

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung ist daher der "Fremdabzug" von der Pension des Zweitbeschwerdeführers, nach dem im Akt befindlichen Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2005 in Höhe von EUR 157,14, im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung. Angesichts der somit für die Beurteilung des Anspruches auf Befreiung von der Rezeptgebühr relevanten Pensionshöhe des Zweitbeschwerdeführers und des von der Erstbeschwerdeführerin bezogenen Pensionsvorschusses kann aber auch im Sinne des § 5 der Richtlinien nicht davon ausgegangen werden, dass die Situation der Beschwerdeführer wirtschaftlich und sozial vergleichbar mit jener von Personen ist, die dem in §§ 3 und 4 der Richtlinien ausdrücklich genannten Personenkreis angehören, zumal sich aus den Darlegungen der Beschwerdeführer auch nicht ergibt, dass auf Grund der anfallenden Medikamentenkosten eine solche Vergleichbarkeit gegeben wäre.

Soweit in der Beschwerde ein "Medikamentenverordnungsblatt" vom 22. August 2005 erwähnt wird, nach welchem der Medikamentenbedarf gestiegen sei, ist diesem Vorbringen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen zu halten. Nicht relevant ist im vorliegenden Zusammenhang, dass die Beschwerdeführer dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehören; dem diesbezüglich von den Beschwerdeführern geltend gemachten Feststellungsmangel kommt daher keine Relevanz zu. Soweit die Beschwerdeführer rügen, die Behörde hätte ergänzende Unterlagen betreffend das tatsächliche Einkommen anfordern bzw. die Beschwerdeführer persönlich befragen müssen, zeigen sie die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht auf. Gleiches gilt hinsichtlich der Beischaffung von Befunden über die Krankheiten und die Medikationen: In der Beschwerde wird nicht vorgebracht, inwieweit diesbezüglich weitere Tatsachen hervorgekommen wären, die zu einem anderen Bescheid der belangten Behörde hätten führen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080087.X00

Im RIS seit

22.03.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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