Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Margarete M*****, ***** Wien, S*****gasse 3/21 18/2/3, wegen Löschung eines Belastungsverbotes und eines Vorkaufsrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** M*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 19.Mai 1992, GZ 46 R 2044/92, TZ 4960/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. Februar 1992, TZ 710/92, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Bewilligung der Löschung des in der EZ ***** unter CL-NR 2a hinsichtlich des Anteils 21 eingetragenen Veräußerungsverbotes sowie der entsprechenden Ersichtlichmachung des Veräußerungsverbotes in BL-NR 21a zu entfallen hat.
Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien hat die dadurch notwendigen Grundbuchseintragungen zu vollziehen und als Beteiligte zu verständigen:
1. Margarete M*****, ***** Wien, S*****gasse 3/21;
2. Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, 1010 Wien, Stubenring 1, für den Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds;
3. Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19.
Text
Begründung:
Auf dem mit Wohnungseigentum verbundenen Anteil der Antragstellerin an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** M***** war unter CL-NR 2a das Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie unter CL-NR 3a das Vorkaufsrecht für den Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds einverleibt (TZ 6569/1959). Die entsprechenden Ersichtlichmachungen fanden sich unter BL-NR 21a und b.
Unter Berufung auf § 11 RBG 1987 ersuchte die Antragstellerin gemäß § 136 GBG um die Löschung der das Belastungsverbot und das Vorkaufsrecht betreffenden Eintragungen.
Das Erstgericht wies dieses Löschungsgesuch ab, weil § 11 RBG die zu Gunsten des Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds im Grundbuch einverleibten Belastungsverbote und Vorkaufsrechte zwar unwirksam, jedoch nicht gegenstandslos im Sinne des § 136 GBG gemacht habe. Im dagegen erhobenen Rekurs, der erklärtermaßen darauf abzielte, im Sinne des (ursprünglich) gestellten Antrages zu entscheiden, begehrte die Antragstellerin irrtümlich die "Löschung des eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes". Das Rekursgericht bewilligte daraufhin in Stattgebung des Rekurses die Löschung des zu TZ 6569/59 eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes und Vorkaufsrechtes, soweit es den Anteil der Antragstellerin betrifft, und ordnete zugleich die Löschung der Ersichtlichmachungen unter BL-NR 21a und b an. Dieser Beschluß, der sich auf § 11 RBG 1987 stützt und aus dieser gesetzlichen Anordnung den Schluß zieht, daß die zu Gunsten des Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds im Grundbuch einverleibten Belastungsverbote und Vorkaufsrechte nicht mehr bestehen, enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Rekurs nicht zulässig sei.
Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds geltend, daß § 11 RBG 1987 die zu seinen Gunsten einverleibten Veräußerungsverbote unberührt gelassen habe. Außerdem sei das Rekursgericht über das Begehren der Antragstellerin hinausgegangen, die ohnehin nur das Belastungsverbot und das Vorkaufsrecht gelöscht haben wollte. Die Rechtssicherheit gebiete eine Korrektur dieser offenkundigen Fehler. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung entweder so abzuändern, daß die Löschung des zu Gunsten des Bundes-Wohn- und Siedlungsfonds eingetragenen Veräußerungsverbotes rückgängig gemacht wird, oder aber aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Die vom Rechtsmittelwerber zutreffend aufgezeigten Entscheidungsfehler der zweiten Instanz beruhen auf einem offenkundigen Versehen. Es hat dazu geführt, daß der Antragstellerin entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 96 Abs. 1 GBG mehr bewilligt wurde, als sie selbst begehrte. Selbst wenn man ihren Rekursantrag so verstehen wollte, daß sie tatsächlich die Löschung des Veräußerungsverbotes erreichen wollte, obwohl sie offenkundig das Vorkaufsrecht meinte, bliebe ein schwerwiegender Verfahrensfehler bestehen, weil im Grundbuchsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 GBG striktes Neuerungsverbot gilt und auch aus § 96 Abs 1 GBG die strikte Bindung von Gericht und Parteien an den ursprünglichen Antrag abzuleiten ist (SZ 23/201 u.a.; zuletzt 5 Ob 105/92). Unabhängig davon bietet § 11 RBG 1987 keine Grundlage für die Löschung eines zu Gunsten des Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds im Grundbuch einverleibten Veräußerungsverbotes. Der insoweit eindeutige Wortlaut findet eine Stütze in den Gesetzesmaterialien, die als Motiv für die Beseitigung der Belastungsverbote und Vorkaufsrechte die längst abgeschlossene Finanzierung der vom Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds geförderten Bauten nennen (383 Blg.NR 17. GP, abgedruckt bei Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, 816). Demnach zielte die Regelung in erster Linie auf die Aufhebung unnötig gewordener Kreditsicherheiten. Die zu Gunsten des Bundes- Wohn- und Siedlungsfonds im Grundbuch einverleibten Veräußerungsverbote sollen vor allem verhindern, daß geförderte Bauten zu Spekulationsobjekten werden.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
E30608European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00136.92.0929.000Dokumentnummer
JJT_19920929_OGH0002_0050OB00136_9200000_000