Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Friedrich Weinke (Arbeitgeber) und Mag.Wilhelm Patzold (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Muhamed H*****, vertreten durch Dr.Nikolaus Pitkovitz, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr.Rainer Herzig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, Linke Wienzeile 48-52, 1060 Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Februar 1992, GZ 32 Rs 181/91-11, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9.August 1991, GZ 24 Cgs 316/91-5, zurückgewiesen wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs des Klägers aufgetragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 9.8.1991, GZ 24 Cgs 316/91-5, wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid der beklagten Partei vom 21.11.1990 wegen Versäumung der Klagefrist zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde an den Kläger am 30.9.1991 zugestellt.
In einer am 14.10.1991 an das Erstgericht gesandten Eingabe, die nur die Unterschrift des Klägers aufweist, wendet sich der Kläger gegen diesen Beschluß und beantragt die Durchführung des Verfahrens über seine Klage; diese sei nicht verspätet erhoben worden. Das Erstgericht legte diese Eingabe dem Rekursgericht zur Entscheidung vor. Mit Beschluß des Vorsitzenden des Rekurssenates vom 25.11.1991 wurde der Kläger aufgefordert, das Rechtsmittel durch Unterfertigung durch einen österreichischen Rechtsanwalt oder eines qualifizierten Vertreters gemäß § 40 Abs 1 Z 2 ASGG zu verbessern. Dieser Beschluß, dem ein ZP-Form 1 angeschlossen war, wurde an den Kläger am 19.12.1991 zugestellt. Für die Verbesserung wurde eine Frist von drei Wochen gesetzt. Am 2.1.1992 langte beim Rekursgericht ein vom Kläger am 21.12.1991 zur Post gegebener, an das Rekursgericht adressierter, unter Verwendung des ihm übermittelten ZP-Form 1 gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ein, der jedoch mangels Angabe der Geschäftszahl dem Rekursverfahren nicht zugeordnet werden konnte. Nach Durchführung entsprechender Erhebungen wurde der Antrag an das Erstgericht weitergeleitet, wo er am 3.1.1992 einlangte. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs des Klägers zurück; der Formmangel des Rechtsmittels sei trotz Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht verbessert worden. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 12.6.1992 wurde dem Kläger auf Grund des zuvor erwähnten Antrages die Verfahrenshilfe gewährt und zu seiner Vertretung in den Rekursverfahren gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 9.8.1991 sowie gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom 5.2.1992 ein Rechtsanwalt bestellt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem sein Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß zurückgewiesen wurde, richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung zu beheben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs aufzutragen.
Gemäß § 85 Abs 2 ZPO beginnt die Frist zur Verbesserung eines Schriftsatzes dann, wenn eine die Verfahrenshilfe genießende oder beantragende Partei innerhalb der gesetzten Frist die Beigabe eines Rechtsanwaltes begehrt, mit der Zustellung des Bescheides über die Beistellung eines Rechtsanwaltes beziehungsweise mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, womit die Beigebung eines Rechtsanwaltes versagt wird, zu laufen. Der Kläger hat nach Zustellung des Verbesserungsauftrages am 19.12.1991 am 21.12.1991 den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Post gegeben. Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, das ein zur Verbesserung zurückgestelltes Rechtsmittel jedenfalls auch bei dem Gericht wieder eingebracht werden kann, bei dem das zu verbessernde Rechtsmittel anzubringen war (SSV-NF 5/67). Dies gilt auch für einen im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe. Die Frage, ob die Verbesserung auch an das Rechtsmittelgericht gerichtet werden kann, wenn dieses den Verbesserungsauftrag erteilt hat, kann auch hier unerörtert bleiben, weil der an das Rekursgericht gesandte Antrag auf Verfahrenshilfe nach Weiterleitung an das Erstgericht auch bei diesem innerhalb der Verbesserungsfrist eingelangt ist und dem Verbesserungauftrag daher jedenfalls rechtzeitig entsprochen wurde.
Da der Kläger fristgerecht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt hat und nach Beigebung des Rechtsanwaltes innerhalb der hiefür gesetzten Frist die Verbesserung des Rechtsmittels durch Beisetzung der Unterschift des Rechtsanwaltes erfolgte, liegt der vom Rekursgericht herangezogene Zurückweisungsgrund nicht vor. Das Rekursgericht wird sohin über den Rekurs des Klägers zu entscheiden haben.
Kosten wurden nicht verzeichnet.
Anmerkung
E30330European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00218.92.0929.000Dokumentnummer
JJT_19920929_OGH0002_010OBS00218_9200000_000