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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §10 Abs2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/08/0056 E 19. Dezember 2007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Juni 2004, Zl. SV(SanR)-411162/1-2004-Bb/May, betreffend Beiträge für Teilversicherte in der Unfallversicherung gemäß § 74 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86;
2. J in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Unfallversicherungsanstalt hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid, mit welchem - dem angefochtenen Bescheid zufolge - ausgesprochen worden war, dass der Zweitmitbeteiligte als Mitglied der Wirtschaftskammer Oberösterreich in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. Jänner 2004 der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterlegen und verpflichtet sei, den für das Kalenderjahr 2004 vorgeschriebenen Pflichtbeitrag in der Unfallversicherung in der Höhe von EUR 83,16 zu entrichten, dahin abgeändert, dass der Zweitmitbeteiligte "lediglich den aliquoten Teil der Jahresprämie für die Unfallversicherung, somit 6,93 Euro, zu leisten hat".
Nach der Begründung sei der Zweitmitbeteiligte vom 1. Jänner bis zum 31. Jänner 2004 Inhaber einer Gewerbeberechtigung gewesen, welche die Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer Oberösterreich begründet habe. Als Mitglied einer Wirtschaftskammer sei er gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG unfallversichert gewesen. Für die nach dieser Bestimmung Versicherten habe sich gemäß § 74 Abs. 1 ASVG der Beitrag für das Kalenderjahr auf EUR 83,16 belaufen. Die auch auf diesen Beitrag anzuwendende Bestimmung des § 55 ASVG, wonach die allgemeinen Beiträge für die Dauer der Versicherung zu entrichten seien, ermögliche es, den Jahresbeitrag zu aliquotieren. Nachdem der Zweitmitbeteiligte nur einen Monat der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlegen sei, habe er auch nur ein Zwölftel des Jahresbeitrages zu entrichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die belangte Behörde hat die Akten des Berufungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Zweitmitbeteiligte hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 74 ASVG regelt die Beiträge für Teilversicherte in der Unfallversicherung. § 74 Abs. 1 ASVG in der im Beschwerdefall für das Jahr 2004 anzuwendenden Fassung der Kundmachung über die Aufwertung und Anpassung nach dem ASVG, dem GSVG, dem BSVG und dem B-KUVG für das Kalenderjahr 2004, BGBl. II Nr. 611/2003, lautet auszugsweise:
"Der Beitrag beläuft sich für das Kalenderjahr
1. bei den nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a und b teilversicherten selbstständig Erwerbstätigen auf 83,16 EUR;
2. bei den nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. e, g und j teilversicherten Personen auf 21,01 EUR."
Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG sind unter anderem alle selbständig Erwerbstätigen, die Mitglieder einer Wirtschaftskammer sind, in der Unfallversicherung versichert.
Mit der am 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 105/2004, wurde im § 74 Abs. 1 ASVG die Wendung "für das Kalenderjahr" durch die Wendung "für den Kalendermonat" - bei entsprechender Herabsetzung der Beitragshöhe - ersetzt. In der Begründung des Initiativantrages zu dieser - im Beschwerdefall nicht anwendbaren - novellierten Fassung (IA 434/A 22. GP) heißt es:
"Der Umstand, dass die pauschale Festsetzung der Beiträge für die in der Unfallversicherung nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a und b ASVG teilversicherten selbständig Erwerbstätigen ... auf Grund der geltenden Rechtslage auf das Kalenderjahr abgestellt ist, hat schon seit jeher zu Akzeptanzproblemen bei den Betroffenen geführt. So müssen Beiträge zur Unfallversicherung auch über das Ende der Pflichtversicherung hinaus entrichtet werden, wenn nach Beendigung der die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. Funktion der Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung für Arbeitsunfälle bzw. Berufskrankheiten weggefallen ist. Im Hinblick darauf sollen die Beiträge für Teilversicherte in der Unfallversicherung künftig weiterhin pauschal, jedoch monatsbezogen festgesetzt werden."
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass der Zweitmitbeteiligte im Jahr 2004 (nur) im Jänner gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG in der Krankenversicherung und nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG in der Unfallversicherung teilversichert war.
Ausschließlich strittig ist, ob der Zweitmitbeteiligte den gesamten Unfallversicherungsbeitrag gemäß § 74 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu entrichten hat, obwohl er nicht während des gesamten Kalenderjahres nach der genannten Bestimmung in der Unfallversicherung pflichtversichert gewesen ist.
Gemäß § 74 Abs. 4 ASVG sind auf die Beiträge nach Abs. 1 unter anderem die Bestimmungen des § 55 ASVG über die Dauer der Beitragspflicht entsprechend anzuwenden.
§ 55 ASVG sieht vor, dass die allgemeinen Beiträge, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, für die Dauer der Versicherung zu entrichten sind.
Da der hier in Rede stehende Tatbestand des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a erster Teilstrich ASVG (Mitglied einer Wirtschaftskammer) - anders als die beiden weiteren Alternativen - keine Pflichtversicherung nach dem GSVG voraussetzt, sondern eigenständig die Unfallversicherungspflicht im ASVG begründet, sind zur Beantwortung der Frage nach Beginn und Ende der Pflichtversicherung die Bestimmungen des ASVG heranzuziehen.
Gemäß § 10 Abs. 2 ASVG beginnt unter anderem die Pflichtversicherung der selbständig Erwerbstätigen und ihrer Familienangehörigen (§ 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a und b ASVG) mit dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit; die Pflichtversicherung erlischt nach § 12 Abs. 1 ASVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die die Pflichtversicherung begründende Tätigkeit aufgegeben wird.
Im Fall des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a erster Teilstrich ASVG begründet die selbständige Erwerbstätigkeit des Mitgliedes einer Wirtschaftskammer die Versicherungspflicht, weshalb es zur Beurteilung ihrer Dauer auf den Beginn und das Ende dieser Mitgliedschaft ankommt. Dies ist im Fall des Beschwerdeführers für das hier in Rede stehende Jahr 1994 der Zeitraum vom 1. bis zum 31. Jänner.
§ 74 Abs. 4 ASVG ordnet an, dass auf die Beiträge nach Abs. 1 die Bestimmungen des § 55 ASVG entsprechend anzuwenden sind. Nach dieser Bestimmung sind die allgemeinen Beiträge, wenn nicht anderes bestimmt wird, für die Dauer der Versicherung zu entrichten. Darauf gestützt hat es die belangte Behörde für zulässig erachtet, den Jahresbeitrag entsprechend der Anzahl der Versicherungsmonate im Kalenderjahr aufzuteilen.
Darin ist der belangten Behörde beizupflichten: Für diese Auslegung spricht insbesondere der Umstand, dass im unmittelbaren systematischen Zusammenhang mit § 74 Abs. 1 ASVG ausdrücklich die Geltung des § 55 ASVG angeordnet wird. Gemeint kann dies nur hinsichtlich der Wendung "für die Dauer der Versicherung" sein. Im § 74 Abs. 1 ASVG ist im Sinne des § 55 ASVG auch nicht "etwas anderes bestimmt". Wäre dies nämlich der Fall - wovon die beschwerdeführende Versicherungsanstalt in ihrer Beschwerde begründungslos ausgeht -, wäre die Verweisung von vornherein entbehrlich und in Bezug auf § 74 Abs. 1 ASVG inhaltsleer.
Gemäß § 44 Abs. 2 ASVG ist Beitragszeitraum der Kalendermonat und nur bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen das Kalenderjahr; die Satzung kann aus bestimmten Gründen auch längere Beitragzeiträume bis zu einem Vierteljahr bestimmen. Die Festlegung anderer Beitragszeiträume oder eine Abweichung vom Grundsatz der Beitragspflicht nur für die Dauer der Versicherung (§ 55 ASVG) sieht das Gesetz nicht vor. Besonderheiten für die nur in der Unfallversicherung Teilversicherten können lediglich hinsichtlich der Fälligkeit und der Einzahlung der Beiträge, nicht aber hinsichtlich des Beitragszeitraumes, in der Satzung des Versicherungsträgers vorgesehen werden.
Auf Grund dieser Rechtslage war es der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht verwehrt, eine aliquote Aufteilung des Versicherungsbeitrages entsprechend der Monate der Pflichtversicherung des Zweitmitbeteiligten im Kalenderjahr vorzunehmen.
Bei diesem Ergebnis braucht auf die von der beschwerdeführenden Versicherungsanstalt in der Beschwerde geäußerte Auffassung, die von ihr vertretene Lösung sei verfassungskonform, nicht eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Der Zweitmitbeteiligte war anwaltlich nicht vertreten.
Wien, am 15. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004080180.X00Im RIS seit
13.03.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008