Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Max J. Allmayer-Beck ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Peter B*****, 2. Verlassenschaft nach Hildegard B*****, beide vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 500.000,-- samt Anhang , infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Mai 1992, GZ 13 R 9/92-17, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. September 1991, GZ 28 Cg 37/90-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei nimmt die beklagten Parteien als Bürge und Zahler für eine offene Kreditschuld der Firma B*****, Holzhandels- und Aufarbeitungs-GesmbH in Anspruch.
Die beklagten Parteien wendeten vorerst ein, die Klagsforderung sei nicht fällig, weil die klagende Partei damit einverstanden gewesen sei, daß die Darlehensvaluta erst nach Abschluß eines gegen die Firma C***** Handelsgesellschaft mbH anhängigen Steuerverfahrens fällig werden sollte. Im Verfahren brachten die beklagten Parteien weiters vor, der Firma B***** Holzhandels- und Aufarbeitungs-GesmbH stünde gegen die klagende Partei eine Schadenersatzforderung von zumindest S 8,000.000,-- zu, die bis zur Höhe der Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet werde.
Das Erstgericht sprach aus, daß den beklagten Parteien eine Gegenforderung nicht zustehe und erkannte sie schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 500.000,-- samt Anhang zu bezahlen. Es stellte fest, eine Stundung sei den beklagten Parteien nur bis Ende Oktober 1988 gewährt worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Rechtlich führte es aus, daß der Bürge nur die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer eigenen Gegenforderung, nicht aber mit einer solchen des Hauptschuldners habe.
Die Revision der beklagten Parteien ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20.12.1991, 6 Ob 634/91 = ecolex 1992, 232 (mit Anmerkung Wilhelm) = JBl. 1992, 391 = ÖBA 1992, 660 (mit Anmerkung P. Bydlinski) ausgesprochen, daß dem Bürgen keinesfalls die Befugnis zustehe, die Schuldtilgung mit einer nicht ihm, sondern dem Hauptschuldner zustehenden Gegenforderung herbeizuführen. In diesem Punkt wurde die Entscheidung von P. Bydlinski aaO ausdrücklich gebilligt. Die beklagten Parteien führen gegen diese Rechtsansicht keine neuen Argumente ins Feld. Sie berufen sich für die gegenteilige Ansicht nur auf ältere Rechtsprechung, wo dies obiter dictum vertreten wurde, und die Ansicht von Ehrenzweig, Schuldrecht in der 2. Auflage. Ist das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen und werden gegen diese keine neuen Gesichtspunkte herangetragen, liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.
Soweit in der Revision erstmals behauptet wird, die erhobene Aufrechnungseinrede inkludiere die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechtes, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung. Während das Leistungsverweigerungsrecht eine dilatorische (aufschiebende) Einwendung des Bürgen gegen die geltend gemachte Forderung aus der Bürgschaft zum Gegenstand hat, begehrt der Bürge mit der Aufrechnung aus einem fremden Recht die endgültige Vernichtung der Hauptforderung und wegen der daraus folgenden mangelnden Akzessorietät auch seiner Bürgschaftsverpflichtung. Es handelt sich daher um zwei völlig verschiedene Rechtsgründe, die zur Abweisung des Begehrens führen sollen.
Die klagende Partei hat nur die Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes dargetan, aber weder behauptet, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben seien noch die Zurückweisung der Revision aus diesem Grund beantragt. Die Revisionsbeantwortung diente somit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
Textnummer
E30686European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00598.92.1007.000Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
29.04.2013