TE OGH 1992/10/13 5Ob138/92

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Veröffentlicht am 13.10.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Schwarz, Dr.Jelinek und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Hans P***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Franz Eckert, Dr.Friedrich Eckert und Dr.Rudolf Fries, Rechtsanwälte in Baden, wider die Antragsgegnerin Helene K*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs.1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 23.Juni 1992, GZ 41 R 477/92-55, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 27.Jänner 1992, GZ 4 Msch 22/89-46, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Mietrechtsvorgänger der Antragstellerin beantragten wegen der beabsichtigten Veräußerung ihres im Haus der Antragsgegnerin betriebenen Unternehmens gemäß § 12 Abs 4 MRG die Bestimmung der Höhe des nach § 12 Abs 3 MRG angemessenen Hauptmietzinses. Im Zuge des (zutreffend ohne Vorschaltung einer Schlichtungsstelle - s § 50 MRG iVm Kdm BGBl 1979/299) bei Gericht geführten Verfahrens trat wegen der per 1.11.1990 erfolgten Unternehmensveräußerung die Antragstellerin anstelle ihrer Rechtsvorgänger in das Verfahren ein. Die Antragsgegnerin stimmte diesem Parteiwechsel ausdrücklich zu (ON 44).

Das Erstgericht sprach aus, daß der angemessene Hauptmietzins sowohl zum 3.7.1989 (Tag der Antragstellung) als auch zum 1.11.1990 pro Monat S 18.927,- betrug.

Das Erstgericht stellte - soweit für das Verfahren über den Revisionsrekurs noch von Bedeutung - folgenden Sachverhalt fest:

In dem am 6.5.1980 abgeschlossenen Mietvertrag, in den die Antragstellerin gemäß § 12 Abs 3 MRG eintrat, verpflichteten sich die Mieter, die gesamte Hausreinigung einschließlich der Schneeräumung und des Streuens bei Glatteis selbst durchzuführen. Auch die Erhaltung des Geschäftsportales und der äußeren Schauflächen des Geschäftes sollte zu Lasten der Mieter gehen.

Der angemessene Hauptmietzins für dieses Mietobjekt beträgt - ohne Rücksichtnahme auf die oben angeführten, von den Mietern übernommenen Verpflichtungen - S 19.690,- pro Monat.

Das ortsübliche Entgelt für die von den Mietern übernommenen Reinigungsarbeiten (inklusive Schneeräumung und Streuen bei Glatteis) beträgt (laut Gutachten vom 18.1.1991, aufbauend auf § 7 HBG; ON 38) S 763,- pro Monat.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß von dem ohne Rücksicht auf die Dienstleistungen der Mieter ermittelten monatlichen Hauptmietzins von S 19.690,- die von den Mietern zu erbringenden, gemäß § 28 MRG mit dem jeweils ortsüblichen Entgelt zu bewertenden Dienstleistungen (Reinigungsarbeiten) abzuziehen seien. Die Verpflichtung zur Erhaltung des Geschäftsportales und der äußeren Schauflächen des Geschäftes stelle keine solche Dienstleistung dar und habe daher bei der Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses außer Betracht zu bleiben.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß der angemessene Hauptmietzins per 1.11.1990 mit monatlich S 19.690,- (exklusive Umsatzsteuer) festgestellt wurde, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Ab dem Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung fehle es an einem Hauptmieter, der das von ihm betriebene Unternehmen (bloß) zu veräußern beabsichtige. Es existiere vielmehr nur noch ein Mieter, der ein derartiges Unternehmen erworben habe. Wegen seiner Mieterstellung sei er als Antragsteller dem Verfahren fortan beizuziehen, weil § 234 ZPO im außerstreitigen Verfahren nach dem MRG nicht anzuwenden sei. Der bisherige Mieter scheide aus dem Verfahren aus. § 12 Abs 4 MRG schaffe Rechtssicherheit für den Mieter, der die künftige Unternehmensveräußerung beabsichtige, und wahre damit das eminente Interesse der künftigen Partner des Veräußerungsvertrages, die Höchstgrenze der gegenüber dem künftigen Unternehmenserwerber zu erwartenden Mietzinsanhebung im vorhinein zu kennen. Umsomehr müsse das Interesse des bereits bestimmten und in die Mieterposition eingetretenen Unternehmenserwerbers, die zu erwartende Mietzinsanhebung ehebaldigst abzuklären, geschützt werden. Allerdings gewähre § 12 Abs 3 MRG dem Vermieter eine halbjährige Bedenkfrist und dem Unternehmenserwerber eine ebenso lange ungewisse Situation des Zuwartens. Da § 12 Abs.4 MRG aber ohnehin nur den iS des § 12 Abs 3 MRG angemessenen Mietzins festzustellen anordne, sei bei einer während des Verfahrens durchgeführten Unternehmensveräußerung die Feststellung des angemessenen Mietzinses für den relevanten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung vorzunehmen (und nicht wie bei bloß beabsichtigter Unternehmensveräußerung für den Zeitpunkt der Entscheidungsfindung). Mit dieser Einschränkung bestehe ein Feststellungsanspruch auch des mittlerweiligen Unternehmenserwerbers auf abstrakte Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 12 Abs 3 MRG im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG.

Eine inhaltliche Prüfung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses - in den für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes noch relevanten Punkten - ergebe, daß der angemessene Hauptmietzins in einem Geldbetrag auszudrücken sei, zumal die Erbringung von Sachleistungen als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten nicht ein übliches Entgelt sei. Habe sich der Mieter von Geschäftsräumlichkeiten im Rahmen eines Dienstvertrages mit dem Vermieter zu Dienstleistungen, im Rahmen eines Werkvertrages zur Erbringung eines Werkes oder im Rahmen eines Kaufvertrages zur Lieferung des Kaufgegenstandes verpflichtet, und sei auch vereinbart gewesen, den Lohn oder den Kaufpreis mit der Mietzinsverpflichtung aufzurechnen, so ändere dies an der hier allein festzustellenden angemessenen Höhe des Hauptmietzinses nichts. Nur diese sei spruchgemäß festzustellen, zumal nicht gesagt werden könne, ob der Unternehmenserwerber bereit sei, dieselben Dienste zu leisten. Aus den gleichen Gründen bedürfe es auch keiner Befassung mit der Frage, wen die auf Seite des Vermieters unabdingbare (§ 3 MRG) Erhaltungspflicht in Ansehung des Geschäftsportals und der äußeren Schauflächen des Geschäftes treffe.

Es sei also der sich aus dem Sachverständigengutachten ziffernmäßig unstrittig ergebende ortsübliche Mietzins ohne jeden Abzug als angemessener zu bestimmen, und zwar für den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Unternehmensveräußerung, also für den 1.11.1990.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sowohl zur Frage des Einflusses der zwischenzeitigen Unternehmensveräußerung während eines Verfahrens nach § 12 Abs 4 MRG als auch zur Frage der Berücksichtigung von Sachleistungen des Mieters, die über die gesetzlichen Mieterpflichten hinausgehen, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Hauptmietzins mit monatlich S 18.787,- festgesetzt werde; gegebenenfalls möge der Hauptmietzins mit monatlich S 19.690,- unter Anrechnung der mit S 903,- bewerteten Sachleistungen für Reinigung (einschließlich Schneeräumung und Streuens bei Glatteis) sowie Erhaltung des Geschäftsportales und der äußeren Schauflächen des Geschäftes bestimmt werden.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Antragsteller nach § 12 Abs 4 MRG (betreffend Anträge auf Bestimmung des angemessenen Hauptmietzinses im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vor der Unternehmensveräußerung) kann nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit vor Durchführung der Unternehmensveräußerung durch ihn sein, während die Angemessenheit des vom Vermieter nach § 12 Abs 3 MRG begehrten Hauptmietzinses in einem Verfahren zwischen dem betroffenen (neuen) Mieter und dem Vermieter zu prüfen ist. Durch die Unternehmensveräußerung wird daher einem auf § 12 Abs 4 MRG gestützten Antrag der Boden entzogen.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache schieden daher folgerichtig die Rechtsvorgänger der Antragstellerin nach der Unternehmensveräußerung aus dem Verfahren aus. Gleichzeitig trat die Antragstellerin mit Zustimmung der Antragsgegnerin zum Parteiwechsel in das Verfahren ein. Der Unternehmenserwerber kann zwar ein über einen Antrag nach § 12 Abs 4 MRG eingeleitetes Verfahren nicht erfolgreich fortsetzen, weil er eben kein Hauptmieter ist, der eine Unternehmensveräußerung erst beabsichtigt. Klebt man aber nicht am Wortlaut der Parteienerklärungen, sondern beachtet man die damit verbundene naheliegende Absicht, so liegt in der Prozeßerklärung beider Parteien das Begehren, die Angemessenheit des ab Unternehmensveräußerung angemessenen Hauptmietzinses festzustellen. Dabei schadet es nicht, daß die Antragsgegnerin noch keinen ziffernmäßig bestimmten Hauptmietzins begehrt hatte. In der Zustimmung zum Parteiwechsel in dem Verfahren, das die Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses zum Gegenstand hat, liegt auch das schlüssige Begehren nach dem in einem solchen Verfahren bestimmten Hauptmietzins gegenüber dem Unternehmenserwerber. Seit dem Parteiwechsel handelt es sich daher um ein zwischen Mieter und Vermieter nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12 Abs 3 MRG anhängiges Verfahren auf Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses. Andernfalls müßte man annehmen, daß die Antragsgegnerin wegen Ablaufes der in § 12 Abs 3 MRG normierten Frist von 6 Monaten auf die Geltendmachung einer Hauptmietzinserhöhung überhaupt verzichte. Dieses Ergebnis stünde mit dem Prozeßverhalten der Parteien in unlösbarem Widerspruch.

Die Antragstellerin trat durch den Unternehmenserwerb von ihren Vorgängern im Mietrecht in den Mietvertrag vom 6.5.1980 ein. Im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses war hier - wie unbestritten ist - die Übernahme von Sachleistungen durch den Mieter mangels Vorliegens mietengesetzlicher Zinsbeschränkungen zulässig. § 43 Abs 1 MRG sieht keine Rückwirkung in dem Sinn vor, daß vor dem Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte (wie die oben wiedergegebene, als Mietzinsvereinbarung zu qualifizierende Übernahme von Reinigungsarbeiten und Kosten bestimmter Erhaltungsarbeiten) nun nach dem MRG zu beurteilen wären (MietSlg XL/3). Diese Pflichten gingen daher auf die Antragstellerin über.

Zweifellos ist es auf den angemessenen, in Geld zu zahlenden Hauptmietzins von Einfluß, ob der Mieter neben der Zahlung von Geld auch andere Leistungen zu erbringen hat. Je größer die Belastung durch solche Leistungen ist, desto geringer wird der angemessene in Geld zu entrichtende Hauptmietzins sein, weil diese Leistungen (jedenfalls hier) in Geld ausgedrückt werden können und damit eine Beurteilung ermöglicht wird, welcher Teil des insgesamt angemessenen Hauptmietzinses durch diese Leistungen abgedeckt wird.

In diesem Fall handelt es sich aber bei der übernommenen Hausreinigung und Schneeräumung samt Streuens bei Glatteis um Leistungen, die zwar sonst der Vermieter zu erbringen, deren Kosten er aber unter dem Titel Betriebskosten vom Mieter neben dem angemessenen Hauptmietzins als Zinsbestandteil begehren könnte. Da die Antragstellerin Mieterin des ganzen Hauses ist und der von ihr begehrte Betrag, um den der Hauptmietzins wegen der Übernahme dieser Arbeiten vermindert werden soll, den tarifmäßigen Hausbesorgerkosten entspricht, besteht kein Anlaß, den hiefür festgestellten Betrag von S 763,- pro Monat bei der Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses zu berücksichtigen. Die diesbezüglich von der Antragstellerin zu erbringenden Leistungen sind nämlich im Ergebnis nichts anderes als die Erbringung von Naturalleistungen statt der Bezahlung der sonst dem Vermieter hiefür (neben dem Hauptmietzins) gebührenden Betriebskosten: Das Ergebnis ist das gleiche, wie wenn die Antragstellerin als Hausbesorgerin diese Leistungen erbrächte, hiefür das tarifmäßige Entgelt vom Vermieter erhielte und dieses dann wieder als Betriebskosten dem Vermieter ersetzte.

Auch die Übernahme der Kosten für die Instandhaltung des Geschäftsportales und der äußeren Schauflächen des Geschäftes wäre grundsätzlich auf die Höhe des angemessenen Mietzinses von Einfluß. Da es sich aber dabei nach dem Vorbringen der Antragstellerin nur um einen Betrag von S 140,- pro Monat handelt, wäre es eine Scheingenauigkeit, diesen Betrag von dem auf Grund einer Ausmittlung durch Sachverständigengutachten bestimmten angemessenen Hauptmietzins abzuziehen. Bei dem nach dem Sachverständigengutachten ermittelten angemessenen Hauptmietzins handelt es sich - wie die Antragsgegnerin zutreffend in der Revisionsrekursbeantwortung ausführte - im Ergebnis um eine Festsetzung nach § 273 ZPO innerhalb eines gewissen Unsicherheitsbereiches, dies schon wegen der im Sachverständigengutachten enthaltenen, bloß geschätzten Vergleichswerte. Unter diesen Voraussetzungen vermag ein Betrag von weniger als 1 % des monatlich als angemessen ermittelten Hauptmietzinses sinnvollerweise keine Änderung der Entscheidung zu bewirken.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E30610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00138.92.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19921013_OGH0002_0050OB00138_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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