TE OGH 1992/10/15 12Os104/92

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Veröffentlicht am 15.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Held als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef G***** wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 StGB und anderer Delikte über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 17.Juli 1992, AZ 8 a Vr 380/92, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr.Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 17.Juli 1992, AZ 8 a Vr 380/92, verletzt insoweit das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 381 Abs. 7 erster Satz, und 429 Abs. 4 StPO, als damit die (gerichtliche) Zuständigkeit zur Bestimmung und Anweisung der gemäß § 429 Abs. 4 StPO vom Bund zu tragenden Pflegegebühren für die vorläufige Anhaltung des Josef G***** in der Niederösterreichischen Landesnervenklinik Gugging in Anspruch genommen wurde.

Dieser Beschluß wird ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Josef G***** (richtig: G*****) wurde in der AZ 8 a Vr 380/92 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt wegen Verdachtes des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und anderer Delikte gegen ihn geführten Voruntersuchung gemäß § 429 Abs. 4 StPO in der Zeit vom 31.März bis 26.Juni 1992 in der Niederösterreichischen Landesnervenklinik Gugging vorläufig angehalten. Mit Beschluß des Untersuchungsrichters vom 26.Juni 1992 wurde das Verfahren gemäß § 109 Abs. 1 StPO eingestellt. Von der genannten Nervenklinik wurden mit Rechnung vom 8.Juli 1992 für den Unterbringungszeitraum die vom Bund zu tragenden (§ 429 Abs. 4 letzter Satz StPO) Pflegebühren in der Höhe von 135.036 S verzeichnet, die das Kreisgericht Wiener Neustadt mit Beschluß vom 17. Juli 1992 antragsgemäß bestimmte. Der Beschluß blieb unangefochten (ON 1 S 3 g verso, 3 h und ON 16).

Rechtliche Beurteilung

Nach § 381 Abs. 7 StPO sind die Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft bei Bemessung des Pauschalkostenbetrages zu berücksichtigen, es sei denn, daß der Verhaftete für die Haft entschädigt worden ist. Aus dieser Textierung ergibt sich (siehe dazu auch den Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 29.Juni 1983, Z 500 003/14-II 1/83 = JABl Nr 63/1983 = Mayerhofer-Rieder2 Verordnungen und Erlässe, S 427, Nr 4 zu §§ 429 bis 434 StPO), daß eine gerichtliche Bestimmung der Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft sowie der dieser (auch insoweit) gleichgestellten Sicherungsmaßnahme der vorläufigen Anhaltung nach § 429 Abs. 4 StPO grundsätzlich nicht zu erfolgen hat. Deshalb hatte das Bundesministerium für Justiz schon mit Erlaß vom 15.April 1976, JMZ 522.01/14-V 8/76, die Leiter der gerichtlichen Gefangenenhäuser angewiesen, die Zahlung der Pflegegebühren der Krankenanstalten für Geisteskrankheiten für die Anhaltung sowohl geistig abnormer Rechtsbrecher im Sinne des § 21 As. 1 StGB als auch der Betroffenen nach § 429 Abs. 4 StPO vorzunehmen, wobei Leiter des Gefangenenhauses jenes Gerichtshofes, der die Unterbringung oder die vorläufige Einweisung (in erster Instanz) angeordnet hat, zuständig sei. Die an das Psychiatrische Krankenhaus der Stadt Wien, Baumgartnerhöhe, zu zahlenden Kosten werden unmittelbar zwischen dieser Anstalt und dem Bundesministerium für Justiz verrechnet.

Auf der Basis der in den zitierten Erlässen des Bundesministeriums für Justiz zum Ausdruck gebrachten Rechtsmeinung - welcher der Oberste Gerichtshof vollinhaltlich beitritt - erweist sich der eingangs erwähnte Pflegegebührenbestimmungsbeschluß des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als rechtlich verfehlt, weshalb in Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde spruchgemäß zu erkennen war.

Der in der Beschwerde hypothetisch ventilierte Einwand, aus der den Gerichten im § 381 Abs. 7 StPO auferlegten grundsätzlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung der Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft bei Bemessung des Pauschalkostenbeitrages könne - weil solcherart die Gerichte die sachliche Kompetenz für diese Kosten hätten - diese Zuständigkeit in jenen Fällen, in denen eine Pauschalkostenbestimmung nicht statthabe, nicht ohne eine entsprechende verfassungsgesetzliche Regelung auf ein Verwaltungsorgan übergehen, hält einer Überprüfung nicht stand. Denn durch die Berücksichtigung nicht gerichtlich bestimmter Kostenelemente bei der Bemessung der Pauschalkosten wird eine sachliche Kompetenz für diese Kostenteile keineswegs begründet; das erhellt beispielsweise auch aus den im § 381 Abs. 1 Z 1 StPO angeführten "Amtshandlungen der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe im Dienst der Strafjustiz" und namentlich daraus, daß öffentliche Krankenanstalten dem sogenannten "Tax-Zwang" unterliegen, wobei die Gebühren nach dem Krankenanstaltengesetz bzw landesgesetzlich festgesetzt werden, also diesbezüglich - wie auch bei dem im § 71 Abs. 2 StVG geregelten Fall - keine gerichtliche Bestimmungskompetenz vorliegt.

Anmerkung

E32030

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00104.9200006.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19921015_OGH0002_0120OS00104_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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