TE OGH 1992/10/20 14Os129/92

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz G***** wegen des Vergehens der Schändung nach § 205 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 4.Mai 1992, GZ 12 Vr 727/91-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr.Winter-Holzinger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz G***** des Vergehens der Schändung nach § 205 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit von Sommer 1990 bis Anfang März 1991 im Raum von Knittelfeld die Roswitha M*****, die wegen Schwachsinns unfähig ist, die Bedeutung des Vorganges einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, mehrfach zur Durchführung eines Oralverkehrs, zur wiederholten Masturbation und Duldung des Abgreifens ihrer Brüste und ihres Geschlechtsteiles, sohin zur Unzucht mißbraucht hatte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unberechtigt ist.

Mit der eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe behauptenden Mängelrüge (Z 5) vermag der Beschwerdeführer keine relevanten Begründungsfehler aufzuzeigen. Nach dem Urteilsinhalt beruht der Nachweis der vom Angeklagten bestrittenen Täterschaft vor allem auf den für glaubwürdig erachteten Aussagen des Tatopfers Roswitha M*****, die ihn wiederholt als Täter bezeichnet hat (US 13 f).

Die in der Beschwerde hervorgehobenen Divergenzen in den Aussagen der bei der Gegenüberstellung anwesenden Krista W***** über das Verhalten des Tatopfers bei der Identifizierung des Täters bedurften schon deshalb keiner näheren Erörterung, weil in der Polizeianzeige der Inhalt ihrer Befragung lediglich sinngemäß wiedergegeben (S 7) und ohnehin nur ihre Angaben vor Gericht (S 132 ff) den bezüglichen Urteilsfeststellungen zu Grunde gelegt wurden (US 11). Daß die höhergradig schwachsinnige Roswitha M***** erst über Befragen bzw. Drängen ihrer Sachwalterin Käthe S***** den Angeklagten als den Mann bezeichnete, der sie zu sexuellen Handlungen mit ihm veranlaßt hat, hat das Erstgericht im Einklang mit den Bekundungen der dabei anwesenden Personen festgestellt (US 8 und 18). Mit der Behauptung, daß Roswitha M***** bei dieser Gegenüberstellung der Einflußnahme der Käthe S***** ausgesetzt war, unternimmt der Beschwerdeführer den im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch, aus den vorliegenden Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlüsse zu ziehen. Als unbeachtlichen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung stellt sich auch das die Glaubwürdigkeit des Tatopfers und seines Sachwalters bestreitende Beschwerdevorbringen und der daran geknüpfte Einwand der ungenügenden Beweiskraft seiner Aussagen dar.

Die zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO ins Treffen geführten Erwägungen (Punkt b der Beschwerdausführungen) gegen die Annahme der Täterschaft des Angeklagten erweisen sich nach deren Überprüfung an Hand der Aktenlage als nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des bekämpften Ausspruches hervorzurufen.

Die vom gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Dr.Ernst Mathiaschitz der Roswitha M***** attestierte Beeinflußbarkeit, aus der der Beschwerdeführer die behauptete Falschbezichtigung durch sie abzuleiten sucht, hat das Erstgericht ebenso in den Kreis seiner beweiswürdigenden Erwägungen einbezogen (US 15), wie die gutächtliche Feststellung, daß den Angaben des Tatopfers konkrete Ereignisse und Erlebnisse zugrundelagen (S 120 iVm US 17). Daß das Schöffengericht die Roswitha M***** auch unter Berücksichtigung ihres Geisteszustandes für aussagefähig erachtete und ihren Angaben über die Vornahme der Unzuchtshandlungen mit dem Angeklagten Glaubwürdigkeit zubilligte, ist als unbedenklicher Akt freier Beweiswürdigung der Anfechtung im Wege der Tatsachenrüge entzogen. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen ist es keineswegs denkgesetzwidrig, der Zeugin in bezug auf einen Teil ihrer Angaben (Mißhandlungen durch den Angeklagten) die Glaubwürdigkeit zu versagen (US 22/23), ihr jedoch im übrigen Glauben zu schenken. Die in der Beschwerde angeführten Ungereimtheiten einzelner Beweisergebnisse sind ohne erkennbare Bedeutung für die maßgebliche Beurteilung, daß die Schilderung der Roswitha M***** über das deliktische Geschehen auf Wahrheit beruht. So bietet die Aktenlage keine konkreten Anhaltspunkte für die Stichhältigkeit der Vermutung des Beschwerdeführers, Käthe S***** hätte wahrheitswidrig seine Identifizierung durch gezielte Einflußnahme auf das Tatopfer veranlaßt und die Anzeige gegen ihn nur aus Gehässigkeit in der Absicht erstattet, ihm zu schaden.

Zu Recht konnte das Erstgericht auch den Umstand, daß Roswitha M***** die Farben und eine der Fabrikationsmarken der vom Angeklagten benützten Kraftfahrzeuge anzugeben vermochte (S 32 iVm US 13), als Indiz für die Richtigkeit ihrer Darstellung werten. Schließlich lassen sich die vom Beschwerdeführer geäußerten Bedenken auch nicht darauf gründen, daß er nach Meinung des Zeugen Peter B***** von Käthe S***** in der Folge zu Unrecht weiterer Annäherungsversuche beschuldigt wurde.

Sämtliche gegen die Glaubwürdigkeit der genannten Belastungszeugen gerichteten Einwände vermögen sohin die durch die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage nicht in einem Maß zugunsten des Beschwerdeführers zu erschüttern, daß die Erwägungen des Schöffengerichtes unvertretbar erscheinen und die Annahme der hier entscheidungswesentlichen Tatsachen ernsthaft in Frage gestellt werden könnten.

Soweit der Beschwerdeführer die Anwendung des Straflosigkeitsgrundes des § 42 StGB reklamiert, geht seine Rüge (Z 9 lit. b) gleichfalls fehl.

Geringe Schuld im Sinne des § 42 Z 1 StGB liegt nur dann vor, wenn sie sowohl absolut wie auch im Vergleich zu den typischen Fällen des Deliktes als geringfügig zu werten ist; das tatbildgemäße Verhalten muß - wenn auch ohne Anlegung eines extrem strengen Maßstabes - im konkreten Fall hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt doch erheblich zurückbleiben (Leukauf-Steininger Komm.3 § 42 R 14 und die dort zitierte Judikatur). Diese Voraussetzungen treffen hier schon im Hinblick auf die oftmalige Wiederholung der Unzuchtshandlungen innerhalb eines längeren Zeitraumes nicht zu.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht die Wiederholung der strafbaren Handlung als erschwerend, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten. Es verhängte über ihn nach § 205 Abs. 2 StGB acht Monate Freiheitsstrafe, die es gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er die Verhängung einer bedingten Geldstrafe anstrebt.

Auch die Berufung ist unbegründet.

Der bisher ordentliche Lebenswandel wurde dem Berufungswerber ohnedies zugute gehalten, weil im Anschluß an die Aufzählung der Strafbemessungsgründe ausdrücklich sein "tadelloses Vorleben" erwähnt wird (US 21). Der geltend gemachte Milderungsgrund, daß kein Schaden eingetreten sei (§ 34 Z 13 StGB), kann nur bei strafbaren Handlungen von Bedeutung sein, die auf eine Rechtsgutbeeinträchtigung abgestellt sind, ohne daß deren Eintritt zur Vollendung erforderlich wäre (Kunst im WrK § 34 Rz 40), kommt daher bei dem gegenständlichen Sittlichkeitsvergehen nicht in Betracht. Von einer besonders verlockenden Gelegenheit zur Tat als Milderungsgrund (§ 34 Z 9 StGB) kann gleichfalls keine Rede sein, zumal diese in einem solchen Maße vorliegen müßte, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte (Leukauf-Steininger Komm.3 § 34 RN 15). Schließlich wurde die Tat auch keineswegs vor längerer Zeit begangen (Ende des Deliktszeitraumes März 1991), da insoweit der Maßstab der Rückfallsverjährung nach § 39 StGB (fünf Jahre) anzulegen ist (aaO RN 18). Zu einer Herabsetzung der ohnedies im unteren Bereich des bis zu drei Jahren reichenden Strafsatzes ausgemessenen und zudem bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe bieten somit weder das Berufungsvorbringen noch sonstige Verfahrensergebnisse einen begründeten Anlaß, sodaß die Möglichkeit der vom Angeklagten begehrten Verhängung einer Geldstrafe schon nach dem Gesetz (§ 37 Abs. 1 StGB) ausscheidet.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E31470

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00129.9200009.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19921020_OGH0002_0140OS00129_9200009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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