TE OGH 1992/10/21 9ObA194/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** W*****, Installateur, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Ing.W***** A*****, ***** GesmbH & Co KG, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 548.477,79 S brutto sA (Revisionsstreitwert 386.202,09 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Mai 1992, GZ 12 Ra 39/92-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 30.Dezember 1991, GZ 3 Cga 71/90-22, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinem abändernden, das Klagebegehren hinsichtlich eines Teilbetrages von 286.202,09 S sA abweisenden Teil sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger neuerlicher Verhandlung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger war seit 2.September 1974 bei der beklagten Partei bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Baustellenleiter zur Ausführung von Aufträgen angestellt. Er koordinierte die Arbeit an den Baustellen, kümmerte sich um die Materialbeschaffung, beaufsichtigte die Monteure und führte die erforderlichen Aufzeichnungen wie etwa das Bautagebuch. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, Änderungswünsche der Bauherren zu berücksichtigen. Am 4.Juli 1990 wurde der Kläger vom Geschäftsführer der beklagten Partei entlassen.

Der Kläger begehrt insgesamt 548.477,79 S sA, und zwar 203.358 S Kündigungsentschädigung für die Zeit bis 31.Dezember 1990, 145.884,30 S an Urlaubsentschädigung für 98 Werktage, 237.251 S an Abfertigung sowie 28.866,70 S an Weihnachtsremuneration für das Jahr 1990; auf seinen Gesamtanspruch von 615.360 S rechnet er sich eine Zahlung von 66.882,21 S an.

Zuletzt habe der Kläger eine Baustelle der beklagten Partei bei der Firma L & O in Enns betreut. Es habe sich um Terminarbeiten gehandelt. Der Bauherr habe ständig Änderungswünsche geäußert, sodaß die Arbeitnehmer teilweise nicht mehr nach Plänen hätten arbeiten können und verschiedene vorgefertigte Teile nicht hätten montieren können. Da der technische Leiter der Firma L & O, dem der Kläger erklärt habe, daß die Änderungen in den Plänen eingezeichnet werden müßten und der dadurch verursachte Mehraufwand bezahlt werden müsse, ein Anerkenntnis abgelehnt habe, sei es für den Kläger notwendig gewesen, mit seinem Chef Verbindung aufzunehmen. Der Kläger habe daher den Geschäftsführer der beklagten Partei Ing.W***** A***** dringend ersucht, am nächsten Tag in der Früh auf die Baustelle zu kommen, damit die aufgetretenen Probleme geklärt werden. Dieser habe das aber abgelehnt und gesagt, der Kläger solle sich daß selbst ausmachen. Bei diesem Telefongespräch sei der Kläger verständlicherweise sehr erregt gewesen, weil er gewußt habe, daß er bei der Abrechnung der Baustelle für Fehler oder Unklarheiten zur Verantwortung gezogen würde, ihm Ing.A***** aber zu erkennen gegeben habe, daß er ihm in dieser Situation keine Hilfestellung leiste. Es sei um die Abrechnung von hohen Beträgen gegangen und um Änderungen, über die der Kläger nicht allein habe entscheiden können, weil sich der Auftraggeber nicht bereit erklärt habe, dadurch entstehende Mehrkosten zu übernehmen. Der Kläger sei als Baustellenleiter für die Richtigkeit der Aufmaßliste verantwortlich gewesen, ebenso wie für die verrechneten Regiestunden; es seien Bautagesberichte und Regiestundenbestätigungen zu schreiben gewesen. Da es wiederholt vorgekommen sei, daß bei Abrechnung einer Baustelle auf Anordnung des Ing.A***** im nachhinein Änderungen vorgenommen werden mußten, die dazu geführt haben, daß der Kläger erklärt habe, das mache er nicht mehr mit, habe der Kläger erreichen wollen, daß die Sache von vornherein ordnungsgemäß abgewickelt werde und eben jede Änderung im Plan eingezeichnet und abgezeichnet werde, sodaß im nachhinein ohne Änderungen hätte abgerechnet werden können. Da nur der Bestbieter den Auftrag bekomme, sei die beklagte Partei gezwungen gewesen, möglichst günstig abzubieten. Bei Änderungswünschen habe abgeklärt werden müssen, ob diese Änderungen auf einem zusätzlichen Auftrag beruhten, der nicht vom Anbot erfaßt sei, ob sie (dennoch) durchzuführen, aber zusätzlich zu bezahlen seien, oder nicht durchgeführt und abgelehnt würden. Zur Klärung dieser Fragen habe der Kläger als Baustellenleiter den Chef heranziehen müssen, weil es der Kläger bereits mehrmals abgelehnt habe, im nachhinein irgendetwas zu ändern bzw. zu manipulieren. Von einem Verlassen der Baustelle im Sinne eines "Verlassens der Firma" sei am 3.Juli 1990 keine Rede gewesen; der Kläger habe darauf hingewiesen, daß er seit 2 Monaten einen Zahnarzttermin vereinbart habe, den er unbedingt wahrnehmen müsse und daß für den Nachmittag ohnehin die ganze Arbeit eingeteilt sei, sodaß die Anwesenheit des Klägers nicht notwendig sei. Am Nachmittag habe der Kläger darüber hinaus bei der Firma F***** Schweißgeräte und bei der Firma T***** in Wels rostfreie Materialien (Schweißbögen und Flansche) besorgt. Am nächsten Tag sei der Kläger wie üblich um 6 Uhr in den Betrieb gekommen. Ing.W***** A***** habe den Kläger ins Büro gebeten und ihn dort mit den Worten entlassen: "Ich lasse mir von Dir nicht das Messer ansetzen, Du bist fristlos entlassen". Das Verlassen der Baustelle um 11 Uhr sei notwendig gewesen, weil sich der Kläger dort weder habe waschen noch umziehen können. Er sei daher zunächst an seinen Wohnort nach A***** und von dort nach Wels gefahren. Er sei zuvor lediglich einmal verwarnt worden, als er eine Baustelle in Salzburg betreut habe. Der Kläger sei während der Woche zu seiner Familie nach Hause gefahren und am nächsten Tag wieder rechtzeitig auf der Baustelle gewesen; hiebei habe er Arbeitskollegen mitgenommen. Dies habe Ing.A***** zum Anlaß genommen, den Kläger und seine Kollegen schriftlich darauf hinzuweisen, daß sie nicht nach Hause fahren dürften, weil er die Übernachtung bezahle. Der Kläger habe dies als unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre betrachtet.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Am 3. Juli 1990 habe sich der Kläger bei Ing.A***** im Zusammenhang mit Schwierigkeiten mit dem Bauherrn über das Planungsbüro telefonisch beschwert. Ing.A***** habe daraufhin nur erklärt, der Kläger müsse sich um eine zufriedenstellende Lösung für den Bauherrn bemühen und die Angelegenheit ordnungsgemäß durchführen. Der Kläger habe erwidert, er mache nicht mehr mit, Ing.A***** solle "sich die Baustelle selbst fertig machen", er verlasse die Baustelle. Auf die Antwort des Ing.A*****, daß dies nicht zulässig sei und daß er sein Gehen keinesfalls akzeptieren könne, habe der Kläger mit dem Aufhängen des Hörers reagiert. Nach erfolglosem Rückruf habe Ing.A***** den Geschäftsführer des Bauherrn Ing.P***** angerufen und ihn gebeten, mit dem Kläger zu reden und ihn zur Fortsetzung der Arbeit aufzufordern. Auch Ing.P***** gegenüber habe der Kläger erklärt, er werde die Arbeit nicht mehr fortsetzen. Weder bei diesem Gespräch noch früher habe der Kläger erwähnt, daß er am Nachmittag des 3.Juli 1990 einen Termin beim Zahnarzt habe, den er unbedingt wahrnehmen müsse. Es sei nicht notwendig gewesen, daß der Kläger nach Wels zur Firma F***** gefahren sei, um Unterlagen für Schweißgeräte abzuholen, da mit der Firma F***** vereinbart gewesen sei, daß diese Unterlagen mit dem Firmenbus auf der Rückfahrt von Enns nach Ried mitgenommen werden sollten. Der Kläger habe daher entgegen der Anordnung des Arbeitgebers und trotz Verwarnung grundlos die Baustelle verlassen. Als der Kläger am nächsten Tag wieder zur Arbeit gekommen sei, habe ihn Ing.A***** auf die Vorfälle des Vortages angesprochen, worauf ihm der Kläger neuerlich erklärt habe, daß er die Arbeit an dieser Baustelle nicht mehr machen werde, weil sie ihn nicht mehr interessiere. Daraufhin habe Ing.A***** die Entlassung des Klägers ausgesprochen. Am 3.Juli 1990 habe der Kläger bei seinem Abgang von der Baustelle einem Mitarbeiter gegenüber erklärt: "Die können mich alle ......", wobei Ing.A***** und der Bauherr gemeint gewesen seien. Es liege daher auch eine erhebliche Ehrverletzung gegenüber dem Arbeitgeber vor. Die Führung einer Baustelle, die Durchführung von Abrechnungen, das Schreiben von Regiezetteln und die Berücksichtigung allfälliger Sonderwünsche des Bauherrn seien Angelegenheiten des Bauleiters. Es komme auf jeder Baustelle vor, daß Änderungen durchzuführen seien; dann seien eben entsprechende Planänderungen, Regiezettel etc. zu verfassen. Der Kläger habe auf vielen Baustellen bewiesen, daß er dies könne. Dem Kläger sei bei seiner Arbeit aber immer schon vorgeworfen worden, daß er nicht sämtliche Regiestunden und Änderungswünsche aufschreibe, ins Bautagebuch eintrage und täglich vom Bauherrn unterschreiben lasse. Dies sei eine mühsame Arbeit, habe aber zum Pflichtenkreis des Klägers gehört. Auf der Baustelle in Enns habe sich der Kläger offenbar nicht dieser Mühe unterziehen wollen. Der Kläger habe die Baustelle gegen 11 Uhr vormittags verlassen; zur Bewältigung der Fahrt zum Zahnarzt hätte der Kläger lediglich eine halbe Stunde gebraucht; es hätte daher genügt, wenn er eine halbe Stunde vor dem Termin weggefahren wäre. Am Vortag sei mit dem Kläger besprochen worden, daß von der Firma F***** Werkzeuge abzuholen seien. In Gegenwart des Klägers sei der zuständige Mitarbeiter dieser Firma gebeten worden, bis nach Dienstschluß zu warten, damit der Firmenbus, wenn er von Linz zurückkomme, zur Abholung der Geräte in Wels eingesetzt werden könne. Der Kläger habe nicht erwähnt, daß er die Geräte abholen wolle oder daß er wegen eines Zahnarzttermins ohnehin in Wels sein werde.

Nach dem Vorfall in Salzburg sei der Kläger verwarnt worden, weil er trotz Beistellung des Quartiers mit dem Firmen-PKW auf Kosten des Arbeitgebers nach Ried gefahren sei.

Gravierender sei aber die Verwarnung mit Schreiben vom 16.Oktober 1987 gewesen, in welchem dem Kläger die Entlassung angedroht worden sei, weil er schon damals Auftritte mit Kunden gehabt habe und seinen Pflichten nicht nachgekommen sei.

Die vom Kläger erwähnten Unklarheiten in der Abrechnung seien dadurch entstanden, daß der Kläger die Regiezettel nicht rechtzeitig geschrieben habe, sodaß man immer wieder genötigt gewesen sei, nachträglich die Regiearbeiten zu rekonstruieren, um eine Basis für die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu erhalten.

Ab September 1990 habe der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis begonnen, in dem er jedenfalls soviel wie zuvor bei der beklagten Partei verdiene. Ab diesem Zeitpunkt sei eine Kündigungsentschädigung nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang eines Teilbetrages von 412.338,34 S samt 4 % Zinsen seit 1.August 1990 statt und wies das Mehrbegehren von 136.139,45 S sA ab.

Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Aufgrund der langjährigen Tätigkeit bei der beklagten Partei und der hervorragenden fachlichen Qualifikation des Klägers entwickelte dieser eine beträchtliche Eigenständigkeit; es wurden ihm auch sehr viele selbständige Entscheidungen auferlegt. Der Kläger war befugt, Material für bestimmte Baustellen selbst beizuschaffen. Es wäre der beklagten Partei zwar gelegentlich lieber gewesen, wenn der Kläger schon vorher bekannt gegeben hätte, von wo er das Material beziehen werde, um Preisvergleiche anstellen zu können, doch tolerierte die beklagte Partei, daß der Kläger sich nicht daran hielt. Zum überwiegenden Teil handelte es sich bei den Baustellen um termingebundene Aufträge mit Pönalevereinbarung, bei denen der Kläger und die eingesetzten Arbeitnehmer vor allem zum Terminende hin unter sehr großem Zeitdruck standen. Dieser Zeitdruck wurde in vielen Fällen auch dadurch verursacht, daß Baufirmen in Verzug gerieten, sodaß die beklagte Partei erst verspätet mit den Installationsarbeiten beginnen konnte. Der Kläger hatte daher auch für die erforderliche Organisation und Koordination mit den anderen auf der Baustelle tätigen Unternehmen zu sorgen. Der Kläger hatte auch Änderungswünsche des Bauherrn abzuwickeln. Bei solchen Änderungswünschen, die durchwegs vom Auftrag abwichen und meist zu Kostenerhöhungen führten, kam es öfters zu Problemen, die der Kläger zu bewältigen hatte. Mit der Anboterstellung war der Kläger nicht befaßt. Der Kläger führte diese Aufgaben immer zur vollsten Zufriedenheit der beklagten Partei aus. Infolge der fachlichen Qualifikation und der Fähigkeiten des Klägers wurde diesem von Ing.A***** eine Reihe von Freiheiten eingeräumt, die der Kläger aber gelegentlich bis an die äußerste Grenze und "manchmal auch geringfügig darüberhinaus" für sich in Anspruch nahm. Wenn der Zeitdruck an einer Baustelle sehr groß wurde, kam es manchmal zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und Ing.A*****, die aber dann immer wieder einvernehmlich beigelegt wurden.

Die Gewährung von längeren Urlauben vereinbarte der Kläger mit Ing.A***** in Abstimmung mit dem Bauvorhaben. Benötigte der Kläger nur einen oder einige Tage Urlaub, war es ausreichend, daß er dies im Büro bekanntgab. Nach Rücksprache mit Ing.A***** wurden die Urlaubstage bei längerdauernden Urlauben in einen Urlaubsplan eingetragen; hingegen wurden tageweise Urlaube überhaupt nicht eingetragen. In Anbetracht der hohen Arbeitsstundenzahl im Fall des Klägers gab es nie Probleme mit der Urlaubsgewährung für einige Stunden oder einen Tag. Hin und wieder kam es während längerer Urlaube vor, daß der Kläger von Ing.A***** zur Verrichtung bestimmter Tätigkeiten in den Betrieb geholt wurde.

Im Jahre 1986 fielen auf einer Baustelle der Firma K***** in Braunau wegen des großen Termindruckes sehr viele Arbeitsstunden an. Deshalb vereinbarten der Kläger und die übrigen Arbeitnehmer mit Ing.A*****, daß wöchentlich 50 Stunden gearbeitet werden sollte. Da an einzelnen Tagen auch bis abends gearbeitet wurde, kam es vor, daß die 50 Arbeitsstunden schon am Donnerstag erreicht waren. Die Arbeitnehmer fuhren dann ohne Rücksprache mit Ing.A***** am Freitag nicht zur Arbeit. Es kam deshalb zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und Ing.A*****. Unter Berufung auf die vereinbarten 50 Arbeitsstunden pro Woche erklärte schließlich der Kläger, daß er ab nun nur mehr "Dienst nach Vorschrift" machen werde. Da sich die übrigen Arbeitnehmer nach diesem Gespräch wieder bereit erklärt hatten, auch dann am Freitag zu arbeiten, wenn bis Donnerstag schon die 50 Arbeitsstunden erreicht waren, und da nur ein Firmenbus für die Fahrt zur Verfügung stand, stellte Ing.A***** dem Kläger mehrere Wochen lang den Privat-PKW seiner Gattin zur Verfügung, damit der Kläger auf die Baustelle gelangen konnte.

Im Herbst 1987 kam es auf einer Baustelle infolge des Verzuges von Baufirmen zu Terminschwierigkeiten bei den Montagearbeiten. Der Bauleiter D***** oder der Auftraggeber H***** beschwerten sich bei Ing.A***** wegen des mangelnden Baufortschrittes und führten dies auf den späteren Arbeitsbeginn der Partie des Klägers auf der Baustelle zurück. Der Kläger wies gegenüber Ing.A***** diese Vorwürfe zurück, wandte sich dann an den Auftraggeber und sagte ihm in Gegenwart des Bauleiters daß diese Vorwürfe unberechtigt seien. Darüber war der Auftraggeber H***** verärgert und teilte dies Ing.A***** mit.

Dieser richtete daraufhin folgendes Schreiben an den Kläger:

"Lieber Sepp!

Die letzten Vorfälle bei der Kunde H*****, wo Du im Beisein von Herrn D***** unsere Firma und noch schlimmer, unsere Kunde brüskiert hast, veranlassen mich dazu, Dich schriftlich zu mahnen, um auf die Folgen hinzuweisen. Derartige "Auftritte", wie sie auch bereits im Vorjahr bei der Firma K***** vorgekommen sind, sind eine offene Auflehnung und verhindern jede Möglichkeit der produktiven Zusammenarbeit zwischen uns.

Dein großes Fachwissen und praktisches Können schätze ich sehr, eine weitere Mitarbeit ist jedoch nur unter der Voraussetzung möglich, daß auch Du die Regeln einhältst, die jeder einhalten muß, um einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu gewährleisten.

Dazu gehört außer der vorher angesprochenen, anzustrebenden guten Zusammenarbeit unter anderem das Schreiben der wöchentlichen Berichte, wo Du zum Beispiel bis vergangene Woche vier Monate in Verzug warst.

Du verzögerst damit nicht nur mögliche Abrechnungen, sondern blockierst damit auch unsere innerbetriebliche Baustellenbuchhaltung. Wie die Lohnabrechnung damit erschwert wird, dürfte klar sein.

Es ist daher unbedingt erforderlich, die Stundenzettel wöchentlich bis Freitag, falls nicht möglich, spätestens jedoch Montag 7 Uhr abzugeben.

Ebenso wichtig ist, daß Materialien, die am darauffolgenden Tag benötigt werden, bis spätestens 15 Uhr telefonisch durchgegeben werden. Es ist nicht tragbar, daß fast täglich mehrere Mitarbeiter Deiner Baustelle erst in der Früh beginnen, Material zusammenzurichten, nur weil am Vortag spät oder gar nicht angerufen wurde. Die Problematik des Materialvorbereitens ist mir bewußt und wir werden uns bemühen, auch die von uns auftretenden Fehler zu vermeiden. Durch eine bessere Zusammenarbeit muß erreicht werden, daß täglich zumindest pünktlich spätestens 7 Uhr zur Baustelle abgefahren werden kann. Da zu in einer jeden Richtung positiven Abwicklung der Aufträge es dringend erforderlich ist, die vorerwähnten Punkte einzuhalten, sehe ich dieses Schreiben als letztmalige Mahnung an Dich, uns einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu unterstützen und nicht zu behindern und ersuche Dich, Deinen Beitrag zum Gelingen zu erbringen.

Widrigenfalls bin ich gezwungen, im Wiederholungsfalle Dich fristlos wegen Nichterfüllen von notwendigen betrieblichen Anordnungen zu entlassen, was mir persönlich leid tut, jedoch im Interesse einer ordentlichen Betriebsabwicklung unbedingt notwendig ist."

Nach Erhalt dieses Schreibens kam es zu einer Aussprache zwischen dem Kläger und Ing.A*****, in dem die Differenzen ausgeräumt wurden; die Verwarnung wurde jedoch von Ing.A***** nicht zurückgenommen.

Im Frühjahr 1988 war der Kläger mit einer Partie auf einer Baustelle in Salzburg. Die Arbeitnehmer blieben während der Woche in Salzburg; die damit verbundenen Nächtigungskosten bezahlte die beklagte Partei. Die Arbeitnehmer fuhren während der Woche mit dem Privat-PKW nach Hause ohne das Zimmer abzumelden, weshalb die beklagte Partei auch in diesen Fällen die Kosten zu tragen hatte. In zwei Fällen fuhr der Kläger zusammen mit J***** R***** mit dem Firmen-PKW nach Hause. Am folgenden Tag holten die beiden dann im Betrieb Material ab, um die Privatfahrt zu rechtfertigen. Die Abholung war an sich nicht notwendig, weil das erforderliche Material und Werkzeug immer bereits am Montag mitgenommen oder bei Bedarf von der beklagten Partei gebracht wurde. Daraufhin verwarnte Ing.A***** den Kläger und J***** R*****. Diese unterließen ab diesem Zeitpunkt Privatfahrten mit dem Firmen-PKW.

Hin und wieder erstellte der Kläger nicht rechtzeitig Berichte, Regiezettel und Aufmaßscheine; weiters gab er mehrfach die für den nächsten Tag benötigten Materialien nicht rechtzeitig durch. Es kam aus diesen Gründen öfters zu Urgenzen von Kunden und Mehrarbeit, da Regieleistungen im nachhinein gemeinsam auf der Baustelle zu prüfen waren. Die Verwarnung des Klägers vom Oktober 1987 betraf auch dieses Verhalten. Der Kläger änderte sein Verhalten aber nicht.

Am 29.Mai 1990 war der Kläger erstmals in der Ordination des Zahnarztes Dr.H***** G***** in Wels. Da eine weitere Behandlung erforderlich war, wurde der Kläger neuerlich für den 3.Juli 1990, 15 Uhr, bestellt. Nicht festgestellt werden konnte, ob der Kläger diesen Termin dem Büro der beklagten Partei mittteilte bzw. deshalb einen halben Tag Urlaub in Anspruch nahm.

Im Jahre 1990 war der Kläger mit einer Partie zunächst auf einer Baustelle in Linz tätig. Da der Kläger schon sehr viel "alten" Urlaub offen hatte, vereinbarte er mit Ing.A*****, daß er nach Beendigung der Baustelle zwei bis drei Wochen Urlaub konsumieren werde. Da mittlerweile mit der neuen Baustelle bei der Firma L & O in Enns begonnen worden war vereinbarten Ing.A***** und der Kläger, daß der Kläger seinen Urlaub erst nach Beendigung dieser Baustelle nehmen werde.

Der Auftrag der Firma L & O hatte ein Volumen von rund 4 Millionen S und war termingebunden. Für den Verzugsfall war ein gestaffeltes Pönale von 5.000 S bis 55.000 S pro Woche vereinbart. Wegen zahlreicher Änderungswünsche und Verzögerungen durch die Baufirma war ein erheblicher Zeit- und Termindruck für die beklagte Partei entstanden. Zudem war das von der Firma L & O beauftragte Planungsbüro Dipl.Ing.S***** mit der entsprechenden Detailplanung in Verzug.

Am 2.Juli 1990 wurde zwischen dem Kläger, Ing.A***** und den Angestellten der beklagten Partei F***** B***** und H***** R***** besprochen, daß H***** R***** wegen eines für diese Baustelle benötigten Schweißgerätes bei der Firma F***** in Wels anfragen und dann den Kläger auf der Baustelle verständigen solle. Daß der Kläger am Nachmittag des 3.Juli 1990 wegen eines Zahnarzttermines einen halben Tag Urlaub habe, erwähnte er nicht; der halbe Urlaubstag war auch nicht in den Urlaubsplan eingetragen.

Am 3.Juli 1990 fuhr der Kläger wegen des Zahnarzttermines mit seinem eigenen PKW nach Enns. Dort äußerte der Bauleiter des Kunden R***** wieder Änderungswünsche, die mit Mehrkosten verbunden und vom Planungsbüro noch nicht berücksichtigt waren. Es ging um eine Trassenänderung, die dazu geführt hätte, daß die Arbeitnehmer der beklagten Partei die bereits verlegte Rohrtrasse hätten ändern müssen. Aus diesem Grund kam es zu einem Streit zwischen dem Kläger und dem Bauleiter R*****, der erklärte, die vom Kläger geltend gemachten Mehrkosten gingen ihn nichts an. Da das Planungsbüro die gewünschte Änderung noch nicht genehmigt hatte, rief der Kläger gegen 11 Uhr Ing.A***** an, berichtete ihm und verlangte, daß er auf die Baustelle nach Enns kommen müsse. Ing.A***** war zunächst bestrebt, den aufgeregten und verärgerten Kläger zu beruhigen; er erklärte ihm aber, daß es Aufgabe des Klägers sei, solche Probleme eigenständig zu lösen und verlangte von ihm, daß er auch das hier auftretende Problem selbst löse. Auf die Erklärung des Klägers, er werde keine Änderung mehr machen, nichts mehr anrühren und Ing.A***** solle sich den Mist selbst machen, forderte ihn dieser auf, weiterzuarbeiten und mit der Bauleitung das Problem vernünftig zu lösen. Hiebei sagte Ing.A***** dem Kläger, daß der Kläger auf der Baustelle bleiben müsse, wenn er, Ing.A*****, dies verlange. Daraufhin antwortete der Kläger sinngemäß, daß er nicht sein Sklave sei. Ing.A***** sagte weder zu, daß er auf die Baustelle kommen werde, noch lehnte er dies ab. Der Kläger war wegen des Verhaltens des Ing.A***** so erregt und verärgert, daß er ohne weitere Worte den Telefonhörer auflegte. Das ganze Telefongespräch war vom Kläger in sehr lautem und verärgertem Ton geführt worden; er erwähnte auch bei dieser Gelegenheit den Zahnarzttermin nicht. Noch bevor der Kläger mit Ing.A***** verbunden worden war, hatte ihm H***** R*****, der zunächst das Telefonat entgegengenommen hatte, mitgeteilt, daß die Sache mit dem Schweißgerät der Firma F***** in Ordnung gehe und er das Gerät ab 17 Uhr abholen könne.

Nach dem Telefonat verließ der Kläger die Baustelle, ohne weitere Anordnungen zu treffen, um seinen Zahnarzttermin wahrzunehmen. Da auf der Baustelle keine ausreichende Waschgelegenheit bestand, beabsichtigte der Kläger, an seinen Wohnort A***** zu fahren, um sich zu waschen und umzuziehen.

Unmittelbar nach Beendigung des Telefonates durch den Kläger hatte Ing.A***** zurückgerufen und den Geschäftsführer der Firma L & O, Ing.E***** P***** gebeten, er möge dem Kläger sagen, daß er auf die Baustelle zurückkommen und ihn anrufen solle. Ing.P***** erreichte den Kläger noch am Parkplatz und teilte ihm dies mit. Der Kläger antwortete, daß er woanders hin müsse, und daher nicht zurückkomme. Danach fuhr der Kläger nach A***** ohne Ing.A***** anzurufen. Ing.P***** teilte Ing.A***** mit, daß der Kläger weggefahren sei. Dabei sagte er auch, daß es nicht angehe, daß ein Arbeitnehmer die Baustelle verlasse.

Am Nachmittag des 3.Juli 1990 nahm der Kläger seinen Zahnarzttermin wahr, besorgte verschiedene Materialien bei der Firma T*****-M***** in Wels - dieses Material wurde zur Ausführung der Änderungswünsche vom Vormittag benötigt, der Kläger hatte es am Vormittag schon vorbestellt - und holte schließlich das Spezialschweißgerät von der Firma F***** in Wels ab. Er fuhr weder auf die Baustelle noch meldete er sich bei der beklagten Partei.

Durch die Abwesenheit des Klägers am Nachmittag kam es zu keinerlei Arbeitsverzögerung. Die dem Kläger unterstellten Arbeitnehmer konnten ihre Arbeit ungehindert fortsetzen, weil die Arbeit bereits eingeteilt war. Am Nachmittag gab der Monteur B***** die übliche Materialbestellung für den nächsten Tag telefonisch an die beklagte Partei durch. Dabei teilte er auch mit, daß der Kläger am Nachmittag nicht mehr auf die Baustelle gekommen sei.

Am 4.Juli 1990 erschien der Kläger um 5.55 Uhr in Arbeitskleidung bei der beklagten Partei, um gegen 6.10 Uhr, wie üblich, mit den Firmenbus auf die Baustelle nach Enns zu fahren. Vor der Abfahrt bat Ing.A***** den Kläger zu sich ins Büro. Nach einem kurzen Gespräch über den Vortag sprach Ing.A***** die Entlassung des Klägers aus. Daß der Kläger bei diesem Gespräch eine ihm aufgetragene Arbeit verweigert hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Dann fuhr Ing.A***** mit H***** R***** auf die Baustelle nach Enns. H***** R***** löste das am Vortag im Zusammenhang mit Änderungswünschen aufgetretene Problem. Derartige Differenzen hatte der Kläger schon mehrfach ohne Schwierigkeiten bereinigen können.

Der Kläger ist seit 24.September 1990 bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt und hat dort bis zum 31.Dezember 1990 insgesamt 81.431,73 S brutto verdient.

Das Urlaubsjahr wurde für den Kläger entsprechend dem Kalenderjahr berechnet. Sein Resturlaub per 31.Dezember 1989 betrug 58,5 Werktage. Im Jahre 1990 konsumierte der Kläger acht Werktage Urlaub. Der Urlaubsanspruch von 58,5 Werktagen zum 31.Dezember 1989 wurde dem Kläger nach der Entlassung mit 62.212,41 S abgefunden.

Der Kläger leistete in den Monaten März bis Juni 1990 92,5 Überstunden mit 50 % Zuschlag und 10,5 Überstunden mit 100 % Zuschlag und erhielt dafür insgesamt 25.167,03 S. In den Monaten Februar bis Juni 1990 erhielt er eine Mehrarbeitszulage von insgesamt 2.679,96 und von Jänner bis Juni 1990 Montagezulagen von insgesamt 13.564,69

S.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß einem Baustellenleiter, der die Interessen seines Arbeitgebers auf der Baustelle zu vertreten habe, bereits von der Aufgabe her eine erhöhte Selbständigkeit zuzubilligen sei. Darüber hinaus habe sich der Kläger auf Grund seiner Tätigkeit bei der beklagten Partei ein erhöhtes Maß an Selbständigkeit und Freiheiten erarbeitet. Dem Kläger könne daher ein Verhalten, das sich innerhalb der Grenzen des ihm vom Arbeitgeber eingeräumten Freiraumes bewege, nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dies gelte beispielsweise für zeitweiliges Fernbleiben von der Baustelle - mehrere Stunden bis zu einem Tag - im Zusammenhang mit im Interesse der beklagten Partei vorgenommenen Tätigkeiten ohne gesonderte Rücksprache mit der beklagten Partei. Wenn daher der Kläger etwa für diesen Zeitraum die Baustelle verlassen habe, um Material oder Werkzeug für die beklagte Partei zu besorgen, könne ihm dies nicht als Verweigerung der Dienstleistung zur Last gelegt werden.

Beim Telefongespräch vom 3.Juli 1990 habe die einzige Weisung des Geschäftsführers der beklagten Partei darin bestanden, daß er dem Kläger aufgetragen habe, das anstehende Problem in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro und der Bauleitung zu lösen. Eine Weisung, unbedingt auf der Baustelle zu bleiben, sei dem Kläger von Ing.A***** nicht erteilt worden. Dies könne auch nicht aus der Erklärung des Ing.A***** erschlossen werden, der Kläger habe auf der Baustelle zu bleiben, wenn er dies verlange, auch wenn man den Zusammenhang mit der heftig vorgetragenen Äußerung des Klägers, Ing.A***** solle sich den Mist selber machen, in Betracht ziehe. Die Erklärung des Geschäftsführers der beklagten Partei sei daher dahin aufzufassen gewesen, daß der Kläger die Aufgabe, der er sich offensichtlich kurzfristig auf Grund der gegebenen Situation nicht gewachsen fühlte, lösen solle. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, daß der Kläger schon früher in ähnlichen Situationen überreagiert habe und dies Ing.A***** bekannt gewesen sei. Es sei Ing.A***** zuzumuten gewesen, dem Kläger in Aussicht zu stellen, tatsächlich auf die Baustelle zu kommen oder dem Kläger eine gewisse Zeit zur Beruhigung einzuräumen. Darüberhinaus habe der halbe Tag Abwesenheit des Klägers zu keinerlei Nachteilen geführt. Daß Ing.P***** nach dem Weggehen des Klägers Ing.A***** gegenüber geäußert habe, es gehe nicht an, daß ein Arbeitnehmer die Baustelle einfach verlasse, könne an dieser Einschätzung nichts ändern. Daß der Kläger am folgenden Tag bei Arbeitsbeginn die Arbeit verweigert hätte, sei nicht erwiesen worden.

Soweit sich die beklagte Partei auf früheres Verhalten des Klägers berufe, dürfe nicht übersehen werden, daß sich der Kläger ab dem letzten Vorfall (Baustelle Salzburg im Frühjahr 1988) nichts mehr habe zuschulden kommen lassen und daß der Kläger darüberhinaus durch sein Verhalten besondere Loyalität gegenüber dem Unternehmen gezeigt habe. Er habe im Interesse der beklagten Partei nur wenig Urlaub konsumiert und habe in dringenden Fällen auf Aufforderung auch seinen Urlaub unterbrochen.

Berücksichtige man das Gesamtverhalten des Klägers, die Beziehungen des Klägers zu Ing.A***** und die Art, wie ähnlich gelagerte Konflikte in den Jahren vorher gelöst worden seien, und nehme man darüberhinaus auf die sehr selbständige Position des Klägers Bedacht, habe sein Verhalten am 3.Juli 1990 die Entlassung nicht gerechtfertigt.

Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 32.788,52 S brutto monatlich ergebe sich unter Berücksichtigung des - nach Ablauf von drei Monaten - anzurechnenden Entgeltes des neuen Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Titel der Kündigungsentschädigung von 121.583,66 S. Da der zum 31.Dezember 1989 gebührende Urlaubsanspruch bereits mit einem Betrag von 62.212,41 S abgefunden worden sei, sei nur der nicht konsumierte Resturlaub von 22 Werktagen im Jahre 1990 mit 32.368,15 S zu entschädigen. Die Weihnachtsremuneration gebühre dem Kläger in der begehrten Höhe von 28.866,70 S. An Abfertigung stehe ihm auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von 32.788,52 S ein Betrag von 229.519,63 S zu.

Das Berufungsgericht gab der nur von der beklagten Partei erhobenen Berufung teilweise Folge, bestätigte das Ersturteil bezüglich des Zuspruches eines Teilbetrages von 26.136,25 S brutto sA und änderte es im übrigen im Sinne einer Abweisung des Mehrbegehrens ab.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß schon das Verhalten des Klägers am 3.Juli 1990 die Entlassung gerechtfertigt habe. Eine Dienstverhinderung berechtige den Arbeitgeber nicht zur Entlassung; gemäß § 8 Abs 8 AngG verliere der Arbeitnehmer für die Dauer der nicht gemeldeten Säumnis nur den Anspruch auf das Entgelt. Der Arbeitgeber dürfe bei unentschuldigtem Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Dienst nicht ohne weiteres unbefugtes Verlassen der Arbeit annehmen und müsse versuchen, Erkundigungen über die Ursachen des Fernbleibens des Arbeitnehmers einzuholen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger zahlreiche Möglichkeiten, dem Arbeitgeber den Zahnarzttermin mitzuteilen, nicht wahrgenommen; insbesondere habe er weder beim Telefonat vom 3.Juli 1990 noch am Morgen des 4.Juli 1990 im Gespräch unmittelbar vor Ausspruch der Entlassung hievon etwas mitgeteilt. Er habe vielmehr beim Arbeitgeber den Eindruck erweckt, er wolle nicht mehr weiterarbeiten. Die Worte, der Kläger rühre nichts mehr an, Ing.A***** solle sich "den Mist selbst machen", seien im Zusammenhang damit, daß der Kläger das Gespräch abrupt beendet und sich auch nach Einschaltung des Bauherrn geweigert habe, den Geschäftsführer zurückzurufen, geschweige denn weiterzuarbeiten, eine vorsätzliche Unterlassung der Dienstleistung. Dem Geschäftsführer der beklagten Partei könne nicht vorgeworfen werden, er habe dem Kläger keine Gelegenheit zur Rechtfertigung seines Fernbleibens eingeräumt. Der Kläger hätte sowohl am 3.Juli 1990 rückrufen können oder auch noch am Morgen des 4.Juli 1990 auf den Zahnarzttermin hinweisen können. Unter den besonderen Umständen des Falles sei daher trotz Vorliegens eines objektiven Rechtfertigungsgrundes die Entlassung wegen der unterbliebenen Dienstleistung gerechtfertigt ausgesprochen worden.

Dazu komme, daß der Kläger nicht rechtfertigen könne, warum er die von Ing.P***** überbrachte Weisung, auf die Baustelle zurückzukommen und den Geschäftsführer rückzurufen, nicht befolgt habe. Zwischen der Abfahrt von Enns um 11 Uhr und dem Zahnarzttermin um 15 Uhr sei trotz des Wunsches des Klägers, sich noch zu waschen und umzuziehen, mehr als genug Zeit verblieben, diesen verlangten Rückruf vorzunehmen. Auch von zu Hause aus hätte der Kläger, wenn er gewollt hätte, die beklagte Partei anrufen und den Geschäftsführer über sein Verhalten aufklären können; hiezu wäre der Kläger umso mehr verpflichtet gewesen, als er zuvor das noch gar nicht beendete Gespräch mit dem Geschäftsführer durch Einhängen des Hörers abrupt unterbrochen habe. Gerade aus der Nichtbefolgung der Weisung, ihn rückzurufen, sei beim Geschäftsführer der beklagten Partei zu Recht der Eindruck entstanden, daß der Kläger seinen Anordnungen nachhaltig nicht Folge leiste.

Aber auch im Falle einer vom Kläger verschuldeten Entlassung habe er Anspruch auf eine Urlaubsabfindung von 14.988,48 S sowie auf die aliquote Weihnachtsremuneration von 11.147,77 S.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit macht der Revisionswerber im wesentlichen geltend, daß das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes nicht vollständig übernommen habe; mit diesen Ausführungen werden somit im Rahmen der Rechtsrüge zu behandelnde sekundäre Verfahrensmängel gerügt.

Zu Recht wendet sich der Revisionswerber gegen die lediglich auf den von der beklagten Partei im Berufungsverfahren nicht bekämpften Feststellungen beruhende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.

Die Äußerungen und das Verhalten des Klägers am 3.Juli 1990 wurden vom Erstgericht unter Berücksichtigung der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und Ing.A***** beurteilt, wogegen das Berufungsgericht auf Grund einer isolierten Wertung dieses Vorfalles zum Schluß kam, der Kläger habe mit seiner Äußerung, er rühre nichts mehr an, Ing.A***** solle sich den Mist selber machen, und durch die abrupte Beendigung des Gespräches seinem Gesprächspartner zu verstehen gegeben, daß er die Dienstleistung vorsätzlich unterlassen werde; darüber hinaus habe er die Anordnung des Geschäftsführers der beklagten Partei, ihn rückzurufen, nicht befolgt, sodaß bei diesem zu Recht der Eindruck entstanden sei, der Kläger leiste seinen Anordnungen nachhaltig nicht Folge.

Bei Zugrundelegung der vom Erstgericht auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffenen - von der beklagten Partei bekämpften - Feststellungen über das für die Entscheidung bedeutungsvolle Gesamtverhalten des Klägers, insbesondere der Feststellungen über die für den Kläger auf Grund des Termindruckes gegebene Streßsituation, über seine dem Geschäftsführer der beklagten Partei bekannte Neigung zum "Überreagieren", über frühere ähnliche Vorfälle, die bereinigt worden seien; ferner der Feststellungen über die Selbständigkeit des Klägers bezüglich seiner Zeiteinteilung und über den besonderen Einsatz des Klägers für den Betrieb (der Kläger unterbrach sogar längere Urlaube, wenn er benötigt wurde), rechtfertigte das Verhalten des Klägers am 3.Juli 1990 nicht den sicheren Schluß, der Kläger habe die Arbeit ohne rechtmäßigen Grund verlassen und weigere sich beharrlich, die Anordnungen des Geschäftsführers der beklagten Partei, mit den aufgetretenen Problemen selbst fertig zu werden, zu befolgen. Da der Geschäftsführer der beklagten Partei dennoch die Entlassung aussprach, ohne den in Arbeitskleidung erschienenen und damit offenbar arbeitsbereiten Kläger über die Gründe für das Verlassen der Baustelle am Vortag zu befragen, hätte die beklagte Partei die Folgen dieser - folgt man den Feststellungen über das Gesamtverhalten - objektiv nicht gerechtfertigten Auflösungserklärung zu tragen (siehe auch Kuderna Entlassungsrecht 17, 68 und 95; Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz Angestelltengesetz7 628 f und 633). Das Berufungsgericht hat, ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, einen Teil der Feststellungen des Erstgerichtes nicht übernommen und sich mit deren Bekämpfung durch die beklagte Partei nicht auseinandergesetzt. Der Revision war daher Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E32420

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00194.92.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19921021_OGH0002_009OBA00194_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten