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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §108;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Dr. Helmut Buchgraber, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Juni 2002, GZ. RV/188-10/02, betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit (in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthaltenem, aber zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Parteien unstrittig ergangenem) Bescheid vom 11. Februar 2002 setzte das Finanzamt gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge in Höhe von 737,13 EUR bzw. 131,87 EUR wegen verspäteter Entrichtung der Lohnsteuer und des Dienstgeberbeitrages für Mai 2001 fest.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende GmbH vor, dass sämtliche Zahlungen - auch jene für Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag Mai 2001 - über "Electronic Banking (Elba)" durchgeführt worden seien. Erst im Zuge der Abstimmungsarbeiten für den Jahresabschluss sei hervorgekommen, dass auf dem Finanzamtskonto zwar "die Zahlungen" gebucht worden seien, die entsprechenden Belastungen jedoch gefehlt hätten, weshalb Nachbelastungen erfolgt seien, welche die Festsetzung von Säumniszuschlägen zur Folge gehabt hätten. Da die Abgaben "mit der seinerzeitigen Elba-Überweisung ordnungsgemäß entrichtet" worden seien, liege auf Seiten der Beschwerdeführerin kein Verschulden vor, sodass beantragt werde, die Festsetzung von Säumniszuschlägen aufzuheben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. März 2002 wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführerin keine Verrechnungsweisung erteilt und dies auch nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des § 214 Abs. 5 BAO nachgeholt habe, wiewohl sie durch Buchungsmitteilungen des Finanzamtes darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass auf ihrem Konto ein erklärungsbedürftiges Guthaben bestehe. Die Rückzahlung des Guthabens sei am 13. September 2001 antragsgemäß erfolgt, sodass ab diesem Zeitpunkt auch keine Möglichkeit mehr zur Aufrechnung mit der zu erteilenden Verrechnungsweisung bestanden habe.
In ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wiederholte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen, wonach Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für Mai 2001 im Wege des Telebanking überwiesen worden seien. Zum Nachweis schloss die Beschwerdeführerin ein Datenträgerprotokoll vom 13. Juni 2001 an. Die Beschwerdeführerin habe damit nachweislich ihre Melde- und Zahlungspflichten erfüllt. Aus welchem Grunde die genannten Beträge nicht auf dem Finanzamtskonto erfasst worden seien, sei für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar und entziehe sich ihrer "Wirkungsmöglichkeit". Rückzahlungsanträge würden aus Liquiditätsgründen routinemäßig gestellt. Abschließend verwies die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO, wonach Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen seien, als den Abgabepflichtigen an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe, sowie auf die Bestimmung des § 236 BAO.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Ihre abweisende Entscheidung begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin zwar einen Betrag in Höhe der Lohnabgaben auf ihr Abgabenkonto überwiesen habe, das aber weder auf dem Zahlungsbeleg noch auf einer sonstigen Eingabe ein Verwendungszweck angegeben worden sei, sodass die Zahlung zwingend gemäß §§ 213ff BAO auf Saldo zu verbuchen gewesen sei, was einen entsprechenden Guthabensstand am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin bewirkt habe. Da die Beschwerdeführerin in der Folge (am 13. September 2001) die Rückzahlung des so entstandenen Guthabens beantragt habe, sei zur Abdeckung der am 19. Dezember 2001 schließlich verbuchten, bereits am 15. Juni 2001 fällig gewesenen Lohnabgaben für Mai 2001 kein Guthaben vorhanden gewesen. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht von der Möglichkeit des § 214 Abs. 4 lit. a und b BAO Gebrauch gemacht, binnen zwei Monaten die bisher unterbliebene Verrechnungsweisung nachzuholen. Die Abgabenbehörde habe im Säumniszuschlagsverfahren lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis zu prüfen, nicht aber die Gründe, aus welchen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sei. Insbesondere setze die Verwirkung eines Säumniszuschlages kein Verschulden der Partei voraus. Auf § 217 Abs. 7 BAO berufe sich die Beschwerdeführerin zu Unrecht, weil diese Bestimmung erst für Abgabensprüche gelte, die nach dem 31. Dezember 2001 entstanden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 142/2000 mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.
Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, 2000/15/0155).
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages tritt auch dann ein, wenn im Zeitpunkt der (in der Vergangenheit liegenden) Fälligkeit einer Abgabe ein ausreichendes Guthaben vorhanden war, aber über dieses Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen anderweitig verfügt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1990, 90/15/0028).
Gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.
Gemäß § 43 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.
Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag für Mai 2001 waren demnach am 15. Juni 2001 zur Entrichtung fällig. Nach § 221 Abs. 1 BAO (nunmehr § 217 Abs. 5 BAO) entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschulden, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat.
Auf die letztgenannte Bestimmung beruft sich die Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der unstrittigen Sachverhaltsfeststellung, dass der gegenständlich in Rede stehende Betrag von 370.913 S nicht spätestens am Fälligkeitstag, den 15. Juni 2001, sondern erst am 18. Juni 2001 beim Finanzamt eingegangen ist.
Zahlungen, die Abgabenschulden betreffen, die vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnen und abzuführen sind, sind gemäß § 214 Abs. 4 lit. a und b BAO dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekannt gegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verbuchen. Die Verbuchung einer derartigen Zahlung führt auf dem Abgabenkonto zu einer Gutschrift des Einzahlungsbetrages und gleichzeitig zu einer Belastung der angegebenen Abgaben. Insgesamt ergibt sich daher bei Betragsgleichheit keine Auswirkung auf den Saldo. Werden Zahlungen, die - wie im Beschwerdefall Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag abdecken sollten - ohne Verrechnungsweisung geleistet, erlangt das Finanzamt keine Kenntnis vom Entstehen einer Steuerschuld und hat solcherart keine Möglichkeit (soweit es nicht auf andere Weise vom Entstehen der Steuerschuld Kenntnis erlangt), das Abgabenkonto mit den entsprechenden Selbstbemessungsabgaben zu belasten und die vom Abgabepflichtigen geleisteten Zahlungen zur Tilgung der Abgabenschulden heran zu ziehen. Solcherart kann es durch die Gutschrift der Zahlung zu einem Guthaben auf dem Abgabenkonto kommen, über das der Abgabepflichtige frei verfügen kann.
Wie im Verwaltungsverfahren verweist die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die vorgelegte "Datenträger-Nachweisliste", aus der hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin den Betrag von 370.913 S am 13. Juni 2001 unter Angabe ihrer Steuernummer und genauer Aufschlüsselung und Zuordnung der einzelnen Abgabenbeträge überwiesen habe. Dem hält die belangte Behörde den in den Akten enthaltenen Überweisungsbeleg entgegen, auf dem als Verwendungszweck der Zahlung von 370.913 S lediglich die Steuernummer der Beschwerdeführerin vermerkt ist.
Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Nachweisliste
enthält folgende Aufschlüsselung:
"04/01
UVA
-243.962,--
05/01
LSt
507.155,--
05/01
DB
90.729,--
05/01
DZ
10.484,--
04/01
LSt
2.818,--
04/01
DB
236,--
04/01
DZ
27,--
03/01
LSt
2.168,--
03/01
DB
90,--
03/01
DZ
10,--
02/01
LSt
1.158,--
Summe
370.913,--"
Neben der strittigen Überweisung an das Finanzamt finden sich auf der "Datenträger-Nachweisliste" weitere Überweisungen, die den händisch angebrachten Vermerk "nicht durchgef." (offenbar für "nicht durchgeführt") enthalten, während die Abgabenbeträge mit handschriftlichen Buchungsvermerken versehen sind.
Die "Datenträger-Nachweisliste" weist das "Durchführungsdatum: 13.06.01" auf, während der gleichfalls vorgelegte Kontoauszug das Datum der Überweisung mit 18. Juni 2001 angibt.
Die belangte Behörde hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob Grundlage der gegenständlichen Überweisung - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - der im Wege des Telebanking an die Bank übermittelte Auftrag war oder diese Zahlung wie auch die weiteren auf der "Datenträger-Nachweisliste" angeführten Aufträge von der beauftragten Bank zunächst nicht durchgeführt wurde. Sie hat es nämlich zu Recht nicht als entscheidungswesentlich erachtet, ob die Beschwerdeführerin einen Verrechnungsauftrag erteilt hat, sondern ob ein solcher dem Finanzamt tatsächlich, sei es auf dem Zahlungsbeleg, sei es auf anderen Eingaben, zugekommen ist.
Es entspricht ständiger Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolgt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender. Dafür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht. Auch wenn üblicherweise der Post übergebene, nicht bescheinigte Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt diese Erfahrungstatsache den Beweis des Einlangens nicht (vgl. mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung Ritz, Bundesabgabenordnung3, Tz. 10 zu § 108).
Für die Übermittlung eines im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erstellten Belegs kann nichts anderes gelten. Auch in einem solchen Fall trifft die Beweislast für das Einlangen einer bestimmten Erklärung - sowohl dem Grunde als auch dem Inhalte nach - denjenigen, der diese Erklärung abgegeben und sich dazu bestimmter Formen der Übermittlung bedient hat.
Einen derartigen Nachweis hat die Beschwerdeführerin mit der Vorlage der der Bank am 13. Juni 2001 erteilten Aufträge vor dem Hintergrund des aktenkundigen Überweisungsbelegs nicht erbracht.
Bei dieser Sach- und Rechtslage vermag das weitere Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin sei nicht verpflichtet, Buchungen des Finanzamtes an Hand der Buchungsmitteilungen zu überprüfen und deren Richtigstellung zu veranlassen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides von vornherein nicht aufzuzeigen. Den von der Beschwerdeführerin gerügten Begründungsmängeln fehlt die Relevanz, weil die Beschwerdeführerin nicht behauptet, dass die "Datenträger-Nachweisliste" dem Finanzamt vor Festsetzung der strittigen Säumniszuschläge zugegangen wäre und daher nicht zu erkennen ist, dass das Finanzamt die eingegangene Zahlung ungeachtet einer ihr vorliegenden Verrechnungsweisung nicht auf die Lohnabgaben für Mai 2001 verrechnet hätte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002130165.X00Im RIS seit
17.03.2006Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013