TE OGH 1992/10/27 14Os123/92

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Veröffentlicht am 27.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günter M***** und eine andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 11.Juni 1992, GZ 29 Vr 833/90-441, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuld- und Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Günter und Brunhilde M***** wurden mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen unbekämpften Freispruch enthält, (zu A) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 höherer Strafsatz StGB und (zu B) des Vergehens nach § 24 Abs. 1 lit. a und b DevG schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs haben sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken von Ende 1989 bis Sommer 1990 in Neulengbach und anderen Orten Österreichs

A/ mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugstaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Urteil aufgezählte und namentlich genannte Anlageberater, Kreditvermittler und teilweise auch Anleger durch die Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit unter Präsentation eines scheinbar effizienten Anlagemodells, teilweise auch unter Hinweis bei der "UMB-M*****" handle es sich um eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 100 Millionen S, die bis 1989 872 Millionen S auf Treuhandkonten verwaltete und die Vermögensverwaltung über 672 Millionen S innehatte, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung von (jeweils über 25.000 S liegenden) Bargeldbeträgen, mithin zu Handlungen verleitet, welche die namentlich im Urteil genannten Anleger an ihrem Vermögen schädigten (Gesamtschaden 37,052.869,46 S) und ferner

B/ vorsätzlich entgegen den Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1, 3 Z 1 und Z 2; 4 Abs. 1 DevG und den geltenden Kundmachungen der Österreichischen Nationalbank durch im Urteil detailliert beschriebene Handlungen in Millionenhöhe mit ausländischen Zahlungsmitteln und (ergänze: Forderungen) in ausländischer Währung gehandelt sowie über ausländische Zahlungsmittel verfügt.

Aus den Urteilsgründen ergibt sich kurz zusammengefaßt: Das Ehepaar M***** gründete im Oktober 1988, in einer finanziell bedrängten Situation die UBM-Unternehmensberatung. In einer schriftlichen "Selbstdarstellung" wurden die eingangs im Spruch des Urteils beschriebenen falschen Angaben über die Firma "UBM-M*****" niedergelegt. Dazu entwarf noch Günter M***** ein in den Urteilsgründen genau beschriebenes Modell, bei dem Geldanleger bei der UBM-M***** jeweils zwischen 350.000 S und 7 Millionen S einzahlen können und nach sechs Wochen 153 % des einbezahlten Betrages erhalten.

Darauf gegründet führten die beiden Angeklagten mit Kredit- und Anlagevermittlern zum Teil aber auch mit Direktanlegern von Geldern Gespräche. Dabei gelang es ihnen, diese über ihre wahren Absichten in Irrtum zu führen und zu der die im Urteil namentlich genannten Anleger schädigenden Aushändigung von Geld zu veranlassen. Denn entgegen den Zusagen wurden keine Gelder veranlagt und auch entgegen dem vorgegebenen Anlageplan nur verhältnismäßig wenig Lebensversicherungen abgeschlossen und diese überdies mit der UBM-M***** als Versicherungsnehmer.

Der im Laufe des Verfahrens geänderten Verantwortung des Angeklagten Günter M***** in Richtung "Geldwäscherei" schenkte das Gericht keinen Glauben, abgesehen davon, daß es auch ein solches Vorgehen als Betrug beurteilt hätte.

Die Angeklagten, die in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten waren, führen - nach Vollmachtswechsel durch die Zweitangeklagte - ihre Nichtigkeitsbeschwerden zwar formell getrennt aus, jedoch zum überwiegenden Teil mit inhaltlich gleichen Argumenten.

In den Nichtigkeitsbeschwerden werden die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a - von der Zweitangeklagten auch 9 lit. c - und 10 StPO geltend gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO machen beide Beschwerdeführer geltend, daß bei den Akten befindliche Urkunden und Schriftstücke nicht verlesen wurden, obwohl sie zur Urteilsbegründung herangezogen wurden.

Die Beschwerden sind berechtigt.

Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll geht hervor, daß die bei den Akten erliegenden umfangreichen Gendarmerieanzeigen, Urkunden und Schriftstücke anderer Art unter Verletzung des § 252 Abs. 2 StPO nicht verlesen wurden. Entgegen der Vorschrift des § 258 Abs. 1 StPO hat das Erstgericht seine die Schuldfrage betreffenden Feststellungen und die Beweiswürdigung im wesentlichen Umfang auf diese Schriftstücke gestützt (vgl. S 11, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 21, 26, 27, 28, 29, 31 des Urteils ON 441 und HV-Protokoll). Da somit im Urteil entscheidungswesentliche Beweismittel berücksichtigt wurden, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren, ist das Urteil offenbar unzureichend begründet (Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO; Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 6, 7 zu § 258, ENr. 118 zu § 281 Z 5).

Mangels zureichend begründeter Feststellungen kann somit eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht eintreten, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung ist nicht zu vermeiden. Es war daher gemäß § 285 e StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung den Nichtigkeitsbeschwerden sofort Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren geltend gemachten Nichtigkeitsgründe bedurfte. Bemerkt wird noch, daß für die angenommene gewerbsmäßige Begehung des Betruges nach § 148 zweiter Strafsatz StGB jede Begründung im Urteil fehlt.

Anmerkung

E31510

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00123.9200009.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19921027_OGH0002_0140OS00123_9200009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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