TE Vfgh Erkenntnis 2001/12/10 V74/01

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Veröffentlicht am 10.12.2001
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Wörth vom 16.12.94. 17.11. und 22.12.95
Krnt GemeindeplanungsG 1982 §4
Krnt GemeindeplanungsG 1982 §7
Krnt GemeindeplanungsG 1995 §6

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Widmungen als Parkplatz bzw Grünland - Schutzstreifen wegen wesentlichen Verfahrensmangels bzw Unsachlichkeit der Widmungen; kein Nachweis der Verständigung des Grundeigentümers von der beabsichtigten Widmungsänderung; keine Vergrößerung eines öffentlichen Parkplatzes sondern lediglich Schaffung von Stellplätzen geplant

Spruch

Die Verordnung der Gemeinde Maria Wörth vom 16. Dezember 1994, 17. November 1995 und 22. Dezember 1995, mit der ein Flächenwidmungsplan für das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde Maria Wörth beschlossen worden ist, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. Juli 1996, Z Ro-68/5/1996, wird, soweit damit für das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, die Widmungen "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" und "Verkehrsfläche - Parkplatz" festgelegt werden, als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1708/98 eine Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft stellte am 25. April 1995 den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grst. Nr. 261/7, KG Reifnitz (386 m²). Der Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth wies das Bauansuchen mit Bescheid vom 16. Jänner 1996 ab, da das Baugrundstück nicht der im Bebauungsplan festgesetzten Mindestgröße bei offener oder halboffener Bebauung (800-1000 m²) entspreche. Nach der weiteren Begründung dieses Bescheides sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Maria Wörth vom 15. Mai 1985 betreffend die Bewilligung eines Wohn- und Geschäftshauses auf den Grst. Nr. 291/9, 261/10, 261/8, 261/7, unter Auflagepunkt 5. eine Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen auf den Grst. Nr. 261/8 und 261/7 vorgeschrieben worden. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 4. November 1985 sei die Benützungsbewilligung für ein Wohn- und Geschäftshaus auf den Grst. Nr. 291/9, 261/10, 261/8, 261/7, alle KG Reifnitz, ua. unter der Auflage der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 14. Mai 1985, erteilt worden. Die Auflage, Stellplätze zu errichten, hätte bis zum 15. Mai 1986 erfüllt werden müssen. Die geforderten Stellplätze seien bis heute nicht errichtet worden. Das Bauansuchen auf dem Grst. Nr. 261/7 sei daher nicht nur wegen Widerspruchs zum Bebauungsplan, sondern wegen "Konsumation" des Baugrundstückes als Projektbestandteil (für die Stellplatzerrichtung) durch die Bescheide vom 14. Mai und 4. November 1985 zu versagen gewesen. Es liege aus letzterem Grund auch entschiedene Sache vor.

Die Kärntner Landesregierung hob den bestätigenden Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Maria Wörth (vom 11. Juli 1996) mit Bescheid vom 20. Dezember 1996 auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Maria Wörth zurück. Einerseits sei die Bestimmung eines Grundstückes für die Errichtung von Stellplätzen kein Versagungsgrund gemäß §11 Abs2 Kärntner BauO 1992; andererseits sei der Versagungsgrund des Widerspruchs zum Bebauungsplan nicht ausreichend begründet worden, da eine Unterschreitung der im Bebauungsplan festgelegten Mindestgröße möglich sei, wenn das öffentliche Interesse nicht geschmälert werde.

Der Gemeindevorstand wies die Berufung mit Bescheid vom 13. März 1998 erneut ab, da das Grundstück Nr. 261/7 durch den aktuellen Flächenwidmungsplan (Gemeinderatsbeschlüsse vom 16. Dezember 1994, 17. November 1995 und 22. Dezember 1995, genehmigt durch Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. Juli 1996) "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" und "Verkehrsfläche - Parkplatz" gewidmet worden sei. Weiters seien für das mit Baubewilligung vom 14. Mai 1985 auf Grst. Nr. 261/10 (im Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft) errichtete Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück Nr. 261/7 6 Pkw-Abstellflächen vorgeschrieben worden, weshalb das gegenständliche Projekt in seiner derzeitigen Ausführung nicht realisierbar wäre. Die Kärntner Landesregierung gab der dagegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 24. Juli 1998 im Ergebnis wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan keine Folge.

2. Die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in Rechten wegen Gesetzwidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes.

3. Die Kärntner Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Verkehrsflächenwidmung sei großflächig unter Einbeziehung von Teilflächen der Grundstücke Nr. 261/10 und 260/1, 261/11, 261/3, sämtliche KG Reifnitz, erfolgt. Dem Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan sei zu entnehmen, dass die Widmung "Verkehrsfläche - Parkplatz" unter Bedachtnahme auf die Bedeutung dieses Bereiches für den ruhenden Verkehr erfolgt sei, zumal es sich hiebei um die einzige im Flächenwidmungsplan ausgewiesene Parkfläche innerhalb der Ortschaft Reifnitz handle. Die Neuauflage des Flächenwidmungsplanes und diese Widmungsänderung basieren auf einem örtlichen Entwicklungskonzept, sodass es einer gesonderten Erklärung über die Notwendigkeit einer Einzelwidmung nicht bedürfe.

4. Die Gemeinde Maria Wörth legte die maßgeblichen Teile der Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Im Flächenwidmungsplan 1966 sei das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, im nördlichen Bereich in einer Tiefe von ca. 9 bis 10 m gemessen ab der Landesstraße "Grünland an der Straße", so auch nahezu im gesamten Ortsbereich von Reifnitz, ausgewiesen gewesen. Im derzeit rechtskräftigen Flächenwidmungsplan sei das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, in einer Tiefe von ca. 10 m als "Grünland Grünstreifen - Grünanlage an der Straße" gewidmet. Gemäß dem vorliegenden Bauansuchen solle das Gebäude in einem Abstand von 8 m, gemessen ab der nördlichen Landesstraße, errichtet werden. Somit wäre allein aufgrund der Widmung "Grünland an der Straße" eine antragsgemäße Bebauung nicht möglich. Das südlich an das Grundstück Nr. 261/7 angrenzende Grundstück sei von "Bauland - Geschäftsgebiet" in "Verkehrsfläche - Parkplatz" umgewidmet worden.

Das Grundstück Nr. 261/7 sei auch in Bezug auf die bauliche Ausnutzung gemäß dem damaligen Bebauungsplan in dem Bescheid vom 14. Mai 1985 (Baubewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 261/10 mit einer Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen auf den Grundstücken Nr. 261/8, 261/7) in der Berechnung berücksichtigt worden. Bei Realisierung des aktuellen Bauvorhabens könne die frühere Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen auf dem Grundstück Nr. 261/7 nicht mehr erfüllt werden. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe sich gegenüber den Käufern der Wohnungseigentumsanlage, die mit Bescheid vom 14. Mai 1985 bewilligt worden sei, vertraglich vorbehalten, das Grundstück Nr. 261/7, im Falle, dass das Veranstaltungsprojekt nicht durchgeführt werde, einer gesonderten Verwertung zuzuführen. Im Verfahren nach dem Grundverkehrsgesetz habe die Bezirksverwaltungsbehörde anlässlich der Genehmigung die Einwendungen der Gemeinde unberücksichtigt gelassen. Von der beabsichtigten Änderung der Flächenwidmung habe der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft Kenntnis gehabt. Das Grundstück Nr. 261/7 sei mit einem Jahrzehnte alten Baumbestand bewachsen und stellte sicherlich eine erhaltenswerte Grüninsel (Baumgruppe) dar.

II. 1. Den Akten ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Gemeinderat der Gemeinde Maria Wörth hat am 14. Oktober 1989 ein "Räumliches Entwicklungskonzept" beschlossen. Darauf aufbauend wurde in den Jahren 1990 bis 1995 ein neuer Flächenwidmungsplan für das Gemeindegebiet beschlossen, der dem Flächenwidmungsplan aus dem Jahr 1966 (Genehmigungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. Februar 1966) nachfolgen sollte. Im Flächenwidmungsplan 1966 war das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, der beschwerdeführenden Gesellschaft im nördlichen Bereich des Grundstückes (Streifen von ca. 9-10 m) als "Grünland an der Straße" und im restlichen Bereich als "Bauland - Geschäftsgebiet" gewidmet. Der "Differenzplan" - dieser Planentwurf wurde vom 27. April 1992 bis 11. Mai 1992 zur öffentlichen Einsicht kundgemacht - zeigte eine Gegenüberstellung der Widmungen des Flächenwidmungsplanes 1966 und des neuen Entwurfes. Aus dem Differenzplan ergibt sich für das Grundstück Nr. 261/7 eine beabsichtigte Umwidmung von "Bauland - Geschäftsgebiet" in "Verkehrsfläche - Parkplatz". Der erste detaillierte Entwurf des neuen Flächenwidmungsplanes (Beschluss des Gemeinderates vom 21. Dezember 1990) wurde in der Zeit vom 29. März 1993 bis 26. April 1993 zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Auch in diesem Entwurf war die Umwidmung eines Teiles des Grundstückes von "Bauland - Geschäftsgebiet" in "Verkehrsfläche - Parkplatz" vorgesehen. Nach Behandlung der während der Kundmachungsfrist eingelangten Einwendungen im Gemeinderat wurde ein Änderungsentwurf des Flächenwidmungsplanes in der Zeit vom 17. November 1994 bis 15. Dezember 1994 zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde nach der Behandlung von Einwendungen am 16. Dezember 1994 vom Gemeinderat beschlossen. Der Gemeinderatsbeschluss vom 16. Dezember 1994 wurde ergänzt durch den Gemeinderatsbeschluss vom 17. November 1995, nach dem bezüglich einiger Grundstücke der Gemeinderatsbeschluss vom 16. Dezember 1994 wieder aufgehoben wurde. Dieser Entwurf zur Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde in der Zeit vom 21. November 1995 bis 19. Dezember 1995 zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes 1994 wurde endgültig mit Verordnung des Gemeinderates vom 22. Dezember 1995 beschlossen, angeschlagen an der Amtstafel vom 27. Dezember 1995 bis 12. Jänner 1996. Der Flächenwidmungsplan wurde durch Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. Juli 1996 genehmigt.

Dem Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan lässt sich unter Punkt 1.4 Verkehrsflächen (S. 66) entnehmen, dass Flächen für den ruhenden Verkehr in Dellach im Bereich des Golfplatzes, in Maria Wörth nördlich der Landesstraße und in Reifnitz im Nahbereich des zentralen Geschäftsgebietes festgelegt sind. Nach dem Flächenwidmungsplan stellt sich die Lage so dar, dass südlich des Grundstückes Nr. 261/7 eine große "Grünland - Erholungsfläche" anschließt, südöstlich eine große Fläche "Verkehrsfläche - Parkplatz" und östlich und westlich "Bauland - Geschäftsgebiet".

2. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 29. Juni 2001 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeinde Maria Wörth vom 16. Dezember 1994, 17. November 1995 und 22. Dezember 1995, mit der ein Flächenwidmungsplan für das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde Maria Wörth beschlossen worden ist, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 25. Juli 1996, Z Ro-68/5/1996, soweit damit für das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, die Widmungen "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" und "Verkehrsfläche - Parkplatz" festgelegt werden, von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die in Rede stehende Verordnung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und er zur Beurteilung der Beschwerde die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden hätte.

3. Aus folgenden Gründen hegte der Verfassungsgerichtshof jedoch Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeinde Maria Wörth vom 16. Dezember 1994, 17. November 1995 und 22. Dezember 1995:

"(...) Das Gesetz vom 13. Oktober 1994, mit dem das Gemeindeplanungsgesetz 1982 (LGBl. Nr. 51/1982) geändert wird, LGBl. Nr. 105/1994 (in der Folge: GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994), trat gemäß des ArtII Abs1 am 31. Dezember 1994 in Kraft. Gemäß des ArtII Abs3 sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren zur Erlassung oder Änderung von Flächenwidmungsplänen oder Bebauungsplänen entsprechend dem jeweiligen Verfahrensstand nach der geänderten Rechtslage weiterzuführen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist (vgl. auch ArtIII Abs3 des Gemeindeplanungsgesetzes, in der Fassung der Wiederverlautbarungsverordnung, LGBl. Nr. 23/1995, in der Folge: GPlG 1995; dieses Gesetz trat am 8. April 1995 in Kraft). Gemäß ArtII Abs5 GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 (vgl. ArtIII Abs5 GPlG 1995) hat die Genehmigung von Flächenwidmungsplänen oder Bebauungsplänen, die vom Gemeinderat bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beschlossen worden sind, nach der zum Zeitpunkt dieser Beschlussfassung geltenden Rechtslage zu erfolgen. Das GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 scheint daher jedenfalls bei der Planauflage (21. November 1995 bis 19. Dezember 1995) anzuwenden gewesen zu sein. Das GPlG 1995 scheint bei der Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan am 22. Dezember 1995 anzuwenden gewesen zu sein.

Gemäß §7 Abs1 GPlG 1982 idF LGBL. Nr. 105/1994 (§13 Abs1 GPlG 1995) hat der Bürgermeister die grundbücherlichen Eigentümer, deren Grundflächen in den Entwurf des Flächenwidmungsplanes einbezogen sind, zugleich mit der Kundmachung der Auflage des Entwurfes davon schriftlich zu verständigen, wenn eine Abgabestelle für die Verständigung bekannt ist oder ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Der letzte Entwurf zur Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde in der Zeit vom 21. November 1995 bis 19. Dezember 1995 zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes 1994 wurde endgültig mit Verordnung des Gemeinderates vom 22. Dezember 1995 beschlossen. Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, dass die Regelung des §7 Abs1 GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 (§13 Abs1 GPlG 1995) zum Zeitpunkt des Auflageverfahrens anzuwenden war und dass der Bürgermeister der Verständigungsverpflichtung gegenüber dem betroffenen Grundeigentümer nicht nachgekommen ist.

(...) Gemäß §4 GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 und §6 GPlG 1995 sind als Verkehrsflächen die für den fließenden und den ruhenden Verkehr bestimmten Flächen festzulegen, die für die örtliche Gemeinschaft von besonderer Verkehrsbedeutung sind. Dazu gehören neben den Bestandteilen öffentlicher Straßen auch Parkplätze.

Zum Problemkreis 'technische Infrastruktur', 'Verkehr' wird im 'räumlichen Entwicklungskonzept' auf Seite 72 als Ziel die Neuorganisation des ruhenden Verkehrs und in weiterer Folge eine weit gehende Freihaltung der engeren Ortsräume von parkenden Autos, die Schaffung von Auffangparkplätzen für den Zentrums-Zielverkehr und eine Flächensicherung im Flächenwidmungsplan dargestellt.

Somit scheint die Gemeinde Maria Wörth zwar einen Parkraumbedarf zu haben, jedoch scheint der im Entwicklungskonzept dafür vorgesehene Lösungsansatz jener zu sein, außerhalb des Ortszentrums liegende Parkplätze zu bevorzugen, das Erholungspotential im Ortszentrum zu erhalten und die Uferpromenade neu zu gestalten.

Der Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan scheint nur Bemerkungen ganz allgemeiner Art über dem ruhenden Verkehr dienende Flächen in Reifnitz zu enthalten. Der Bedarf der von der Umwidmung betroffenen Flächen für den ruhenden Verkehr scheint allerdings nicht näher begründet zu werden. Aus den Verwaltungsakten, insbesondere den Bescheiden (vom 16. Jänner 1996 des Bürgermeisters und vom 13. März 1998 des Gemeindevorstandes der Gemeinde Maria Wörth) und der Äußerung der Gemeinde im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof scheint sich jedoch zu ergeben, dass das vordergründige Motiv der Gemeinde jenes war, das Bauvorhaben zu verhindern, um die Stellplatzverpflichtung durchzusetzen. Die Tatsache, dass die beschwerdeführende Gesellschaft die durch den Baubewilligungsbescheid vom 14. Mai 1985 auf dem Grundstück Nr. 261/7 vorgeschriebenen Stellplätze nicht errichtet hat, scheint keinen sachlichen Grund für die Widmung 'Verkehrsfläche - Parkplatz', die gemäß §4 GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 (§6 GPlG 1995) für Flächen festgelegt werden soll, die für die örtliche Gemeinschaft von besonderer Verkehrsbedeutung sind, darzustellen. Wenn die Gemeinde vorbringt, das Grundstück sei infolge der Widmung 'Grünland an der Straße' nicht im beantragtem Ausmaß bebaubar, so ist ihr entgegenzuhalten, dass dies eine Umwidmung des Grundstückes nicht zu rechtfertigen scheint.

Im Verordnungsprüfungsverfahren wird daher zu erörtern sein, ob mit der in Prüfung gezogenen Umwidmung die Vergrößerung eines öffentlichen Parkplatzes - allenfalls nach Durchführung eines straßenrechtlichen Enteignungsverfahrens - oder bloß die Durchsetzung der seinerzeit mit Bescheid angeordneten Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen verfolgt wurde, weiters, ob die mit den Bescheiden vom 14. Mai 1985 und vom 4. November 1985 angeordnete Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auch heute noch durchgesetzt werden kann.

Der Verfassungsgerichtshof hegt daher das Bedenken, dass die Verordnung der Gemeinde Maria Wörth vom 16. Dezember 1994, 17. November 1995 und 22. Dezember 1995, soweit damit für das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, die Widmung 'Verkehrsfläche - Parkplatz' festgelegt wird, durch den zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung geltenden §6 GPlG 1995 nicht gedeckt ist. Da die Widmung 'Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße' bei den westlich anschließenden als 'Bauland - Geschäftsgebiet' gewidmeten Grundstücken mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht mehr beibehalten worden zu sein scheint, hegt der Verfassungsgerichtshof das weitere Bedenken, dass diese Widmung - da vorläufig sachliche Gründe für die Festlegung nicht erkennbar sind - gleichheitswidrig vorgenommen wurde."

4. Die Kärntner Landesregierung verzichtete auf die Erstattung einer Äußerung und legte Verwaltungsakten betreffend die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Flächenwidmungsplanes vor.

5. Die Gemeinde Maria Wörth erstattete keine Äußerung.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B1708/98 protokollierte Beschwerde zulässig ist und die in Prüfung gezogene Verordnung bei ihrer Behandlung präjudiziell ist, haben sich als zutreffend erwiesen.

2. Auch die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung treffen zu:

Weder die Kärntner Landesregierung noch die Gemeinde Maria Wörth sind den im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken entgegen getreten.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt dabei, dass §7 Abs1 Gemeindeplanungsgesetz 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994 (§13 Abs1 GPlG 1995) zum Zeitpunkt des Auflageverfahrens vom 21. November 1995 bis 19. Dezember 1995 - zumindest hinsichtlich der beabsichtigten Widmungen, die vom zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 29. März 1993 bis 26. April 1993 aufgelegten ersten Entwurf abweichend waren - anzuwenden war. Die Widmungen des Grundstückes Nr. 261/7, KG Reifnitz, "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" und "Verkehrsfläche - Parkplatz", waren zwar schon im ersten Änderungsentwurf, der zur allgemeinen Einsicht aufgelegt worden ist, enthalten. Auf die erste Auflage war §7 GPlG 1982, LGBl. Nr. 51/1982, anzuwenden, nach dem der Bürgermeister ebenso verpflichtet ist, nach Tunlichkeit die Eigentümer von Grundstücken, deren Flächen in den Entwurf des (geänderten) Flächenwidmungsplanes einbezogen sind, zugleich mit der Kundmachung der Auflage des Entwurfes hievon zu verständigen. Da der Nachweis einer Verständigung des Eigentümers des Grundstückes Nr. 261/7 fehlt, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der Bürgermeister bezüglich des Grundstückes Nr. 261/7, KG Reifnitz, seiner Verständigungspflicht gemäß §7 Abs1 GPlG 1982 nicht nachgekommen ist. Das Unterlassen der Verständigung stellt aber einen wesentlichen Mangel des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes dar, da die Verständigung das Mitspracherecht der von der Planung betroffenen Grundeigentümer sicherstellt (vgl. VfSlg. 8463/1978, 9150/1981, 10.208/1984 sowie 12.785/1991).

2.2. Die Gemeinde Maria Wörth hat mangels Äußerung im Verordnungsprüfungsverfahren auch keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass sie durch die Widmung "Verkehrsfläche - Parkplatz" die Vergrößerung eines öffentlichen Parkplatzes vorbereiten wollte. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass die Gemeinde mit der Widmung "Verkehrsfläche - Parkplatz" bloß die Durchsetzung der seinerzeit mit Bescheid angeordneten Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen verfolgt hat. Diese Widmung steht jedoch damit im Widerspruch zu §6 GPlG 1995 (§4 GPlG 1982 idF LGBl. Nr. 105/1994), gemäß dem als Verkehrsflächen die für den fließenden und den ruhenden Verkehr bestimmten Flächen festzulegen sind, die für die Gemeinschaft von besonderer Verkehrsbedeutung sind. Dazu gehören neben den Bestandteilen öffentlicher Straßen nicht schlechthin Parkplätze, sondern nur öffentliche Parkplätze.

Im Erläuterungsbericht/Flächenwidmungsplan Maria Wörth wird zu Punkt 1.3 "Grünland" festgestellt:

"Soweit es die bestehende Bebauung zuläßt, werden zwischen den Landesstraßen und dem anschließenden Bauland Immissionsschutzstreifen als Grünanlage an der Straße ausgewiesen, welchen auch Bedeutung als gestalterische Elemente des Straßenraumes zukommen soll (Begrünung). (...)"

Die Widmung "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" wurde bei den westlich anschließenden als "Bauland-Geschäftsgebiet" gewidmeten Grundstücken mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht mehr beibehalten, obwohl die Erläuterung gerade zwischen Landesstraßen und dem anschließenden Bauland diese Widmungsart als gestalterisches Element vorsieht. Dass die bestehende Bebauung der an das Grundstück Nr. 261/7 anschließenden Grundstücke einen Grünlandstreifen nicht zulässt, ist nicht erkennbar. Schließlich trifft die weitere Voraussetzung des genannten Punktes 1.3, dass mit dem Grünlandstreifen eine Abgrenzung zwischen dem Bauland und der Straße geschaffen werden soll, auf das als "Verkehrsfläche - Parkplatz" gewidmete Grundstück Nr. 261/7 gerade nicht zu. Dazu kommt, dass infolge der Unsachlichkeit der Widmung "Verkehrsfläche - Parkplatz" des Grundstückes Nr. 261/7, KG Reifnitz, auch die Verkehrsflächenwidmung keine sachliche Begründung für die Widmung "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" liefern kann, weshalb diese Festlegung gleichheitswidrig vorgenommen worden ist.

2.3. Aus all diesen Gründen war die genannte Verordnung, soweit damit für das Grundstück Nr. 261/7, KG Reifnitz, die Widmungen "Grünland - Schutzstreifen - Grünland an der Straße" und "Verkehrsfläche - Parkplatz" festgelegt werden, aufzuheben.

3. Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur Kundmachung dieser Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Anwendbarkeit, Verordnungserlassung, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V74.2001

Dokumentnummer

JFT_09988790_01V00074_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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