TE OGH 1992/10/27 5Ob518/92

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Veröffentlicht am 27.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth M*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Thomas W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer, Dr.Wolfram Themmer und Dr.Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung und Räumung infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 8.Jänner 1992, GZ 48 R 782/91-17, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. April 1991, GZ 8 C 371/90w-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft in Wien 19, ***** bestehend unter anderem aus dem von der Klägerin bewohnten Einzelhaus und einem vermieteten Westtrakt einschließlich des östlich daran anschließenden Gastgartens. Mieterin dieses Objektes ist seit Anfang April 1990 die beklagte Partei, wobei strittig ist, ob dieses Mietverhältnis auf einem ausgeübten Weitergaberecht der Vormieterin beruht oder durch Mietrechtsübertragung gemäß § 12 Abs 3 MRG entstand.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der beklagten Partei zur Räumung des Bestandgegenstandes mit der Begründung, sie mache von dem Bestandgegenstand erheblich nachteiligen Gebrauch und sei mit der Mietzinszahlung im Sinne des § 1118 Fall 2 ABGB säumig. Der monatliche Mietzins betrage seit 1.5.1990 gemäß § 12 Abs 3 MRG inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer S 62.387,16 und nicht, wie die beklagte Partei meine, S 14.258,64 (Mietzins der Vormieter). Selbst wenn der Standpunkt der beklagten Partei richtig wäre, daß keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vorliege, betrage der Mietzins auf Grund der im Mietvertrag enthaltenen Wertsicherungsvereinbarung mindest S 15.905,18 pro Monat (ON 1).

Die Zustimmung der Klägerin zur Mietrechtsabtretung an die beklagte Partei auf Grund des der Vormieterin eingeräumten Weitergaberechtes sei berechtigt verweigert worden, weil Hannes H*****, eine Geschicke und Gestion der beklagten Partei wesentlich bestimmende Person, in den letzten 10 Jahren ein derart zweifelhaftes wirtschaftliches Vorleben gehabt habe, daß berechtigte Bedenken gegen die beklagte Partei als Begünstigte eines Weitergaberechtes bestünden. Hinter der beklagten Partei stünden mindestens vier, möglicherweise fünf Personen, von denen nur zwei in irgendeiner Funktion aufschienen. Die beklagte Gesellschaft sei ein Mantel, der allem Anschein nach das Verwerten des Mietrechtes ermöglichen solle (ON 6 AS 22).

Die beklagte Partei wendete - soweit für dieses Revisionsverfahren von Bedeutung - ein, die Mietrechte seien auf sie nicht gemäß § 12 Abs 3 MRG durch Unternehmensveräußerung von Seiten der Vormieterin, sondern durch Abtretung des Hauptmietrechtes auf Grund des der Vormieterin zugestandenen Weitergaberechtes übergegangen, sodaß eine Erhöhung des Hauptmietzinses nicht erfolgen könne (ON 4).

Die beklagte Partei stellte daher den Zwischenantrag auf Feststellung, es werde festgestellt, daß die Klägerin gegenüber der beklagten Partei nicht berechtigt sei, wegen der Übernahme der Hauptmietrechte durch diese auf Grund des Vertrages vom 28.3.1990 mit der Vormieterin den Hauptmietzins nach § 12 Abs 3 MRG anzuheben (ON 6, AS 26; ON 7).

Die Klägerin wendete diesbezüglich die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges ein.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf Verhandlung und Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag ein (ON 6, AS 26).

Das Erstgericht bejahte die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrages gab ihm auf der Grundlage folgender Feststellungen statt:

Der Vater der Klägerin vermietete mit Mietvertrag vom 28.4.1959 an Karl T*****, den Vater von Helene K***** (= Rechtsvorgängerin der beklagten Partei), dieses Mietobjekt zum Zwecke eines Heurigenbetriebes. Punkt X. Absatz 1 dieses Mietvertrages lautet:

"Alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen auch auf die Erben und Rechtsnachfolger der beiden Vertragsteile im gleichen Umfang über. Für den Fall, daß die Erben andere Personen als Ehegatten, Eltern oder Kinder und Schwiegerkinder der Vertragsteile sind, steht dem anderen Vertragsteil ein Kündigungsrecht zu und ist diese Kündigung innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten nach Kenntnisnahme vom Erbgang bei sonstiger Verwirkung mit der Kündigungsfrist von 6 Monaten auszuüben."

Das zunächst in Punkt XI. des Mietvertrages dem Mieter eingeräumte Recht, dem Vermieter während der ersten drei Jahre des Mietverhältnisses einen anderen Mieter in Vorschlag zu bringen und auf diesen, sofern gegen die Person des neuen Mieters keine berechtigten Einwendungen seitens des Vermieters erhoben werden können, alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag zu übertragen, wurde kurze Zeit später bei gleichzeitiger Erhöhung des monatlichen Hauptmietzinses von S 3.000,- auf S 4.000,- dahin modifiziert, daß dieses Recht dem Mieter jederzeit eingeräumt wurde.

Durch Universalsukzession wurde die Klägerin Rechtsnachfolgerin ihres Vaters, während Helene K***** ihrem Vater als Mieterin nachfolgte und den Heurigenbetrieb gemeinsame mit ihrem Mann weiterführte.

Im Juli 1988 gab Helene K***** dem Klagevertreter ihre Absicht bekannt, das Unternehmen zu veräußern. Dieser teilte daraufhin mit, daß die Klägerin sich für diesen Fall einen Hauptmietzins von monatlich S 30.000,- zuzüglich Umsatzsteuer und anteiliger Betriebskosten vorstelle. Es erfolgte daher zunächst keine Weitergabe des Unternehmens, weil potentiellen Interessenten ein derartiger Mietzins zu hoch war.

Im Sommer 1989 erkundigte sich Hannes H***** bei Helene K***** wegen der Veräußerung des Unternehmens. H*****, der für seine Lebensgefährtin (S*****) eine Geldanlage suchte, benötigte als Partner einen Gastronomen und wandte sich diesbezüglich an Thomas W*****. Mit Schreiben vom 10.10.1989 teilte Helene K***** der Klägerin die Absicht mit, die "K***** GesmbH" zu gründen, auf die sie die Mietrechte am Lokal übertragen wollte. Im Antwortschreiben teilte der Klagevertreter Helene K***** mit, daß die Klägerin nicht bereit sei, der Übertragung der Mietrechte auf eine zu gründende Gesellschaft mbH zuzustimmen, weil auf Grund der Haftungsbeschränkung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erhebliche Bedenken gegen deren längerfristige Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bestünden.

Noch im Spätherbst 1989 führte Helene K***** mit Hannes H***** konkrete Gespräche über Art und Weise der Unternehmensübertragung. Sie übermittelte diesem Geschäftsunterlagen und den Mietvertrag zur anwaltlichen Prüfung.

Die Absicht der Gründung einer "Helene K***** GesmbH" wurde schließlich unter anderem auch deshalb fallen gelassen, weil bereits eine "Thomas W***** GesmbH" bestand, die zum Betrieb eines Lokales gegründet worden war, aber bislang keine Unternehmenstätigkeit entfaltet hatte. Frau S***** erwarb schließlich 40 % der Geschäftsanteile und wurde neben Thomas W***** Gesellschafterin. Dieser ist jedoch alleiniger Geschäftsführer. Der Abtretungsvertrag zwischen Thomas W***** und Christine S***** wurde am 16.3.1990 unterfertigt.

Etwa im Feber 1990 führte Thomas W***** erste Verhandlungen mit Helene K*****. Am 5.3.1990 rief Hannes H***** beim Klagevertreter an und wollte mit ihm einen Gesprächstermin bezüglich der Modalitäten der Unternehmensübernahme vereinbaren. Er wies bei diesem Gespräch nicht auf die Thomas W***** GesmbH hin. Der Klagevertreter lehnte ein Gespräch mit dem Hinweis ab, die Klägerin habe ihre Vorstellungen gegenüber Helene K***** bereits ausreichend dargelegt.

Mit Schreiben vom 23.3.1990 teilte Helene K***** der Klägerin mit, daß sie die Hauptmietrechte an die Thomas W***** Gesellschaft mbH übertragen werde. Im Antwortschreiben des Klagevertreters teilte dieser Frau K***** mit, daß man dies nicht als Bekanntgabe einer Unternehmensveräußerung auffasse, bemängelte, daß die Geschäftsanschrift der Thomas W***** GesmbH aus ihrem Schreiben nicht hervorgehe, und wiederholte die Bedenken gegen die Übertragung an eine Gsellschaft mit beschränkter Haftung im Hinblick auf deren Haftungsbeschränkung.

Am 28.3.1990 unterfertigten Helene K***** als Unternehmensverkäuferin und Thomas W***** für die Beklagte als Unternehmenskäuferin den Unternehmenskaufvertrag, in dessen § 7 Helene K***** an die Beklagte ihre Mietrechte laut Mietvertrag vom 28.4.1959 und der Mietvertragsergänzung mit Wirksamkeit vom 2.4.1990 übertrug. Mit Schreiben vom selben Tag, zum Post gegeben am 5.4.1990, teilten Helene K***** und Thomas W***** die Übertragung der Hauptmietrechte auf die beklagte Partei gemäß Abtretungsrecht laut Punkt XI. der Mietvertragsergänzung mit. Im Schreiben vom 9.4.1990 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter im Hinblick auf die von der Klägerin geäußerten Bedenken gegen die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft mbH mit, daß die beklagte Partei der Klägerin eine Bankgarantie anbieten könnte.

Der Klagevertreter verwies im Schreiben vom 24.4.1990 an den Beklagtenvertreter darauf, daß nach dem Rechtsstandpunkt der Klägerin ein Unternehmensübergang im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vorliege, der zur Anhebung des Mietzinses in angemessener Höhe ermächtige. Als berechtigte Einwendungen gegen die Thomas W***** GesmbH als neue Mieterin wurden darin neben der Haftungsbeschränkung einer Gesellschaft mbH die Vorgangsweise bei der Unternehmensübertragung durch Helene K***** sowie insbesondere die Person des Hannes H***** ins Treffen geführt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß mangels berechtigter Einwendungen gegen die Person der beklagten Partei eine die Rechtswirkungen des § 12 Abs 3 MRG ausschließende Übertragung der Mietrechte auf Grund der Bestimmungen des Punktes XI. des seinerzeitigen Mietvertrages erfolgt sei.

Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Zwischenfeststellungsantrag der beklagten Partei abwies; es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht bejahte zunächst gleichfalls die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges für die Erledigung dieses Zwischenfeststellungsantrages und begründete seine Sachentscheidung wie folgt:

Aus Punkt XI. des Mietvertrages ergebe sich, daß es sich um ein sogenanntes beschränktes Weitergaberecht handelte, bei dem es zwar im Falle wirksamer Ausübung zu einer Vertragsübernahme durch den Nachmieter komme, bei dem aber der Vermieter vor einer gegen die redliche Verkehrsübung verstoßenden Auswahl des Nachmieters insofern geschützt werde, als das Bestandobjekt nur an jemanden weitergegeben werden dürfe, gegen den keine berechtigten Einwendungen erhoben werden könnten.

In dem hier zu beurteilenden Fall habe sich die Klägerin wiederholt gegen die Weitergabe der Mietrechte an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgesprochen. Bei Prüfung der Frage, ob die Einwendungen des Vermieters gegen den neuen Mieter berechtigt seien, habe man sich - sofern eine Beschränkung des Auswahlrechtes im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht näher besprochen worden sei - im Sinne des § 914 ABGB an der Parteienabsicht zu orientieren. In Punkt X. des Mietvertrages sei zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht worden, daß bei der Rechtsnachfolge von Todes wegen das Mietverhältnis auf einen bestimmten, die Familie betreffenden Personenkreis beschränkt sein solle, widrigenfalls beiden Seiten ein Auflösungsrecht eingeräumt würde. Für die Rechtsnachfolge unter Lebenden werde ausdrücklich ein Weitergaberecht eingeräumt, das aber, um den Vermieter nicht schlechter zu stellen als im Fall der Erbfolge, diesem eine Mitwirkung an der Auswahl des Nachmieters ermögliche. Punkt XI. des Mietvertrages könne daher im Zusammenhang mit Punkt X. nur so verstanden werden, daß die Weitergabe des Mietrechtes nur an bestimmte Personen erfolgen dürfe, sodaß eine Beeinträchtigung der Interessen des Vermieters ausgeschlossen werde. Der in Punkt X. des Mietvertrages im Vordergrund stehende Versorgungscharakter bestimmter Angehöriger wirke sich auch auf die Auslegung des Punktes XI. aus. Wenn auch eine juristische Person nicht schlechthin Gegenstand berechtigter Einwendungen des Vermieters gegen eine Weitergabe des Mietrechtes sein könne, so stelle die Vermietung des Bestandobjektes an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung doch im Hinblick auf den Versorgungscharakter des Bestandvertrages eine wesentliche Einschränkung der Ausübung der Vermieterrechte dar, zumal - abgesehen vom begrenzten Haftungfonds einer solchen Gesellschaft - die Vermietung an eine juristische Person zu einer Perpetuierung des Mietrechtes - zumindest für einen unüberschaubaren Zeitraum - führen würde. Die Klägerin habe sich daher wirksam gegen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Nachmieterin durch Vertragsübernahme aussprechen können. Die beklagte Partei sei daher nicht durch Ausübung des Weitergaberechtes der Vormieterin Helene K***** in die Mietrechte des streitgegenständlichen Geschäftslokales eingetreten.

Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil die Frage, ob berechtigte Einwendungen der Vermieterin gegen die beklagte Partei als Nachmieterin bestehen, eine nach dem Gesamtinhalt des Mietvertrages zu lösende Rechtsfrage sei, deren Bedeutung über diesen Einzelfall nicht hinausgehe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise stellte die beklagte Partei einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Die Auslegung des Punktes XI. des Mietvertrages durch das Berufungsgericht wiederspricht den von der Rechtsprechung zur Urkundenauslegung aufgestellten Grundsätzen (s. MGA JN-ZPO14 § 503 ZPO/E 113); darauf wird bei der sachlichen Erledigung des Rechtsmittels zurückzukommen sein.

Überdies stellt sich bei Auslegung der Urkunde die erhebliche Rechtsfrage, ob in der Weitergabe der Mietrechte von einer natürlichen an eine juristische Person wegen der damit verbundenen "Perpetuierung" des Mietverhältnisses ein Umstand gelegen ist, der für sich allein als berechtigter Einwand seitens des Vermieters gemäß Punkt XI. des Mietvertrages geltend gemacht werden kann.

Nicht mehr zu befassen hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Zulässigkeit des streitigen Verfahrens für den Zwischenantrag auf Feststellung, weil hierüber von den Vorinstanzen - wenn auch nicht spruchgemäß - übereinstimmend entschieden wurde, sodaß eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vorliegt, gegen die nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig ist.

b) Zur Sachentscheidung:

Das Berufungsgericht legte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung die Pkte X. und XI. des Mietvertrages vom 28.4.1959 dahin aus, daß der Vermieter durch das in Pkt XI. des Mietvertrages dem Mieter eingeräumte Weitergaberecht nicht wesentlich schlechter gestellt werden dürfe als im Falle der Erbfolge (Pkt X. des Mietvertrages). Im Hinblick auf den Versorgungscharakter des Bestandvertrages liege in der Weitergabe des Mietrechtes an eine juristische Person wegen der damit verbundenen Perpetuierung des Mietverhältnisses eine wesentliche Einschränkung der Rechte des Vermieters.

Diese Auslegung ist durch den Wortlaut der genannten Vertragsbestimmungen nicht gedeckt. Das Weitergaberecht lt Pkt XI. des Mietvertrages ist in keiner Weise an den in Pkt X. umschriebenen Personenkreis geknüpft. Keiner der beiden Vertragsbestimmungen läßt sich ein Versorgungscharakter des Vertrages entnehmen. Der Textierung des Pkt XI. läßt sich auch nicht entnehmen, daß der Vermieter im Falle der Mietrechtsweitergabe unter Lebenden nicht wesentlich schlechter gestellt werden dürfe als im Erbfall. Der Vertragstext läßt auch nicht die Auslegung zu, daß dem Vermieter gegen die Weitergabe des Mietrechtes an eine juristische Person in jedem Fall ein wirksames Einspruchsrecht - unabhängig von der Bonität des neuen Mieters - zustehe: Der Vertragstext sieht keine Beschränkung des Weitergaberechtes auf natürliche Personen vor. Eine "Perpetuierung" des Mietrechtes auf unbestimmte Zeit ist - jedenfalls solange die Kündigungsbeschränkungen des MRG gelten - nicht nur mit der Vermietung an juristische Personen gegeben, sondern mangels Kündigungsmöglichkeit im Erbfall und wegen der Verpachtungsmöglichkeit auch bei Vermietung an natürliche Personen. Die Bonität einer Gesellschaft mbH kann trotz ihres vom Gesetz beschränkten Haftungsfonds im Einzelfall besser sein als die einer natürlichen Person, die zwar unbeschränkt haftet, der aber hinreichende Mittel, auf die der Vermieter greifen könnte, nicht zur Verfügung stehen.

Demnach steht die Urkundenauslegung des Berufungsgerichtes, das allein aus dem Vertragstext das Weitergaberecht des Mieters an juristische Personen schlechthin ausgeschlossen wissen will, mit den Sprachregeln und allgemeinen Erkenntnisgrundsätzen in Widerspruch (vgl MGA JN-ZPO14 § 503 ZPO/E 113). Es mag sein, daß das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes dem Willen der damaligen Vertragspartner entsprach; da dies nicht aus dem Text der Urkunde selbst hervorgeht, kann ohne weitere Feststellungen das vom Berufungsgericht im Wege bloßer Urkundenauslegung erzielte Ergebnis nicht gewonnen werden. Es bedürfte dazu vielmehr weiterer Feststellungen, aus denen sich entweder eine entsprechende tatsächliche Absicht der Vertragspartner bei Abschluß des Mietvertrages ergibt oder die bei gegebenenfalls erforderlicher ergänzender Vertragsauslegung die Annahme einer solchen hypothetischen Parteienabsicht rechtfertigen oder überhaupt eine Lückenschließung in dem Sinn ermöglichen würden, wie es der Gesamtregelung des Vertrages, gemessen an den Absichten der Parteien, am besten entspricht (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 11 zu § 914). Dabei trifft die Beweislast den, der eine vom Wortlaut des schriftlichen Vertrages abweichende Vereinbarung behauptet (Rummel aaO Rz 23 zu § 914). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin selbst gegen die beklagte Partei nur in deren angeblicher mangelnder Bonität gelegene Einwendungen erhob, seien es solche, die jede Gesellschaft mbH betreffen (eingeschränkte Haftung), seien es solche, die nur die konkrete Gesellschaft mbH betreffen (dubiose wirtschaftliche Verhältnisse des hinter der Gesellschaft stehenden unbestimmten Personenkreises bzw einer dieser Personen). Zu diesem entscheidungswesentlichen Tatsachenkomplex wurden von den Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen.

Das Erstgericht wird daher das Verfahren im Sinne der aufgezeigten Rechtsansicht zu ergänzen und je nach den von ihm getroffenen Feststellungen neu zu entscheiden haben.

Der Ausspruch, die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorzubehalten, gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E34090

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00518.92.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19921027_OGH0002_0050OB00518_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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