Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schneider als Schriftführerin in der Strafsache gegen Miodrag N***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Miodrag N*****, Fatmir S*****, Esudin D*****, sowie die Berufung und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. März 1992, GZ 12 e Vr 7821/91-132, und den gemäß dem § 494 a Abs 4 StPO gemeinsam mit dem Urteil gefaßten Beschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt, das gemäß dem § 494a Abs 5 StPO auch über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu befinden haben wird.
Gemäß dem § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch der Angeklagten Fatmir S***** und Esudin D***** enthaltenden) Urteil wurden Miodrag N***** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB (I./1.), Fatmir S***** des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 StGB (I./1. und 2.), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (II./1.), des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB (II./2.a und b), des Vergehens der (zu ergänzen: versuchten) Nötigung nach (richtig) den §§ 15, 105 Abs 1 StGB (III.), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB (IV.) und des Vergehens des Gebrauches fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 1 StGB (V.) und Esudin D***** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB (I./2.), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (II./1.) und des Vergehens des Gebrauches fremder Ausweise nach dem § 231 Abs 1 StGB (V./2.) schuldig erkannt.
Darnach haben Miodrag N*****, Fatmir S***** und Esudin D***** in Wien
I. Miodrag N*****, Fatmir S***** und Esudin D***** nachgenannte Personen mit Gewalt bzw. durch gefährliche Drohung zur Zahlung von Schutzgeldern, somit zu Handlungen zu nötigen versucht, durch welche die Genötigten am Vermögen geschädigt "worden wären", wobei die Täter mit dem Vorsatz handelten, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern und Fatmir S***** die strafbaren Handlungen in der Absicht vornahm, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1. Miodrag N***** und Fatmir S***** am 27. Juli 1991 im einverständlichen Zusammenwirken mit einer weiteren (unbekannten) Person als Beteiligte (§ 12 StGB) den Inhaber des Espresso "Tango" Milan M***** durch die Ankündigung, andernfalls das Lokal zu verwüsten, sohin durch gefährliche Drohung;
2. Fatmir S***** und Esudin D***** nachts vom 29. auf den 30. Juli 1991 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Mladen D***** als Beteiligte (§ 12 StGB) den Inhaber des Grillrestaurants "T*****", Pero P*****, durch Zerbrechen eines Glases und Niederschlagen eines Gastes sowie durch die Ankündigung, das Lokal kaputtzuschlagen, sohin mit Gewalt und durch gefährliche Drohung;
II. Fatmir S***** und Esudin D***** nachgenannte Personen am Körper verletzt und zwar
1. Fatmir S***** und Esudin D***** am 30. Juli 1991 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Mladen D***** als Beteiligte (§ 12 StGB) den Mihalo P***** durch Schläge, Fußtritte und Schlagen mit einem Ziegelstein, wodurch dieser eine an sich schwere Verletzung und zwar eine Zerreißung des rechten Trommelfells, verbunden mit einer beträchtlichen Verminderung des Hörvermögens sowie zahlreiche Rißquetschwunden, Schürfungen und Prellungen am Körper erlitt;
2. Fatmir S***** allein am 27. Juli 1991
a) den Nedjelko L***** durch Faustschläge in das Gesicht und Fußtritte gegen den Körper, welche eine Blutunterlaufung im Bereich der rechten Augenhöhle, eine Schleimhautwunde an der Innenseite der rechten Wange sowie eine Kratzwunde und Schwellungen am rechten Oberarm zufolge hatten;
b) den Miralem G***** durch Versetzen von Faustschlägen, die eine Schwellung oberhalb des linken Auges zufolge hatten;
III. Fatmir S***** am 27. Juli 1991 den Miralem G***** durch gefährliche Drohung, nämlich durch Ansetzen eines Messers an den Hals und die Worte: "Ich habe nichts mehr zu verlieren, wir werden sehen, was Du für Mann bist!", zur Beteiligung an Erpressungshandlungen zu nötigen versucht;
IV. Fatmir S***** am 30. Juli 1991 den Polizeibeamten Gerhard Sch***** durch die Worte: "Du bist der österreichische Mann, der mir in den Fuß geschossen hat. Laß mich Dein Gesicht ansehen, das merk ich mir. Ich werde Dich umbringen oder umbringen lassen!" gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
V. Fatmir S***** und Esodin D***** amtliche Ausweise, die für andere Personen ausgestellt waren, im Rechtsverkehr gebraucht als wären sie für sie selbst ausgestellt und zwar
1. Fatmir S***** am 27. und 30. Juli 1991 den Reisepaß des Ivo O*****, indem er sich mit demselben gegenüber Sicherheitswachebeamten auswies;
2. Esodin D***** seit dem 19. Jänner 1991 bis zum 30. Juli 1991 den Reisepaß des Hasan D*****, indem er sich gegenüber Sicherheitswachebeamten und anderen Organen öffentlicher Behörden damit auswies.
Rechtliche Beurteilung
Alle drei Angeklagten bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Miodrag N*****:
Dieser Angeklagte wendet sich gegen den ihn betreffenden Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 StGB mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer zunächst das Vorliegen eines Begründungsmangels hinsichtlich der Urteilsfeststellung über die Verabredung der Angeklagten Miodrag N*****, Fatmir S***** und Esodin D*****, Schutzgelder abzupressen. Dabei geht der Rechtsmittelwerber - wie im übrigen auch in der Rechtsrüge - von der falschen Voraussetzung aus, im Urteil sei nur eine auf Schutzgelderpressung gerichtete Verabredung zwischen N***** und S*****, nicht jedoch eine Tathandlung des Miodrag N***** festgestellt, welche die Annahme, auch er hätte sich an der versuchten Erpressung beteiligt, begründen könne. Die Annahme der Verabredung hinwieder sei unzureichend begründet.
Die Beschwerde, die sich ausschließlich mit der isolierten Betrachtung von Aktenzitaten aus US 14, die die Feststellung einer Verabredung tatsächlich nicht zu tragen vermögen, auseinandersetzt, geht aber mit ihrer Argumentation darüber hinweg, daß die Tatrichter den Versuch des Angeklagten N*****, im Anschluß an das in seiner Anwesenheit und in seinem Einverständnis von S***** mit Milan M***** geführte Telefonat selbst ein erpresserisches Telefonat zu führen, in Verbindung mit seinem Gesamtverhalten als eigene unmittelbare Tathandlung dieses (einverständlich mit S***** in Mittäterschaft handelnden) Angeklagten festgestellt und diese Feststellung mit der Beschreibung des Gesamtverhaltens auch denkrichtig begründet haben (US 23). Danach hat der Angeklagte nämlich (jeweils in Begleitung des Angeklagten S*****) vorerst Miralem G*****, den S***** zur Mitwirkung an den beabsichtigten Schutzgelderpressungen zu nötigen versuchte (III.), selbst aufgefordert, mit ihm und S***** mitzukommen und G***** auch tatsächlich im Pkw zu den Tatorten mitgenommen (AS 52, Band I, US 16), später im Cafe "D*****" die Kellnerin zur Einschüchterung des Gastwirtes provokant aufgefordert, mit ihm und S***** die Toilette aufzusuchen (US 18), im Lokal "T*****" nach der telefonischen Weigerung des Milan M*****, Schutzgelder zu zahlen, mit ihm selbst zu sprechen versucht (US 21), und schließlich nach der anschließenden Polizeiintervention Milan M***** über dessen Lebensgefährtin Dragolja L***** noch Konsequenzen wegen des Polizeieinsatzes angedroht (US 22). Da die Feststellung einer Mittäterschaft nicht auch eine Feststellung einer vorangehenden Verabredung der beiden oder mehreren im bewußten und gewollten Zusammenwirken handelnden Personen voraussetzt, weil die Mittäter den Vorsatz auf gemeinsames Handeln auch erst bei der Ausführung der Tat spontan fassen und konkludent zum Ausdruck bringen können (Leukauf-Steininger, Komm3 § 12 RN 23), betrifft die vom Erstgericht tatsächlich nicht näher begründete Feststellung einer vorangegangenen auf Schutzgelderpressung gerichteten Tatverabredung zwischen N***** und S***** keine entscheidungswesentliche Tatsache.
Soweit sich die Mängelrüge schließlich doch mit der Urteilsfestellung auseinandersetzt, wonach N***** im Anschluß an S***** ebenfalls mit dem Gastwirt Milan M***** zu telefonieren versuchte, allerdings den vom Erstgericht angenommenen Erpressungsvorsatz des Angeklagten als unbegründet und als bloße unzulässige Mutmaßung des Erstgerichtes zu seinen Lasten bezeichnet, übergeht sie neuerlich die ausführliche Urteilsbegründung (US 23 ff), die unter ausdrücklicher Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten N*****, gestützt auf die Aussagen der für glaubwürdig erachteten Zeugen L*****, G*****, M*****, K*****, K***** und L***** aus dem Gesamtverhalten des Angeklagten N***** eben diesen Erpressungsvorsatz denkmöglich, (mit der Gerichtserfahrung übereinstimmend) und damit mängelfrei ableitet.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers haben die Tatrichter ihre Feststellungen auch nicht aktenwidrig oder unzureichend begründet. Mit dieser Behauptung beschränkt sich die Mängelrüge auf die bloße Wiedergabe einzelner, aus dem Zusammenhang gelöster Teile der Beweisergebnisse.
Zunächst ist der Vorwurf unrichtig, die Urteilsfeststellung, wonach Miralam G***** von N***** und S***** zur Begehung des Erpressungsversuches laut Punkt I./1. mitgenommen wurde (US 16), sei aktenwidrig. Das Erstgericht hat den Ausführungen der Mängelrüge zuwider diese Feststellung nicht auf die Polizeianzeige (AS 33/Band I), sondern auf die Angabe des Zeugen G***** selbst gestützt. Dieser gab aber ausdrücklich an, daß ihm der Angeklagte S***** vorerst im Beisein des Angeklagten N***** ein Messer an den Hals angesetzt hätte und daß er von N***** später, als er nach dem tätlichen Angriff des S***** gegen den Inhaber des Lokals in der Goldschlagstraße (L*****) nicht mehr mitmachen wollte, zur Weiterfahrt aufgefordert wurde (AS 52/Band I). Die Frage hinwieder, ob die Zeugin Biljana K***** nach dem Erpressungsversuch laut I./1. zum Verstecken eines Messers aufgefordert worden war, betrifft deswegen keine entscheidungswesentliche Tatsache, weil ein Messer bei diesem Erpressungsversuch nicht verwendet wurde.
Eine Aktenwidrigkeit liegt im übrigen nur dann vor, wenn in den Entscheidungsgründen der Inhalt einer Urkunde oder Aussage unrichtig angeführt, also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil falsch wiedergegeben wird (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 185 zu § 281 Abs 1 Z 5). Derartiges vermag die Beschwerde aber nicht aufzuzeigen. Soweit sie sich mit der Beurteilung der Aussage des Zeugen Miralem G***** durch das Erstgericht befaßt, versucht sie lediglich nach Art einer Schuldberufung und auf eine im Nichtigkeitsverfahren nach wie vor unzulässige Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter anzufechten und zu anderen Feststellungen, etwa über das Auftreten des Angeklagten N***** im Lokal "D*****" zu gelangen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich in einem bloßen Hinweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge, ohne allerdings schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung des Erstgerichtes aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen ließen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht ebenfalls davon aus, daß dem Angeklagten N***** im Urteil nur die Verabredung einer Schutzgelderpressung mit dem Angeklagten S*****, jedoch keine ausführungsnahe Tathandlung vorgeworfen werde, weshalb er von der Anklage der versuchten Erpressung bei rechtsrichtiger Beurteilung seines Verhaltens als bloße (straflose) Vorbereitungshandlung freizusprechen gewesen wäre. Ein Tatbeitrag des Angeklagten an der anklagegegenständlichen telefonischen Erspressung des Milan M***** durch den Angeklagten S***** sei ebensowenig festgestellt worden, wie der für das Verbrechen der (versuchten) Erpressung auf der subjektiven Tatseite erforderliche unrechtmäßige Bereicherungsvorsatz. Mit diesem Vorbringen übergeht der Nichtigkeitswerber - wie schon dargelegt - zum einen die ausdrückliche Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte N***** während des erpresserischen Telefonanrufes neben S***** stand, sich mit dessen Verhalten identifizierte und ihm (ihn unterstützend) zustimmte sowie nach der von Milan M***** am Telefon sofort ausgesprochenen Ablehnung der Zahlung von Schutzgeldern den Angeklagten S***** zur Übergabe des Telefonhöhrers aufforderte, weil er nunmehr selbst mit Milan M***** reden und ihm drohen wollte (US 21-23). Ausdrücklich leitet das Erstgericht gerade aus dieser Tathandlung des Angeklagten N***** sowie aus seinem Gesamtverhalten seine Mittäterschaft ab (US 23 unten).
Der Beschwerde zuwider wurde im Urteil auch keineswegs die Feststellung des unrechtmäßigen Bereicherungsvorsatzes unterlassen, vielmehr diese Feststellung sogar mehrfach getroffen (US 3, 14, 20, 23, und insbes. 26).
Da die Rechtsrüge sohin wesentliche erstgerichtliche Feststellungen neglegiert und damit nicht vom gesamten festgestellten Urteilssachverhalt ausgeht, ist sie nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Zur Nichtigkeitsbeshwerde des Fatmir S*****:
Dieser Angeklagte wendet sich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung (I./1. und 2.), wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung (II./1.) sowie wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (IV.) mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, während der Schuldspruch zu den Punkten II./2. a und b, III. und V. unangefochten blieb.
Zum Schuldspruch zu I./1. und 2. bekämpft der Beschwerdeführer sowohl unter dem Gesichtspunkt der Mängel- (Z 5) als auch der Subsumtionsrüge (Z 10) die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der Erpressung gemäß dem § 145 Abs 2 Z 1 StGB.
Die vom Beschwerdeführer (verfehlt auch in der Mängel- und) in der Subsumtionsrüge vermißte Feststellung, wonach der Angeklagte S***** die Erpressungsversuche gewerbsmäßig beging, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Inhalt des eine Einheit bildenden Spruches und den Gründen des angefochtenen Urteiles (US 3, 13 bis 15 und 34). Darnach wollte sich der Angeklagte durch Erpressung von Schutzgeldern, deren Forderung vom Erstgericht als Begehren des Inkassos regelmäßig wiederkehrender rechtsgrundloser Zahlungen von Gewerbetreibenden zur Abwendung absichtlicher, von den Inkassanten initiierter Geschäftsstörungen definiert wird, eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme für seinen Lebensunterhalt verschaffen (US 13 bis 15). Diese Feststellung hat das Erstgericht auf Grund seiner Beweiswürdigung getroffen und dabei (vgl US 34) die gewerbsmäßige Begehungsweise mängelfrei aus der Tatwiederholung (Fakten I./1. und 2.), aber auch aus den wiederholten, in kurzen Abständen vorgenommenen tätlichen Angriffen des S***** gegen Mirolam G***** (US 16, 26), den Gastwirt L***** (US 19) und verschiedene, vorerst unbeteiligte Gäste im Restaurant "T*****" (US 27) und im Lokal "Q*****" (US 30) sowie letztlich aus der Arbeits- und Einkommenslosigkeit des Angeklagten abgeleitet.
Sowohl die Mängelrüge als auch die Subsumtionsrüge (soweit sie das Fehlen einer Feststellung zur subjektiven Tatseite der schweren Erpressung bzw. das Vorliegen einer bloßen Scheinbegründung der festgestellten Gewerbsmäßigkeit behauptet), ist mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Argumentation der Mängelrüge, die sich lediglich auf den aus dem Zusammenhang gerissenen Inhalt des vorletzten Absatzes der Urteilsseite 34 stützt und darin eine Scheinbegründung erblickt, negiert die vorstehend zusammengefaßt wiedergegebene zureichende Urteilsbegründung.
Die weitere Behauptung der Mängelrüge, das Erstgericht habe sich nicht ausreichend mit der einen Erpressungsvorsatz leugnenden Verantwortung des Angeklagten S***** auseinandergesetzt, sondern nur global auf den Akteninhalt verwiesen, ist nicht nachvollziehbar, weil das Erstgericht zu jedem einzelnen Punkt seines Schuldspruchs die vom ihm herangezogenen Beweismittel angeführt und die Angaben der Angeklagten den Aussagen der übrigen Zeugen und dem Inhalt sonstiger Beweismittel gegenübergestellt hat und seiner Begründungspflicht iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO damit nachgekommen ist.
Von der behaupteten Unvollständigkeit der Urteilsbegründung kann ebenfalls keine Rede sein. Abgesehen davon, daß Dragolja L***** (im Rechtsmittel unrichtig: Lös) zu den urteilsgegenständlichen Straftaten mangels eigener Beobachtungen ohnehin keine wesentlichen Angaben machen konnte, wurde auf ihre in der Hauptverhandlung abgelegte Aussage - der Mängelrüge zuwider - im Urteil eingegangen (US 22 unten). Mit dem Einwand, aus der Zeugenaussage des Pero P***** (im Rechtsmittel unrichtig: Peroto Jetar) lasse sich die Feststellung eines Erpressungsversuches durch ihn nicht ableiten, wird neuerlich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft und damit kein formeller Begründungsmangel zur Darstellung gebracht. Zudem hat sich das Erstgericht ausdrücklich auf die Polizeianzeige dieses Zeugen gestützt und denkrichtig und lebensnah begründet, daß die Abschwächung seiner Angaben in der Hauptverhandlung offenbar auf Angst vor dem Angeklagten S***** zurückzuführen ist.
Die Behauptung, das Erstgericht habe sich mit den anderen anläßlich der letzten mündlichen Hauptverhandlung getroffenen Aussagen der Zeugen nicht ausreichend befaßt, entzieht sich mangels jeglicher Konkretisierung einer sachlichen Auseinandersetzung. Das gilt auch in Ansehung der zu Punkt II./1. erhobenen Mängelrüge. Die Bekämpfung dieses Teiles des Schuldspruchs des Angeklagten S***** kann nämlich lediglich der Überschrift der Mängelrüge auf Seite 2 des Rechtsmittels entnommen werden. In den Beschwerdeausführungen (Seite 5) findet sich dazu nur die (unzutreffende) Behauptung, das Erstgericht habe sich mit der Verantwortung des Angeklagten S*****, "die Schlägereien begonnen zu haben, ... wovon die Beurteilung seines Verhaltens allenfalls unter dem Gesichtspunkt der schweren Körperverletzung der §§ 83 ff abhängt" nicht ausreichend auseinandergesetzt, ohne daß angeführt würde, welche Teile der Verantwortung dieses Angeklagten das Erstgericht bei seiner ohnedies ausführlichen Beweiswürdigung zu Punkt II./1. des Urteiles unberücksichtigt gelassen habe.
Die gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der schweren Erpressung weiters ergriffene Tatsachenrüge (Z 5a) vermeint ohne jegliche Begründung und damit unbeachtlich, das Erstgericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung verletzt. Soweit die Beschwerde die Forderung aufstellt, das Erstgericht hätte seine Feststellungen "mehr auf die Aussagen der Zeugen Dragolja L*****, Pero P***** und Milan M***** in der Hauptverhandlung" und nicht auf ihre Angaben im Vorverfahren stützen müssen, wird auch dieser Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, sondern damit abermals unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft.
Den Schuldspruch zu Punkt VI. bekämpft der Angeklagte S***** ebenfalls mit der Tatsachenrüge (Z 5a). Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, der Anklagevorwurf sei in der Hauptverhandlung nicht einmal zur Sprache gekommen, ist aktenwidrig. Der Zeuge Sch***** hat die Richtigkeit der ihm vorgehaltenen bezughabenden Fakten zu Punkt V. der Anklageschrift (ON 81) ausdrücklich bejaht (AS 304/Band II). Mit diesem Teil der Beschwerdeausführung übersieht der Angeklagte S***** offensichtlich die teilweise unterschiedliche Numerierung der Fakten in der Anklageschrift und in der Urteilsausfertigung. Die Beschwerde vermag aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die diesem Schuldspruch zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen zu wecken, weil die darin relevierte Frage, ob der Zeuge Sch***** durch die Drohung des Angeklagten in Furcht und Unruhe versetzt wurde, als Rechtsfrage unabhängig von dem tatsächlich bei den Bedrohten hervorgerufenen Eindruck nach einem objektiv-individuellen Maßstab zu beurteilen ist (Leukauf-Steininger, Komm3 § 74 RN 21 und § 107 RN 4) und der Zeuge naturgemäß auch zur Tatfrage, nämlich der vom Täter mit der Äußerung verbundenen Absicht keine Angaben machen kann. Im Hinblick auf das aus dem Akteninhalt hervorleuchtende gewalttätige Persönlichkeitsbild des Angeklagten S***** bestehen keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die auf den Inhalt der Anzeige (AS 84 /Band I) gestützten Urteilsfeststellungen, sowohl zur objektiven als auch zur subjektiven Tatseite des Schuldspruchs zu Punkt IV. Mit der abschließenden Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe die Äußerung nur aus Unmut infolge großer Schmerzen auf Grund der ihm vom Polizeibeamten Sch***** zugefügten Schußverletzung abgegeben, greift der Beschwerdeführer ein weiteres Mal unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes an.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Esudin D*****:
Dieser Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ausschließlich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung zu I./2. und läßt die übrigen Schuldsprüche zu II./1. und V./2. unbekämpft.
Der Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten, in der unter weitwendiger Zitierung von Aktenteilen die Mängel- und Tatsachenrüge gemeinsam ausgeführt wird, gelingt es nicht, Begründungsmängel zu entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen zu erwecken.
Das Erstgericht hat den vom Beschwerdeführer in Abrede gestellten Vorsatz, gemeinsam mit dem Angeklagten S***** von Pero P***** Schutzgeld zu erpressen, keineswegs unbegründet gelassen, sondern zureichend mit dem Verhalten beider Angeklagten im Restaurant "T*****" begründet (US 27-29). Unter Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten D***** (ebenso wie jener des Angeklagten S*****) kamen die Tatrichter dabei zum Ergebnis, das Verhalten beider Angeklagten, die bloß wegen Getränkekonsums bzw. wegen eines zerschlagenen Glases sogleich den Chef zu sprechen wünschten, diesem sodann - unter Reiben von Zeigefinger und Daumen - unmotiviert erklärten, daß er von ihnen keine Probleme zu erwarten habe, aber dennoch zugleich mit einem unbekannten Lokalbesucher Streit suchten und diesen sodann schwer mißhandelten, sei auch ohne ausdrückliches bezughabendes wörtliches Verlangen nur als ein von beiden Angeklagten gemeinsam an Pero P***** herangetragenes Ansinnen auf Zahlung von Schutzgeldern aufzufassen. Das Erstgericht hat die leugnende Verantwortung des Zweit- und Drittangeklagten insbesondere durch die Angaben des von ihnen ins Auge gefaßten Erpressungsopfers Pero P***** von der Polizei (AS 273f/Band I) für widerlegt erachtet und auch nachvollziehbar begründet, daß dieser Zeuge seine Aussage in der Hauptverhandlung (AS 290ff/Band II) aus Angst vor dem Angeklagten S***** abgeschwächt hat (US 28f). Daß bei dieser Beweislage mangels einer ausdrücklichen verbalen Forderung auf Zahlung von Schutzgeldern auch andere für den Angeklagten D***** günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, vermag jedoch keine Urteilsnichtigkeit im Sinne der vom Angeklagten relevierten Nichtigkeitsgründe zu begründen.
Die zur Gänze unbegründeten, teils nicht gesetzmäßig ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden aller drei Angeklagten waren somit bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen werden (§ 285d StPO), woraus folgt, daß dem Oberlandesgericht Wien die Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten sowie über die (alle drei Angeklagten betreffende) Berufung (§ 285 i StPO) und Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wien zukommt (§ 494a Abs 5 StPO).
Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.
Anmerkung
E34484European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0110OS00096.92.1103.000Dokumentnummer
JJT_19921103_OGH0002_0110OS00096_9200000_000