TE OGH 1992/11/9 Okt5/92

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Veröffentlicht am 09.11.1992
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Kopf

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith und seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Dr.Reindl, Dr.Schwarz, Dr.Rauter, Dr.Fremuth, Dr.Placek und Dr.Bauer in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, Wien 4., Prinz Eugen-Straße 20-22, wider die Antragsgegner 1. "ARGEV-Arbeitsgemeinschaft Verpackungsverwertung, Verein zur Förderung der Wiederverwertung von Verpackungen", *****, sämtliche Antragsgegner zu 1. bis 65. (mit Ausnahme der Antragsgegner zu 46. und 64.) vertreten durch Dr.Hans Georg Zeiner, Rechtsanwalt in Wien, die Antragsgegnerinnen zu 46. und zu 64. vertreten durch ao Univ.Prof.Dr.Walter Barfuß, Rechtsanwalt in Wien, infolge Rekurses aller Antragsgegner gegen den Beschluß des stellvertretenden Vorsitzenden des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 27.April 1992, 4 Kt 657/91-20a, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Rekursen der Antragsgegner wird teilweise Folge gegeben.

Absatz 1 des angefochtenen Beschlusses wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Die Antragsgegner werden gemäß § 57 Abs 1 und 2 KartG 1988 aufgefordert, binnen einem Monat ab Zustellung dieses Beschlusses beim Kartellgericht beim Oberlandesgericht Wien die Genehmigung der Überwälzung des Verwertungsbeitrages auf die nachfolgenden Vertriebsstufen als Kartell zu beantragen.

Der weitere Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegner aufzufordern, binnen einem Monat ab Zustellung dieses Beschlusses beim Kartellgericht beim Oberlandesgericht Wien die Genehmigung der Beschränkung des Vertriebs in Einweggebinden auf bestimmte Verpackungsarten (bzw. Verpackungsmaterialien) als Kartell zu beantragen, wird zurückgewiesen."

Im übrigen bleibt der angefochtene Beschluß aufrecht.

Text

Begründung:

Die Bundesarbeitskammer Angestellte stellte als Amtspartei (§ 44 Abs 1 KartG 1988 [im folgenden nur als KartG bezeichnet]) gemäß § 57 Abs 1 KartG den Antrag, die in ihrer Eingabe genannten 33 Antragsgegner (- mit Schriftsatz vom 7.4.1992 wurde die Liste der Antragsgegner auf 65 erweitert -) aufzufordern, den im Antrag behaupteten Sachverhalt als Kartell anzumelden; sollte das Kartellgericht zur Auffassung gelangen, daß weder ein Verhaltens- noch ein Wirkungskartell, sondern ein Absichtskartell (Empfehlungskartell) vorliege, möge es den Antrag abweisen und eine Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft Wien übermitteln.

Am 14.Mai 1990 sei die Antragsgegnerin, der Verein "ARGEV - Arbeitsgemeinschaft - Verpackungsverwertung, Verein zur Förderung der Wiederverwertung von Verpackungen" (kurz als "ARGEV" bezeichnet) gegründet worden. Nach den Statuten werde von den Mitgliedern, die Einweggebinde erstmals in Verkehr bringen, ein Verwertungsbeitrag für die Finanzierung des Müllsammelns und der Müllverwertung eingehoben. Dieser Verwertungsbeitrag belaufe sich auf Grund eines Vereinsbeschlusses auf 30 Groschen für Einweggebinde bis ein Liter und auf einen Schilling für Einweggebinde über ein Liter; er werde seit 1.9.1991 eingehoben. Mitglieder des Vereins seien Getränkehersteller, Getränkeimporteure, Unternehmen der Verpackungswirtschaft und des Lebensmittelhandels, sowie Entsorgungsunternehmen.

Grundlage dieses Müllentsorgungssystems sei § 8 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) BGBl 1990/325, der die Ermächtigung zur Erlassung sog. Zielverordnungen enthalte, die den beteiligten Wirtschaftskreisen die nach den jeweiligen technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zur jeweils erforderlichen Verringerung der Abfallmengen und der Schadstofffrachten notwendigen Ziele vorgeben. Den beteiligten Wirtschaftskreisen obliege es, zur Vermeidung weitergehender (behördlicher) Maßnahmen auf freiwilliger Basis entsprechende marktwirtschaftliche Lösungsmodelle zu entwickeln. Die Gesetzesverfasser des AWG hätten erkannt, daß derartige freiwillige Maßnahmen ohne Beschränkung der Wettbewerbsverhältnisse bezüglich der Erzeugung, der Verpackung und der Preise der Waren nicht durchführbar seien. Die in den Materialien zum AWG für diese Maßnahmen angeregte Freistellungsverordnung (§ 17 KartG) sei aber bisher nicht erlassen worden.

Jede Mitgliedergruppe (soweit sie Antragsgegner seien) habe in ihrem Marktbereich einen Marktanteil von mehr als 5 %, so daß ein Bagatellkartell nicht in Betracht komme. "Sämtlichen Kartellen" der Antragsgegner im Bereich der Erzeugung und der Preise liege dasselbe gemeinsame Interesse im Sinne des § 10 KartG zugrunde. Die Vereinbarung eines Entsorgungsbeitrages verhindere im gemeinsamen Interesse, daß Nichtbeteiligte (quasi als "Schwarzfahrer") kostenlos am Entsorgungssystem teilnehmen. Von der Gebindeherstellung über die Getränkeherstellung bis zum Lebensmitteleinzelhändler und zum Konsumenten bestehe eine geschlossene Lieferkette. Unabhängig davon, wo der Verwertungsbeitrag eingehoben werde, komme es zu dessen Überwälzung. Auf Grund der extrem unelastischen Reaktion der Konsumenten auf Preisänderungen bestehe bei allen Antragsgegnern das gemeinsame Interesse an einer "Vorwärtsüberwälzung" des Verwertungsbeitrages auf die Konsumenten. Dies führe zu einer Beschränkung des Wettbewerbs bei der Erzeugung von Einweggebinden, bei den Industrieabgabepreisen und bei den Konsumentenpreisen von Getränken in Einweggebinden; die ARGEV und ihre Mitglieder planten nämlich, durch Einflußnahme auf das verwendete Verpackungsmaterial den Wettbewerb zwischen den einzelnen Einweggebinden zu beschränken (zB durch Herstellen aller Joghurtbecher aus dem gleichen Material); es liege daher auch ein Kartell hinsichtlich der Verpackungsart vor. Der Umstand, daß diese Maßnahme volkswirtschaftlich gerechtfertigt sei, ändere an der Erfüllung des Tatbestandes nach § 10 KartG nichts.

Die Antragsgegner bildeten aber auch ein Kartell bei den Industrieabgabepreisen und bei den Konsumentenpreisen. Die starke Nachfragemacht der Großformen des Lebensmitteleinzelhandels bewirke, daß die Getränkehersteller ihre Ware zu äußerst niedrigen Preisen abgeben müßten; die Getränkehersteller würden daher den Verwertungsbeitrag aufschlagen. Aus Mitteilungen zahlreicher Getränkehersteller an den Konsum Österreich (der nicht Mitglied der ARGEV sei), daß sie den Abgabepreis um den Verwertungsbeitrag erhöhen müßten, ergebe sich, daß Absprachen vorliegen, die die Getränkehersteller verpflichten, den Verwertungsbeitrag zu überwälzen. Dadurch werde jedoch ihr Wettbewerb eingeschränkt. Als Folge davon seien die Lebensmitteleinzelhändler gezwungen, den Verwertungsbeitrag auf den Kosumentenpreis aufzuschlagen; dadurch werde der Wettbewerb eingeschränkt, weil die Lebensmittelhändler nicht um den Verwertungsbeitrag billiger anbieten könnten.

Auf diese Weise bildeten die Antragsgegner ein Kartell (§ 10 KartG) bei den Industrieabgabepreisen und ein Empfehlungskartell (§ 12 KartG) bei den Konsumentenpreisen von Getränken in Einweggebinden. Das Kartell könne infolge der starken Bindungsintensität kein Verhaltenskartell sein. Erst nach Erlassen der Aufforderung durch den Vorsitzenden des Kartellgerichts werde zu prüfen sein, welcher Kartelltyp vorliege.

Die Antragsgegner zu 1. bis 33. beantragten die Abweisung oder die Zurückweisung des Antrags.

Die Antragstellerin habe eine willkürliche Auswahl der Antragsgegner vorgenommen. Einige der bezeichneten Antragsgegner hätten mit dem von der Antragstellerin behaupteten Sachverhalt überhaupt nichts zu tun. Sehe aber die Antragstellerin den Kartelltatbestand allein in der Mitgliedschaft zur Erstantragsgegnerin, so habe sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen nur einen begrenzten Teil der Mitglieder als Antragsgegner bezeichnet. Die Aufforderung hätte aber an alle Mitglieder des behaupteten Kartells gerichtet werden müssen.

Die Bundesarbeitskammer behaupte drei verschiedene Kartelltatbestände, nämlich ein Kartell bei den Verpackungsmaterialien, bei den Industrieabgabepreisen und bei den Konsumentenpreisen ohne auszuführen, welche der Antragsgegner in welchem Kartelltatbestand involviert seien. Hinsichtlich des Wirkungskartells bei den Verpackungsmaterialien bringe die Antragstellerin lediglich vor, daß die ARGEV und die übrigen Antragsgegner in der Folge eine Wettbewerbsbeschränkung planen. Zukünftige und noch nicht konkretisierte Planungen bildeten aber weder ein Vereinbarungs-, noch ein Verhaltens- oder Empfehlungskartell.

Auch ein gemeinsames Interesse im Sinne des § 10 KartG liege nicht vor. Das Interesse jedes Wirtschaftstreibenden, jeden Kostenfaktor und insbesonders neue Kostenfaktoren auf die nächste Wirtschaftsstufe zu überwälzen, begründe noch kein gemeinsames Interesse im Sinne des § 10 KartG. Da der Preiswettbewerb unter den Antagsgegnern äußerst heftig sei, werde jeder Mitbewerber für sich die Entscheidung treffen müssen, ob und inwieweit er einen neuen Kostenfaktor überwälzen könne und solle. Die Tatsache, daß einige Getränkehersteller (Getränkeimporteure) dem Konsum Österreich mitgeteilt hätten, daß sie ihre Preise um den Verwertungsbeitrag erhöhen, lasse noch keinen Schluß auf die tatsächlichen Getränkepreise zu.

Den Zahlungen an die ARGEV, die ein neuer Kostenfaktor seien, stehe eine adäquate, vom Gesetz erlaubte und befürwortete Leistung gegenüber. Eine Verpflichtung zur Weitergabe des Verwertungsbeitrages bestehe nicht. Selbst wenn alle Getränkehersteller (Getränkeimporteure) den Verwertungsbeitrag voll auf die Preise aufschlügen, liege darin noch kein kartellrechtlich relevanter Tatbestand. Die Behauptung der Bundesarbeitskammer, daß die Getränkehersteller (Getränkeimporteure) dadurch daran gehindert würden, "um den Verwertungsbeitrag billiger anzubieten", entbehre jeder Grundlage. Eine Absprache über die Industrieabgabepreise liege nicht vor. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben von Getränkeherstellern (Getränkeimporteuren) ergebe sich das nicht. Grund für die Preiserhöhungen seien nicht Absprachen, sondern die eingetretene Kostensteigerung. Daß Einzelhändler infolge ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage seien, den Verwertungsbeitrag aus eigener Tasche zu zahlen, begründe noch keinen kartellrechtlich bedeutsamen Tatbestand bei den Konsumentenabgabepreisen.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hält den Antrag der Bundesarbeitskammer für in sich widersprüchlich. Die Antragstellerin gehe selbst davon aus, daß der Preiswettbewerb bei Getränken, die in Einweggebinden verkauft werden, äußerst heftig sei. Die Vereinsmitglieder würden sich selbst benachteiligen, wenn sie die Verwertungsbeiträge überwälzen, aber damit nicht den Wettbewerb beschränken. Selbst wenn aber die Getränkehersteller (Getränkeimporteure) den Preis für ihre Erzeugnisse gegenüber jedem Nachfragenden um den Verwertungsbeitrag erhöhten, liege darin eine Preissteigerung, die durch Kostensteigerungen verursacht worden sei. Diese Kostensteigerungen würden auch bei einem behördlich angeordneten Verwertungssystem eintreten.

Ein "Kartell hinsichtlich der Erzeugung" liege nicht vor, da die ARGEV nur plane, (künftig) auf die Hersteller von Verpackungsmaterial einzuwirken. Eine potentielle Beeinträchtigung des Wettbewerbs, die weder vereinbart noch tatsächlich durchgeführt worden sei, erfülle aber keinen kartellrechtlichen Tatbestand. Im übrigen könne aber eine Zusammenarbeit beim Einkauf von Gebinden unter § 1 Punkt 1 lit a der FreistellungsV BGBl 1989/185 fallen. Das gemeinsame Interesse der Vereinsmitglieder an der Erfüllung des Vereinszwecks sei kein gemeinsames Interesse im Sinne des § 10 KartG. Die ARGEV verwirkliche daher keinen kartellrechtlichen Tatbestand.

Auf Grund der Aufforderung durch das Erstgericht, alle weiteren Mitglieder des Kartells als Antragsgegner bekannt zu geben, brachte die Antragstellerin noch vor:

Die Mitgliedschaft bei der Erstantragsgegnerin gliedere sich in Hersteller (Importeure), Händler und Entsorger; die Gruppe der Hersteller (Importeure) umfasse Lizenzgeber, Abfüller und Vertreiber, sowie Unternehmer, die in der Verpackungsindustrie tätig seien. Vier Unternehmen, darunter die Maresi Markenartikel-VertriebsGesmbH (Antragsgegnerin zu 64.) hätten schriftlich bekanntgegeben, daß sie Lieferungen von der Zahlung des von der Erstantragsgegnerin festgelegten Verwertungszuschlages abhängig machten.

Bei der Hauptversammlung der Erstantragsgegnerin am 28.11.1991 sei die Einbeziehung der Lebensmittelkonserven und der Heimtierfuttermitteldosen und -schalen (in das Verwertungssystem) beschlossen worden. Für Dosen und Schalen mit einem Füllgewicht unter 50 Gramm werde kein Verwertungszuschlag, für Schalen und Dosen mit einem Füllgewicht von 50 bis 200 Gramm werde ein Verwertungszuschlag von 18 Groschen zuzüglich 10 % USt und für Schalen und Dosen mit einem Füllgewicht ab 200 Gramm bis 3 Kilogramm ein Verwertungszuschlag von 27 Groschen zuzüglich 10 % USt, sohin 30 Groschen und für Dosen und Schalen mit einem Füllgewicht von 3 bis 5 Kilogramm ein Zuschlag von einem Schilling eingehoben. Auch bei diesen Erzeugnissen werde die Lieferung von der Zahlung des Verwertungsbeitrages abhängig gemacht, doch sei der Termin für die Einhebung auf 1.5.1992 verschoben worden.

Gegen die korrespondierenden Mitglieder der Erstantragsgegnerin (Fachverbände, Bundesgremien) werde der Antrag nicht gestellt; dasselbe gelte für die Entsorger, die zwar ein direktes wirtschaftliches Interesse an der kartellmäßigen Abwicklung des Konzeptes hätten, als bloße Dienstleister aber den Kartelltatbestand nicht selbst verwirklichten. Der Antrag werde daher gegen alle ordentlichen Mitglieder der Erstantragsgegnerin, soferne sie nicht Entsorger seien, gerichtet.

Das Erstgericht forderte die von der Antragstellerin zuletzt bezeichneten insgesamt 65 Antragsgegner auf, binnen einem Monat ab Zustellung des Beschlusses beim Kartellgericht beim Oberlandesgericht Wien die Genehmigung des im Antrag beschriebenen Sachverhalts als Kartell zu beantragen und belehrte die Antragsgegner über den Inhalt der §§ 57 Abs 2 und 54 KartG.

Die Aufforderung nach § 57 Abs 1 KartG sei ohne Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen zu erlassen. Ob ein Verhaltens- oder Wirkungskartell vorliege, sei nicht im Aufforderungsverfahren, sondern erst vom Senat des Kartellgerichts zu prüfen, sobald ein Genehmigungsantrag gestellt worden sei. Im Verfahren nach § 57 KartG seien die Antragsvoraussetzungen ausschließlich auf Grund des Tatsachenvorbringens des Antragstellers zu prüfen. § 7 Abfallwirtschaftsgesetz BGBl 1990/325 (AWG) sehe Maßnahmen zur Abfallvermeidung vor; nach § 8 Abs 1 AWG könne von der Erlassung einer Verordnung nach § 7 AWG abgesehen und eine sogenannte Zielverordnung erlassen werden, soweit anzunehmen sei, daß innerhalb vertretbarer Frist durch die Selbstgestaltung der Wirtschaft die notwendige Verringerung der Mengen oder Schadstofffrachten der üblicherweise bei Letztverbrauchern anfallenden Abfälle erreicht werden kann. In § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 19.7.1990 über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfällen aus Getränkeverpackungen BGBl 1990/516 sei festgelegt worden, welche Anteile der Wiederverwertung von Getränkeverpackungen, bezogen auf die im Inland mit diesem Füllvolumen abgesetzten Abfallmengen, innerhalb bestimmter Zeiträume zu erreichen sind. Nach den EBzRV des AWG lasse die Erlassung einer Zielverordnung per se die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Kartelle als gemäß § 17 Abs 1 Z 2 KartG "offensichtlich volkswirtschaftlich geboten" erscheinen. Eine entsprechende Freistellungsverordnung sei aber für solche Vereinbarungen bisher nicht erlassen worden.

Die von der Antragstellerin behauptete Organisation der Abfallbeseitigung durch die ARGEV sei nicht die einzig mögliche Art, die in der zitierten Verordnung erwähnten Ziele zu erreichen. Der organisatorische Zusammenschluß bezwecke die Regelung der Aufteilung der bei der Abfallbeseitigung anfallenden Kosten. Die Antragsgegner verfolgten hiebei das gemeinsame Interesse einer Minimierung der Kosten und einer Kostenüberwälzung (auch) auf Außenstehende. Nach den Tatsachenbehauptungen der Antragstellerin liege daher ein Kartell hinsichtlich der Verpackungsart, der Industrieabgabepreise und der Konsumentenpreise von Getränken in Einweggebinden vor.

Diesen Beschluß bekämpfen die Antragsgegner zu 46. und 64. mit gesonderten Rekursen und die übrigen Antragsgegner mit gemeinsamem Rekurs. Die Rekurswerber beantragen die Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes und die Abweisung oder Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung den Beschluß des Erstgerichtes zu bestätigen.

Die Rekurse sind zulässig, aber nur teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie das KOG in mehreren Entscheidungen (Okt 4/90 vom 22.5.1990 = ÖBl

1990, 234 - KFZ-Importeure; Okt 11/90 vom 5.7.1990 = ÖBl 1990, 237 -

Depotkosmetik unter Hinweis auf weitere im gleichen Sinn ergangene Entscheidungen) ausgesprochen hat, wird durch den Beschluß, mit dem der Vorsitzende des Kartellgerichts auf Antrag einer Amtspartei die Mitglieder (vermeintlicher) Wirkungskartelle oder Verhaltenskartelle gemäß § 57 Abs 1 KartG auffordert, binnen einem Monat beim Kartellgericht die Genehmigung des Kartells zu beantragen, in die Rechtstellung der Aufgeforderten eingegriffen. Sie sind hiedurch, sollten sie tatsächlich Mitglieder eines Wirkungs- oder Verhaltenskartells sein, beschwert. Bis zum Ablauf der im angefochtenen Beschluß gesetzten Frist (die hier bis zum Ablauf von einem Monat nach der Zustellung der Entscheidung des Kartellobergerichtes über ihren Rekurs verlängert wurde) dürfen allerdings die Antragsgegner gemäß § 18 Abs 1 Z 1 KartG ein allenfalls bestehendes Wirkungskartell auch ohne Genehmigung weiterhin durchführen. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist ist ihnen aber die auch nur teilweise Durchführung gemäß § 57 Abs 3 KartG sogar unter strafrechtlicher Sanktion (§ 130 Abs 1 KartG) verboten.

1. Zum gemeinsamen Rekurs der Antragsgegner zu 1. bis 45., 47. bis 63. und 65.:

Die zum Genehmigungsantrag aufgeforderten Rekurswerber bezweifeln nicht, daß die Frage, ob sie Mitglieder eines Wirkungskartells sind, nicht im Aufforderungsverfahren nach § 57 KartG, sondern erst vom Senat des Kartellgerichts (§ 102 Abs 1 KartG) zu prüfen ist, sobald ein Genehmigungsantrag gestellt worden ist. Sie sind aber der Ansicht, daß diese Rechtslage das Erstgericht nicht von der Verpflichtung enthoben habe, die formalrechtlichen Voraussetzungen des § 57 KartG zu prüfen, die auch die Prüfung der Schlüssigkeit des Antrages umfaßten. Die Antragstellerin behaupte nämlich drei verschiedene angebliche Kartelle, bringe aber nicht vor, welche Antragsgegner im einzelnen an diesen Kartellen beteiligt seien, obwohl sich aus dem behaupteten Sachverhalt ergebe, daß nicht alle aufgeforderten Kartellmitglieder an allen drei Kartellen beteiligt sein könnten; der angefochtene Beschluß, der diesbezüglich nicht unterscheide, sei daher unschlüssig.

Was das Verpackungskartell betreffe, ergebe sich schon aus der Sachverhaltsdarstellung kein Kartell. Die Antragstellerin behaupte ja nur, daß die Antragsgegner "planen", durch Einflußnahme auf das verwendete Verpackungsmaterial den Wettbewerb zwischen den einzelnen Einweggebinden zu beschränken. Eine aktuelle Einflußnahme auf Verpackungshersteller werde nicht behauptet. Ein Wirkungskartell setze aber eine tatsächliche Beschränkung des Wettbewerbs voraus.

An den behaupteten Kartellen bei den Industrieabgabepreisen könnten nur die Erzeuger und Importeure, nicht aber die Wiederverkäufer und die Verpackungshersteller beteiligt sein. Der Verwertungsbeitrag sei ein bloßer Kostenfaktor. Eine Verpflichtung zur Überwälzung dieser Kosten auf nachfolgende Wirtschaftsstufen bestehe nicht. Aus der Erhöhung des Abgabepreises um den Verwertungsbeitrag sei das Vorliegen von Absprachen nicht zu erschließen. Die Behauptung, daß eine Beschränkung des Wettbewerbes bei den Konsumentenpreisen bewirkt werde, beruhe nur auf dem Vorbringen, daß die Lebensmittelhändler nicht um den Verwertungsbeitrag billiger anbieten könnten. Von dem ergänzend behaupteten kartellrechtlichen Tatbestand (Vereinbarung eines Verwertungsbeitrages bei Lebensmittelkonserven und Heimtierfuttermitteldosen) seien nur die in diesem Schriftsatz genannten Unternehmen beteiligt. Soweit der angefochtene Beschluß auf diesen Sachverhalt gestützt werde, dürfe die Aufforderung nicht an die übrigen Rekurswerber gerichtet werden.

Diesen Ausführungen ist nur teilweise beizupflichten.

In der bereits zitierten Entscheidung Okt 4/90 vom 22.5.1990 wurde die Frage, ob der Vorsitzende Anträge zurückweisen kann, die schon nach ihrem Inhalt keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß das behauptete Wirkungs- oder Verhaltenskartell unter keinen Umständen vorliegen kann, aufgeworfen aber nicht geprüft. Das gesetzliche Gebot, die Aufforderung ohne Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen zu erlassen (§ 57 Abs 2 KartG), besagt nur, daß der Vorsitzende von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen auszugehen hat; eine Prüfung der rechtlichen Schlüssigkeit des Antrags ist jedoch vorzunehmen. Sie führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, daß schon nach den Antragsbehauptungen derzeit ein Kartell, durch das die Herstellung von Verpackungsmaterial (Einweggebinden) auf bestimmte Typen oder Materialien beschränkt wird (vgl. § 14 KartG) und dadurch die Wiederverwertung dieser Verpackung rationalisiert wird (vgl § 15 KartG), nicht besteht. Aus den Behauptungen der Antragstellerin geht nur hervor, daß die Mitglieder der ARGEV solche Maßnahmen "planen", es sich also um ein noch nicht verwirklichtes Vorhaben handelt. Daß bereits eine Vereinbarung, wenn auch nur in der Form einer Absprache besteht, durch die eine Beschränkung der Erzeugung von Einweggebinden bewirkt werden soll oder sogar bereits tatsächlich bewirkt wurde, behauptet die Antragstellerin nicht. Ein im Planungsstadium befindliches Vorhaben, das noch in keiner Vereinbarung seinen Niederschlag gefunden hat und auf die Wettbewerbslage auch tatsächlich noch nicht einwirkt, begründet kein Kartell. Soweit der Antrag auf die Anmeldung eines Verpackungskartells gerichtet war, ist er daher (in teilweiser Stattgebung aller drei Rekurse) zurückzuweisen. Auf die Frage, ob alle von der Antragstellerin genannten Antragsgegner (auch) als Mitglieder eines solchen Typen- und Rationalisierungskartells zur Anmeldung aufzufordern wären, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

Im übrigen ist aber der Rekurs nicht berechtigt. Die Antragstellerin behauptet, daß der (nach Verpackungsgrößen) einheitlich festgesetzte Verwertungsbeitrag von allen Mitgliedern, die Einweggebinde erstmals in Verkehr setzen (Erzeuger und Importeure), entrichtet werden müsse, und daß es Absprachen gebe, die die Getränkehersteller verpflichten, den Verwertungsbeitrag zu überwälzen. Das geht auch aus den umfangreichen, von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden über das unternehmerische Konzept der ARGEV, die im Verfahren nach § 57 KartG als Ergänzung der Antragsbehauptungen zu werten sind, hervor. Danach haben die Hersteller und Importeure die Verwertungsbeiträge an die ARGEV abzuführen und über den Lebensmittelhandel vom Konsumenten zu kassieren; die an der ARGEV beteiligten Lebensmittelhändler akzeptieren den Verwertungsbeitrag und kassieren ihn von den Konsumenten (Beilage B S 15 und Anlage 9).

In den Richtlinien der ARGEV für die Einhebung der Verwertungsbeiträge, die ergänzend zu den §§ 3 und 6 der Statuten (Beilage A) mit Schreiben vom 29.3.1991 (zitiert in Beilage F) auf Grund von Beschlüssen der Hauptversammlung erlassen wurden, ist vorgesehen, daß die Vereinsmitglieder die Verwertungsbeiträge zuzüglich der Umsatzsteuer auf der Faktura gesondert ausweisen und daß die Verwertungsbeiträge nicht den sonst vereinbarten Konditionen, Rabatten, Skonti udgl. unterliegen. Wenn auch die Mitglieder der ARGEV durch diesen, einer Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs 2 KartG gleichzuhaltenden Beschluß über die Überwälzung der Verwertungsbeiträge bis zum Konsumenten in der Festsetzung der (Netto-)Abgabepreise der in Einweggebinden vertriebenen Getränke nicht beschränkt werden (und damit insofern ihre Preishoheit behalten), kann die bindende Festlegung eines gesondert zu überwälzenden Preisbestandteils - ähnlich wie bei Kalkulations- und Konditionenkartellen (Koppensteiner**2 I 112) eine preisvereinheitlichende Wirkung auslösen, weil die Mitglieder der ARGEV bei der Kalkulation dieses Preisfaktors im Rahmen des Gesamtpreises keinem Wettbewerb mehr ausgesetzt sind. Daß einzelne Preisbestandteile Gegenstand eines kartellrechtlichen Verfahrens sein können, ergibt sich auch aus dem Beschluß des KOG vom 9.9.1991, Okt 7/91 (ÖBA 1991, 931 = ÖBl 1991, 175 = WBl 1991, 394) über die Girokontengebühren (die allerdings ein selbständiger Preisbestandteil sind).

Die auf Vereinsbeschlüssen der ARGEV beruhenden Verpflichtungen der Mitglieder, die Verwertungsbeiträge (auf allen Vertriebsstufen) über den Lebensmittelhandel auf den Konsumenten zu überwälzen, bilden eine Einheit und sind - ihre erst im Anmeldungsverfahren zu prüfende Kartelleigenschaft vorausgesetzt - jedenfalls nicht als getrennte (horizontale) Kartelle bei den Industrieabgabepreisen, an denen nur die Erzeuger und Importeure beteiligt sind, und bei den Konsumentenpreisen, an denen nur die Lebensmittel(groß)händler beteiligt sind, aufzufassen. Dieser Beschluß einer Unternehmervereinigung (vgl. dazu Koppensteiner aaO 91; Gugerbauer, Kartellgesetz 36) wird vielmehr in seiner Gesamtheit auf das Vorliegen eines (Wirkungs-)kartells zu prüfen sein.

Von den Behauptungen der Antragstellerin ausgehend ist diesem Beschluß einer Unternehmervereinigung auch nicht von vornherein die Kartelleigenschaft im Sinne des § 10 Abs 2 KartG deshalb abzusprechen, weil es an einem gemeinsamen Interesse der Beteiligten fehle. Das gemeinsame Interesse im Sinne des § 10 Abs 1 KartG muß nicht im Erreichen eines gemeinsamen wettbewerbsbeschränkenden Zweckes liegen (Gugerbauer aaO 31; KOG 23.1.1978 = ÖBl 1978, 78 - Coca Cola; auch ÖBl 1978, 82 - Grundig). Das folgt schon daraus, daß der Gesetzgeber auch für das Vorliegen eines Wirkungskartells ein gemeinsames Interesse der Beteiligten fordert, ein Wirkungskartell, bei dem die Beschränkung des Wettbewerbs Vertragszweck ist, aber kaum denkbar wäre (Koppensteiner aaO 135 f), hat doch die privilegierte Behandlung von Wirkungskartellen den Grund, daß den Mitgliedern eines solchen Kartells die Tatsache, daß ein Kartell vorliegt, nicht bewußt ist (Koppensteiner aaO 139, 214; Gugerbauer aaO 60; Braumann-Novotny,

ÖBl 1984, 57 [61], Hanreich, ÖZW 1988, 108 [117]; Okt 4/90 = ÖBl

1990, 234; Okt 35/90 17.12.1990 = ÖBl 1991, 178). Für das gemeinsame

Interesse der Mitglieder der ARGEV kann es daher ausreichen, daß durch die Einführung eines über alle Vertriebsstufen zu überwälzenden Verwertungsbeitrages ein wirksames bundesweites Sammel- und Recyclingsystem für diverse Verpackungen eingeführt werden soll, um dadurch den Vorgaben der sogenannten Zielverordnung BGBl 1990/516 (und allfälliger weiterer derartiger Verordnungen) zu entsprechen und damit durch marktwirtschaftliche Lösungsmodelle auf freiwilliger Basis weitergehende behördliche Maßnahmen nach dem AWG zu vermeiden.

Zu erörtern ist auch noch, ob der von der Antragstellerin vorgetragene Sachverhalt (jedenfalls auch) ein Wirkungskartell sein kann, beantragt sie doch, wenngleich nur eventualiter, ihren Antrag abzuweisen, sofern das Kartellgericht zur Auffassung gelangen sollte, daß ein Absichtskartell (Empfehlungskartell) vorliegt. Auch die Frage, ob ein Verhaltens- oder Wirkungskartell vorliegt, ist nicht im Aufforderungsverfahren nach § 57 KartG, sondern erst vom Senat des Kartellgerichts zu prüfen, sobald ein Genehmigungsantrag gestellt worden ist. Nur im Rahmen der bereits erörterten Schlüssigkeitsprüfung wäre auf diese Frage schon jetzt einzugehen, wenn nach den Antragsbehauptungen nur ein Absichtskartell in Frage kommen könnte. Das Vorliegen eines solchen Kartells schließt ja die Anwendung des § 57 KartG aus. Wie das Kartellobergericht bereits ausgesprochen hat (Okt 35/90 17.12.1990 = ÖBl 1991, 178) läßt sich nämlich die Regelung des § 57 KartG auch auf bloß vermeintliche Absichtskartelle nicht übertragen; dies folgt schon aus § 57 Abs 3 KartG, wonach - positiv formuliert - den Kartellmitgliedern die weitere Durchführung des Kartells erlaubt ist, wenn sie der Aufforderung zum Genehmigungsantrag rechtzeitig nachkommen. Auf Absichtskartelle kann aber diese Regelung nicht angewendet werden. Bei ihnen geht der Gesetzgeber davon aus, daß die mit einer bestimmten Vereinbarung im gemeinsamen Interesse geradezu bezweckte Wettbewerbsbeschränkung (vgl. die Worte ..... "bewirkt werden soll" in § 10 Abs 1 KartG) den Mitgliedern bewußt ist, so daß es einer Aufforderung zum Genehmigungsantrag nicht bedarf.

Gerade im vorliegenden Fall muß aber nach den Antragsbehauptungen eine solche Wettbewerbsbeschränkung durch die Beteiligten nicht geradezu bezweckt sein, liegen doch die Zielsetzungen der ARGEV und ihrer Mitglieder, wie bereits bei der Behandlung des Tatbestandsmerkmales des "gemeinsamen Interesses" gesagt wurde, in einer anderen Richtung. Ob das anzumeldende Kartell in einem künftigen Prüfungsverfahren als Wirkungskartell behandelt werden wird, kann daher derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Der Antrag der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte ist auch - jedenfalls im Zusammenhang mit den über die ARGEV vorgelegten Unterlagen - so ausreichend konkretisiert, daß für die Antragsgegner nicht zweifelhaft sein kann, welcher Sachverhalt dem Aufforderungsverfahren zugrunde liegt und welche Vereinbarungen sie daher, falls sie die Annahmen der Amtspartei für zutreffend halten, (allenfalls) als Kartell anzumelden haben (vgl. dazu Barfuß, Aufforderung zur Kartellanmeldung, exolex 1990, 554 f). Auch die behauptete Beteiligung der in der Antragsergänzung vom 7.4.1992 auf Seite 8 angeführten ARGEV-Mitglieder an einem Verwertungssystem für Dosen von Lebensmittelkonserven und Heimtierfuttermitteln ist entsprechend konkretisiert worden, so daß auch diese Antragsgegner nicht im Zweifel darüber sein können, welchen Sachverhalt sie auf Grund des allgemein formulierten Aufforderungsbeschlusses allenfalls als Kartell anzumelden haben.

2. Zum Rekurs der Antragstellerin zu 46.:

Entgegen der Ansicht dieser Rekurswerberin hat die Antragstellerin, wie bereits zu 1. ausgeführt, den Sachverhalt, aus dem sie eine allfällige Verpflichtung der einzelnen Antragsgegner ableitet, ein Wirkungskartell anzumelden, durch die Antragsbehauptungen hinreichend konkretisiert. Auch dieser Rekurswerberin ist nach den (- insofern auch gar nicht bestrittenen -) Behauptungen der Amtspartei Mitglied der ARGEV und daher verpflichtet, das von dieser beschlossene Verwertungsbeitragssystem auch tatsächlich durchzuführen. Nach den Behauptungen der Antragstellerin hat die ARGEV schon in der Hauptversammlung vom 28.11.1991 die Einbeziehung der Dosen von Lebensmittelkonserven und Heimtierfuttermitteldosen und -schalen in das Verwertungssystem beschlossen und entsprechende Verwertungsbeiträge festgesetzt. Seit diesem Beschluß war daher die Rekurswerberin verpflichtet, das Verwertungsbeitragssystem mit dem vereinbarten Anfangstermin (1.April 1992) durchzuführen. Sie hat nach den Behauptungen der Antragstellerin ihren Kunden bereits mit Schreiben vom 31.3.1992 die Einhebung eines Verwertungszuschlages angekündigt; auch wenn die Einhebung dieses Verwertungszuschlages auf den 1.6.1992 verschoben worden ist, war der für die Annahme eines Wirkungskartells erforderliche Sachverhalt im Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz jedenfalls so weit verwirklicht, daß er die - erst auf allfällige künftige Kartellanmeldung gerichtete - Aufforderung rechtfertigt.

3. Zum Rekurs der Antragsgegnerin zu 64.:

Diese Antragsgegnerin macht im Rekurs geltend, daß aus dem im Antrag beschriebenen Sachverhalt die Möglichkeit des Vorliegens eines Kartells nicht ausreichend schlüssig abzuleiten sei. Zu diesem Einwand ist die Rekurswerberin auf die Ausführungen zum gemeinsamen Rekurs der übrigen Antragsgegner (Punkt 1.) zu verweisen. Die Antragstellerin hat zunächst eine Mitgliedschaft der Rekurswerberin in der ARGEV behauptet. Nach den ergänzenden Behauptungen der Antragstellerin gehört sie jedenfalls zu jenen Unternehmen, die sich am (vermeintlichen) Kartell durch Einhebung des Verwertungsbeitrages beteiligen (siehe das von der Antragstellerin mit dem Antrag vorgelegte Schreiben vom 10.9.1991 bei Beilage N). Ob das zutrifft, ist nicht im Aufforderungsverfahren zu klären, da die Aufforderung ohne Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse zu erlassen ist (§ 57 Abs 2 KartG; vgl. Okt 2/92 27.4.1992 = ÖBl 1992, 69; Okt 1/92 27.4.1992 = ÖBl 1992, 70).

Den Rekursen der Antragsgegner zu 46. und 64. ist daher, soweit sie nicht von der bekämpften Aufforderung, einen Antrag auf Genehmigung eines "Verpackungskartells" zu stellen, mitbetroffen sind, ebenso wie dem Rekurs der übrigen Antragsgegner ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E30698

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:000OKT00005.92.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19921109_OGH0002_000OKT00005_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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