TE OGH 1992/11/10 14Os136/92

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Veröffentlicht am 10.11.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat am 10.November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heribert M***** und andere wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und anderer Finanzdelikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Heribert M***** und Adolf H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.Mai 1992, GZ 6 b Vr 13362/91-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heribert M***** wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung dieses Angeklagten im Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG laut Punkt E des Urteilssatzes und demgemäß auch im gesamten diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte Heribert M***** auf die obige Entscheidung verwiesen.

III. Über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Adolf H***** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben weiteren Angeklagten - Heribert M***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt A/I des Urteilssatzes), der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt C/I) und des versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit.a FinStrG (Punkt E) sowie Adolf H***** der Finanzvergehen der Abgaben- und Monopolhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a; 46 Abs. 1 lit. a FinStrG, jeweils als Beteiligter nach § 11 dritter Fall FinStrG (Punkte B/II a und b sowie D/II), schuldig erkannt.

Darnach haben sie, und zwar

Heribert M***** in der Zeit vom 3.Dezember 1990 bis 20.April 1991 in Ansfelden, Fischamend, Enzersdorf an der Fischa und Frauenkirchen in mehrfachen Angriffen Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, nämlich Zigaretten, hinsichtlich welcher von den abgesondert verfolgten Tamas S*****, Erwin S*****, N. L***** und Tamas V***** am 21.September 1990 ein Schmuggel begangen worden ist, gekauft, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, indem er 2,300.000 Stück Zigaretten der Marke Milde Sorte

a) am 3.Dezember 1990 in Ansfelden von N. L***** ankaufte,

b) die Zigaretten teilweise in Fischamend, Enzersdorf an der Fischa und teilweise in Frauenkirchen verheimlichte sowie

c) einen Teil dieser Zigaretten in Fischamend und Frauenkirchen verhandelte;

strafbestimmender Wertbetrag: 3,224.692 S, Bemessungsgrundlage gemäß § 46 Abs. 2 lit. b FinStrG: 2,990.000 S (Punkte A/I/a-c und C/I) sowie

am 15.Jänner 1992 in Berg versucht, ca. 35 kg (russischen) Kaviar unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen, indem er bei der Einreise in das Zollgebiet über das Zollamt Berg (Zollposten Kittsee) dem kontrollierenden Zollbeamten gegenüber erklärte, er habe keine eingangsabgabepflichtigen Waren in seinem PKW,

strafbestimmender Wertbetrag: "72.618 S, ON 20" (Punkt E);

Adolf H***** in Enzersdorf an der Fischa vorsätzlich zur Ausführung der vom Angeklagten Heribert M***** zu Punkt A/I des Urteilssatzes beschriebenen strafbaren Handlung in Ansehung von 800.000 Stück Zigaretten der Marke Milde Sorte, sohin von Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, dadurch beigetragen, daß er

a) am 4.Februar 1991 Heribert M***** beim Verladen der Zigaretten in einen LKW behilflich war und

b) am 5.Februar 1991 1.200 Stück dieser Zigaretten geschenkweise an sich brachte,

strafbestimmender Wertbetrag: 1,121.632 S, Bemessungsgrundlage gemäß § 46 Abs. 2 lit. b FinStrG 1,040.000 S (Punkte B/II a und b, D/II).

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten Heribert M***** und Adolf H***** haben gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ergriffen. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird vom Angeklagten M***** (allein) auf die Z 11 und vom Angeklagten H***** auf die Z 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß zum Nachteil des Angeklagten Heribert M***** das Strafgesetz insofern unrichtig angewendet wurde, als das Ersturteil in Ansehung der diesem Angeklagten angelasteten gewerbsmäßigen Tatbegehung (auch) des Finanzvergehens des Schmuggels (laut Punkt E des Urteilssatzes) mit einem (nicht relevierten) Feststellungsmangel gemäß § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet ist.

Dem Angeklagten M***** wurden in der Anklageschrift (ON 6) die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei zur Last gelegt. In der Folge wurde die Nachtragsanzeige (ON 20) wegen Schmuggels "der 91 kg sichergestellten Gläser mit Kaviar" dem Landesgericht für Strafsachen Wien zur Einbeziehung gemäß § 56 StPO mit der Erklärung nachgereicht, daß eine Ausdehnung der Anklage "wegen §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG der Hauptverhandlung vorbehalten wird" (S 491, 492/Bd. I).

In der Hauptverhandlung bekannte sich der Angeklagte M***** im Sinn der (schriftlichen) Anklage schuldig und brachte über Befragen durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts hinsichtlich der "91 kg Kaviar" vor, er habe mit den "300 Dosen zu je 113 Gramm", die unter Decken versteckt gewesen seien, seine Verwandtschaft beliefern wollen (S 23 f/Bd. II). Hierauf dehnte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in Ansehung von "ca. 35 kg Kaviar" die Anklage in Richtung des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels unter dem erschwerenden Umstand der Gewerbsmäßigkeit nach §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG aus (S 24/Bd. II).

Zu dem sodann auch insoweit erfolgten Schuldspruch des Angeklagten M***** findet sich in den Urteilsgründen - nachdem zur Frage der gewerbsmäßigen Begehung der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (hinsichtlich der Zigaretten) ausgeführt wurde, daß der Angeklagte M***** die Absicht hatte, sich aus der wiederholten Begehung derartiger Finanzvergehen zumindest ein fortlaufendes Zusatzeinkommen zu verschaffen und daß sich bei ihm angesichts des mehrfachen Verhandelns von "Zigaretten", wobei der Gewinn die Bagatellgrenze überschritt, "die entsprechenden Feststellungen für das Vorhandensein einer gewerbsmäßigen Absicht treffen ließen" (vgl. US 23 f) - nur die Feststellung (vgl. US 24), daß am 15.Jänner 1992 beim Zollposten Kittsee des Zollamtes Berg im PKW des Angeklagten M*****, der das Mitführen eingangsabgabepflichtiger Waren zuvor verneint hatte, hinter den Sitzen unter Decken versteckt "ca. 35 kg russischer Kaviar" vorgefunden und beschlagnahmt wurden, und der weitere Hinweis, daß sich der Angeklagte "auch zu diesem Faktum schuldig bekannt" habe und dieses Geständnis insbesondere durch die eingehend geführten Erhebungen des Zollamtes Wien überprüft sei, sodaß sich "bei der Feststellung des Sachverhaltes keine weiteren Schwierigkeiten ergaben".

Weder den (zuvor wiedergegebenen) Angaben des Angeklagten M***** in der Hauptverhandlung noch seiner Darstellung gegenüber den Zollbehörden ist jedoch - wiewohl Verfahrensergebnisse in diese Richtung weisen (vgl. Sommergruber-Reger, Das FinStrG mit Kommentar S 280 ff; Leukauf-Steininger Komm.2 § 70 RN 3 ff) - ein Eingeständnis zu entnehmen, daß er (auch) dieses Finanzvergehen (des Schmuggels) in gewerbsmäßiger Absicht (§ 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, § 70 StGB) begangen hat. Hatte er bei seiner Betretung angegeben, er habe den mitgeführten Kaviar günstig gekauft und ihn irgendwo verkaufen wollen (S 499/Bd. I), so erklärte er bei der niederschriftlichen Vernehmung am 15.Jänner 1992, seine häufigen Aufenthalte in der CSFR mit dem dortigen Wohnsitz einer Freundin und beteuerte, in zurückliegender Zeit weder Kaviar noch andere Waren (zollunredlich) nach Österreich gebracht zu haben (S 507 f/Bd. I).

Solcherart findet die Annahme, der Angeklagte M***** habe den ihm zur Last fallenden Schmuggelversuch gleichfalls gewerbsmäßig, also in der (bereits) zur Tatzeit vorgelegenen Absicht verübt, sich durch die wiederkehrende Begehung eines Schmuggels eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 38 Abs. 1 lit. a FinStrG; § 70 StGB), auf deren Erzielung es ihm also (gerade) ankam, in den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen keine Deckung. Der substanzlose Gebrauch des Wortes "unter dem erschwerenden Umstand der Gewerbsmäßigkeit nach § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG" im Urteilsspruch (US 11) kann die dafür erforderlichen Konstatierungen samt mängelfreier Begründung jedenfalls nicht ersetzen.

Zwar trifft es zu, daß für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung bereits die Begehung einer einzigen Tat (auch in Versuchsform) ausreichen kann, falls der Täter dabei mit der erforderlichen Absicht gehandelt hat. Insoweit genügt es, daß der Täter beabsichtigt, sich eine nicht als unbedeutend zu vernachlässigende kriminelle Einnahme zu verschaffen. Dabei ist es nicht erforderlich, daß die fortlaufende Einnahme, deren Erzielung durch die wiederholte Tatbegehung beabsichtigt ist, im strengen Wortsinn regelmäßig oder doch dauernd fließen soll. Von einer fortlaufenden Einnahme könnte nur dann nicht gesprochen werden, wenn der Täter bloß gelegentlich und fallweise gleichartige Taten zwecks Gewinnung einer Einnahme zu begehen beabsichtigt.

Dieser (vom Angeklagten M***** nicht geltend gemachte, jedoch zu seinen Gunsten) von Amts wegen wahrzunehmende Feststellungsmangel in Ansehung der Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung (auch) beim Schmuggel macht eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unerläßlich, sodaß bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§§ 290 Abs. 1, 285 i StPO), ohne daß es einer Erörterung des Beschwerdevorbringens bedarf.

Im fortgesetzten Verfahren wird zu beachten sein, daß nach dem zunächst hinsichtlich einer Menge von 91 kg Kaviar erklärten Ausdehnungsvorbehalts (ON 20, S 491 ff/Bd. I) die Anklage in der Hauptverhandlung wegen versuchten Schmuggels von "ca. 35 kg Kaviar" mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von 72.618 S ausgedehnt wurde (S 24/Bd. II). Der diesem Schuldspruch zugrunde gelegte strafbestimmende Wertbetrag von (insgesamt) 72.618 S entspricht jedoch dem (bei der Berechnung des Zollamtes herangezogenen) Verzollungsgewicht von 91 kg Kaviar (S 510/Bd. I). Demzufolge war auch der Schuldspruch wegen des (Grundtatbestandes des) versuchten Schmuggels - den der Angeklagte M***** nie in Abrede gestellt hat - mitaufzuheben.

Mit seiner (allein auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützten) Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung war der Angeklagte M***** auf die zu Punkt I getroffene Entscheidung zu verweisen. Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch zu dieser Strafbemessungsrüge bemerkt, daß der Angeklagte M***** die ihm als Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei angelasteten Monopolgegenstände (Zigaretten) jedenfalls an sich gebracht, also die tatsächliche Verfügungsmacht über diese Sachen erworben hat (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch FinStrG § 37 E 2). Der Umstand, daß er nicht sämtliche Zigaretten (auch) verhandelte, sondern einen Teil hievon an die Lieferanten, denen er den Kaufpreis nicht zahlen konnte, zurückgestellt hat, vermag an der Tatbestandsmäßigkeit nichts zu ändern.

Über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Adolf H***** hingegen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein.

Anmerkung

E31475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00136.9200006.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19921110_OGH0002_0140OS00136_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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