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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §293b;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der E O in R, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat II) vom 28. September 2001, Zl. RV 599/1-8/00, betreffend Umsatzsteuer 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin reichte im August 1997 anlässlich der Eröffnung eines Gewerbebetriebes einen Fragebogen ein, worin als Bezeichnung der Tätigkeit der Betrieb einer Jausenstation und als Beginn der Tätigkeit der 15. Dezember 1997 angeführt wird.
In der Folge wurde in einer Niederschrift vom 23. September 1997 über die durchgeführte "Erhebung/Nachschau anlässlich einer Neuaufnahme" unter anderem festgehalten, dass das Obergeschoss des auf dem landwirtschaftlichen Almgrund des Ehemannes der Beschwerdeführerin errichteten Gebäudes privat genutzt werde.
In einem Bericht vom 1. Oktober 1997 über das Ergebnis einer durchgeführten Nachschau wird unter anderem festgehalten, "OG:
1 Dusche und 2 Zimmer (noch nicht ausgebaut)", das Obergeschoss werde laut Auskunft im Sommer (Almwirtschaft) privat bewohnt. Es werde daher von den Baukosten und Vorsteuern ein Privatnutzungsanteil von 25 - 30 % auszuscheiden sein. Die Bewirtschaftung erfolge über die Winter- (Schi-)saison sowie im Sommer in der Zeit, in welcher eine näher angeführte Bergbahn in Betrieb sei. Die Hütte werde im Sommer "auch landwirtschaftlich (Almviehhaltung) nichtbetrieblich genutzt (Küche - Obergeschoss)".
Im November 1997 reichte die Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 ein, in welcher keine Umsätze, aber Vorsteuern im Ausmaß von rund S 74.000,-- ausgewiesen waren. Der Erklärung beigelegt war eine Rechnung über die Errichtung eines Blockhauses im Betrag von rund S 561.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer in Höhe von rund S 112.000,--.
Im Juni 1999 reichte die Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1997 ein, welcher eine Beilage angeschlossen war, wonach die Eröffnung der Jausenstation am 25. Dezember 1997 erfolgt sei. Angemerkt wurde, dass für die Blockhütte ursprünglich eine landwirtschaftliche Nutzung im Ausmaß von einem Drittel vorgesehen gewesen sei. Auf Grund der "nunmehrigen Offenhaltezeiten im Sommer und im Winter und einer ausschließlichen gewerblichen Nutzung der Räumlichkeiten" liege eine 100 %ige Vorsteuerabzugsberechtigung vor. Laut Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 seien hinsichtlich der Rechnung über die Errichtung der Blockhütte (vor dem Hintergrund der zunächst beabsichtigten landwirtschaftlichen Nutzung zu einem Drittel) lediglich zwei Drittel der in der Rechnung ausgewiesenen Vorsteuern geltend gemacht worden, für das Jahr 1997 werde nunmehr eine Vorsteuer in Höhe von weiteren S 37.444,-- geltend gemacht.
Im Juli 1998 wurde die Beschwerdeführerin erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 1996 und im Dezember 1999 erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 1997 veranlagt.
Am 11. Jänner 2000 erließ das Finanzamt einen gemäß § 293b BAO berichtigten Umsatzsteuerbescheid für 1997, in welchem die für das Jahr 1997 geltend gemachte Vorsteuer im Ausmaß von rund S 37.444,-- für die Errichtung der Blockhütte nicht mehr anerkannt wurde. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass laut der vorgelegten Beilage zur Umsatzsteuererklärung 1997 offensichtlich Vorsteuer aus einer Rechnung aus dem Jahre 1996 geltend gemacht worden sei. Dies sei nicht zulässig, weshalb die Berichtigung gemäß § 293b BAO erfolge.
In der dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin einerseits gegen die Berichtigung gemäß § 293b BAO und andererseits gegen die im berichtigten Umsatzsteuerbescheid vorgenommene Kürzung der Vorsteuer. Nach § 293b BAO könne die Abgabenbehörde einen Bescheid insoweit berichtigen, als eine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Eine solche Unrichtigkeit liege nicht vor. Da die Beschwerdeführerin auf die geltend gemachte restliche Vorsteuer der Blockhütte in der Beilage zur Umsatzsteuererklärung ausdrücklich hingewiesen habe, wäre es der Abgabenbehörde leicht möglich gewesen, diese (aus ihrer Sicht) offensichtliche Unrichtigkeit bereits im Erstbescheid zu berichtigen. Da der Sachverhalt auch bereits in der Erklärung offengelegt worden sei, hätte eine Berichtigung wohl auch dahingehend erfolgen müssen, dass die bisher noch nicht berücksichtigt gewesene Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 UStG wegen Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend gewesen seien, in derselben Höhe zur Berücksichtigung gelange und sich somit keine Änderung der im Erstbescheid ausgewiesenen Umsatzsteuergutschrift ergeben hätte. Die im Veranlagungsjahr 1997 geltend gemachte Vorsteuer aus der Rechnung des Jahres 1996 betreffe jenes Drittel der Investitionsrechnung des Holzbauunternehmens, das im Hinblick auf die ursprünglich gegebene Absicht einer gewerblichen Nutzung zu lediglich zwei Drittel, vorerst nicht geltend gemacht worden sei und auch nicht hätte geltend gemacht werden können. § 12 Abs. 10 UStG enthalte jene Regel, wie vorzugehen sei, wenn nach Ablauf des Jahres der Leistung eine Änderung der Verhältnisse eintrete, die für den Vorsteuerabzug maßgebend sei. Mit dieser Regelung sollten einerseits ungerechtfertigte Steuervorteile und Steuerumgehungen hintangehalten werden, andererseits aber auch steuerliche Nachteile vermieden werden. Diese Berichtigung sei somit sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Unternehmers möglich und erforderlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Begründend führte sie aus, dass die Lieferung des Blockhauses im Jahr 1996 erfolgt und die diesbezügliche Rechnung im Jahr 1996 ausgestellt worden sei. Ein entsprechender Vorsteuerabzug sei daher nur im Veranlagungszeitraum 1996 möglich. Die Rechnung berechtigte für das streitgegenständliche Jahr 1997 nicht zum Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994. Es sei aber auch eine Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 und § 12 Abs. 11 UStG 1994 nicht durchzuführen. Nach Ruppe, UStG 19942, § 12 Tz 198, berechtige für den Fall, dass im Zeitpunkt der Leistung die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht erfüllt seien (z.B. der Betreffende nicht Unternehmer sei oder die Leistung nicht für das Unternehmen bestimmt sei), auch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse grundsätzlich nicht zur Nachholung des Vorsteuerabzuges. Die der Umsatzsteuererklärung 1997 folgende Veranlagung sei daher offensichtlich unrichtig gewesen. Das entsprechende Tatbestandselement des § 293b BAO sei damit erfüllt. Der Umstand, dass in (einer Beilage) der Umsatzsteuererklärung 1997 die Geltendmachung einer Vorsteuer für eine im Jahr 1996 ausgestellte Rechnung offen gelegt worden war, stehe der Berichtigung nach § 293b BAO nicht entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Zutreffend hat die belangte Behörde zunächst darauf hingewiesen, dass nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 die in den Veranlagungszeitraum fallenden, nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen sind. Die in der Rechnung vom 13. September 1996 ausgewiesene Umsatzsteuer für vor diesem Zeitpunkt erbrachte Leistungen war danach bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 auch im Veranlagungsjahr 1996 geltend zu machen. Eine zumindest teilweise Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus der betreffenden Rechnung im Jahr 1997 war daher unzulässig.
Es trifft auch zu, dass Gründe für eine Berichtigung der Vorsteuer im Sinne des § 12 Abs. 10 oder 11 UStG 1994 im Beschwerdefall nicht zu erkennen sind. Die Beschwerdeführerin vernachlässigte sowohl in ihrem Hinweis in der Umsatzsteuererklärung 1997 als auch in ihren Beschwerdeausführungen, dass es sich bei der "ursprünglich vorgesehenen" landwirtschaftlichen Nutzung nicht um eine solche durch sie, sondern durch ihren Ehemann, somit einen anderen Unternehmer handelte. Der diesbezüglich durch das Nachschauorgan vertretenen Ansicht einer insofern "privaten Nutzung" ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Umsatzsteuererklärung eine Berichtigung im Sinne des § 12 Abs. 10ff UStG 1994 nicht geltend gemacht hat.
Der Beschwerdeführerin kann aber auch darin nicht gefolgt werden, dass im Beschwerdefall eine Berichtigung im Sinne des § 293b BAO nicht zulässig gewesen wäre. Wie oben zum Ausdruck gebracht, entspricht die Geltendmachung der in Rede stehenden Vorsteuer im Jahr 1997 nicht dem Gesetz. Aber auch der Umstand, dass es der Behörde insbesondere vor dem Hintergrund der in der Umsatzsteuererklärung 1997 erfolgten Offenlegung der (zu Unrecht) geltend gemachten Vorsteuerbeträge möglich gewesen wäre, im Zeitpunkt der Erstveranlagung die Gesetzeslage zu prüfen und gegebenenfalls einen abweichenden Erstveranlagungsbescheid zu erlassen, steht der Erlassung des Berichtigungsbescheides nicht entgegen, weil § 293b BAO gerade auch in Fällen offengelegter Unrichtigkeiten die Möglichkeit bieten soll, einen der Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erlassen (vgl. Ritz, BAO3, § 293b, Tz 1).
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2001140215.X00Im RIS seit
23.03.2006