TE OGH 1992/11/10 14Os122/92

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Veröffentlicht am 10.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sieglinde Magdalena N***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 2, 130 dritter Qualifikationsfall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.März 1992, GZ 1 b Vr 4714/91-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, der Angeklagten und des Verteidigers Dr.Götz zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sieglinde Magdalena N***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 2, 130 zweiter Fall (gemeint: zweiter Strafsatz - präziser: dritter Qualifikationsfall) schuldig erkannt.

Darnach hat sie in Wien, Gattendorf und Parndorf gewerbsmäßig zur Ausführung des von der abgesondert verfolgten Ute G***** verübten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den zuvor bezeichneten Gesetzesstellen - begangen dadurch, daß die Genannte Verfügungsberechtigten der Firma A***** AG gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich und Sieglinde Magdalena N***** durch die Zueignung der Sachen unrechtmäßig zu bereichern, nämlich

1. im Zeitraum von August bis Dezember 1990 zehn Schnurlostelefone, fünf Mobiltelefone, ein Mobiltelefon für D-Netz und ein Telefaxgerät;

2. am 13.November 1990 vier Telefaxgeräte;

3. am 18.Dezember 1990 zehn Schnurlostelefone, 12 Telefaxgeräte, sechs Anrufbeantworter und zwei Karton Telefaxpapier;

4. am 10.Jänner 1991 zehn Schnurlostelefone,

sohin Waren mit einem "Listenpreis von insgesamt 481.200 S zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer = 96.240 S ergo insgesamt 577.440 S" -

dadurch beigetragen, daß sie Ute G***** in ihrem Tatentschluß, die zuvor angeführten Diebstähle zum Nachteil ihres Dienstgebers zu begehen, bestärkte, ihr den Verkauf des Diebsgutes zusicherte, geeignete Abnehmer hiefür ausforschte und am Verkauf des Diebsgutes (insbesondere beim Inkasso des Verkaufspreises) mitwirkte.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) findet die Urteilsfeststellung, wonach die Beschwerdeführerin im November 1990 mit der abgesondert verfolgten Ute G***** eine geänderte Vorgangsweise bei der Verwertung der künftigen Diebsbeute vereinbart und der Genannten dabei auch das Inkasso der Verkaufserlöse beim Empfänger zugesagt hat (Fakten 2-4), schon in dem von der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung uneingeschränkt - und damit auch zu der vorerwähnten, ihr schon in der Anklageschrift angelasteten Absprache (S 311) - abgelegten Geständnis (S 357, 359) eine ausreichende Stütze; dabei hat sie ausdrücklich erklärt, in die in Rede stehenden Straftaten "von Anfang an involviert" gewesen zu sein und Ute G***** in ihrem Tatentschluß "bestärkt" zu haben (S 358, 359). Die von den Tatrichtern aus diesen Verfahrensergebnissen gezogene Schlußfolgerung auf das Vorliegen einer schon vor Verübung der zu den Punkten 2-4 des Urteils angeführten Diebstähle getroffenen Absprache über eine Mitwirkung der Beschwerdeführerin an der Verwertung des Diebsgutes steht im Einklang mit den Denkgesetzen; sie wird im übrigen auch dadurch gestützt, daß nach der Aktenlage - von der Beschwerdeführerin unbestritten - ein derartiges Einvernehmen zwischen ihr und Ute G***** auch schon vor Begehung der (früheren gleichartigen) Straftaten laut Punkt 1 des Urteilssatzes bestanden und die Beschwerdeführerin auch in der Folge - wenngleich in geringerem Umfang - Verwertungshandlungen vorgenommen hat.

Mit dem sowohl in der Mängelrüge als auch in der Rechtsrüge erhobenen Einwand, das Schöffengericht habe unberücksichtigt gelassen, daß die Angeklagte zu den Fakten 2-4 ohne vorherige Absprache erst nach Vollendung der Diebstähle Verwertungshandlungen vorgenommen habe, weshalb das ihr insoweit angelastete Tatverhalten rechtsrichtig (bloß) als Hehlerei und nicht - wie vom Erstgericht angenommen - als sonstiger Tatbeitrag (iSd § 12 dritter Fall StGB) zu den Diebstählen der Ute G***** zu beurteilen sei, wird ausschließlich der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO releviert; dies indes zu Unrecht. Denn die Beschwerdeführerin übergeht zunächst die durch die Verfahrensergebnisse gedeckten Urteilsfestsellungen, wonach sie Ute G***** schon vor Verübung dieser Diebstähle sowohl die persönliche Hilfeleistung bei der Verwertung des Diebsgutes zugesagt als auch einen ständigen Abnehmer für zukünftiges Diebsgut in der Person des (ihr seit Jahren bekannten Elektrounternehmers) Dipl.Ing.E***** gewonnen hat (US 6, 7).

Entgegen dem weiteren Vorbringen in der Subsumtionsrüge erfüllt das Tatverhalten der Angeklagten aber auch die Kriterien der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB. Nach dieser Bestimmung ist Beitragstäter, wer sonst zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen beiträgt, indem er dessen Tatbildverwirklichung ermöglicht, erleichtert, absichert oder sonst wie fördert. Der Tatbeitrag kann durch physische oder psychische (intellektuelle) Unterstützung, somit durch Tat oder durch Rat, worunter etwa ein Bestärken im Tatentschluß fällt, geleistet werden (Leukauf-Steininger Komm.3 § 12 RN 44, 45). Eine psychische Beihilfe liegt auch dann vor, wenn jemand dem unmittelbaren Täter vor der Tat eine erst nach deren Ausführung zu leistende Hilfe - etwa in der Zusage einer Unterstützung der Verwertung des Diebsgutes - zusichert, weil er damit zur Tatbegehung ermuntert, also motivierend auf den Täter einwirkt und dessen Wille zur Tatausführung stärkt. Demzufolge ist nicht Hehlerei, sondern ausschließlich Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) an der Vortat auch dann gegeben, wenn die Unterstützung erst nach Abschluß der Vortat, aber zufolge einer bereits zuvor mit dem (unmittelbaren) Vortäter getroffenen Vereinbarung erfolgt (SSt. 56/51; Leukauf-Steininger aaO § 164 RN 88).

Es kann aber auch an der Kausalität zwischen dem Tatverhalten der Beschwerdeführerin und der Ausführung der Diebstähle durch die unmittelbare Täterin nicht gezweifelt werden, zumal die Diebstähle ohne das Verhalten der Beschwerdeführerin nicht so erfolgt wären, wie dies tatsächlich geschehen ist. Dabei ist ohne Belang, daß die Beschwerdeführerin bei der Absprache zwischen Ute G***** und dem späteren Abnehmer des Diebsgutes Dipl.Ing.E***** nicht anwesend war. Denn abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin diesen Abnehmer der Ute G***** schon vor der Tatbegehung vermittelt hatte, waren die von G***** zu verübenden Diebstähle auch bereits zuvor zwischen ihnen in den wesentlichen Umständen abgesprochen worden. Daß der Beitragstäter die geförderte Tat in allen Einzelheiten, also vollständig individualisiert erfaßt hat, ist nicht erforderlich (Leukauf-Steininger aaO § 12 RN 49). Die Beurteilung des festgestellten Verhaltens der Beschwerdeführerin als Tatbeitrag (iSd § 12 dritter Fall StGB) zu den Diebstählen der Ute G***** erfolgte demnach frei von Rechtsirrtum.

Nicht zielführend ist aber auch die weitere Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Beschwerdeführer die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung bekämpft.

Für deren Annahme genügt es, daß der Täter beabsichtigt, sich eine nicht als unbedeutend zu vernachlässigende kriminelle Einnahme zu verschaffen. Gewerbsmäßiges Handeln setzt nicht voraus, daß die fortlaufende Einnahme, deren Erzielung durch die wiederholte Tatbegehung beabsichtigt ist, im strengen Wortsinn regelmäßig und dauernd fließen soll. Unter einer Einnahme im Sinn des § 70 StGB ist jeder wirtschaftliche Vorteil zu verstehen, den sich der Täter durch die Tat zu verschaffen trachtet. Dieser kann auch darin bestehen, daß der Täter mit den (angestrebten) fortlaufenden Einnahmen die Abdeckung bestimmter wirtschaftlicher Lasten, wie etwa die Begleichung von Schulden, erreichen will. Von einer fortlaufenden Einnahme könnte nur dann nicht gesprochen werden, wenn der Täter bloß gelegentlich und fallweise gleichartige Taten zwecks Gewinnung einer Einnahme zu begehen beabsichtigt (EvBl. 1991/103 = NRsp 1991/107, 108; Leukauf-Steininger aaO § 70 RN 5). Schließlich muß die Absicht auf Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme durch die wiederkehrende Tatbegehung zwar einen längeren, nicht aber einen unbegrenzten Zeitraum umfassen. Für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung genügt es vielmehr, wenn sich die angestrebte Vermögensvermehrung über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckt (vgl. JBl. 1989, 732; Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 38 a, 39; Leukauf-Steininger aaO RN 4 je zu § 70).

Da sich die Beschwerdeführerin nach den Urteilsfeststellungen an den von Ute G***** während eines Zeitraumes von nahezu sechs Monaten - nämlich von August 1990 bis 10.Jänner 1991 - wiederkehrend verübten Diebstählen jeweils in der Absicht beteiligt (iSd § 12 dritter Fall StGB) hat, hieraus (auch) sich selbst immer wieder einen Vermögensvorteil zu verschaffen, erfolgte die Annahme der Qualifikation nach § 130 dritter Fall StGB gleichfalls zu Recht (Fabrizy in WK Rz 20; Leukauf-Steininger aaO RN 17 je zu § 14).

Unberechtigt ist die Subsumtionsrüge schließlich auch, soweit sie sich gegen die Annahme der Wertqualifikation nach § 128 Abs. 2 StGB wendet. Das Erstgericht hat die Feststellung über den Wert der von Ute G***** - unter Beteiligung der Beschwerdeführerin als Beitragstäterin - der Firma A***** AG durch wiederholte Diebstähle entzogenen Waren (von insgesamt 577.440 S) mängelfrei auf die - "nach Durchrechnung unserer Unterlagen" (S 360) abschließenden - Angaben des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Angestellten der Firma A***** AG Manfred L***** gestützt, die für "Abschläge" zugunsten von Abnehmern, wie sie die Beschwerde ins Treffen zu führen sucht, keinen Raum lassen; ist doch für die Ermittlung des Wertes von Großhandelsware der dem Wiederverkäufer in Rechnung gestellte Großhandelspreis - in der Regel laut Preisliste - einschließlich der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) zugrunde zu legen (Leukauf-Steininger aaO § 128 RN 23).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu achtzehn Monaten Freiheitsstrafe.

Dabei wertete es die einschlägigen Vorstrafen wegen Vermögensdelikten als erschwerend, hingegen das reumütige Geständnis, die Zustandebringung eines kleinen Teiles des Diebsgutes und "das Schuldanerkenntnis" in der Hauptverhandlung als mildernd.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die bedingte Nachsicht zumindest eines Teiles derselben an.

Der Berufung kommt nach keiner Richtung hin Berechtigung zu.

Die bloße Beitragstäterschaft der Angeklagten fällt als Milderungsgrund (§ 39 Z 6 StGB) nicht besonders ins Gewicht, weil sie aus den Diebstählen auch eigene Vorteile zog und ihr Beitrag recht wesentlich war. Für eine Annahme, die Angeklagte habe die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen, bietet die Aktenlage keine Anhaltspunkte; aus dem von der Berufungswerberin behaupteten Bemühen der abgesondert verfolgten Ute G*****, mit dem aus dem Verkauf der Diebsbeute erzielten Erlös ihrem Kind "ein geordnetes Aufwachsen" zu ermöglichen, kann ein Milderungsgrund (§ 34 Z 3 StGB) jedenfalls nicht abgeleitet werden.

Der Berücksichtigung einer durch die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit ausgelöste finanzielle Notlage als Milderungsgrund steht gegenüber, daß ihr abgesehen davon, daß das vom Schöffengericht als mildernd gewertete Schuldanerkenntnis den Milderungsgrund nach § 34 Z 15 StGB nicht herzustellen vermag (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 34 RN 23), auch noch die zweifache Qualifikation des Diebstahls (mit einem Strafsatz von jeweils einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) als zusätzlicher Erschwerungsgrund zur Last fällt.

Wird das alles bei der Gewichtung der Strafzumessungsschuld herangezogen und außerdem berücksichtigt, daß die mehrfach vorbestrafte Berufungswerberin einen Teil der hier aktuellen Tathandlungen noch während der Probezeit nach ihrer am 17.Dezember 1987 erfolgten bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe - ohne daß ein Widerruf der bedingten Nachsicht erfolgte - gesetzt hat, so ist unter entsprechender Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) das in erster Instanz gefundene Strafmaß jedenfalls nicht überhöht; zu dessen Herabsetzung bestand demnach kein Anlaß.

Dies gilt gleichermaßen für die von der Angeklagten außerdem angestrebte bedingte Nachsicht der Strafe oder eines Teiles derselben. Der Umstand, daß die über die Angeklagte wegen einschlägiger Straftaten verhängten Strafen ersichtlich wirkungslos geblieben sind, läßt die Annahme, die bedingte Nachsicht auch nur eines Teiles der Freiheitsstrafe werde genügen, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, nicht mehr zu.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E31466

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00122.9200009.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19921110_OGH0002_0140OS00122_9200009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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