TE OGH 1992/11/10 4Ob549/92

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Veröffentlicht am 10.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter U*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Stenitzer, Rechtsanwalt in Laa an der Thaya, wegen S 89.553,02 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 9.Juni 1992, GZ R 197/92-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 20.Februar 1992, GZ 2 C 34/92g-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision werden die Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben; das ihnen vorangegangene Verfahren einschließlich der Klagezustellung wird für nichtig erklärt.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die als Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG zu beurteilende Klage aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sowie des für nichtig erklärten Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Mit der am 14.1.1992 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des für den Abschluß eines Mietvertrages entrichteten, gemäß § 27 MRG verbotenen Entgeltes in der Höhe von S 89.553,02 sA.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der vom Kläger geforderte Betrag stehe ihr als Realitätenvermittlerin für die Vermittlung des von ihr als Mieterin mit dem Kläger als Vermieter über ein Geschäftslokal abgeschlossenen Mietvertrages zu.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Die Vereinbarung der Parteien verstoße gegen § 27 MRG. Die von der Beklagten geforderte "Vermittlungsprovision" sei durch die Immobilienmaklerverordnung nicht gedeckt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es habe keine Vermittlung im Sinn des § 1 ImmVO stattgefunden, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger als Vertragspartner und nicht als Vermittler aufgetreten sei. Die "Provisionszahlung" des Klägers sei daher als unzulässige Zahlung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 1 MRG zu werten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird.

Der Kläger beantragt, die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil aus Anlaß des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und dieser Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (Fasching, LB2 Rz 1891; Petrasch, Das neue Revisions(Rekurs)Recht, ÖJZ 1985, 291 ff [297]; EFSlg 57.813; EvBl 1990/153; 1 Ob 661/90, 1 Ob 610/92 ua).

Der Kläger hat sein Klagebegehren ausdrücklich darauf gestützt, daß er eine gemäß § 27 MRG verbotene Ablöse geleistet habe und nun deren Rückzahlung verlange. Gemäß dem durch Art II Z 16 des 2. WÄG BGBl 1991/68 eingefügten § 37 Abs 1 Z 14 MRG ist die Entscheidung über Anträge auf Rückzahlung verbotener Leistungen und Entgelte (§ 27 MRG) in das außerstreitige Verfahren verwiesen. Das gilt auch für vor dem 1.3.1991 (dem Geltungsbeginn des 2. WÄG) fällig gewordene Ansprüche; nur für an diesem Tag bereits gerichtsanhängige Verfahren bleibt der Rechtsweg zulässig (Art V Abs 3 Z 3 des 2. WÄG; Würth-Zingher, Wohnrecht 91 Anm 3 zu § 37; 1 Ob 610/92).

Gehört aber der schon vor dem 1.3.1991 vom Kläger geltend gemachte Anspruch in das Außerstreitverfahren, dann ist die Klage - ungeachtet der von der Partei gewählten Bezeichnung - als Antrag nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG zu behandeln (§ 40a JN), weil für den Bereich der Gemeinde Ried im Innkreis eine Schlichtungsstelle im Sinne des § 39 Abs 1 MRG - bei welcher ein Verfahren über einen Antrag nach § 37 Abs 1 MRG vor der Anrufung des Gerichtes eingeleitet werden müßte - nicht eingerichtet ist (Kundmachung der BM für Justiz und für Inneres, BGBl 1979/299 in der geltenden Fassung). Das über den Antrag des "Klägers" abgeführte streitige Verfahren leidet daher ebenso wie die von den Vorinstanzen gefällten Urteile an einer Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO. Aus diesem Grund waren die Urteile der Vorinstanzen und das vorangegangene Verfahren mit Ausnahme der als Antrag nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG zu wertenden Klage für nichtig zu erklären und die Rechtssache an das Erstgericht zur Einleitung des gesetzlichen Außerstreitverfahrens zurückzuverweisen (Simotta, Das Vergreifen in der Verfahrensart und seine Folgen, § 40a JN, in Fasching-FS 463 ff [476]; EvBl 1990/153; 1 Ob 610/92).

Nach der für die Anfechtbarkeit maßgeblichen Verfahrensart, welche durch den verfahrenseinleitenden Antrag bestimmt wird (Simotta aaO 479 ff mwH in FN 88), gründet sich die Kostenentscheidung auf § 51 Abs 2 ZPO, weil keine der Parteien die Nichtigkeit geltend gemacht hat.

Anmerkung

E30851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00549.92.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19921110_OGH0002_0040OB00549_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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