TE OGH 1992/11/12 8Ob644/92

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Veröffentlicht am 12.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Jelinek, Dr.Graf und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate M*****, vertreten durch Dr.Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sabine St*****, vertreten durch Dr.Harald Fahrner und Dr.Ilse Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen S 100.000, infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 31.Juli 1992, GZ 3 R 63/92-19, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 2. Jänner 1992, GZ 5 Cg 34/90-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die vorinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin den Betrag von S 100.000 samt 4 % Zinsen seit 1.Jänner 1990 sowie die mit S 18.935,28 bestimmten Prozeßkosten (einschließlich S 1.955,88 Umsatzsteuer und S 7.200 Barauslagen) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betrieb bis zum 31.August 1989 in St.***** das schließlich nach einem außergerichtlichen Ausgleich liquidierte Unternehmen "Trachtenmodeerzeugung E*****". Mit der vorliegenden Klage begehrt sie die Feststellung einer zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung, wonach die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Übernahme des Kundenstockes des Unternehmens der Klägerin eine Umsatzprovision in der Höhe von 5 % des Wertes der vom 1.September 1989 bis zum 31.Dezember 1992 an diese Kunden verkauften Waren zu bezahlen. Im Zuge des Verfahrens stellte sie das Eventualbegehren, die Beklagte zur Zahlung von S 100.000 zu verurteilen. Zur Begründung brachte die Klägerin vor, sie habe mit der Beklagten vereinbart, daß diese die bis dahin von der Klägerin betriebene Produktion von Kinderdirndln übernehme und die Kunden der Klägerin damit weiter beliefern werde, daß sie bei der Beklagten angestellt werde und daß diese ihr für die vermittelten Kunden eine Ablöse bezahle. Danach habe die Beklagte von ihr eine Liste aller Kunden bekommen und diese seien auch mit einem Rundschreiben vom 11. September 1989 auf die Zusammenarbeit mit ihr hingewiesen worden. In den Monaten Oktober oder November 1989 hätte die Klägerin und ihr Mann der Beklagten einen Vertragsentwurf übergeben, in welchem sie für die Übernahme des Kundenstocks eine Umsatzprovision von 5 % des Warenwertes vom 1.September 1989 bis 31.Dezember 1992 verlangt hätten. Die Beklagte habe diese Vereinbarung mündlich akzeptiert und erklärt, daß sie den endgültigen Vertragstext von ihrer Steuerberaterin ausarbeiten lassen werde. Nach dem Tode des Mannes der Klägerin sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen gekommen, worauf das Dienstverhältnis der Klägerin einverständlich beendet worden sei. Zwischen den Parteien habe jedenfalls zumindest Einigkeit darüber bestanden, daß die Beklagte für die Übernahme des Kundenstocks einen angemessenen Betrag bezahle. Dieser belaufe sich jedenfalls auf S 100.000. Die Klägerin sei bei Übergabe des Kundenstocks an die Beklagte davon ausgegangen, daß eine Einigung über die geschilderte Ablöse bestehe. Sollte sie dabei einem Irrtum unterlegen sein, habe ihr die Beklagte anstelle der nicht mehr möglichen Rückabwicklung den verschafften Nutzen zu ersetzen, der ebenfalls mit S 100.000 beziffert werde.

Die Beklagte bestritt das Zustandekommen der behaupteten Vereinbarung und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab und sprach der Klägerin unter Abweisung des Mehrbegehrens einen Betrag von S 70.000 sA zu. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte war seinerzeit Angestellte in der Trachtenmodenerzeugung der Klägerin und schied Ende 1986-Anfang 1987 einvernehmlich aus. Im Zuge eines Gespräches über die Situation der Klägerin erklärte diese der Beklagten im Sommer 1989, sie möchte wegen Krankheit ihres Mannes den Betrieb beenden; die Beklagte meinte, man könne über die Übernahme der Produktion sprechen. Bei einem weiteren Gespräch der Parteien, das kurz vor Jahresende 1989 im Büro der Klägerin stattfand und an dem auch der Ehemann der Klägerin teilnahm, ging es hauptsächlich um den Kundenstock. Man war sich nicht klar, ob die Beklagte den Kundenstock übernehmen werde und meinte, die Beklagte sollte bei ihrer Steuerberaterin ein Gespräch über die gesamte Situation durchführen. Es wurde auch davon gesprochen, daß die Klägerin bei der Beklagten angestellt werde, konkret wurde dies aber nicht vereinbart. Bereits im August 1989 hatte die Beklagte zu ihrer Steuerberaterin Ulrike S***** erklärt, es sei ihr angeboten worden, das Geschäft der Klägerin weiterzuführen; bei diesem handelt es sich nicht um den Betrieb der Klägerin. Die Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt eine Schneiderei in U***** und erklärte ihrer Steuerberaterin, die Klägerin könne bei ihr ohne sonstige Abgeltung angestellt werden. Bei einer folgenden Zusammenkunft, bei der die Beklagte, die Klägerin, deren Gatte und die Steuerberaterin Ulrike S***** sowie deren Mutter zugegen waren, wurde über das Angestelltenverhältnis der Klägerin und über eine eventuelle Ablöse gesprochen. Die Beklagte hätte an die Klägerin eine bestimmte Ablöse zu bezahlen gehabt. Die Klägerin hatte eine Aufstellung mit, in der von einer 5 %-Provision der Umsätze von Konfektionskunden bei Einzel- oder Großauftrag die Rede ist (Beilage ./C). Mit diesen Punkten erklärte sich die Beklagte laut Beilage C nicht einverstanden und es kam auch hinsichtlich des Inhaltes dieser Beilage zu keiner Vereinbarung. Bei einem anderen Gespräch Ende August 1989 erklärte die Klägerin der Beklagten als Bedingung eine Anstellung zum Nettolohn von S 10.000. Am 1.September 1989, dem Tag, an dem die Klägerin - und ebenso ihre ehemalige Beschäftigte G***** - bei der Beklagten ihren Dienst begannen, fuhren die Beklagte und die Klägerin mit ihrem Ehemann zur Steuerberaterin der Beklagten, "wobei die Beklagte deshalb Interesse hatte, weil sie viele Sachen von der Klägerin gekauft hatte und dies geregelt werden mußte und ebenso die Frage der Kundenstockablöse ein Grund war, daß man gemeinsam zur Steuerberaterin fuhr". Die Steuerberaterin verfaßte schließlich ein Gedächtnisprotokoll folgendes Inhaltes:

"1. Festlegung des Gehaltes von Frau G***** auf netto S 7.000

2. Festlegung des Gehaltes von Frau M***** auf netto S 10.000

3. Kundenstockablöse: Es wird vereinbart, daß Herr M***** eine Aufstellung der Jahre 1987 bis 1989 laufend bezüglich Umsatz vorlegt. Im zweiten Jahr nach der Geschäftsübernahme wird dann nach einem Schlüssel dieser Kundenstock abgelöst. Mit Festlegung der Kundenstockablöse entfällt für Frau M***** eine Forderung aus dem laufenden Umsatz der abgelösten Kunden. Bei Zubringung neuer Kunden von Frau M***** wird von Frau St***** nach Vereinbarung eine Provision bezahlt."

Bei dieser Besprechung am 1.September 1989 erklärte sich die Beklagte bereit, eine Kundenablöse zu bezahlen, jedoch "war man mit dem Begehren von 5 % Provision" nicht einverstanden. Es kam daher zu keiner Einigung "über die zu zahlende Kundenstockablöse". Die Haltung der Beklagten bei dieser Besprechung ging in die Richtung, daß sie Provisionszahlungen ablehnte. Sie wäre jedoch bereit gewesen, unter gewissen Umständen eine Ablöse zu bezahlen, doch nicht unter den Bedingungen, wie sie der Ehemann der Klägerin vorschlug. Demgemäß erklärte die Beklagte, sie könne sich nur eine Lösung vorstellen, daß die letzten drei Jahre hinsichtlich der Umsätze jährlich festgestellt werden und davon ein Schlüssel ausgerechnet werde, wieviel der Kundenstock wert sei. Ein Prozentanteil wurde dabei von der Beklagten nicht genannt, ebensowenig eine Pauschalsumme. Das Ergebnis der Besprechung lag für die Beklagte darin, daß die Klägerin Steuererklärungen bzw. Umsatzlisten beizubringen hatte. Diese wären eventuell Grundlage dafür gewesen, daß die Beklagte der Klägerin etwas bezahle. Bei diesem Gespräch schlug die Steuerberaterin der Beklagten auch selbst vor, daß man nach einem Schlüssel die Ablösung des Kundenstockes berechnen solle. Noch vor der Messe 1989 in S***** richtete die Beklagte am 11.September 1989 unter anderem an die Firma K***** und an die Geschenkboutique F***** (Beilage A) ein auch von der Klägerin unterzeichnetes Schreiben des Inhaltes, daß die Firma Trachtenmodenhaus Elfriede M*****, St.*****, mit 31.August 1989 ihren Betrieb, Erzeugung von Trachtenbekleidung für Damen und Mädchen, liquidiert hat und daß ab diesem Tag das gesamte Erzeugungsprogramm von dem Gewerbebetrieb S*****, Tracht und Mode, U*****, in ihr Programm aufgenommen wird. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß Frau Renate M*****, die Inhaberin der Firma Elfriede M*****, in der Eigenschaft als Beraterin und leitende Mitarbeiterin gemeinsam mit Frau S***** St***** für einen klaglos funktionierenden Erzeugungsablauf weiterhin Sorge tragen werde. Die Klägerin wurde nach dem 1.September 1989 von der Beklagten als Angestellte geführt. In der Folge setzte der Ehemann der Klägerin ein Schreiben auf, in dem er unter anderem wiederum von einer 5 %-Umsatzprovision vom Warenwert, beginnend mit 1.September 1989 und endend am 31.Dezember 1992, ausging. Die Beklagte erklärte sich mit diesen 5 % wiederum nicht einverstanden, sie wäre jedoch bereit gewesen, für die vergangenen drei Jahre, und zwar nur aufgrund eines Steuerbescheides oder sonstiger Unterlagen, eine prozentuelle Provision zu bezahlen, nicht aber für die Zukunft. Die Umsätze der Firma M***** waren ihr mit zumindest S 2,3 Millionen jährlich bekannt. Aus der Kundenliste Sommer 1989 ergeben sich 67 Kunden, die zum Teil im Inland bzw im Ausland ihr Geschäft betreiben. Eine ausdrückliche Vereinbarung, daß die Beklagte an die Klägerin für den Kundenstock eine bestimmte Summe oder einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes bezahle, kam nicht zustande. Die Beklagte war jedoch bereit, allenfalls eine zu errechnende Summe für den Kundenstock zu zahlen und ging nicht von vornherein von einer unentgeltlichen Überlassung aus.

In seiner rechtlichen Beurteilung verneinte das Erstgericht das Vorliegen einer zwischen den Streitteilen geschlossenen ausdrücklichen Vereinbarung hinsichtlich einer Kundenstockablöse, es anerkannte jedoch im Hinblick darauf, daß die Kundenliste von der Beklagten tatsächlich verwendet wurde und diese auch bereit war, eine Ablöse zu bezahlen, wenngleich nicht in Höhe der von der Klägerin geforderten 5 % der Umsätze, einen Verwendungsanspruch der Klägerin gemäß § 1041 ABGB, der hier auch nicht durch ein zwischen den Streitteilen bestehendes Vertragsverhältnis ausgeschlossen werde. Die Klägerin habe zwar gegen S 10.000 monatlich Nettolohn angestellt werden wollen, über die Höhe der Kundenstockablöse sei aber letztlich keine Einigung erzielt worden. Im Sinne der Entscheidung SZ 55/37 könne der durch die Verwertung einer Kundenkartei verschaffte Nutzen auch gemäß § 273 ZPO festgesetzt werden. Dessen Bemessung erscheine in der Höhe von S 70.000 gerechtfertigt.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht, dagegen der Berufung der Beklagten Folge und wies auch das Zahlungsbegehren der Klägerin zur Gänze ab. Es erklärte die Revision für nicht zulässig und führte in seiner Entscheidungsbegründung aus:

Die lediglich die Höhe der Klageforderung im Hinblick auf den nachzuweisenden Nutzen betreffende Mängelrüge der Beklagten bedürfe aus rechtlichen Gründen keiner Erörterung. Ihre Beweisrüge sei nicht gerechtfertigt, weil die angeblich widersprüchliche Feststellung, daß sie grundsätzlich zur Zahlung einer Kundenstockablöse bereit gewesen wäre, die vom Ehemann der Klägerin verlangte Umsatzprovision aber abgelehnt habe und daß letztlich keine Einigung über diese Ablöse zustandegekommen sei, auch durch die eigenen Angaben der Beklagten in ihrer Parteienvernehmung gedeckt seien. Für die gewünschte Feststellung, sie habe jede Zahlung für die Ablöse des Kundenstockes abgelehnt, vermöge die Beklagte keine Beweisergebnisse anzuführen. Die in der Rechtsrüge der Klägerin behaupteten Feststellungsmängel lägen nicht vor, denn es sei nicht strittig, daß die Beklagte den Kundenstock der Klägerin tatsächlich übernommen habe und aus der erstgerichtlichen Wendung, daß das Schreiben ./A "unter anderem" an zwei Kunden gesandt wurde, ergebe sich ohnehin, daß dieses Schreiben auch noch an andere Kunden versendet worden sei. Die Rechtsrüge der Beklagten sei gerechtfertigt, weil ihr die Kundenkartei der Klägerin nicht ohne Rechtsgrund sondern im Zusammenhang mit der Vereinbarung, die Produktion der Klägerin weiterzuführen und diese in ihrem Betrieb anzustellen, zugekommen sei. Die Verwendung der Kundenkartei sei somit aufgrund eines Vertrages und einer Leistung der Beklagten erfolgt, und dies schließe einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB aus. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin sei zu verneinen, weil die Beklagte die nachträglich an sie herangetragene Forderung, für den Kundenstock zusätzlich mehr als drei Jahre lang eine Umsatzprovision von 5 % zu leisten, stets abgelehnt habe. Ihre Erklärung, allenfalls zur Zahlung einer Pauschalsumme als Ablöse bereit zu sein, sei kein Anerkenntnis dem Grunde nach, sondern lediglich ein Vergleichsangebot, das die Klägerin jedoch nicht angenommen habe. Für einen übereinstimmenden Vertragswillen der Parteien, daß die Beklagte den Kundenstock der Klägerin um ein objektiv angemessenes Entgelt übernehmen solle, biete der festgestellte Sachverhalt ebensowenig einen Anhaltspunkt wie für den von der Klägerin behaupteten Irrtum über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses. Somit könne die Klägerin für die Überlassung ihrer Kundenkartei weder aufgrund eines Vertrages noch aus dem Titel der Bereicherung von der Beklagten zusätzliches Entgelt fordern.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Klägerin außerordentliche Revision mit dem Antrage auf Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im Sinne der vollen Stattgebung ihres Zahlungsbegehrens. Das Berufungsgericht habe verkannt, daß es sich hier um bloß äußerlich zusammenhängende Vertragsverhältnisse handle. Ein bloßes Vertragsverhältnis, das die geschehene Vermögensverschiebung nicht rechtfertige, schließe die Verwendungsklage nicht aus. Hier stehe die Vereinbarung einer Anstellung der Klägerin nur in einem äußerlichen Zusammenhang mit der Verwendung der Kundenkartei und damit der Übernahme der Klägerin durch die Beklagte. Daß die Klägerin, die auch derzeit in einem Beschäftigungsverhältnis stehe, die Produktion und die Kundenkartei der Beklagten überlassen habe, nur um weiterhin eine Beschäftigung zu haben, sei nicht der Fall gewesen und auch nicht festgestellt worden. Durch die Verwendung der Kundenkartei der Klägerin sei die Beklagte daher grundlos bereichert und der Verwendungsanspruch der Klägerin demnach gerechtfertigt. Der Höhe nach sei dieser auf der Grundlage des von den Streitteilen anerkannten Jahresumsatzes von 2,3 Millionen S gemäß § 273 ZPO mit dem eingeklagten Betrag zu bemessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und sie ist auch sachlich gerechtfertigt.

Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen steht fest, daß die Klägerin zwar bereit war, der Beklagten ihre Kundenkartei und damit den Kundenstock zur geschäftlichen Nutzung zu überlassen, dies jedoch nicht unentgeltlich und auch nicht als bloße Gegenleistung für ihre Anstellung bei der Beklagten. Die Klägerin hatte von Anfang an eine auf den Umsatzzahlen basierende Ablöse verlangt und hierüber wurde auch nach der Anstellung der Klägerin bei der Beklagten ausdrücklich, wenngleich ohne Ergebnis, weiterverhandelt. Während die Klägerin bis zuletzt auf einer an den Umsätzen orientierten Ablöse beharrte, wollte die Beklagte nur auf der Grundlage der Steuerbescheide und sonstiger Unterlagen eine "prozentuelle Ablöse" oder überhaupt nichts zahlen. Da eine Einigung der Parteien über die von der Klägerin dafür geforderte Ablöse nicht zustande kam, hat die bloße Teileinigung über die Übernahme der Warenproduktion durch die Beklagte und die Anstellung der Klägerin bei ihr keinesfalls schon der Beklagten das Recht auf Nutzung der Kundenkartei der Klägerin als einer dem Verkauf der produzierten Waren dienlichen und wirtschaftlich selbständig verwertbaren Einrichtung verschafft. Die mangelnde Einigung bedeutete auch keinesfalls einen Verzicht der Klägerin auf eine Abgeltung für die Nutzung dieser wirtschaftlichen Werte durch die Beklagte. Ohne eine solche Gegenleistung hatte die Beklagte aber keinen Anspruch auf Verwendung der Kundenkartei. Es ist deshalb der für die Verwendung der Kundenkartei durch die Beklagte von der Klägerin in diesem Rechtsstreit zunächst nur subsidiär und nunmehr allein noch geltend gemachte Verwendungsanspruch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht durch ein Vertragsverhältnis ausgeschlossen.

Feststeht daß die Beklagte die Kundenkartei der Klägerin in der Folge in ihrem Geschäftsbetrieb durch Anschreiben von Kunden tatsächlich verwendete. Im Sinne der bereits vom Erstgericht zitierten Entscheidung SZ 55/37 und der dort angeführten Lehre und Rechtsprechung rechtfertigt die Verwertung der Kundenkartei eines einzustellenden Unternehmens einen Anspruch nach § 1041 ABGB, wenn hinsichtlich dieser Verwertung keine Vertragsbeziehung zustandekam. Eine Kundenkartei stellt nämlich einen selbständigen wirtschaftlichen Wert dar, da sie ein Verzeichnis potentieller Geschäftspartner enthält und daher künftige Geschäftsabschlüsse ermöglicht und erleichtert.

Somit steht der Klägerin gegenüber der Beklagten ein auf § 1041 ABGB gegründeter Verwendungsanspruch zu. Dessen Höhe kann, wie ebenfalls bereits in der SZ 55/37 dargelegt wurde, im Sinne des § 273 ZPO nach richterlichem Ermessen festgesetzt werden. Da die Kundenkartei der Klägerin 67 in- und ausländische Kunden umfaßt und der Jahresumsatz der Klägerin mit diesen Kunden unstrittig (siehe AS 48) 2,3 Millionen S betrug, erweist sich der in der Klage geforderte Abgeltungsbetrag von S 100.000 als durchaus angemessen.

Der Revision war daher Folge und in Abänderung der vorinstanzlichen Urteile dem Zahlungsbegehren voll stattzugeben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E34135

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00644.92.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19921112_OGH0002_0080OB00644_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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