TE OGH 1992/11/18 3Ob567/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Redl und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria K*****, vertreten durch Dr.Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Maximilian K*****, vertreten durch Dr.Gerhard Dorer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 500.000,-- sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 11.Juni 1991, GZ 1 R 68/91-33, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.Dezember 1990, GZ 40 Cg 37/89-28, aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst erkannt, daß das Urteil des Gerichtes erster Instanz wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 31.791,60 (darin S 2.649,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 19.069,20 (darin S 3.178,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten, mit dem sie am 9.Feber 1980 die Ehe geschlossen hatte, mit der am 1.Feber 1989 eingebrachten Klage die Zahlung von S 500.000,-- sA, weil er ihr immer wieder versprochen hätte, für ihre auf sein Haus ***** getätigten Aufwendungen einen Hälfteanteil dieser Liegenschaft in ihr Eigentum zu übertragen. Da auf der Liegenschaft das Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der Mutter des Beklagten einverleibt gewesen sei, habe das Vorhaben nicht verwirklicht werden können. Nach dem Tod seiner Mutter habe der Beklagte die Liegenschaft seiner Schwester übergeben. Er habe in einem gerichtlichen Vergleich am 8.November 1988 anerkannt, daß die Klägerin auf die Liegenschaft S 500.000 aufgewendet habe. Die Klägerin habe sich bereit erklärt, von der Durchsetzung ihres Anspruches abzusehen, wenn ihr der Beklagte den Hälfteanteil verschaffe. Dies sei nicht geschehen.

Der Beklagte beantragte, das Zahlungsbegehren abzuweisen. Er habe sich bei Abschluß des gerichtlichen Vergleiches in dem Irrtum befunden, daß die Klägerin, die nur etwa S 200.000 für den Umbau des Hauses verwendet gehabt habe, noch weitere Aufwendungen auf die Liegenschaft tätigen werde. Auch sei er bei Vergleichsabschluß nicht geschäftsfähig gewesen.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt und ging von den folgenden Feststellungen aus:

Die Eheleute wohnten in dem renovierungsbedürftigen alten Bauernhaus des Beklagten auf dessen Liegenschaft EZ ***** KG *****. Nach ihrer Eheschließung begann im Mai 1980 ein Umbau, in den die Klägerin, die über Eigenmittel von S 300.000,-- verfügte und von ihrem Vater Darlehen bekam, S 500.000,-- investierte. Der Beklagte war nicht in der Lage, einen Beitrag zu den Umbaukosten zu tragen, versprach der Klägerin aber, ihr das Hälfteeigentum an der Liegenschaft zu verschaffen. Es kam nicht zur Übertragung des Hälfteanteils.

Unter anderem wegen des Alkoholmißbrauchs durch den Beklagten kam es zu Unstimmigkeiten in der Ehe, worauf die Klägerin sich im Jahr 1986 vom Beklagten trennte. Nach dem Tod seiner Mutter, zu deren Gunsten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt gewesen war, übergab der Beklagte mit Vertrag vom 15.Jänner 1988 die Liegenschaft seiner Schwester, die als Gegenleistung dem Beklagten auf Lebenszeit ein Wohnungsrecht, einen Anspruch auf Wartung und Pflege sowie auf Besorgung seiner Wäsche einräumte und S 115.000,-- zur Abdeckung von Schulden des Übergebers bezahlte. Auf Grund dieses Übergabsvertrages erfolgte die Einverleibung des Eigentums der Schwester des Beklagten und der Dienstbarkeit der Wohnung für diesen.

Die Klägerin erhob zu 8 Cg 309/88 des Landesgerichtes Innsbruck gegen den Beklagten die Ehescheidungsklage.

Der Beklagte wollte seine Frau von ihren Scheidungsabsichten abbringen. Die Klägerin wollte ihren Anspruch aus den mit S 500.000,-- bis zur Trennung getätigten Aufwendungen sichergestellt wissen. Beide Eheteile kamen am 8.November 1988 am Amtstag zum Bezirksgericht Lienz und brachten einen vorbereiteten Text mit. Obwohl ihnen der Richter erörterte, daß durch diesen Vergleich ein Leistungsprozeß nicht abzuwenden sei, bestanden beide Teile auf der Protokollierung. Die Klägerin wußte, daß der Beklagte nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft war, doch hatte ihr der Beklagte gesagt, er werde den Vertrag mit seiner Schwester "rückgängig" machen.

In dem gerichtlichen Vergleich anerkannte der Beklagte, dessen Geschäftsfähigkeit damals nicht eingeschränkt war, die Leistungen der Klägerin auf die Liegenschaft mit S 500.000,--. Festgehalten wurde die Einigung der Parteien, daß die Klägerin von der Durchsetzung des Ersatzanspruches Abstand nimmt, wenn der Beklagte dafür sorgt, daß die Klägerin Hälfteeigentümerin der Liegenschaft beschränkt durch ein dingliches Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der gemeinsamen Tochter wird, und daß die Klägerin diesfalls ihre Scheidungsklage zurücknimmt.

Der Beklagte unternahm keine Schritte, der Klägerin einen Hälfteanteil an der Liegenschaft zu verschaffen. Einer Aufforderung durch den Rechtsvertreter der Klägerin kam er nicht nach.

Die Ehe wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4.Jänner 1989 aus dem Verschulden des Beklagten geschieden.

Das Erstgericht meinte in der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes, der Beklagte habe mit dem gerichtlichen Vergleich vom 8. November 1988 wirksam anerkannt, daß die Klägerin auf die Liegenschaft des Beklagten (bis 1986) S 500.000,-- aufgewendet habe, wobei der Beklagte sich von seiner Verpflichtung zum Ersatz dieses Betrages dadurch befreien hätte können, daß er der Klägerin einen Hälfteanteil an der Liegenschaft verschaffe. Da der Beklagte einer darauf gerichteten Aufforderung nicht nachgekommen sei, habe er der Klägerin die Aufwendungen zu ersetzen. Er sei trotz seines chronischen Alkoholmißbrauches am 8.November 1988 in der Lage gewesen, den mit den Parteien durch den Richter erörterten Inhalt des gerichtlichen Vergleiches zu verstehen und in seiner Geschäftsfähigkeit uneingeschränkt gewesen.

Das Berufungsgericht hob über die Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes in seinem stattgebenden Teil auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf. Das Berufungsgericht ging davon aus, daß dem Beklagten der ihm obliegende Beweis für die behauptete Einschränkung seiner Geschäfts- und Verpflichtungsfähigkeit nicht gelungen sei, und übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes. Es sei auch das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters für den Beklagten zu SW 19/89 des Bezirksgerichtes Lienz mit Beschluß vom 23.März 1990 eingestellt worden.

Das Erstgericht habe sich jedoch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit der geltend gemachte Anspruch der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse unterliegt. Da die Ehe mit Urteil vom 4.Jänner 1989 geschieden wurde, sei mit den Parteien zu erörtern, ob nicht zumindest teilweise über den am 1.Feber 1989 erhobenen Anspruch im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei. Ansprüche hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen und binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung geltend gemacht werden, seien im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Wurden sie im streitigen Verfahren geltend gemacht, habe das Prozeßgericht nach § 235 AußStrG mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitrichter zu überweisen. Es sei zwar möglich und wahrscheinlich, daß der von der Klägerin beim Umbau des Hauses des Beklagten aufgewendete aus Ersparnissen vor der Ehe stammende Teilbetrag von S 300.000,-- nicht der Aufteilung unterliege, doch sei dies bei den weiteren S 200.000,--, die von der Klägerin aus Darlehen ihres Vaters aufgebracht wurden, fraglich. Die Höhe der Investitionen der Klägerin stehe aber mit S 500.000,-- fest. Falls der Beklagte der Klägerin vor der Eheschließung die Übertragung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft zugesagt hätte, liege ein wirksamer Kaufvertrag vor. Sonst könne der Klägerin ein Bereicherungsanspruch zustehen. Es sei jedenfalls erst zu prüfen, ob es nicht zum Teil oder ganz zu einer Überweisung an den Außerstreitrichter kommen müsse.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil der Abgrenzung der Rechtsdurchsetzung im streitigen oder außerstreitigen Verfahren erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin gegen den Aufhebungsbeschluß angebrachte Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig. Da die Streitsache zur Entscheidung reif ist, kann der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst durch Urteil erkennen (§ 519 Abs 2 ZPO).

Macht ein Ehegatte selbst vor der Scheidung der Ehe einen Anspruch an den anderen hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse im Prozeß geltend, so findet zwar nach § 235 Abs 1 AußStrG die Überweisung an den Außerstreitrichter statt, weil der Rechtsweg unzulässig ist und der Gesetzgeber solche Ansprüche allein dem nachehelichen Aufteilungsverfahren im Verfahren außer Streitsachen unterwerfen wollte, doch setzt dies voraus, daß der mit Klage geltend gemachte Anspruch das eheliche Gebrauchsvermögen oder Ersparnisse betrifft, die der Aufteilung unterliegen. Hier stand die Liegenschaft mit dem Haus schon bei Eingehung der Ehe im Eigentum des Beklagten und sie war von ihm nach der Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft und vor der Scheidung durch Übergabe an seine Schwester veräußert worden. Ansprüche auf die Ehewohnung im Haus hat die Klägerin nicht geltend gemacht, sie hat wegen der ehelichen Auseinandersetzungen das Haus verlassen und sich eine andere Wohnung gefunden. Sie leitet ihren Anspruch auf Zahlung von S 500.000,-- aus der mit dem Beklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen im Tatsachenbereich wirksam getroffenen Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich vom 8.November 1988 ab. Dieser durch Protokollierung als gerichtlicher Vergleich selbst dem Formerfordernis nach § 1 Abs 1 lit b NZwG entsprechende (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 15 zu § 886 Anh; JBl 1968, 32; JBl 1971, 263; SZ 45/74 ua) Vertrag zwischen den Ehegatten kann nach dem festgestellten Ablauf der Ereignisse nicht anders verstanden werden, als daß sich der Beklagte zur Zahlung des Betrages von S 500.000,-- an die Klägerin verpflichtet, in welcher Höhe die auf die Liegenschaft, deren er sich entäußert hat, getätigten Aufwendungen der Klägerin verglichen wurden, daß er sich aber von dieser Zahlungspflicht dadurch befreien kann, daß er die seinerzeit gemachte und von ihm durch die Übergabe an die Schwester vereitelte Zusage einhält und einen Hälfteanteil der Liegenschaft der Klägerin mit gleichzeitiger Vereinbarung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten des gemeinsamen Kindes verschafft. Nur auf Grund des Versprechens des Beklagten konnte sich die Klägerin dazu verstanden haben, den Umbau des Hauses zu finanzieren.

Konnte der Beklagte noch die Erfüllung seines Versprechens aufschieben, solange die Eigentumsübertragung der Zustimmung seiner Mutter bedurfte, so hätte er nach deren Tod den zugesagten Ausgleich nicht dadurch vereiteln dürfen, daß er seine Liegenschaft der Schwester übergab. Wenn auch der Text des Vergleiches nur die Anerkennung der Aufwendungen der Klägerin aber keine Zahlungsverpflichtung enthält, so folgt doch zwanglos aus der weiteren Regelung, daß die Klägerin von einer Durchsetzung des Anspruches Abstand nimmt, wenn ihr der Beklagte das Hälfteeigentum (doch noch) verschafft, daß in Wahrheit ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich dafür vereinbart wurde, daß die Klägerin erhebliche eigene Geldmittel zum Umbau der Liegenschaft verwendete, ohne letztlich an diesem Vermögen Anteil oder sonst Aussichten zu haben, bei einer nachehelichen Aufteilung überhaupt etwas vom Beklagten zu bekommen (vgl. das Vermögensbekenntnis des Beklagten ON 2).

Nach § 97 Abs 1 EheG kann auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens nach den §§ 81 bis 96 EheG im voraus nicht verzichtet werden. Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im voraus regeln, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Nach § 97 Abs 2 EheG gilt dies aber nicht für Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung der Ehe über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse schließen. Selbst solche in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Scheidung geschlossene zulässige Vereinbarungen sind nach jüngerer Rechtsprechung schlechthin einzuklagen (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 97 EheG; SZ 53/150; SZ 53/153; EvBl 1990/153 ua).

Sind also selbst rechtswirksame Vereinbarungen über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im streitigen Verfahren durchzusetzen, so gilt dies umso mehr für eine vertragliche Einigung, daß ein Ehegatte dem anderen dessen Aufwendungen auf die nicht der Aufteilung unterworfene Liegenschaft mit einem durch den Vergleich vereinbarten Betrag ersetzt. Dabei kann nicht eine Zerlegung dieser verglichenen Abfindung in Teile, die sonst der Aufteilung unterliegen könnten und solche, die der Aufteilung entzogen sind, stattfinden. Es handelt sich dann um eine pauschale Abfindung, gleich ob voreheliche Ersparnisse der Klägerin oder Gelder eingesetzt wurden, die sie von ihrem Vater als Darlehen erhielt.

Es bedarf daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes weder einer Erörterung mit den Parteien zur Abklärung, inwieweit die auf die Liegenschaft verwendeten Gelder der Klägerin der Aufteilung unterlägen oder nicht, noch auch sonst weiterer Tatsachenfeststellungen. Ein Fall des § 235 AußStrG liegt nicht vor; über den erhobenen Anspruch ist im streitigen Verfahren zu entscheiden. Da von der Wirksamkeit der Vereinbarung im Vergleich vom 8. November 1988 auszugehen ist, die Einwände des Beklagten nicht durchdrangen, weil er weder eine Einschränkung seiner Geschäftsfähigkeit noch einen relevanten Irrtum beweisen konnte, und auch sonst nichts entgegensteht, der Klägerin den vereinbarten Ausgleich zuzuerkennen, ist das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E30793

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00567.91.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19921118_OGH0002_0030OB00567_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten