Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des ***** Karl K*****, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems a d Donau als Rekursgerichtes vom 15.September 1992, GZ 2 R 181/92-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd/Niederösterreich vom 5.August 1992, GZ SW 108/92-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bestellte mit Beschluß vom 5.8.1992 (ON 2) für den Betroffenen gemäß § 238 Abs 1 AußStrG einen Sachwalter für das Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters nach § 273 ABGB und gründete seine Entscheidung auf den Inhalt eines Amtsvermerkes (ON 1), wonach es sich in dem vor ihm vom Betroffenen geführten Rechtsstreit 2 C 92/92 über die Bestreitung der ehelichen Geburt seiner Tochter von ihm im Sinne des § 237 AußStrG einen persönlichen Eindruck verschafft habe und sich dabei Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters ergeben hätten, weshalb der Prozeß gemäß § 6 a ZPO unterbrochen worden sei. Auch weitere Erhebungsergebnisse über das Verhalten des Betroffenen, der unter Einsatz der Gendarmerie aus der Toilette eines Amtsgebäudes habe entfernt werden müssen und der in einem Schnellzug ein Fenster eingetreten habe, da er den - nicht benötigten - Notausstieg nicht gefunden habe, sprächen für die Einleitung der Sachwalterschaftsverfahrens.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es vertrat die Rechtsansicht, der Umstand, daß der Betroffene im Verfahren zur Bestellung des einstweiligen Sachwalters vom Erstgericht nicht im Sinne des § 237 Abs 1 AußStrG gehört worden sei stelle keinen Nichtigkeitsgrund dar, weil es nach der Rechtsprechung im Außerstreitverfahren grundsätzlich genüge, daß der Partei im Rekurs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werde. Auch der weitere Umstand, daß der Rechtsmittelwerber von dem sowohl für Familienrechtssachen als auch für Sachwalterschaftssachen zuständigen Erstrichter bei seiner im Rahmen des Verfahrens 2 C 92/92 erfolgten Einvernahme nicht über den Grund und den Zweck der Befragung informiert worden sei, könne keine Nichtigkeit bewirken, denn die Bestellung eines Verfahrenssachwalters nach § 238 Abs 1 AußStrG habe keine gravierenden Auswirkungen, da weder die Rechtsstellung des Betroffenen noch seine Verfahrensfähigkeit im Bestellungsverfahren eingeschränkt werde (§ 239 Abs 1 AußStrG). Das erstgerichltiche Vorgehen habe daher nur einen Verfahrensmangel bewirkt. Da der Rechtsmittelwerber nunmehr sowohl vom Zweck des Verfahrens als auch,
wie aus seinem Rechtsmittel hervorgehe, der Aktenlage Kenntnis habe, müsse der erstgerichtliche Beschluß nicht als mangelhaft aufgehoben werden. Den inhaltlichen Ausführungen des Rechtsmittels könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Aus den Erhebungsergebnissen, insbesondere der vorliegenden Krankengeschichte, ergäben sich Anhaltspunkte dafür, daß der Betroffene wegen einer allenfalls vorhandenen psychischen Krankheit (schizoaffektive Psychose mit deutlich paranoiden Inhalten) seine Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst besorgen könne. Aus diesen Gründen teile das Rekursgericht daher im Ergebnis die Ansicht des Erstgerichtes, daß das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters fortzusetzen sei.
Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Betroffenen mit dem Antrage auf Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im Sinne der Einstellung des Verfahrens.
Der Rekurswerber führt aus, die Tagsatzung im Verfahren 2 Cg 92/92
habe sich nachträglich als ein anderes Verfahren als jenes der
Erstanhörung gemäß § 237 AußStrG erwiesen. Hätte ihn das
Erstgericht über Grund und Zweck des eigentlich beabsichtigten
Verfahrens unterrichtet, in dem es ihn ordnungsgemäß im Sinne des §
237 AußStrG geladen hätte, wäre ihm die Gelegenheit eingeräumt
gewesen, hiezu einen Anwalt beizuziehen. Die Verletzung der
vorgenannten Vorschriften bewirke die Nichtigkeit des Verfahrens nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO und auch einen Verstoß gegen Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus nachstehenden Erwägungen unzulässig und war daher zurückzuweisen:
Gemäß § 15 Abs 1 AußStrG bildet eine Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses einen vor dem Obersten Gerichtshof geltend zu machenden Anfechtungsgrund. Hier behauptet der Rechtsmittel selbst nicht, daß dem rekursgerichtlichen Beschluß ein solcher Revisionsrekursgrund anhafte sondern lediglich, daß das erstgerichtliche Verfahren mangels seiner in § 237 Abs 1 AußStrG vorgeschriebenen Anhörung nichtig sei.
In der kürzlich ergangenen Entscheidung 1 Ob 580/92 vom 9.6.1992 hat der Oberste Gerichtshof, ausgehend von der Bestimmung des § 519 Abs 1 ZPO, nach der der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz über die Verwerfung einer erhobenen Nichtigkeitsberufung nicht anfechtbar ist,
unter Darlegung der im streitigen und außerstreitigen Verfahren seit der Wertgrenzennovelle 1989 geänderten Rechtslage ausgesprochen, es könne zwecks Vermeidung eines unhaltbaren Wertungswiderspruches die Anfechtungbarkeit wegen einer Nichtigkeit im Verfahren Außerstreitsachen keinesfalls weiter gezogen werden als nach der dafür vorbildlichen Bestimmung der Zivilprozeßordnung. Daran ändere auch der das Außerstreitverfahren beherrschende Untersuchungsgrundsatz nichts, weil dieser für die Prüfung von Nichtigkeitsgründen auch im Streitverfahren gelte. Bei nunmehr gleicher Rechtslage ließen sich keine stichhältigen Gründe dafür finden, behauptete Nichtigkeiten erster Instanz, die nicht auch dem rekursgerichtlichen Verfahren anhafteten, deren Vorliegen das Gericht zweiter Instanz jedoch verneint habe, als Gegenstand neuerlicher Anfechtung zwar nicht im Streitverfahren wohl aber im Außerstreitverfahren zuzulassen. Habe das Rekursgericht die behauptete Nichtigkeit sachlich geprüft und nicht für gegeben erachtet, dann könne vor dem Obersten Gerichtshof nicht neuerlich diesbezüglich Nichtigkeitsrüge erhoben werden.
Der erkennende Senat tritt dieser Rechtsansicht bei.
Im vorliegenen Fall hat das Rekursgericht die vom Betroffenen wegen mangelnden rechtlichen Gehörs erhobene Nichtigkeitsrüge sachlich geprüft und aus den im einzelnen angeführten Gründen nicht für gerechtfertigt gehalten. Somit ist es dem Revisionsgericht verwehrt,
auf diesen im Revisionsrekurs wiederholten Anfechtungsgrund einzugehen.
Das Rechtsmittel war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E30951European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00642.92.1119.000Dokumentnummer
JJT_19921119_OGH0002_0080OB00642_9200000_000