TE OGH 1992/11/24 5Ob157/92

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Hans L*****, Kaufmann, ***** Wien, R*****staße 17/18, vertreten durch Dr.Josef Ostermayer und Mag.Gertrude Rigler, Funktionäre der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, wider die Antragsgegner 1.) Dr.Elisabeth B*****, ***** Wien, R*****straße 7, 2.) Elisabeth S*****, ***** Wien, R*****straße 17, 3.) Dr.Paul N***** jun., ***** V*****, H*****platz, 4.) Dr.Paul N***** sen., ***** V*****, H*****platz, und 5.) Dr.Fritz N*****, ***** V*****, H*****platz, alle vertreten durch Dr.Hanns Peter Draxler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Überprüfung des Hauptmietzinses gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 7. April 1992, GZ 41 R 236/92-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 31.Dezember 1991, GZ 48 Msch 6/90-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die Fortsetzung des außerstreitigen Verfahrens über den Sachantrag des Antragstellers aufgetragen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist auf Grund eines am 9.Jänner 1946 abgeschlossenen Mietvertrages Hauptmieter der (jetzt zum Teil Geschäftszwecken gewidmeten) Wohnung Nr. 18 im Haus R*****straße Nr. ***** in Wien, das den Antragsgegnern gehört. Der Jahresfriedenskronenzins für das Objekt beträgt 2.500 Kronen; ein Schilling pro Friedenskrone ergibt daher monatlich S 208,33.

Mit dem Vorbringen, der ihm seit 1.Jänner 1982 vorgeschriebene monatliche Hauptmietzins von S 2.652,77 sei überhöht, hat der Antragsteller am 25.August 1989 unter Berufung auf §§ 37, 43 MRG bei der Schlichtungsstelle des MBA für den 1. und 8. Bezirk der Stadt Wien die Überprüfung der Hauptmietzinsvorschreibungen seit 1.Jänner 1982, die Feststellung der seither zu viel eingehobenen Beträge und die Schaffung eines Rückzahlungstitels gegen die Vermieter verlangt.

Diesem Begehren sind die Antragsteller bereits bei der Schlichtungsstelle mit der Behauptung entgegengetreten, mit dem Antragsteller spätestens im Jahr 1981 eine gemäß § 16 Abs 1 Z 4 MG zulässige freie Mietzinsvereinbarung geschlossen zu haben, die den vorgeschriebenen Hauptmietzins deckt; im übrigen unterliege das Mietverhältnis nicht den Zinsbildungsvorschriften des § 16 MRG, weil die Voraussetzungen des § 12 Abs 3 RBG gegeben seien.

Die Schlichtungsstelle gab dem Begehren des Antragstellers mit hier nicht weiter zu erörternden Details statt, worauf die Antragsgegner das Gericht anriefen.

Im gerichtlichen Verfahren präzisierten die Antragsgegner ihre Einwendungen gegen das unverändert aufrecht erhaltene Hauptmietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers dahin, daß die auf § 16 Abs 1 Z 4 MG gestützte freie Mietzinsvereinbarung zwischen dem 1.Jänner 1968 und dem 30.Juni 1968 abgeschlossen worden sei. Der Antragsteller habe den ihm auf Grund dieser Vereinbarung vorgeschriebenen Hauptmietzins in der Folge auch bezahlt. Dem wiederum hielt der Antragsteller entgegen, daß es weder ausdrücklich noch konkludent zum Abschluß einer den Hauptmietzins erhöhenden Vereinbarung gekommen sei; (gültig) vereinbart habe man vielmehr den Friedenskronenzins. Die von den Antragsgegnern behauptete (neue) Mietzinsvereinbarung sei im übrigen nicht rechtsgültig, weil sie "dem § 43 MRG widerspreche".

Das Erstgericht entschied daraufhin gemäß § 40a JN, daß das Begehren des Antragstellers, das jeweilige Ausmaß der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses festzustellen und den Antragsgegnern die Zurückzahlung der Überschreitungsbeträge aufzutragen, im streitigen Rechtsweg zu behandeln und zu erledigen sei. Es trug der "klagenden Partei" auf, ihren das Verfahren einleitenden Schriftsatz so zu verbessern, daß er den inhaltlichen Anforderungen einer Feststellungs- und Leistungsklage entspricht. Die Kosten des bisherigen Verfahrens wurden gegenseitig aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß keine im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG zu erledigende Angelegenheit vorliege, wenn der Mieter die Feststellung begehrte, daß ein in anderer Höhe als vereinbart vorgeschriebener Mietzins unzulässig sei. Damit werde nämlich die Überprüfung vereinbarungswidriger Mietzinsvorschreibungen verlangt. Ob eine vom wirksam vereinbarten Hauptmietzins abweichende vertragliche Vereinbarung zustande kam, sei jedoch - mangels eines passenden Kompetenztatbestandes in § 37 Abs 1 MRG - dem außerstreitigen Verfahren entzogen. Voraussetzung eines im außerstreitigen Verfahren durchzusetzenden Mietzinsüberprüfungsbegehrens sei zunächst einmal die Behauptung eines Konsenses über die vorgeschriebene (allenfalls durch eine Wertsicherungsklausel modifizierte) Mietzinshöhe; Gegenstand des außerstreitigen Verfahrens sei sodann der Vergleich des paktierten Mietzinses mit den Preisregelungsvorschriften.

Hier habe der Antragsteller nicht die Überprüfung der Mietzinsvorschreibungen an Hand des Gesetzes, sondern an Hand der vertraglichen Einigung begehrt. Das außerstreitige Verfahren stehe ihm daher nicht zur Verfügung. Ob im Jahr 1968 eine (konkludente) Mietzinsvereinbarung zustandekam, die die hier strittigen Mietzinsvorschreibungen deckt, sei nicht zu prüfen, weil der Antrag nicht darauf gerichtet war, die Zulässigkeit der Erhöhung des Hauptmietzinses von anfänglich S 1,-- pro Friedenskrone auf S 2,-- pro Friedenskrone per 1.Jänner 1968 und auf S 3,-- pro Friedenskrone per 1.Jänner 1969 zu überprüfen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Auch wenn der Außerstreitrichter das Zustandekommen einer Mietzinsvereinbarung als Vorfrage überprüfen könne, liege im gegenständlichen Fall eine ins streitige Verfahren verwiesene Angelegenheit vor, weil es sich bei der Frage, ob die von den Antragsgegnern behauptete (konkludente) Mietzinsvereinbarung zustandekam, in Wahrheit um die Hauptfrage der gerichtlichen Auseinandersetzung handle. Der Antragsteller gehe nämlich nicht davon aus, daß der ihm vorgeschriebene Hauptmietzins selbst bei Zustandekommen der fraglichen Vereinbarung gesetzlich unzulässig wäre; er bestreite vielmehr das Zustandekommen der von den Antragsgegnern behaupteten Mietzinsvereinbarung und mache damit eine der tatsächlichen (ursprünglichen) Vereinbarung widersprechende Mietzinsvorschreibung geltend. Weder in seinem Antrag noch im späteren Verfahren habe er sich darauf berufen, daß die Erhöhung des Mietzinses von S 1,-- pro Friedenskrone auf S 3,-- pro Friedenskrone am 1.Jänner 1969 gesetzlich unzulässig gewesen sei.

Der Beschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß bereits eine höchstgerichtliche Judikatur vorliege, wonach die Frage, inwieweit der Hauptmietzins der Parteienvereinbarung entspricht, auf den streitigen Rechtsweg gehört (MietSlg. 37.493/15 und 39.503; 5 Ob 14/92).

Gegen diesen Beschluß, der zwar kein Sachbeschluß ist, aber gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 521a Abs 1 Z 3 ZPO und 528 Abs 2 Z 2 ZPO der Anfechtung in einem zweiseitigen Rekursverfahren unterliegt (vgl. EvBl 1986/6; EvBl 1988/101; EvBl 1990/173; EvBl 1991/62, 85 und 159; 5 Ob 1079/91; Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 2.017/1), wenn eine iSd § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage vorliegt (WoBl 1991, 212/128), hat der Antragsteller fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Begehren erhoben, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, weiters festzustellen, daß die Vorschreibung eines S 208,33 übersteigenden Mietzinses nicht dem Gesetz entspricht, und die Antragsgegner zur Bezahlung des Überschreitungsbetrages inklusive 4 % Zinsen und Umsatzsteuer zu verpflichten.

Den Antragsgegnern wurde die Revisionsbeantwortung freigestellt. Sie haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung des zweitinstanzlichen Beschlusses begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und letztlich auch berechtigt, weil er die für die Rechtssicherheit bedeutsame und von den Vorinstanzen im Ergebnis unrichtig gelöste Frage der Abgrenzung der außerstreitigen von der streitigen Gerichtsbarkeit aufgreift. Wie der Antragsteller zu Recht rügt, wurde der Vorfragencharakter der Auseinandersetzung um den Abschluß einer die ursprüngliche Mietzinsvereinbrung ersetzenden neuen (diesfalls dem § 16 Abs 1 Z 4 MRG zu unterstellenden) Vereinbarung verkannt.

Auszugehen ist davon, daß gemäß § 40a JN allein das Begehren und das Vorbringen der den Rechtsschutzantrag stellenden Partei Beurteilungsgrundlagen dafür liefern kann, in welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln und zu erledigen ist. Ohne Einfluß ist hingegen, was der Gegner einwendet (MietSlg 37/15; MietSlg 39.503; EFSlg 46.597 ua). Demnach kann die Einwendung der Antragsgegner, mit dem Antragsteller im ersten Halbjahr 1968 (ausdrücklich oder konkludent) eine freie Mietzinsvereinbarung iSd § 16 Abs 1 Z 4 MG geschlossen zu haben, die die Vereinbarung vom 9.Jänner 1946 hinfällig machte, für die Wahl der Verfahrensart nicht ausschlaggebend sein.

Der Antragsteller selbst hat schlicht die Überprüfung der ihm seit 1. Jänner 1982 vorgeschriebenen Hauptmietzinse sowie die Schaffung eines entsprechenden Rückzahlungstitels begehrt und die von den Antragsgegnern behauptete, den ursprünglichen Mietvertrag abändernde (freie) Mietzinsvereinbarung bestritten. Sein Vorbringen, er habe mit den Antragsgegnern - bei Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 1946 - den Friedenskronenzins vereinbart, ist lediglich als Argument zu verstehen, daß er die Vorschreibung eines davon abweichenden Hauptmietzinses jedenfalls insoweit für ungesetzlich hält, als er den nach der Rechtslage bei Abschluß des ursprünglichen Mietvertrages zulässigen Hauptmietzins übersteigt. Auch der Hinweis auf § 43 MRG deutet in diese Richtung. Sein Vorbringen, die Begleichung des ihm vorgeschriebenen (nicht mit der ursprünglichen Vereinbarung übereinstimmenden) Mietzinses könne nicht als konkludente Zustimmung zu einer Mietzinserhöhung gewertet werden, ist daher nicht als Begehren aufzufassen, mit Bindungswirkung die Ungültigkeit der von den Antragsgegnern behaupteten freien Mietzinsvereinbarung festzustellen.

Ob die diesbezügliche Behauptung der Antragsgegner zutrifft, war beim richtig verstandenen Begehren des Antragstellers, die Übereinstimmung des am 9.Jänner 1946 vereinbarten Hauptmietzinses mit dem gesetzlich zulässigen Hauptmietzins oder allenfalls den nach der Gesetzeslage tatsächlich zulässigen Hauptmietzins festzustellen, als Vorfrage zu klären. Eine derartige Vorfragenentscheidung ist im Rahmen eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG durchaus zulässig (MietSlg 39.503; WoBl 1989, 138/77; 7 Ob 668/90; 5 Ob 2/92). Die vom Rekursgericht für seine gegenteilige Rechtsansicht zitierten Entscheidungen MietSlg 37/15 und 5 Ob 14/92 besagen nur, daß eine rechtskraftfähige, mit Bindungswirkung ausgestattete Entscheidung über das Zustandekommen und die Gültigkeit einer Mietzinsvereinbarung dem Streitrichter vorbehalten ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E34081

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00157.92.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19921124_OGH0002_0050OB00157_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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