TE OGH 1992/11/24 10ObS196/92

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Edeltraud Haselmann und Robert Letz in der Sozialrechtsrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Dr.Franz K*****, vertreten durch Dr.Georg Stenitzer, Rechtsanwalt in Laa an der Thaya, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Niederösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Höherversicherungspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. April 1992, GZ 32 Rs 115/91-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 18. März 1991, GZ 15b Cgs 310/90-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des GSVG.) Mit Bescheid vom 19.5.1990 stellte die beklagte Partei auf Antrag des am 15.2.1925 geborenen Klägers vom 15.3.1990 fest, daß ihm ab 1.3.1990 eine Höherversicherungspension (§ 141) von mtl 3.797,10 S gebührt. Daß dieser Monatsbetrag gemäß § 141 Abs 5 richtig bemessen wurde, war und ist im Berufungs- und Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Die auf eine Höherversicherungspension von mtl 4.896,90 S gerichtete Klage stützt sich vielmehr darauf, daß der Monatsbetrag in der - betragsmäßig unbestrittenen - Höhe des besonderen Steigerungsbetrages für Beiträge zur Höherversicherung gemäß Abs 4 leg cit bemessen werden müßte, weil die in den genannten Absätzen vorgeschriebene unterschiedliche Bemessung dieses besonderen Steigerungsbetrages und der Höherversicherungspension verfassungsrechtlich bedenklich sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, weil die Höherversicherungspension nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Gesetzeslage nur in dem Ausmaß gebühre, wie sie im durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheid festgestellt wurde.

Das Erstgericht sprach aus, daß die begehrte Leistung nur im letztgenannten Ausmaß gebühre (Punkt 1.), und wies das auf eine höhere Leistung gerichtete Mehrbegehren ab (Punkt 1.), wobei es sich auf die geltende Gesetzeslage berief.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge.

Die unterschiedliche Bemessung des besonderen Steigerungsbetrages und der Höherversicherungspension nach den Abs 4 und 5 des § 141 sei - entgegen der Rechtsansicht des Berufungswerbers - sachlich begründet und daher verfassungsrechtlich unbedenklich.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil, "allenfalls nach Antragstellung gemäß Art 137ff B-VG an den Verfassungsgerichtshof" (gemeint offensichtlich:

nach einem vom Obersten Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG zu beantragenden Gesetzesprüfungsverfahren iS des Art 140 leg cit), im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 141 Abs 1 ist für Beiträge zur Höherversicherung, die für Versicherungszeiten geleistet wurden oder gemäß § 142 als geleistet gelten, ein besonderer Steigerungsbetrag zur Alters (Erwerbsunfähigkeits)pension zu gewähren.

Männliche Versicherte, die das 65.Lebensjahr ... vollendet, die Wartezeit für die Alterspension erfüllt, jedoch aus dem Grund der Nichterfüllung der besonderen Voraussetzungen des § 130 Abs 2, also im wesentlichen mangels Erlöschens der/des die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung/Verhältnisses am Stichtag, keinen Anspruch auf Alterspension haben, erhalten nach § 141 Abs 2 für die zur Höherversicherung geleisteten Beiträge auf Antrag eine Höherversicherungspension.

Nach § 141 Abs 4 und 5 S 1 sind für die Bemessung des besonderen Steigerungsbetrages gemäß Abs 1 und für die Bemessung der Höherversicherungspension gemäß Abs 2 Beiträge zur Höherversicherung, die für vor dem 1.1.1986 gelegene Versicherungszeiten geleistet wurden oder als geleistet gelten, mit den ihrer zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktoren (§ 47) aufzuwerten. Während aber der besondere Steigerungsbetrag nach Abs 4 S 2 für Beiträge zur Höherversicherung für Versicherungszeiten aus der Zeit vor dem 1.1.1986 monatlich 1 vH der Beiträge zur Höherversicherung beträgt, wird der Monatsbetrag der Höherversicherungspension nach Abs 5 S 2 in Hundertsätzen der zur Höherversicherung geleisteten Beiträge, entsprechend dem Alter des Versicherten im Zeitpunkt der Beitragsleistung, wie folgt bemessen:

Hundertsatz für Beiträge zur Höherv. geleistet im Alter

1,10                     bis zu 40 Jahren,

0,90                     von über 40 bis zu 50 Jahren,

0,75                     von über 50 bis zu 60 Jahren,

0,65                     von über 60 Jahren.

Aus den zit Bestimmungen ergibt sich, daß es sich beim besonderen Steigerungsbetrag zur Alters(Erwerbsunfähigkeits)pension nach § 141 Abs 1 um einen fallweisen Bestandteil einer solchen Pension im engeren Sinn handelt (Teschner in Tomandl, SV-System 5. ErgLfg 395, 411). Die Höherversicherungspension nach Abs 2 leg cit hingegen ist eine - im Leistungskatalog des § 112 Abs 1 allerdings nicht aufgezählte - eigenständige Leistung der Pensionsversicherung aus einem Versicherungsfall des Alters.

Schon dieser wesentliche Unterschied rechtfertigt eine verschiedene Bemessung des besonderen Steigerungsbetrages und der Höherversicherungspension. Daß für die Höherversicherungspension im Durchschnitt niedrigere Hundertsätze gelten als für den besonderen Steigerungsbetrag, hängt ua damit zusammen, daß die Höherversicherungspension bei Erreichung des Pensionsalters und Erfüllung der Wartezeit in Anspruch genommen werden kann, obwohl die/das die Pflichtversicherung begründende Berechtigung/Verhältnis noch aufrecht ist, so daß der Versicherte sowohl die Höherversicherungspension bezieht, als auch einen höheren Steigerungsbetrag nach § 139 iVm § 143 Abs 2 und Anspruch auf eine erhöhte Alterspension (Bonifikation) gemäß § 143 Abs 1 erwirbt (vgl Witek-Reiger, Leitfaden für die Pensionsversicherung der gewerblichen Wirtschaft 103f insb 106; RV zur 29.ASVGNov, abgedruckt bei Linseder-Teschner MGA GSVG 36. ErgLfg 371f). Überdies ist es bei bedeutenden Höherversicherungsbeiträgen, die bereits in frühen Lebensjahren geleistet wurden, denkbar, daß die Höherversicherungspension über dem besonderen Steigerungsbetrag gemäß § 141 Abs 4 liegt. Nach dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind aber nur unterschiedliche rechtliche Regelungen, die keine Grundlage in entsprechenden tatsächlichen Unterschieden haben, gleichheitswidrig (VfSlg 8600 ua), während wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich zu unterschiedlichen rechtlichen Regelungen führen müssen (VfSlg 8806 ua).

Der Oberste Gerichtshof hat daher gegen den von ihm anzuwendenden § 141 Abs 5 aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken, weshalb er beim Verfassungsgerichtshof keinen Antrag auf Aufhebung dieser Gesetzesstelle iS des Art 89 Abs 2 B-VG zu stellen hat.

Ob § 141 Abs 3 verfassungsrechtlich bedenklich ist, nach dem anstelle der Höherversicherungspension der besondere Steigerungsbetrag gemäß Abs 1 im Ausmaß der bisherigen Höherversicherungspension zu gewähren ist, wenn während des Bezuges der Höherversicherungspension die Alterspension gemäß § 130 anfällt, war im vorliegenden Verfahren, in dem es um das Ausmaß einer Höherversicherungspension geht, nicht zu prüfen. Der genannte Absatz wäre nur dann anzuwenden und daher iS des Art 89 Abs 2 B-VG präjudiziell, wenn es um das Ausmaß des besonderen Steigerungsbetrages zu einer während des Bezuges der Höherversicherungspension angefallenen Alterspension ginge.

Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E32280

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00196.92.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19921124_OGH0002_010OBS00196_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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