TE OGH 1992/11/24 10ObS280/92

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Robert Letz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann G*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Linz), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.August 1992, GZ 13 Rs 67/92-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 8.April 1992, GZ 8 Cgs 78/91-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 22.4.1991 lehnte die beklagte Partei den Antrag des am 2.11.1937 geborenen Klägers vom 20.2.1991 auf Invaliditätspension mangels Invalidität ab.

Die auf die abgelehnte Leistung ab 1.3.1991 gerichtete Klage, in der der Kläger zunächst keinen Berufsschutz geltend machte, stützte sich nach Ergänzung darauf, daß der Kläger Berufsschutz als landwirtschaftlicher Facharbeiter genieße und als solcher invalid sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie den behaupteten Berufsschutz bestritt.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Nach seinen wesentlichen Feststellungen erhielt der Kläger, der vorher keinen Beruf erlernt hatte, ein positives Abgangszeugnis der von ihm in den Winterhalbjahren 1959/60 und 1960/61 besuchten Landwirtschaftsschule des Landes Oberösterreich in Schlierbach. Mit Bescheid der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vom 23.März 1961 wurde ihm die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Landwirtschaftlicher Facharbeiter" zuerkannt. Seit 16.November 1964 ist der Kläger in einem Elektrizitätswerk, seit 1.Mai 1977 in einem aus diesem ausgegliederten Elektroinstallationsunternehmen beschäftigt. Im letztgenannten Betrieb war er zunächst nur im Leitungsbau (Kabelverlegung, Anschluß an Freileitungen, Betonieren von Grundfesten, Hilfe beim Mastenaufstellen usw.) tätig. Seit etwa zehn oder zwölf Jahren war er von Oktober bis Frühjahr jeden Jahres damit beschäftigt, im Bereich der elektrischen Freileitungen das Gelände von Bäumen und sonstigem Gehölz freizuhalten. Dabei sicherte er das Gelände, fällte Bäume, schnitt Holz und Stauden und arbeitete mit Motorsägen und sonst üblichem Holzgerät. "Im Sommer" (offenbar: in den übrigen Monaten des Jahres) war er weiterhin im Leitungsbau beschäftigt.

Der Kläger kann seit der Antragstellung leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten in jeder Körperhaltung, ausgenommen in ständig gebückter Haltung und Überkopfarbeiten, verrichten, jedoch keine Arbeiten, bei denen er Nässe und Kälte ausgesetzt ist, keine Arbeiten unter Zeitdruck, Nacht- und Schichtarbeit und keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Er kann Lasten bis 10 kg heben und tragen und den Arbeitsplatz erreichen.

In der rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger den Beruf eines landwirtschaftlichen Facharbeiters iS der damals geltenden Oberösterreichischen Berufsausbildungsordnung der Land- und Forstarbeiter oö LGBl 1955/57 erlernt habe, in dessen Tätigkeitsbereich auch "die Ausbildung in der Forstwirtschaft" falle, welches Fach der Kläger in der schon genannten Landwirtschaftsschule mit "sehr gut" abgeschlossen habe. Der Kläger habe im maßgeblichen Zeitraum vor dem Stichtag Forstarbeiten durchgeführt und genieße daher weiterhin Berufsschutz als landwirtschaftlicher Facharbeiter. Als solcher aber sei er invalid iS des § 255 Abs 1 ASVG.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinn ab.

Es vertrat die Rechtsmeinung, daß der Kläger im Beobachtungszeitraum nur unbedeutende Teiltätigkeiten des umfassenden Tätigkeitsbereiches eines landwirtschaftlichen Facharbeiters ausgeführt habe und deshalb keinen Berufsschutz genieße. Seine Invalidität sei daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen und zu verneinen, weil er zB noch als Parkgaragenkassier, Portier, Geschirrabräumer, Entgrater und Stanzer arbeiten könne.

Dagegen richtet sich die unbeantwortete Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 255 Abs 1 ASVG gilt ein Versicherter als invalid, wenn er überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig war.

Als überwiegend iS des Abs 1 gelten nach Abs 2 der zit. Gesetzesstelle solche erlernte (angelernte) Berufstätigkeiten, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2) ausgeübt wurden.

Selbst wenn die vom Kläger in den letzten zehn oder zwölf Jahren in den Monaten Oktober bis Frühjahr ausgeübten Rodungsarbeiten solche seines erlernten Berufes als landwirtschaftlicher Facharbeiter gewesen wären, hätte er diese dann qualifizierten Tätigkeiten nicht in mehr als der Hälfte der nach dem Pensionsakt während des Beobachtungszeitraumes mit Ausnahme der Monate November und Dezember 1990 lückenlosen Beitragsmonate nach dem ASVG ausgeübt, weil er im Beobachtungszeitraum vom 1.März 1976 bis 28.Februar 1991 während der ersten Jahre ausschließlich und dann etwa jeweils während eines halben Jahres Leitungsbauarbeiten ausführte, hinsichtlich derer nie Berufsschutz iS einer diesbezüglichen Anlernung behauptet wurde.

Schon deshalb wurde die Frage der Invalidität vom Berufungsgericht zutreffend nach § 255 Abs 3 ASVG beurteilt und verneint, ohne daß es ergänzender Feststellungen über das Berufsbild eines forstwirtschaftlichen Facharbeiters bedurfte.

Daher liegt auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) nicht vor (§ 510 leg cit).

Ob der Kläger als invalid iS des § 255 Abs 4 ASVG gilt, war in diesem Verfahren nicht zu prüfen, weil er das 55.Lebensjahr erst während des Revisionsverfahrens vollendet hat.

Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E32302

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00280.92.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19921124_OGH0002_010OBS00280_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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