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L40059 Prostitution Sittlichkeitspolizei Wien;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des E, geboren 1977, vertreten durch MMag. Dr. Irmtraud Oraz, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Goldschlagstraße 64/26, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. November 2005, Zl. SD 1894/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. November 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen brasilianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei zuletzt am 20. September 2005 nach Österreich eingereist und habe an einer bestimmten Adresse Unterkunft genommen, ohne sich behördlich anzumelden. Am 27. September 2005 sei der Beschwerdeführer wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen worden.
Bereits am 2. April 2005 sei der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 des Wiener Prostitutionsgesetzes und gemäß § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes rechtskräftig bestraft worden, weil er am 14. Februar 2005 in einem bestimmten Lokal der Prostitution nachgegangen sei.
Da der Beschwerdeführer somit wegen schwerwiegender Verstöße gegen Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt sei, rechtskräftig bestraft worden sei, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt.
Die Ausübung der Prostitution ohne entsprechende Meldung nach dem Wiener Prostitutionsgesetz sowie die Unterlassung der geforderten regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen stelle eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der die Prostitution regelnden Vorschriften sowie auf dem Gebiet des Gesundheitswesens dar. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher gerechtfertigt.
Auf Grund des kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sowie im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen in Österreich sei das Aufenthaltsverbot mit keinem Eingriff in das Privat- oder Familienleben verbunden. Aus diesem Grund sei weder zu prüfen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer gesteht zu, wegen unrechtmäßiger Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nach dem Wiener Prostitutionsgesetz und wegen einer Übertretung gemäß § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz - der nach dem Beschwerdevorbringen eine Übertretung der Verordnung über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht betreiben, zu Grunde liegt - rechtskräftig bestraft worden zu sein.
Da es sich hiebei um schwerwiegende Verstöße gegen Vorschriften handelt, mit denen die Prostitution geregelt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2005/18/0178), kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2. Die unrechtmäßige Ausübung bzw. Anbahnung der Prostitution stellt eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der die Prostitution regelnden Vorschriften sowie auf dem Gebiet des Gesundheitswesens dar. Auch der Verstoß gegen die Vorschriften der Verordnung über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht betreiben, wonach Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, verpflichtet sind, sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie danach regelmäßig einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen, ist als eine solche erhebliche Gefährdung einzustufen (vgl. auch dazu das vorzitierte hg. Erkenntnis).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen mehrmaligen Verstoß gegen diese Vorschriften vorgeworfen. Auf Grund der von der unrechtmäßigen Prostitutionsausübung bzw. -anbahnung ohne Durchführung der vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen ausgehenden großen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der Gesundheit kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie auf Grund dieses einmaligen Fehlverhaltens die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme als gerechtfertigt angesehen hat. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 36 Abs. 2 Z. 4 FrG bereits eine rechtskräftige Bestrafung wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die die Prostitution regelnden Vorschriften eine "bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1" darstellt, während bei den in § 36 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. genannten Übertretungen eine zweimalige Bestrafung gefordert ist.
Der seit der Übertretung verstrichene Zeitraum von etwa neun Monaten, in denen sich der Beschwerdeführer nach dem Beschwerdevorbringen "mehr oder minder wohlverhalten" hat, ist zu kurz, um auf einen Wegfall oder auch nur eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen schließen zu können.
Die belangte Behörde hat zwar erwähnt, dass der Beschwerdeführer nicht behördlich gemeldet gewesen und wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen worden sei, hat zur Begründung der in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme aber weder einen Verstoß gegen das Meldegesetz noch einen unrechtmäßigen Aufenthalt herangezogen. Daher erübrigt sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers rechtmäßig sei und er auch die melderechtlichen Vorschriften eingehalten habe. Hinzugefügt sei, dass entgegen dem Beschwerdevorbringen die Erlassung eines Aufenthaltsverbots auch gegen einen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden zulässig ist.
3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich erst seit 20. September 2005 in Österreich aufzuhalten und hier keine familiären Bindungen zu haben. Auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten Voraufenthalte von Februar 2004 bis 9. Juli 2004 und von Februar 2005 bis Anfang Mai 2005, kann die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot mit keinem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden und daher keine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG erforderlich sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35
Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Februar 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005180715.X00Im RIS seit
16.03.2006