Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie durch die fachkundigen Laienrichter Theodor Kubak und Franz Murmann in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** F*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei M***** ***** AG, *****, vertreten durch*****, Rechtsanwalt *****, wegen S 297.207 brutto und S 67.320 netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.August 1992, GZ 33 Ra 64/92-26, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.Dezember 1991, GZ 11 Cga 420/89-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 14.976 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 2.496 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht ist zutreffend, so daß es ausreicht, darauf zu verweisen (§ 48 ASGG).
Den Ausführungen der Revisionswerberin wird ergänzend folgendes entgegengehalten:
Daß der Kläger Unterlagen mit sich führte, die vor der Konkurrenz geheim zu halten waren, bildet keine Vertrauensunwürdigkeit. Der Kläger hatte für die Beklagte ein Regalschichtsystem auszuarbeiten. Diese Tätigkeit, für die er in ganz Österreich zuständig war, brachte es mit sich, daß er betriebliche Unterlagen (in denen sich auch Konditionsvereinbarungen befanden) bei auswärtigen Tätigkeiten benötigte; er führte daher diese Unterlagen im Auto mit und benötigte sie überdies in seiner Wohnung, weil er auch zu Hause arbeitete. Dem Kläger ist dies nie untersagt worden. Auch andere Bedienstete führten solche Unterlagen mit sich, weil dies oft unumgänglich war.
Daß er diese Unterlagen vor unbefugten Dritten nicht sorgfältig verwahrt hätte, ist nicht hervorgekommen. Die Beklagte behauptete nicht einmal, daß er sie Konkurrenzunternehmen zugänglich gemacht hätte. Selbst wenn der Kläger bei seinen Firmenbesuchen vertrauliche Unterlagen mit sich geführt haben sollte, die er dort nicht benötigte, aber deshalb mitnahm, weil sie sich in denselben Ordnern befanden, wäre dies nur eine Ordnungswidrigkeit aber kein Entlassungsgrund.
Bei dem Gespräch, das der Kläger in einem Konkurrenzunternehmen mit einem Verkaufsdirektor, der früher auch bei der Beklagten beschäftigt war, führte, als er sich für einen Posten bei diesem Unternehmen interessierte, hat er weder Geschäftsgeheimnisse verraten noch im Geschäftszweig seines Dienstgebers unerlaubte Handelsgeschäfte abgeschlossen oder sonstige, seine Vertrauensunwürdigkeit begründende Tätigkeiten vorgenommen. Ein "Restaurantkonzept" hat er für dieses Konkurrenzunternehmen nicht ausgearbeitet. Die kritischen Bemerkungen, die der Kläger bei diesem Gespräch über die Restaurants dieses Konkurrenzunternehmens machte - wobei er die Meinung äußerte, daß diese Restaurants aufgelassen oder allenfalls generalsaniert werden sollten - und die Vorschläge, die er dazu erstattete (Nennung einiger Standardspeisen, Einstellen besseren Personals, mehr Sauberkeit, getrennte Führung), waren so allgemeiner Natur (und zum Teil geradezu selbstverständlich), daß der Kläger dadurch wesentliche Interessen seiner Dienstgeberin nicht einmal berührt hat. Hiebei ist auch zu berücksichtigen, daß der Kläger bei der Beklagten damals gar nicht in diesem Geschäftszweig eingesetzt war, daß er aber lieber im Gastronomiebereich, in dem er sich auch bei der Beklagten als Leiter des Selbstbedienungsrestaurants "Billateria" bewährt hatte, gearbeitet hätte.
Eine Abwerbung anderer Dienstnehmer ist nicht erwiesen; die Initiative zur beruflichen Veränderung anderer Angestellter der Beklagten ist nicht vom Kläger, sondern von diesen selbst ausgegangen (vgl RdW 1988, 172); allgemeine Gespräche unter Dienstnehmern über Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen bei einem anderen Dienstgeber stellen den Tatbestand der Abwerbung nicht her.
An Angestellte in leitender Stellung sind zwar nach ständiger Rechtsprechung im allgemeinen strengere Anforderungen zu stellen; auch bei Anlegung eines solchen Maßstabes liegt aber ein Entlassungsgrund nicht vor.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E32159European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00285.92.1125.000Dokumentnummer
JJT_19921125_OGH0002_009OBA00285_9200000_000