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19/05 Menschenrechte;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des K, geboren 1962, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20/1/6b, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Oktober 2005, Zl. SD 1702/05, betreffend Versagung und Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Oktober 2005 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839 idF BGBl. Nr. 507/1995 (PassG), die Ausstellung eines österreichischen Reisepasses versagt und ihm der von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellte Reisepass Nr. A 0623481 gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG entzogen.
Der Beschwerdeführer sei am 20. März 2002 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 erster Fall, Abs. 4 Z. 3 SMG iVm § 12 zweiter Fall StGB und des Vergehens nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Er habe am 8. Oktober 2001 in Wien eine namentlich bekannte Person damit beauftragt, rund zwei Kilogramm Heroin mit rund 1480 Gramm Reinsubstanz von Bangkok (Thailand) aus- und nach Österreich einzuführen. Der Beschwerdeführer habe am 18. Oktober 2001 in Wien Suchtgift in einer großen Menge, nämlich rund 2 Kilogramm Heroin mit 1480 Gramm Reinsubstanz mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde. Er habe in der Absicht gehandelt, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Am 18. März 2003 sei er nach Verbüßung von 16 Monaten der Strafe gemäß § 46 Abs. 2 StGB bedingt aus der Strafhaft entlassen worden. Für den Rest der Strafe von acht Monaten sei eine Probezeit von drei Jahren bestimmt worden.
Das schwerwiegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers lasse den seit Begehung seiner Straftat (und Beendigung seiner Strafhaft) verstrichenen Zeitraum als zu kurz erscheinen, um davon ausgehen zu können, dass hinreichend Gewähr dafür geboten sei, dass der Beschwerdeführer den Reisepass künftig nicht zu den gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG verpönten Handlungen missbrauchen werde. Der Beschwerdeführer habe durch seine strafbare Handlung die von ihm ausgehende Gefahr dokumentiert. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG seien gegeben. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Verurteilung eine gewisse spezialpräventive Wirkung für den Beschwerdeführer habe, könne im Hinblick auf dessen bisheriges Vorleben nicht davon ausgegangen werden, dass er sich tatsächlich von der Suchtgiftszene gelöst habe bzw. lösen werde. Es werde noch einer relativ langen Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers bedürfen, um zu einer für ihn günstigen Prognose zu gelangen. Die im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG beschriebene Annahme sei gerechtfertigt. Umstände im Privat- bzw. Berufsleben des Beschwerdeführers seien für die Entscheidung ohne Relevanz. Der Behörde komme kein Ermessen zu.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG sind die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
2. Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer, wie oben (I. 1.) dargestellt, am 8. Oktober 2001 eine andere Person damit beauftragt, rund zwei Kilogramm Heroin von Thailand aus- und nach Österreich einzuführen. Er hat am 18. Oktober 2001 in Wien Suchtgift in dieser großen Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Durch diese Handlungen verwirklichte er den Verbrechenstatbestand nach § 28 Abs. 2 und 3 SMG. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass es nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftat nach dem SMG verwendet hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um die erste derartige Straftat gehandelt hat. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisepass würde einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern. In Anbetracht des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels in Bezug auf eine große Suchtgiftmenge besteht keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer im Bedarfsfall seinen Reisepass nicht zur Begehung solcher Straftaten verwenden würde. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer - wie er vorbringt - selbst nicht süchtig sei, bietet keine Gewähr dafür, dass er nicht erneut mit Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig handeln und seinen Reisepass nicht zu den im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG genannten Handlungen missbrauchen werde, zumal der seit der besagten Straftat verstrichene Zeitraum zu kurz ist, um die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen. Daran kann auch nichts ändern, dass der Beschwerdeführer - wie er vorbringt - seit 32 Monaten wieder in Freiheit ist, zu touristischen Zwecken die österreichischen Nachbarländer bereist, seine Familie in Thailand besucht und auch kurz in Malaysia gewesen ist. In Anbetracht des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, insbesondere der gewerbsmäßigen Vorgangsweise und der großen Suchtgiftmenge - somit einer Menge an Suchtgift, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 2 iVm Abs. 6 SMG) -, begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass für den Beschwerdeführer keine positive Verhaltensprognose erstellt werden könne und die in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG genannte Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.
Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde weder den Strafakt des Landesgerichtes für Strafsachen Wien noch den Vollzugsakt der Justizanstalt Hirtenberg beigeschafft und auch dem Antrag auf Einvernahme des Beschwerdeführers nicht entsprochen habe. Hätte die belangte Behörde die Beweisanträge durchgeführt, "so hätte sie zu einer anderen, positiven Zukunftsprognose und sohin zu einem anderen Bescheid kommen können". Damit wird aber bereits deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil die Beschwerde nicht darlegt, welche Tatsachenfeststellungen sich aus welchen konkreten Aktenstücken ergeben sollen. Die Berufung auf einen Akt schlechthin stellt kein zulässiges Beweisanbot dar (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, Zl. 2002/18/0224). Ferner liegt auch in der Abstandnahme von der mündlichen Anhörung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde kein Verfahrensmangel, weil ein subjektives Recht, von der Behörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis Zl. 2002/18/0224, mwN).
3. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe in Thailand eine Lebensgefährtin und zwei Kinder (ein leibliches und ein Stiefkind) kann die Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK unter Gesetzesvorbehalt steht, der einen gesetzlich vorgesehenen Eingriff unter anderem zur Verhinderung von Straftaten und zum Schutz der Gesundheit anderer rechtfertigt und die vorliegend ausgesprochene Versagung der Ausstellung bzw. Entziehung eines Reisepasses gerade diesen Zwecken dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0284, mwN).
4. Auf dem Boden des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes kann gesagt werden, dass dem öffentlichen Wohl durch die Verfügungsmöglichkeit des Beschwerdeführers über seinen Reisepass ein derart gravierender Nachteil gedroht hat, dass die vorzeitige Vollstreckung des erstinstanzlichen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten gewesen ist. Daher erweist sich der angefochtene Bescheid auch im Umfang des in Bezug auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung nach § 64 Abs. 2 AVG getroffenen Ausspruches nicht als rechtswidrig.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. In Anbetracht dieser Erledigung erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 17. Februar 2006
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des BeweisantragesBeweismittel UrkundenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweismittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005180681.X00Im RIS seit
13.03.2006Zuletzt aktualisiert am
12.04.2012