TE OGH 1992/11/26 8Ob15/92

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Veröffentlicht am 26.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****bank r*****, vertreten durch Dr.Franz Bernhard, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1. Guntram M*****, 2. Gisela M*****, beide vertreten durch Dr.Gerold Hirn und Dr.Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen S 1,200.000,-- sA., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17. August 1992, GZ 2 R 210/92-10, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 15. Juni 1992, GZ 5 Cg 77/92-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der beiden Beklagten und die zur Revision des Erstbeklagten erstattete Revisionsbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei, die Zweitbeklagte zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu verurteilen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erließ auf Grund des von der klagenden Bank vorgelegten, von den beiden Beklagten als Akzeptanten unterschriebenen Wechsels vom 27.3.1992 antragsgemäß den Wechselzahlungsauftrag vom 1.4.1992 über S 1,200.000,-- sA. Dagegen erhoben die Beklagten folgende Einwendungen:

Die Abdeckung ihrer Schuld bei der klagenden Bank geschehe derzeit im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens, in dem ein Meistbot von S 17,500.000,-- erzielt worden sei. Die klagende Bank habe auch ein Sparbuch der Beklagten mit einem Einlagestand von nahezu S 1,000.000,-- als Pfand und ein gegen die beklagten Parteien ergangenes Urteil über einen Betrag von S 750.000,-- in Händen. Wie groß die offene Gesamtforderung der klagenden Bank sei, stehe derzeit nicht fest und auch die Frage einer Deckung aus dem Meistbot sei nicht geklärt. Nicht bestritten werde allerdings, daß die offenen Verbindlichkeiten der Beklagten bei der klagenden Bank die Beträge von S 750.000,-- und S 1,200.000,-- überstiegen.

Dem entgegnete die klagende Bank, daß ihre Forderung S 14,2 Mio. betrage und lediglich ein Titel über S 750.000,-- vorliege. Zuweisungen aus dem Meistbot seien noch nicht erfolgt, sodaß eine Aufrechenbarkeit der Forderung nicht gegeben sei.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht und verurteilte die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Klagebetrages sA. Es stellte fest:

Die klagende Bank ist zur Hereinbringung ihrer durch Urteil zuerkannten Forderung von S 750.000,-- dem gegen den Erstbeklagten als Liegenschaftseigentümer geführten Zwangsversteigerungsverfahren beigetreten. In diesem wurde ein Meistbot von S 16,3 Mio. erzielt, das bisher noch nicht erlegt wurde. Auf den in Exekution gezogenen Liegenschaften des Erstbeklagten sind zugunsten der klagenden Bank Höchstbetragspfandrechte in der Gesamthöhe von S 10,640.000,-- eingetragen.

In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, mangels bisheriger Auszahlung des Meistbotes und Abdeckung der Forderung der klagenden Bank habe diese das Recht, hinsichtlich des unstrittig von den Beklagten geschuldeten Betrages von S 1,2 Mio. einen Titel zu erwirken.

Das Berufungsgericht bestätigte das inhaltlich allein mit der Rechtsrüge bekämpfte erstgerichtliche Urteil. Es erklärte, die Revision für zulässig und führte zur Begründung aus:

Der Argumentation der Beklagten, die klagende Bank habe im Verfahren vor dem Erstgericht Pfanddeckungen von S 12,040.000,-- und S 955.000,-- in Abzug gebracht, sodaß bei dieser Abrechnungsweise geprüft werden müsse, ob noch ein dem Klagebegehren entsprechender Restsaldo verbleibe, sei nicht beizupflichten. Die Rechtsmittelwerber bezweifelten selbst nicht, daß die durch Zahlung noch nicht beglichene Forderung der klagenden Bank die Beträge von S 750.000,-- und S 1,200.000,-- übersteige und fällig sei. Die klagende Bank sei daher berechtigt, Teilbeträge ihrer Darlehensforderung einzuklagen. Die Erwartung, aus der Pfanddeckung in Zukunft Zahlung zu erlangen, stehe dem nicht entgegen. Lediglich dann, wenn die klagende Bank ausdrücklich erklärt hätte, ihre Forderung im Rahmen der Pfandabdeckung nicht gerichtlich geltend zu machen, läge ein Verzicht auf die Geltendmachung der Fälligkeit vor. Dies sei aber nicht der Fall, denn die bloße Darstellung der klagenden Bank über die zahlenmäßigen Pfanddeckungen stelle auch unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB keinesfalls einen Verzicht dar, zumal sich die klagende Bank ausdrücklich auf die volle Forderung beziehe und eine Verrechnung mit den in Zukunft zu erwartenden Zahlungen abgelehnt habe. Ihre Darstellung bedeute nur eine prozessual nicht relevante Bekanntgabe des Motivs dafür, warum nur ein Teil der Gesamtforderung eingeklagt werde.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beiden Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klageabweisung. Sie führen aus, in ihrem Schriftsatz vom 13.5.1992 habe die klagende Bank die aus dem Versteigerungsverfahren noch nicht eingelangte Zuweisung von S 12,040.000,-- ausdrücklich in Abzug gebracht und sei dadurch zu einer Unterdeckung und einem offenen Klagebetrag von S 1,2 Mio. gekommen. Damit habe die klagende Bank eine "klare Widmung und Abrechnung" vorgenommen und die Pfanddeckung sowie das Sparguthaben bereits in Abzug gebracht und nur den verbleibenden Restsaldo geltend gemacht. Hierin liege zweifellos ein Verzicht. Davon abgesehen habe die klagende Bank jedenfalls eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie für die genannten "Summen" keinen Exekutionstitel wünsche, sondern lediglich für den eingeklagten Betrag, sodaß sie diesen belegen und daher den offenen Gesamtsaldo beweisen müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus nachstehenden Gründen unzulässig und war daher zurückzuweisen:

Nach dem im Akt erliegenden Amtsvermerk vom 29.9.1992 (ON 12) und der Mitteilung des Masseverwalters vom 29.9.1992 (ON 13) mit angeschlossener Kopie des Konkursediktes wurde über das Vermögen des Erstbeklagten am 11.9.1992 zu S 41/92 des Landesgerichtes Feldkirch das Konkursverfahren eröffnet.

Gemäß § 7 Abs 1 KO werden durch die Konkurseröffnung alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten - mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 KO genannten, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen - unterbrochen. Nach Eintritt der Unterbrechung sind Gerichtshandlungen, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung tragen, während des Stillstandes des Verfahrens unzulässig (EvBl 1979/115 S 352; EvBl 1982/119 S 401; 8 Ob 5/92 ua). Von der Unterbrechung im Konkurs wird nicht nur das erstgerichtliche Verfahren, sondern auch das Rechtsmittelverfahren betroffen (7 Ob 647/87; 8 Ob 5/92). In der Erhebung einer Revision kann kein Antrag auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gemäß § 7 Abs 2 KO erblickt werden (SZ 41/93; SZ 45/19; 6 Ob 582/87 ua). Wird der Konkurs vor der Erhebung der Revision eröffnet, so ist diese und auch die Revisionsbeantwortung zurückzuweisen (SZ 44/63; SZ 49/135; SZ 51/150 ua).

Im vorliegenden Falle wurde die Revision am 16.9.1992 und die Revisionsbeantwortung am 20.10.1992 und damit jeweils nach der am 11.9.1992 erfolgten Konkurseröffnung beim Erstgericht eingebracht. Diese Rechtsmittelschriften sind daher, soweit sie den Erstbeklagten betreffen, schon aus den dargestellten Gründen unzulässig und daher zurückzuweisen.

Die Zweitbeklagte hat - ebenso wie der Erstbeklagte - der eingeklagten Wechselforderung ausschließlich die Einwendung entgegengehalten, die Klage sei verfehlt, weil sie "eine Abdeckung des durch die Versteigerung nicht gedeckten Saldos zum Inhalt habe" und aus der Geltendmachung eines "Pauschalbetrages von S 1,2 Mio."

hervorgehe, daß sich die klagende Partei über den tatsächlich zu ihren Gunsten offenen Betrag nicht im klaren sei. Eine ausdrückliche Behauptung, dem eingeklagten Wechsel liege eine fällige und unbeglichene Forderung der klagenden Bank in dieser Höhe gar nicht zugrunde, hat die Zweitbeklagte von Anfang an nicht aufgestellt und schließlich ausdrücklich zugestanden (ON 5 AS 24) daß ohne Berücksichtigung des Meistbotes ihre durch den Wechsel gesicherten Verbindlichkeiten gegenüber der klagenden Bank auch unter Bedachtnahme auf die Titelschuld von S 750.000,-- den Betrag von S 1,2 Mio jedenfalls übersteigen.

In ihrem Schriftsatz ON 4 hatte die klagende Bank rechnerisch dargestellt, daß sich selbst im Hinblick auf ihre Pfandrechte letztlich eine Unterdeckung von S 1,221.804,-- und damit die geltendgemachte Wechselforderung ergibt. Hieran knüpfte die Zweitbeklagte sodann die Erklärung (ON 5 AS 21), die klagende Bank habe "ausdrücklich den Betrag geltendgemacht, der nach Abzug der Meistbotszuweisung und der bereits vorhandenen Sicherheiten noch nicht gedeckt ist. Dies heißt, daß bei Klärung der Berechtigung des Klagebetrages die Ergebnisse der Meistbotsverteilung abzuwarten sind."

Diese in der vorstehenden Erklärung zuletzt gezogene Schlußfolgerung der Zweitbeklagten, die von der klagenden Bank gegebene rechnerische Darstellung der Unterdeckung habe zur Folge, "daß die Ergebnisse der Meistbotsverteilung abzuwarten sind", ist jedoch unhaltbar, denn sie widerspricht ganz offenbar den Sprachregeln und Denkgesetzen. Aus der bloßen Saldoerrechnung der klagenden Bank ergibt sich nämlich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß sie auf die gerichtliche Geltendmachung ihrer Forderung und insbesondere auch der nicht durch Pfandrechte gesicherten Forderungsteile verzichtet habe. Ihre Prozeßführung beweist vielmehr ebenso das Gegenteil wie ihre im Verfahren abgegebene ausdrückliche Erklärung (ON 5 AS 22), "aus der Einklagung bloß eines Teilbetrages von S 1,2 Mio kann nicht abgeleitet werden, daß die klagende Partei mit einer Verrechnung mit den Beträgen, die ihr aufgrund der Meistbotsverteilung zugewiesen werden, einverstanden ist."

Demgemäß kann aber auch der Begründung des Berufungsgerichtes für die von ihm ausgesprochene Zulassung der Revision, die Beurteilung der Frage eines prozessualen Verzichtes auf die gerichtliche Geltendmachung der Klageforderung stelle hier eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, nicht gefolgt werden.

Mangels Bindung des Revisionsgerichtes an den berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) war somit auch die Revision der Zweitbeklagten - dieser Zurückweisungsgrund würde zusätzlich auch für die Revision des Erstbeklagten gelten - als unzulässig zurückzuweisen.

Da die klagende Bank auf die Unzulässigkeit der Revision der Zweitbeklagten nicht hingewiesen hat, diente ihre Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, sodaß hierfür im Sinne der ständigen Rechtsprechung Kostenersatz nicht gebührt.

Anmerkung

E30909

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00015.92.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19921126_OGH0002_0080OB00015_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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