TE OGH 1992/11/26 7Ob23/92

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Veröffentlicht am 26.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst N*****, vertreten durch Dr.Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherung*****, Versicherungs-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,300.000,-- s.A. (Revisionsstreitwert S 750.000,-- s.A.) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14.Mai 1992, GZ 5 R 41/92-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22.Oktober 1991 , GZ 16 Cg 83/90-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für das Revisionsverfahren wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Von der Lösung der Frage, ob eine Meinungsverschiedenheit zwischen Versichererer und Versicherungsnehmer über die Höhe einer Abschlagszahlung zu den nach Art.14 AUVB 1976 der Ärztekommission vorbehaltenen Streitfällen zählt, hängt die Entscheidung nicht ab. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann auf das vereinbarte Sachverständigenverfahren - auch konkludent - verzichtet werden (VersRdSch 1989/172; SZ 52/64; SZ 38/138; 7 Ob 1/91; 7 Ob 48/91 uva). Ob ein Verzicht anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des Falles. Als konkludenter Verzicht ist unter anderem angesehen worden, daß sich der Versicherer im Prozeß auf ärztliche Sachverständige berief und auch den für die Durchführung dieses Beweises aufgetragenen Kostenvorschuß erlegte (VersRdSch 1989/172; 7 Ob 33/70).

Folgt man dem Standpunkt der beklagten Partei, daß das in Art.14 AUVB 1976 vereinbarte Sachverständigenverfahren auch für Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der vom Versicherungsnehmer begehrten Abschlagszahlung gilt, muß auch Z 2 des Art.14 AUVB sinngemäß zur Anwendung kommen. Nach Vorlage der Bescheinigungen für die begehrte Abschlagszahlung durch den Kläger (Art.12 Z 2 AUVB 1976) hätte die beklagte Partei dann entweder dem Kläger erklären müssen, inwieweit sie den Anspruch auf Abschlagszahlung anerkennt und ihn auf die Möglichkeit, die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen, hinweisen oder von dem ihr eingeräumten Recht Gebrauch machen müssen, selbst die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen (Art.14 Z 2 letzter Satz AUVB 1976). Hier hat die beklagte Partei keine dieser vertraglich vorgezeichneten Möglichkeiten gewählt und, ungeachet des Umstandes, daß die Anspruchserhebung durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Klägers erfolgte, dem Kläger selbst eine Entschädigungsquittung über die von ihr als berechtigt erkannte Abschlagszahlung mit der Bitte um Unterfertigung und Retournierung übermittelt. Für den Fall der Anwendbarkeit des Sachverständigenverfahrens ergibt sich daraus, daß sich die beklagte Partei selbst nicht an die hiefür vereinbarte Vorgangsweise gehalten hat. Dies läßt aber keinen Zweifel übrig, daß die beklagte Partei nicht im Sinne der getroffenen Vereinbarung vorgehen wollte und auf das Sachverständigenverfahren verzichtet. Der einmal abgegebene Verzicht kann durch nachträgliches Verlangen, ein Sachverständigenverfahren durchzuführen, nicht mehr einseitig gegenstandslos gemacht werden (VersRdSch 1989/172). Es ist daher bedeutungslos, daß die beklagte Partei nach Klagserhebung ein Sachverständigenverfahren verlangte, und es kann auch unerörtert bleiben, aus welchem Grund dieses Verfahren unterblieb und ob allenfalls auch noch im Verhalten der beklagten Partei im vorliegenden Rechtsstreit im Sinne der obigen Darlegungen ein Verzicht auf das Sachverständigenverfahren erblickt werden könnte.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß der Oberste Gerichtshof schon seit einigen Jahren von dem Rechtssatz, allgemeine Versicherungsbedingungen seien wie Gesetze auszulegen, abgegangen ist (siehe ua SZ 62/29).

Demgemäß ist die Revision zurückzuweisen.

Die Zurückweisung konnte sich auf die Ausführung des Zurückweisungsgrundes beschränken (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, steht ihm auch kein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu.

Anmerkung

E30435

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00023.92.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19921126_OGH0002_0070OB00023_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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