Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****U*****, vertreten durch Dr.Albin Ortner und Dr.Hans Jalovetz, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei W***** U*****, vertreten durch Dr.Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 227.551,20 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. März 1992, GZ 1 a R 111/92-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Lienz vom 23. Dezember 1991, GZ 1 C 29/91g-7, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.200,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.700,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind nach wie vor in aufrechter Ehe verheiratet. Der Beklagte ist aufgrund eines Versäumungsurteiles verpflichtet, der Klägerin einen monatlichen Unterhalt von S 12.000 zu bezahlen. Die Ehewohnung befindet sich im Haus, das dem Beklagten gehört. Neben dem laufenden Unterhalt von monatlich S 12.000 bezahlt der Beklagte auch die Strom-, Heizungs- und Telefonkosten für die Ehewohnung.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 227.551,20 sA. Sie brachte vor, daß der Beklagte die eheliche Wohnung nur mehr sporadisch und dies im wesentlichen als Durchgang zum Zwecke der Erreichung von Büro- und Wohnräumlichkeiten im darüberliegenden Stockwerk benütze. Die Wohnung sei abgenützt und in einem "katastrophalem Zustand". Der Beklagte habe in den letzten zehn Jahren faktisch nichts mehr investiert. Zur Renovierung der Wohnung und Anschaffung notwendiger Möbel und Küchengeräte seien S
223.990 erforderlich. Überdies seien ihr für einen notwendigen Kuraufenthalt S 3.561,20 an Kosten entstanden, die sie ebenfalls ersetzt verlange; auch hiebei handle es sich um einen Sonderanspruch im Rahmen des Unterhaltsanspruchs, für welchen die Unterhaltsleistung keine Deckung biete.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß nach Aufhebung der Ehegemeinschaft der Unterhalt lediglich in einer Geldsumme zu leisten sei. Die Klägerin könne daher von ihm nicht die Bezahlung verschiedener Herstellungsarbeiten in der Ehewohnung und die Anschaffung neuer Haushaltsgeräte begehren.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Sei der Beklagte - wie hier - rechtskräftig zur Zahlung von Geldunterhalt verpflichtet, sei grundsätzlich ein Gesamtunterhalt in Geld zu leisten. Die Klägerin habe auch im Hinblick auf den von ihr behaupteten "katastrophalen Zustand" der Wohnung keinen über den "laufenden Unterhaltsanspruch" hinausgehenden Anspruch auf "Unterhaltsleistung". Sie habe mit der in Form einer Geldrente gewährten Unterhaltsleistung auch die Auslagen für eine den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechende Wohnung abzudecken. Der Unterhaltsanspruch decke nämlich gewöhnlich sämtliche Lebensbedürfnisse des Unterhaltsberechtigten ab, sofern - wie hier - diese Kosten nicht ohnedies zumindest teilweise vom Unterhaltspflichtigen in natura getragen werden. Dementsprechend käme allenfalls eine Erhöhung der "Geldrente" insofern in Betracht, als die unterhaltsberechtigte Klägerin nicht in der Lage wäre, sich eine entsprechende Wohngelegenheit zu verschaffen. Wenn die Wohnung offenbar aufgrund natürlicher Abnützung in den vergangenen Jahren ihren an den Lebensverhältnissen des Beklagten zu orientierenden angemessenen Bedürfnissen nicht mehr entspreche, habe sie die Kosten zur Beseitigung dieses Zustandes aus dem bereits zugesprochenen Unterhalt zu bestreiten oder eventuell auf eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistung zu dringen. Da sie nicht behauptet habe, durch irgendwelche ungewöhnliche Umstände besonders dringlich zu finanzierende Ausgaben in außergewöhnlicher Höhe zu haben, sei auch nicht zu prüfen, ob der Beklagte zu einer zusätzlichen Unterhaltsleistung verhalten werden könne. Die geringen Mehrkosten anläßlich des Kuraufenthaltes fielen - umgelegt aufs Jahr - bei der Höhe des monatlichen Unterhalts der Klägerin nicht ins Gewicht und könnten ohne weiteres aus dem laufenden Unterhalt abgedeckt werden.
Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der laufende Unterhaltsbetrag auch zur Abdeckung der Kosten der Erhaltung einer Ehewohnung in einem den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Standard und somit auch zur Abdeckung der durch die Abnützung der Räumlichkeiten und des Inventars notwendigen Investitionen diene und inwieweit krankheitsbedingte Ausgaben gegenüber dem Unterhaltspflichtigen neben dem laufenden Unterhalt geltend gemacht werden könnten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Bei den behaupteten Verfahrensmängeln handelt es sich um der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Feststellungsmängel, die - wie sich aus der folgenden rechtlichen Beurteilung ergibt - nicht vorliegen; hat die Klägerin aus den laufenden, notfalls erhöhten monatlichen Unterhaltsleistungen die Kosten der Wohnungsrenovierung und des Kuraufenthaltes abzudecken, erübrigen sich in diesem Verfahren Erhebungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten.
Ob und inwieweit durch den Kuraufenthalt auch eine Eigenersparnis eingetreten ist, braucht nicht erhoben zu werden, weil es evident ist und daher nicht näher begründet zu werden braucht, daß die Klägerin bei einem monatlichen Unterhalt von S 12.000, aus dem sie keine laufenden Wohnungs-, Strom-, Heizungs- und Telefonkosten bestreiten muß, jedenfalls - umgelegt auf ein Jahr - Kurkosten von monatlich ca. S 300 bestreiten kann. Derart marginale Beträge im Verhältnis zum monatlichen Unterhalt (hier ca. 2,5 %) sind jedenfalls aus dem laufenden Unterhalt zu bezahlen und stellen keinesfalls einen gesondert abzugeltenden krankheitsbedingten Sonderbedarf dar.
Dem Berufungsgericht ist auch zuzustimmen, daß die durch die natürliche Abnützung der Wohnung und Einrichtung von Zeit zu Zeit anfallenden Renovierungs- und Neuanschaffungskosten kein gesondert einklagbarer Unterhaltssonderbedarf sind, sondern aus dem laufenden Unterhalt zu finanzieren sind (vgl EFSlg 47.645, wonach die Ausgaben für eine neue Zimmereinrichtung keinen Sonderbedarf des Minderjährigen darstellen). Mit solchen Aufwendungen ist zu rechnen, sie sind bei der Bemessung des laufenden Unterhalts mitzuberücksichtigen; für größere Renovierungen oder Neuanschaffungen ist laufend "anzusparen". Wenn die Renovierung oder Anschaffung in zumutbarer Weise nicht in angemessener Frist aus diesem Unterhalt vorgenommen werden kann, ist ein Antrag auf Erhöhung des laufenden Unterhalts zu stellen, dem stattzugeben ist, wenn er sich im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen hält. Wie der erkennende Senat bereits für übliche Anschaffungen und Ausgaben Minderjähriger ausgesprochen hat, stellt eine solche Vorgangsweise sicher, daß nicht wegen jeder größeren, aber üblichen Anschaffung oder Renovierung ein Antrag auf Unterhaltssonderbedarf gestellt wird. Abgesehen von der sinnlosen Mehrbelastung der Gerichte führen erfahrungsgemäß zusätzliche Gerichtsverfahren häufig zu weiteren Spannungen zwischen den Streitteilen, die besser vermieden werden.
Zum Einwand der Klägerin, es wäre unbillig, wenn die Unterhaltsberechtigte allein zur Wieder- oder Ersatzbeschaffung unbrauchbar gewordener Einrichtungen verpflichtet wäre, aber der andere Ehegatte im Rahmen des Aufteilungsverfahrens am Erfolg dieser Anstrengungen partizipieren würde, ist zu bemerken, daß der unterhaltspflichtige Ehegatte die Ersatzbeschaffung ohnedies im Rahmen des laufenden Unterhalts mitfinanziert, sie die Unterhaltsberechtigte nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft allein benützt und dieser Umstand nach einer Scheidung bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens ohne weiters mitberücksichtigt werden kann.
Der Revision der Klägerin ist daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E30182European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00580.92.1126.000Dokumentnummer
JJT_19921126_OGH0002_0080OB00580_9200000_000