TE OGH 1992/12/3 12Os126/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, Dr.Rzeszut, Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag.Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Sunaj B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Sunaj B***** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Jugendschöffengericht vom 16.Juli 1992, GZ 1 a Vr 752/92-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr.Fabrizy, und des Verteidigers Dr.Krause, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 29.Jänner 1975 geborene jugoslawische Staatsangehörige Sunaj B***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat - zusammengefaßt wiedergegeben - am 5. Juni 1992 in Wien Resmije D***** durch im Urteil näher beschriebene Gewalttätigkeiten und Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 3, 5, 5 a, 9 lit.a und 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung.

Entgegen der Beschwerdebehauptung (Z 3) wurde der Angeklagte, der während der Vernehmung der Zeugin D***** aus dem Sitzungssaal entfernt worden war, nach dem - vollen Beweis machenden - Protokoll über die Hauptverhandlung - der Bestimmung des § 250 Abs. 1 StPO entsprechend - nach seiner Wiedereinführung nicht nur von deren Aussage in Kenntnis gesetzt, sondern vom Vorsitzenden auch unter Vorhalt der wesentlichen Teile dieser Aussage befragt (S 171). Darüber hinaus hat der Vorsitzende zu Beginn der am 16.Juli 1992 fortgesetzten Hauptverhandlung das bisherige Beweisergebnis zusammengefaßt wiedergegeben (S 193).

Mit der Behauptung, auf US 9 festgestellte Tathandlungen des Angeklagten seien aktenwidrig (Z 5), weil sie nicht den Angaben der Zeugin Resmije D***** in der Hauptverhandlung am 9.Juli 1992 entsprechen, wird der nur eine formale Vergleichung gestattende Nichtigkeitsgrund nicht zur Darstellung gebracht. Die Beschwerde übergeht nämlich in diesem Zusammenhang, daß die Tatrichter (auch) hier den in der Hauptverhandlung verlesenen (S 210) Angaben der Zeugin vor der Polizei folgten (S 27, US 12). Somit erweist sich dieses Vorbringen lediglich als unzulässige Anfechtung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung. Inwieweit sonst eine Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung vorliegen sollte, ist der im übrigen unsubstantiierten Mängelrüge nicht zu entnehmen.

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus den Akten auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Die Beschwerde beschränkt sich vielmehr auf die Darlegung der mangelnden Glaubwürdigkeit der Zeugin D***** und erschöpft sich somit nach Inhalt und Zielsetzung abermals in einer Anfechtung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, die gegen Entscheidungen von Kollegialgerichten nach wie vor unzulässig ist.

Wenn die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) das Fehlen von Feststellungen zur inneren Tatseite vermißt, übergeht sie die vom Erstgericht ohnedies ausdrücklich getroffene Konstatierung, daß es dem Angeklagten darauf ankam, das Mächen zu deflorieren, um die Heirat mit ihm zu erzwingen (US 7, 12, 13, 16). Entgegen der Beschwerde erweisen sich gesonderte Feststellungen zu seinem auf Anwendung von Gewalt und Entziehung der persönlichen Freiheit gerichteten Vorsatz als nicht erforderlich, weil sich die darauf gerichtete Willenskomponente zwanglos aus den Feststellungen zu seinem tatsächlichen Vorgehen ergibt, das auf eine Willensbeugung des Opfers gerichtet war.

Soweit der Angeklagte aus der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO unter Hervorhebung seiner dem Beischlaf mit Resmije D***** zugrundeliegenden Motivation einen entschuldigenden Verbotsirrtum (§ 9 StGB) geltend macht, übergeht er in seiner Argumentation zunächst die erwähnten Feststellungen des Erstgerichtes zur Willensbeugung des Opfers durch Anwendung von Gewalt und Entziehung der persönlichen Freiheit. Daß ihn die Sitte seines Landes zu einem solchen Vorgehen ermächtigt und er daher das Unrecht der Tat infolge eines Rechtsirrtums nicht erkannt hätte, wurde von ihm nie behauptet; seine Einlassung zielte vielmehr von Anfang an darauf ab, das Einverständnis des Mädchens glaubhaft zu machen, welchem Ziel auch das diesem abgenötigte Schreiben dienen sollte.

Insoweit der Angeklagte aber darüber hinaus sein vorsätzliches, die Eheschließung mit Resmije D***** anstrebendes Verhalten ("Diese Vorgangsweise ist Brauch und Sitte in meinem Heimatland und stellt dort keine Vergewaltigung dar") als auf Grund eines Bewertungsirrtums nicht schuldhaft darzustellen trachtet, genügt es, ihm zu erwidern, daß ihm - im Falle der Erweisbarkeit - ein derartiger Irrtum, an einem objektiv-subjektiven Doppelmaßstab (vgl. Leukauf-Steininger3 RN 10, 11 zu § 9 StGB) orientiert, vorwerfbar wäre, sodaß für Erörterungen dieses Schuldausschließungsgrundes kein Raum war.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 201 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG ein Jahr Freiheitsstrafe, von der gemäß § 43 a (Abs. 1 Z 3) StGB ein Teil von 8 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dabei wertete es die Wiederholung der Angriffe als erschwerend, als mildernd hingegen den teilweisen Beitrag zur Wahrheitsfindung und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel.

Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung einen Schuldspuch unter Vorbehalt der Strafe nach § 13 JGG, in eventu eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren gänzliche bedingte Nachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Von den tatrichterlichen Strafzumessungsgründen ausgehend, erweist sich die verhängte Freiheitsstrafe, insbesondere unter Berücksichtigung des vom Schöffengericht hervorgehobenen intensiven Tatvorsatzes des Berufungswerbers und des damit korrespondierenden mehrstündigen Tatzeitraumes - das Erstgericht spricht von lang dauernden Qualen des Opfers, ohne damit freilich (wie die angewendete Strafnorm zeigt) einen längere Zeit hindurch währenden qualvollen Zustand (§ 201 Abs. 3 StGB) zu bejahen - als keineswegs überzogene Sanktion und ist somit den beantragten Korrekturen nicht zugänglich.

Anmerkung

E34602

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00126.9200009.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19921203_OGH0002_0120OS00126_9200009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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