Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Hubert Tramposch und Dr.Paul Bauer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei W*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Klaus Gstrein und Dr.Ulrich Gstrein, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 64.980 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17.Juli 1992, GZ 3 a R 375/92-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. April 1992, GZ 28 C 711/91k-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.348,80 (darin enthalten S 724,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte, eine private Wohnbauerrichtungsgesellschaft, hat bereits zumindest eine Wohnhausanlage errichtet, für welche - im Rahmen der Subjektförderung - Wohnbauförderungsmittel gewährt wurden. In der Folge nahm sie das Bauprojekt "Wiesengrund" in Imst mit sieben Eigentumswohnung auf. Sie erteilte der Roman Walch OHG den Bauauftrag, welche den Rohbau bis zum Frühjahr 1990 errichtete. Die Beklagte verfügte damals über keine Konzession als Bauträger. Ihr Ansuchen um Erteilung der Nachsicht von diesem Erfordernis wurde - entgegen dem vorangegangenen Bauvorhaben - nicht bewilligt. Der Beklagten wurde am 24.3.1989 vom Amt der Tiroler Landesregierung mitgeteilt, daß die Wohnbauförderung für das Projekt "Wiesengrund" nur dann gewährt werde, wenn die Ausführung durch ein dazu berechtigtes Unternehmen erfolgt. Am 20.3.1990 legte die Roman Walch OGH als ausführendes Unternehmen dem Amt der Tiroler Landesregierung die Konzession für Baumeister und die Konzession für Bauträger vor.
Am 4.4.1990 erteilte die Beklagte der Klägerin einen bis 5.6.1990 befristeten Alleinvermittlungsauftrag für den Verkauf der im Rahmen des Projektes "Wiesengrund" zu errichtenden Eigentumswohnungen.
Bereits am 15.3.1990 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, daß das Wohnbauvorhaben mit ca 35 % der Kaufsumme gefördert sei und im Juni oder Juli 1990 fertiggestellt sein werde. In den Alleinvermittlungsauftrag wurde unter der Rubrik "Beziehbarkeit" das Jahr 1990 eingetragen. Weiters wurde vereinbart, daß sich der Alleinvermittlungsauftrag um weitere vier Monate verlängert, wenn innerhalb der ersten zwei Monate drei kleine Wohnungen oder zwei Großwohnungen verkauft werden; sollte dieser Verkauf bis zum 5.6.1990 nicht möglich sein, dann sollte die Klägerin berechtigt sein, das Objekt ohne Kostenersatz an eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft zu veräußern. Ob die Klägerin den Vermittlungsauftrag auch angenommen hätte, wenn eine Wohnbauförderung nicht möglich gewesen wäre, konnte nicht festgestellt werden.
Aufgrund der Vermittlungstätigkeit der Klägerin erstellten Maria und Meinrad Benedikt am 14.5.1990 das Anbot zum Kauf der Wohnung top.Nr.5 zum Gesamtkaufpreis von S 1,845.000. In dieses Anbot wurden als Übergabetermin "Herbst 90" und als spätester Bezugstermin "Oktober 90" eingetragen. Ob die Klägerin wegen dieses Bezugstermines mit der Beklagten noch einmal Rücksprache gehalten hat, konnte nicht festgestellt werden. Die Klägerin bemühte sich, für diese Kaufinteressenten die Wohnbauförderung zu erlangen. Das Amt der Tiroler Landesregierung teilte ihr jedoch mit, daß es noch nicht sicher sei, ob eine Wohnbauförderung gewährt werde. Daraufhin war es der Klägerin nicht mehr möglich, den Verkauf weiterer Eigentumswohnungen zu vermitteln. Die Beklagte nahm das Kaufanbot der Eheleute Benedikt nicht an.
Am 17.7.1990 stellte die Klägerin der Beklagten für den Geschäftsfall Benedikt die vereinbarte 3 %ige Provision in der Höhe von S 64.980 in Rechnung. Im Jahr 1991 verkaufte die Beklagte den Rohbau an die Roman Walch OHG, welche das Projekt fertigstellte. Diese erreichte am 22.3.1991 die definitive Förderungszusage. Ein weiterer Versuch der Klägerin, den Verkauf der Wohnung top.Nr.5 zwischen der Roman Walch OHG und den Eheleuten Benedikt zu vermitteln, schlug fehl, weil der den Eheleute Benedikt genannte Fertigstellungstermin bereits verstrichen war.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung der Provision für den Geschäftsfall Benedikt. Sie habe die Vermittlung erfolgreich durchgeführt. Im Vertrauen auf die Zusicherung der Beklagten, daß die Wohnbauförderung in Frage komme, habe sie sämtliche Unterlagen bei der Wohnbauförderungsstelle eingereicht und erst dann die Auskunft erhalten, daß die Beklagte keine Wohnbauförderung erhalten werde. Die übrigen Kaufinteressenten hätten deshalb von der Erstellung von Kaufanboten Abstand genommen. Die Beklagte habe somit auch vorvertragliche Aufklärungspflichten darüber verletzt, daß sie der Klägerin nicht mitgeteilt habe, überhaupt nicht förderungswillig bauen zu können.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Beim Abschluß des Alleinvermittlungsauftrages habe sie die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, daß ein Fertigstellungstermin erst genannt werden könne, wenn zumindest drei Wohnungen verkauft sind. Die Klägerin habe ohne Rücksprache mit der Beklagten mit den Eheleuten Benedikt einen für die Beklagte nicht annehmbaren Übergabetermin vereinbart. Die Käufer von Eigentumswohnungen hätten im Rahmen der Subjektförderung Wohnbauförderungsmittel erhalten.
Das Erstgericht gab der Klage mit Ausnahme des die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Zinsenbegehrens statt. Zusätzlich zu dem eingangs bereits wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch folgende Feststellungen:
Die Beklagte hat das Bauvorhaben "Wiesengrund" bereits zu einem Zeitpunkt begonnen, in dem noch keine Zusage über die Gewährung der Wohnbauförderung vorlag. Eine Bewilligung zum vorzeitigen Baubeginn wäre (von der Förderungsstelle) nicht erteilt worden. Nach Vorlage der erforderlichen Konzession durch die Roman Walch OHG blieb das zweite Hindernis für die Wohnbauförderung, daß mit dem Bau schon vor der Förderungszusage begonnen worden war, weiter bestehen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß der Provisionsanspruch entstanden sei; die Beklagte habe das Kaufanbot der Eheleute Benedikt nur deshalb nicht angenommen, weil sei die der Klägerin gegebenen Zusagen habe nicht einhalten können.
Das Berufungsgericht wies die Klage zur Gänze ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die von der Beklagten gerügten - bei der Darstellung des Ersturteiles wiedergegebenen - Feststellungen seien für die rechtliche Beurteilung nicht wesentlich, weshalb die Tatsachenrüge nicht zu behandeln gewesen sei. Dem Immobilienmakler gebühre die Provision nur für jedes durch seine Tätigkeit zustande gekommene Rechtsgeschäft. Im Gewerbe der Immobilienmakler bestehe ein von § 6 Abs 4 HVG abweichender Gebrauch, wonach die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit auch ohne besondere Zuführung von Vertragsinteressenten oder Entfaltung einer weiteren Vermittlungstätigkeit für die Begründung des Provisionsanspruches ausreiche. Die Voraussetzung für das Entstehen des Provisionsanspruches, nämlich der Abschluß des vermittelten Geschäftes, sei im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Gemäß § 9 ImmMV könne die Provision zwar auch für den Fall des Nichtzustandekommens dieses Geschäftes vereinbart werden, wenn die darin genannten Gründe auf Seiten des Geschäftsherrn vorliegen. Die Klägerin habe sich aber auf eine solche Vereinbarung nicht berufen. Diese hätte überdies konkret in der über den Vermittlungsauftrag errichteten Vertragsurkunde angeführt sein müssen. Eine solche Vereinbarung ergebe sich aber nicht aus den getroffenen Feststellungen.
Bei Fehlen einer besonderen Vereinbarung habe der Immobilienmakler zwar auch einen Schadenersatzanspruch, wenn der Geschäftsherr den vermittelten Geschäftsabschluß in der alleinigen Absicht vereitelt habe, den Vermittler um seine Provision zu bringen; Anspruch auf Schadenersatz bestehe auch, wenn die Ablehnung zum Abschluß des vermittelten Geschäfts durch den Geschäftsherrn aus besonderen Gründen gegen Treu und Glauben verstoße, wobei dieser Anwendungsbereich neben den Fällen beabsichtigter Vereitelung der Provision sehr eng sei. Grundsätzlich müsse es dabei bleiben, daß der Geschäftsherr den Abschluß vermittelter Geschäfte verweigern darf, ohne wegen der Ausübung dieses Rechtes ersatzpflichtig zu werden. Einen Schadenersatzanspruch aus derartigen Gründen habe die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, weil das Berufungsgericht den mit der Behauptung unrichtiger Zusagen über die Förderungswürdigkeit geltend gemachten Schadenersatzanspruch nicht behandelt hat; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Gemäß § 8 Abs 1 ImmMV dürfen Immobilienmakler für Vermittlungen Provisionen oder sonstige Vergütungen nur für den Fall, daß diese Vermittlungen erfolgreich sind (Abs 2) oder in den Fällen des § 9 ImmMV vereinbaren; gemäß Abs 2 dieser Bestimmung ist die Vermittlung nur dann als erfolgreich anzusehen, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustande gekommen ist oder wenn der (hier nicht maßgebende) Fall des § 13 Abs 2 ImmMV gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist ein Provisionsanspruch aufgrund der gemäß § 8 Abs 2 ImmMV zwischen den Parteien getroffenen Provisionsvereinbarung mangels Abschlusses des vermittelten Geschäftes nicht entstanden.
Gemäß § 9 Abs 1 Z 2 ImmMV darf der Immobilienmakler für den Fall, daß die Vermittlung trotz seiner zweckentsprechenden, auf eine Vermittlung gerichteten Tätigkeit nicht als erfolgreich im Sinne des § 8 Abs 2 ImmMV anzusehen ist, mit dem Auftraggeber eine dem § 8 Abs 1 ImmMV entsprechende Provision oder sonstige Vergütung ua dann "vorsehen", wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft nur deshalb nicht zustande kommt, weil es vom Auftraggeber gegen Treu und Glauben vereitelt wurde (zB wenn der Auftraggeber entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf ohne wichtigen Grund auf einen für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes erforderlichen bevorstehenden Rechtsakt verzichtet). Diese Bestimmung enthält nicht nur Standesrecht sondern auch Konsumentenschutzbestimmungen, auf die sich die Kunden der Immobilienmakler berufen können (SZ 53/117; EvBl 1978/178; ImmZ 1990, 436), wobei der Vermittlungsauftrag für den Kunden nicht ein Verbrauchergeschäft im Sinne des KSchG sein muß (ImmZ 1990, 436). Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, bedeutet das Wort "vorsehen" in § 9 Abs 1 ImmMV, daß in den dort taxativ aufgezählten Fällen eine ohne Rücksicht auf den Erfolg der Vermittlung zu zahlende Provision oder sonstige Vergütung nur verlangt werden darf, wenn das ausdrücklich vereinbart wurde; der bloße Hinweis im Vermittlungsauftrag auf § 9 ImmMV reicht dagegen nicht aus (MietSlg 32.591; EvBl 1982/178; MietSlg 35.722; ImmZ 1992, 170).
Die Klägerin hat sich zwar in erster Linie auf den Abschluß des vermittelten Geschäftes berufen, den Anspruch aber auch unter dem Aspekt verfolgt, daß das vermittelte Geschäft nicht abgeschlossen wurde. Sie hat jedoch nicht vorgetragen, daß ein Fall des § 9 ImmMV im Vermittlungsauftrag vorgesehen wurde; ihr Vorbringen, die Beklagte habe vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, enthält auch nicht die Behauptung, daß die Provisionspflicht auch für den Fall vereinbart worden sei, daß von der Beklagten gemachte Zusagen nicht eingehalten werden und der Abschluß des vermittelten Geschäfts nur aus diesem Grund unterblieben ist. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Provisionsvereinbarung im Sinne des § 9 Abs 1 Z 2 ImmMV verneint. Der Hinweis der Klägerin auf die über den Alleinvermittlungsauftrag errichtete Urkunde geht in diesem Zusammenhang fehl. Abgesehen davon, daß die Vorlage einer Urkunde nicht das notwendige Parteivorbringen zu ersetzen vermag (ÖBl 1967, 109), enthält der vorgelegte Vermittlungsauftrag nur den nicht ausreichenden (EvBl 1982/178; ImmZ 1992, 170) Hinweis auf § 9 ImmMV, ohne daß einer der darin genannten Fälle auch im Vertrag angeführt wurde. Auch das in der Urkunde genannte Beiblatt ist der Gerichtsbeilage nicht angeschlossen; daß es der Beklagten überhaupt übergeben worden wäre, wurde ebenfalls nicht behauptet.
Mangels abweichender Vereinbarung hat der Geschäftsherr aus dem Titel des Schadenersatzes die vertragliche Provision bei Nichtabschluß des Geschäfts nur dann zu zahlen, wenn er den Geschäftsabschluß in sittenwidriger Weise, insbesondere allein in Schädigungsabsicht, unterlassen hat (vgl EvBl 1982/116; Jabornegg, HVG 260). Einen solchen Schadenersatzanspruch hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte den Geschäftsabschluß nur aus diesem Grund unterlassen hätte. Die Klägerin hat nur vorgetragen, daß die Beklagte bei Vertragsabschluß wahrheitswidrig erklärt habe, daß ein Verkauf mittels Wohnbauförderung in Frage komme. Im Vertrauen auf diese Zusicherung habe sie sämtliche Unterlagen bei der Wohnbauförderungsstelle eingereicht und die Auskunft erhalten, daß die Beklagte keinerlei Wohnbauförderung erhalten werde. Daher habe die Beklagte vorvertragliche Verpflichtungen verletzt. Nur mit diesem Vorbringen ist - neben einem Anspruch auf Provision - auch ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht worden. Die Klägerin hat damit eine Irreführung über die Eigenschaften der zu vermittelnden Objekte durch die Beklagte behauptet. Der Schadenersatzanspruch des vorsätzlich oder fahrlässig in Irrtum Geführten geht jedoch stets nur auf das negative Vertragsinteresse, nicht auf das Erfüllungsinteresse. Der Irreführende muß dem Geschädigten nutzlose Aufwendungen und Nachteile wegen der Versäumung anderer Abschlußgelegenheiten ersetzen (Koziol-Welser9 I 209; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 1 bis 3 zu § 874; Jabornegg aaO 311 f; SZ 49/94; JBl 1980, 316; JBl 1988, 58). Die Klägerin begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes nur einen der vertraglichen Provision entsprechenden Betrag. Den Nachweis nutzloser Aufwendungen oder von Nachteilen wegen der Versäumung anderer Abschlußgelegenheiten hat sie nicht erbracht. Damit geht aber auch der geltend gemachte Schadenersatzanspruch ins Leere.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E33247European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00651.92.1210.000Dokumentnummer
JJT_19921210_OGH0002_0070OB00651_9200000_000