TE OGH 1992/12/15 10ObS311/92

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Dr.Barbara Hopf und Dr.Roman Merth in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann G*****, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern (Landesstelle Oberösterreich), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr.Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Heilbehandlungskosten infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits-und Sozialrechtssachen vom 28.Juni 1990, GZ 13 Rs 63/90-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. März 1990, GZ 5 Cgs 122/89-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die beklagte Partei hat die mit ihrer Beteiligung am Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zusammenhängenden Kosten selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der nach § 3 BSVG in der Unfallversicherung pflichtversicherte Kläger erlitt am 18.Juni 1984 einen Arbeitsunfall, wegen dessen Folgen er im Krankenhaus Grieskirchen vom 2. bis 9.Juli 1984 stationär und am 17. und 23.Juli 1984 ambulant behandelt wurde. Zwischen der beklagten Partei und dem genannten Krankenhaus bestand damals kein Vertragsverhältnis über Unfallheilbehandlung.

Mit Bescheid vom 10.August 1988 lehnte die beklagte Partei ua die Gewährung der Unfallheilbehandlung für die beiden ambulanten Behandlungen ab.

Die dagegen rechtzeitig erhobene Klage richtet sich nach Einschränkung nur mehr auf Bezahlung der Heilbehandlungskosten für die beiden ambulanten Behandlungen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete im wesentlichen ein, daß der Kläger die Heilbehandlung nach § 192 ASVG erst vom Beginn des dritten Monats nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an erhalten könne, weil § 32 ihrer Satzung in seinem Fall nichts anderes vorsehe.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei (im zweiten Rechtsgang), dem Kläger binnen 14 Tagen aus Anlaß des Arbeitsunfalles vom 18.Juni 1984 die Unfallheilbehandlungskosten für die ambulanten Behandlungen am 17. und 23.Juli 1984 auch im Umfang des 20 %igen Kostenanteiles von 70,14 S zu bezahlen.

Es teilte zwar die Rechtsansicht der beklagten Partei, erachtete aber das Klagebegehren dennoch als berechtigt, weil bekannt sei, daß die beklagte Partei § 32 ihrer Satzung in sozialer Rechtsanwendung ausdehnend auslege und nicht nur bei Personen anwende, die überhaupt nicht krankenversichert seien, sondern auch bei solchen, die - wie der Kläger - der Krankenversicherung nach dem BSVG unterliegen, um zu verhindern, daß diese bei den sehr oft kostspieligen (ambulanten) Spitalsbehandlungen nach Arbeitsunfällen den 20 %igen Selbstbehalt tragen müssen. Aus diesen sozialen Erwägungen und weil eine Unfallheilbehandlung ein einheitliches Ganzes sei, sei die Klage berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinn ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Nach der Rechtsansicht der zweiten Instanz sei die Klage nach den eindeutigen Bestimmungen des § 192 ASVG und des nicht gesetzwidrigen § 32 der Satzung der beklagten Partei nicht berechtigt.

Seinen Ausspruch, daß die Revision (nach § 46 Abs. 1 Z 1 ASGG) nicht zulässig sei, begründete das Berufungsgericht damit, daß die Rechtsfrage aus den anzuwendenden Vorschriften eindeutig und klar zu lösen sei und daß der geringe Streitwert eine Befassung des Höchstgerichtes nicht gerechtfertigt erscheinen lasse.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Das Revisionsgericht hat der Revisionsgegnerin nach § 508a Abs. 2 ZPO mitgeteilt, daß ihr die Beantwortung der Revision freistehe, doch wurde keine Revisionsbeantwortung eingebracht.

Das Revisionsgericht erachtete die außerordentliche Revision nach § 46 Abs. 1 Z 1 ASGG als zulässig, weil es Bedenken hatte, ob für die Lösung der Rechtsfrage entscheidende Normen, nämlich § 192 ASVG und insbesondere § 32 Abs. 1 der Satzung der beklagten Partei in der hier anzuwendenden Fassung, der Verfassung bzw dem Gesetz entsprechen.

Deshalb stellte es mit den Beschlüssen vom 20.11.1990 10 Ob S 381/90 und vom 10.3.1992 10 Ob S 336/91 beim Verfassungsgerichtshof die Anträge, die genannte Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufzuheben und festzustellen, daß im § 32 der Satzung der beklagten Partei vom 15.3.1974 in den im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassungen ua im Abs. 1 der Wortbestandteil "teil" im Wort "teilversicherten" gesetzwidrig war.

Der Verfassungsgerichtshof hat ua diese Anträge mit den Erkenntnissen vom 10.10.1991 G 204/90-13 und G 321/90-12 und vom 2.10.1992 V 20 und 26/92-8 abgewiesen.

Auf Grund dieser beiden Erkenntnisse ist davon auszugehen, daß § 192 ASVG nicht verfassungswidrig ist und § 32 Abs. 1 der Satzung der beklagten Partei in den hier anzuwendenden Fassungen nicht gesetzwidrig war.

Nach § 192 ASVG erhalten ua die gemäß § 3 BSVG Unfallversicherten, zu denen der Kläger gehört, die Heilbehandlung gemäß § 191 ASVG erst vom Beginn des dritten Monats nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an. Der Träger der Unfallversicherung, hier die beklagte Partei, kann unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit durch die Satzung bestimmen, ob, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit schon von einem früheren Zeitpunkt an Heilbehandlung nach § 191 ASVG oder an deren Stelle Geldleistungen zu gewähren sind.

Von dieser Regelungsermächtigung hatte die beklagte Partei durch § 32 Abs. 1 ihrer Satzung in der in diesem Verfahren anzuwendenden Fassung nur hinsichtlich der bei ihr in der Unfallversicherung teilversicherten Personen Gebrauch macht.

Da der Kläger unbestrittenermaßen nicht bloß in der Unfallversicherung teilversichert war, worauf auch vom Verfassungsgerichtshof hingewiesen wurde, waren ihm nach dieser Satzungsbestimmung nicht schon von einem früheren Zeitpunkt als dem Beginn des dritten Monats nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an Heilbehandlung oder an deren Stelle Geldleistungen zu gewähren.

Deshalb wurde das auf Ersatz der während der ersten beiden Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles (Arbeitsunfall vom 18.6.1984) entstandenen restlichen Heilbehandlungskosten für die ambulanten Behandlungen am 17. und 23.7.1984 gerichtete Klagebegehren vom Berufungsgericht entsprechend der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungs- bzw gesetzgemäß erkannten gesetzlichen bzw satzungsmäßigen Bestimmungen abgwiesen.

Der nicht berechtigten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit b ASGG, die über die von der beklagten Partei im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung am Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof verzeichneten Kosten auf Abs. 1 Z 1 leg.cit. Daß der Kläger der beklagten Partei diese Kosten durch Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung verursacht hätte, - nur in diesen Fällen hätte er sie nach Abs. 3 der zit. Gesetzesstelle nach Billigkeit zu ersetzen - wurde nicht einmal behauptet.

Anmerkung

E32319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00311.92.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19921215_OGH0002_010OBS00311_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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