TE OGH 1992/12/16 9ObA259/92

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** S*****, Pensionistin, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde K*****, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S

475.608 brutto sA (im Revisionsverfahren S 474.764 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Juni 1992, GZ 32 Ra 4/92-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. August 1991, GZ 24 Cga 874/90-11a, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Gericht erster Instanz wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Fragen, ob es sich bei der Musikschule der beklagten Partei um eine private Unterrichtsanstalt im Sinne des § 46 NÖ-GVBG idF LGBl 2420-17 handelt, ferner daß die Lehrtätigkeit der Klägerin den für die Lehrverpflichtungsgruppe 5 für Lehrer im Bundesdienst bestehenden Vorschriften (BGBl 1965/244) entspricht und daß die Klägerin berechtigt ist, für die jahrelang geleisteten und von der beklagten Partei entgegengenommenen Überstunden eine Überstundenentlohnung zu verlangen, zutreffend bejaht (vgl. die bereits hinsichtlich anderer niederösterreichischer Musikschulen ergangenen und ausführlich begründeten Entscheidungen 14 Ob A 42/87 = JBl 1988, 192 (Amstetten) und 9 Ob A 70, 71/90 (Ternitz) je mwH). Es reicht daher diesbezüglich aus, auf die Richtigkeit der auf diese Vorentscheidungen gestützten Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Der Revision kommt aber insofern Berechtigung zu, als sie sich auch gegen die Einreihung der Klägerin in die Verwendungsgruppe l 2 a l wendet. Dazu brachte die Klägerin im wesentlichen lediglich vor, daß diese Einreihung ihrer Ausbildung entspreche. Die beklagte Partei wandte ein, daß allenfalls nur eine Einreihung in die Verwendungsgruppe l 3 in Betracht komme. Die Ausbildung der Klägerin sei für ihre Anstellung ohne Bedeutung gewesen. Eine Einreihung in die Verwendungsgruppe l 2a l hätte nur einer Verwendung an mittleren und höheren Schulen oder einer Akademie entsprochen, nicht aber an einer für jedermann zugänglichen Musikschule.

Das Erstgericht traf dazu im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Klägerin legte die Reifeprüfung und die Lehramtsprüfung für Klavier an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien ab. Seit September 1968 war sie als Lehrerin an der Musikschule der beklagten Partei beschäftigt. Sie unterrichtete das Fach Klavier nach einem ihr vom Musikschulleiter vorgegebenen Lehrplan. Der Unterricht diente auch dazu, die Schüler bei besonderer musikalischer Begabung auf eine weitere Ausbildung an einer berufsbildenden Musiklehranstalt vorzubereiten. Die Unterrichtsbestimmungen sahen neben einem Lehrplan auch die Ausstellung von Schulnachrichten auf Verlangen des Schülers oder seiner Eltern vor. Die Dauer der Leistungsstufen richtete sich nach dem musikalischen Können der Schüler. Aufstiegs- oder Kontrollprüfungen nahm die Klägerin nicht vor. Die Klägerin unterrichtete eine so große Zahl von Schülern, daß sie nur selten in der Lage war, weitere Schüler aufzunehmen, die ihr der Schulleiter zuwies. Jährlich wurden zwei Lehrerkonferenzen abgehalten. Auch fand jedes Jahr mindestens ein Abschlußkonzert der Klasse der Klägerin statt, an dem nicht nur Schüler, sondern auch musizierende Familienangehörige teilnahmen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klägerin die Voraussetzung der Einreihung in die Verwendungsgruppe l 2a l schon deshalb erfülle, weil sie die entsprechende Ausbildung habe.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß es nur auf die Qualifikationsvoraussetzungen ankomme. Allfällige Überlegungen über die Unterrichtskonzeption oder die Qualität des Unterrichts im Vergleich zu einer mittleren oder höheren Schule bzw. Akademie seien unerheblich.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist aber der Revisionswerberin darin beizupflichten, daß ein Vergleich der Erfordernisse im Hinblick auf die Verwendung nicht von vorneherein als unerheblich angesehen werden kann. Die von der Klägerin angestrebte Verwendungsgruppe l 2a l schreibt für die betreffende Verwendung als Erfordernis die Lehramtsprüfung für Volksschulen an einer pädagogischen Akademie oder die Lehrbefähigung für Volksschulen vor. Dieses Erfordernis wird ersetzt bei Lehrern für musikalische Unterrichtsgegenstände "an mittleren und höheren Schulen, an Akademien und an land- und fortwirtschaftlichen berufspädagogischen Lehranstalten" durch die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung gemeinsam mit der Lehrbefähigung aus einem zugelassenen Instrumentalfach. Die für die Verwendung der Klägerin an der Musikschule weiters sinngemäß in Betracht kommende Verwendungsgruppe l 2b l setzt ebenfalls die Ablegung der Reifeprüfung und die für die Unterrichtsverwendung facheinschlägige Lehrbefähigung oder sonstige Befähigung nach den schulrechtlichen Vorschriften voraus. Diese Erfordernisse werden unter anderem bei Lehrern für musikalische Unterrichtsgegenstände durch den erfolgreichen Abschluß einer musikalischen Studienrichtung oder durch die Lehrbefähigung aus einem zugelassenen Instrumentalfach ersetzt. Die Verwendungsgruppe 1 3 schreibt für die betreffende Verwendung letztlich als Erfordernis lediglich eine einschlägige Lehrbefähigung vor, die bei Lehrern für "Instrumentenbau und rhythmisch-musikalische Erziehung an Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung" durch eine einschlägige Ausbildung gemeinsam mit einer vierjährigen Lehr- oder Berufspraxis ersetzt werden kann.

Ein Vergleich der Erfordernisse in den einzelnen Verwendungsgruppen zeigt, daß die Klägerin sinngemäß unmittelbar nur die in Verwendungsgruppe l 2b l angeführten Einreihungserfordernisse erfüllt. Eine Verweisung der Klägerin auf die Verwendungsgruppe 1 3, wie die Revisionswerberin meint, kommt auf Grund der doch höheren Qualifikation nicht in Betracht. Dies geht zum Beispiel auch deutlich aus der Novelle zum NÖ-GVBG, LGBl 2420-20, hervor, wonach bei Lehrern gemäß Punkt 27 der Anlage 1 zum BDG die Erfordernisse der Verwendungsgruppe 1 3 u.a. bereits durch den erfolgreichen Abschluß des dreijährigen Kurses des niederösterreichischen Musikschulwerkes ersetzt werden können. Eine Einreihung der Klägerin in die Verwendungsgruppe l 2b l kommt aber nur in Betracht, wenn sie nicht die Erfordernisse für eine der Verwendungsgruppen l 2a oder einer höheren Verwendungsgruppe erfüllt. Es ist daher zu prüfen, ob die Tätigkeit der Klägerin an der Musikschule der Beklagten eine solche war wie sie von Lehrern für musikalische Unterrichtsgegenstände an mittleren und höheren Schulen, an Akademien und an land- und forstwirtschaftlichen berufspädagogischen Lehranstalten ausgeübt wird. Dazu fehlt es aber noch an einer entsprechenden Erörterung mit den Parteien und an eindeutigen vergleichenden Feststellungen. Die Revisionswerberin verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf Kriterien wie theoretischer Musikunterricht, Ausbildungsniveau, Prüfungen, Zeugnisse udgl. Auch den beiden angeführten einschlägigen Vorentscheidungen liegt entweder ein Begehren auf Einstufung in die Verwendungsgruppe l 2b l (14 Ob A 42/87) oder eine unbestrittene Einstufung in die Verwendungsgruppe l 2b l (9 Ob A 70, 71/90) zugrunde.

Das Erstgericht wird daher das Verfahren hinsichtlich der Einreihung der Klägerin in die für ihre Qualifikation und Tätigkeit sinngemäß (§ 46 NÖ-GVBG idF LGBl 2420-17) zutreffende Verwendungsgruppe allenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ergänzen und auf der Grundlage des ergänzten Sachverhalts neuerlich über das Leistungsbegehren zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E33137

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00259.92.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19921216_OGH0002_009OBA00259_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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