Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely und Mag.Karl Dirschmied in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J*****, Geschäftsführer, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagten Parteien 1.) H*****Gesellschaft m.b.H. & Co KG und 2.) M***** Gesellschaft m.b.H., ***** beide vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 2.397.354,82 S sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 2.698.354,82 S sA, Streitwert im Revisionsverfahren 2.665.106,01 S sA), infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Juli 1991, GZ 12 Ra 27, 28/92-61, womit infolge Berufung beider Parteien das Teilurteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.Juni 1991, GZ 24 Cga 30/89-40, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1.) zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
2.) den
Beschluß
gefaßt:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Begründung des Teilurteiles sind zutreffend, so daß es genügt, hierauf und auf die vom Berufungsgericht zitierte Lehre und Judikatur zu verweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist auszuführen:
Den in Frage stehenden Straferkenntnissen lagen Verstöße gegen das Arbeitsruhegesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz zugrunde. Die Strafnormen dieser Gesetze verfolgen das Ziel, die Einhaltung der im Interesse der Arbeitnehmer getroffenen Bestimmungen zu sichern; die für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlichen Personen sollen durch die Strafdrohung zu einem gesetzesgemäßen Verhalten veranlaßt werden. Diesem Gesetzeszweck werden die Bestimmungen aber nur dann gerecht, wenn der Verantwortliche durch die unmittelbare Auswirkung einer über ihn verhängten Strafe betroffen ist. Es liefe dem Zweck des Gesetzes, das die Einhaltung der Normen durch Androhung von Strafen gegen die Personen erreichen will, die hiezu nach dem Gesetz und der betrieblichen Organisation verpflichtet sind, zuwider, wenn jemand anderer, wie etwa der Arbeitgeber, im vorhinein wirksam die Verpflichtung zur Zahlung von Strafen übernehmen könnte. Auf diese Weise wäre der Verantwortliche von den wesentlichen Unrechtsfolgen befreit und es bestünde daher für ihn eine geringere Motivation, sich dem Gesetz gemäß zu verhalten. Das Übel der Strafe soll nach dem Gesetz denjenigen treffen, der den Verstoß gegen die unter Strafsanktion stehende Bestimmung zu vertreten hat. Eine davon abweichende, im vorhinein getroffene zivilrechtliche Vereinbarung verstößt gegen diesen Zweck und kann somit nicht wirksam getroffen werden. Es ist daher rechtlich nicht entscheidend, ob und wie oft die beklagte Partei in früheren Fällen über den Kläger verhängte Verwaltungsstrafen zur Zahlung übernommen hat, weil der Kläger weder aus einem konkludenten Verhalten noch aus einer ausdrücklichen Vereinbarung der beklagten Partei für seinen Standpunkt etwas ableiten könnte. Daß die beklagte Partei nach Begehung der den Gegenstand der streitgegenständlichen Straferkenntnisse bildenden Verstöße die Verpflichtung übernommen hätte, über ihn in diesem Zusammenhang verhängte Strafen zu zahlen, wurde nicht behauptet und nicht festgestellt. Die Zahlung von Verwaltungsstrafen durch die beklagte Partei für den Kläger in früheren Fällen befreite diesen in den konkreten Fällen von seiner Zahlungspflicht, konnte jedoch keine verpflichtende Wirkung für die Zahlung von in der Zukunft verhängten Strafen begründen. Da eine Vereinbarung über die Zahlung von über den Kläger künftig verhängten Verwaltungsstrafen durch die beklagte Partei sohin wirksam nicht getroffen werden konnte, fehlte dem unter diesem Titel erhobenen Begehren die Rechtsgrundlage. Soweit der Kläger ins Treffen führt, die Gesetzesverstöße seien nicht von ihm, sondern von einem Angestellten zu verantworten, der die entsprechenden Anweisungen gegeben habe, ist er darauf zu verweisen, daß er im Verwaltungsstrafverfahren schuldig erkannt wurde.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Frage, ob sich der Kläger im Zusammenhang mit unberechtigten Privatentnahmen der Untreue schuldig gemacht und sich gesellschaftsschädigend verhalten hat, für die Beurteilung der Berechtigung der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses entscheidende Bedeutung zukommt, ist richtig. Ob ausgehend von dieser Rechtsauffassung die Urteilsgrundlagen tatsächlich ergänzungsbedürftig sind, ist der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (SZ 38/227 ua).
Da der stattgebende Teil des erstgerichtlichen Urteiles durch das Berufungsgericht, soweit es nicht von der Abänderung betroffen war, zur Gänze aufgehoben wurde, stellt sich, worauf das Berufungsgericht zutreffend verwiesen hat, die Frage, ob im Hinblick auf die eingewendete Gegenforderung die Fällung eines stattgebenden Teilurteiles zulässig war, nicht mehr.
Der Kostenvorbehalt stützt sich hinsichtlich des Teilurteiles auf § 392 Abs 2, hinsichtlich des von der Aufhebung betroffenen Teiles auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E32158European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00284.92.1216.000Dokumentnummer
JJT_19921216_OGH0002_009OBA00284_9200000_000