Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hariwarna Lal A***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 2.Oktober 1992, GZ 26 Vr 321/92-81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Angeklagten Hariwarna Lal A***** und des Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (unter Aufrechterhaltung des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Hariwarna Lal A***** wird nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedachtnahme auf die §§ 28 StGB und 5 Z 4 JGG 1988 sowie unter gleichzeitigem nachträglichen Strafausspruch zum Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Jänner 1992, AZ 23 Hv 224/91, gemäß dem § 15 JGG 1988 zu einer Freiheitsstrafe von 21 (einundzwanzig) Monaten verurteilt.
Gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB wird ein Teil der Strafe im Ausmaß von 14 (vierzehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31.Juli 1973 geborene Staatsangehörige Sri Lankas Hariwarna Lal A***** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB, des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er
1. am 4.März 1992 den Polizeibeamten Insp. Günther R*****, während dieser ihn festnahm, durch einen Biß in die Hand, wodurch R***** eine Bißwunde am linken Zeigefinger erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt, wobei er die Tat an einem Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder Erfüllung seiner Pflichten beging;
2. am 5. März 1992 in Innsbruck den Suresh Prins B***** mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er ihn unter Vorhalt seines Jagdmessers zwang, in seine Wohnung zu gehen, ihn dort fesselte und ins Badezimmer sperrte, einen Wecker im Wert von ca. 3.000 S und eine singalesische Bibel unerhobenen Wertes, sowie - nachdem er Suresh Prins B***** wieder aus dem Badezimmer geholt hatte - unter ständigem Vorhalt des Messers einen Bargeldbetrag von 170 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte;
3. am 8.Juli 1992 im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Innsbruck den Mithäftling Egon M***** durch einen Schlag mit einer Holzleiste, der eine Rißquetschwunde an der Unterlippe sowie eine Schulter- und Bauchdeckenkontusion zur Folge hatte, vorsätzlich am Körper verletzt.
Er wurde hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung der §§ 28 StGB, 5 JGG sowie gemäß den §§ 15, 16 JGG unter gleichzeitigem nachträglichen Strafausspruch zum Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Jänner 1992, AZ 23 Hv 224/91, zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von elf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Mit ihrer Berufung beantragt sie eine Erhöhung der Freiheitsstrafe.
Beide Rechtsmittel sind berechtigt.
Gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB ist beim Ausspruch einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten, aber nicht mehr als zwei Jahren, wenn weder die ganze Strafe bedingt nachgesehen, noch nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle vorgegangen werden kann, unter den Voraussetzungen des § 43 StGB ein Teil der Strafe bedingt nachzusehen; der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe muß mindestens einen Monat und darf nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen. Durch die für jugendliche Rechtsbrecher geltenden Sonderbestimmungen ist diese Vorschrift insofern modifiziert, als nach dem § 5 Z 9 JGG die §§ 43 und 43 a StGB bei Ahndung von Jugendstraftaten auch angewendet werden können, wenn auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei bzw. drei Jahren erkannt wird oder zu erkennen wäre. Die im § 43 a Abs. 3, letzter Satz, StGB vorgesehene Relation zwischen dem bedingt nachgesehenen und dem unbedingt ausgesprochenen Strafteil muß aber auch bei Straftaten Jugendlicher gewahrt sein (13 Os 115/89), und zwar auch dann, wenn gleichzeitig (§§ 15, 16 JGG) ein nachträglicher Strafausspruch erfolgt.
Nach dem Strafausspruch des Erstgerichtes beträgt der unbedingte Teil der Strafe sieben Monate und übersteigt demnach ein Drittel des Gesamtstrafausmaßes von 18 Monaten. Der Gerichtshof hat daher seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs. 1 Z 11, erster Fall, StPO), weshalb sich der gesamte Strafausspruch als nichtig erweist (Leukauf-Steininger, StGB3, § 43 a RN 11, NRsp 1988/298 = 14 Os 86/88).
Bei der infolge der Aufhebung des Strafausspruches notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe war von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählten Strafzumessungsgründen auszugehen.
Da die Staatsanwaltschaft bei richtigem Verständnis ihrer Rechtsmittelausführungen die bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe nicht bekämpft hat, war auf Grund ihrer Berufung die Strafe entsprechend dem Schuld- und Unrechtsgehalt der dem Angeklagten zur Last liegenden Taten wie aus dem Spruch ersichtlich maßvoll zu erhöhen, wobei in Anwendung des § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil der Strafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E30408European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00124.9200011.1216.000Dokumentnummer
JJT_19921216_OGH0002_0130OS00124_9200011_000