Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des J M in B, vertreten durch Brandl & Talos, Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 12. November 2004, Zl. W00568/2004- 1097, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Konzession zur gewerblichen Erbringung von näher bezeichneten Dienstleistungen nach dem WAG in Verbindung mit dem BWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit ihrem Bescheid vom 12. November 2004 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. September 2004 auf Erteilung einer Konzession zur gewerblichen Erbringung im Einzeln bezeichneter Dienstleistungen nach dem WAG gemäß § 20 Abs. 1 Z 5 WAG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z 6 BWG und § 68 Abs. 1 AVG zurück.
Sie ging dabei davon aus, dass ein Antrag des Beschwerdeführers vom 29. April 2002 auf Erteilung einer Konzession zur gewerblichen Erbringung näher bezeichneter Finanzdienstleistungen mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juni 2002 mit der Begründung abgewiesen worden sei, es liege der Ausschließungsgrund des § 13 Abs. 5 der GewO 1994 vor, weil der Beschwerdeführer zwischen Jänner 1998 und Februar 1999 Geschäftsleiter einer näher bezeichneten VermögensverwaltungsgmbH gewesen sei, über deren Vermögen am 3. Dezember 1998 der Konkurs eröffnet worden sei.
In seinem Antrag vom 10. September 2004 bringe der Beschwerdeführer (zwar) vor, es liege bei ihm der Ausschließungsgrund nach (richtig:) § 5 Abs. 1 Z 6 BWG vor, weil über das Vermögen eines Unternehmens, auf dessen Geschäfte ihm ein maßgeblicher Einfluss zugestanden sei, das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Er stehe aber auf dem Standpunkt, dass ihn kein Verschulden an dem wirtschaftlichen Niedergang dieses Unternehmens treffe und die genannte Bestimmung verfassungswidrig sei. Es liege auch keine entschiedene Sache vor, weil sich seit der erwähnten, seinen Konzessionsantrag abweisenden Entscheidung der belangten Behörde die Rechtslage geändert habe.
Rechtlich ging die belangte Behörde - zusammengefasst - davon aus, dass zwar eine Änderung der Rechtslage erfolgt sei, diese jedoch keinerlei Wirkung auf den vorliegenden Sachverhalt ausübe, weil sie zu keiner anderen Beurteilung führen könne. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Rechtsträgers, auf dessen Geschäft einem Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zustehe oder zugestanden sei, sei - wie der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 6 BWG zu entnehmen sei - nach wie vor ein Ausschließungsgrund, welcher im gegenständlichen Fall (unbestritten) vorliege. Es liege somit weder eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes noch eine materielle Änderung der für die Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften vor.
1.2. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 26. September 2005, B 1607/04-6, die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab.
Begründend führte er aus, die Beschwerde behaupte die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbsausübung sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes. Angesichts der besonderen Sensibilität der Angelegenheiten der Finanzdienstleistungen und der daraus vom Gesetzgeber abgeleiteten strengen Antrittsvoraussetzungen lasse das Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Gleichheitsgrundsatz (Hinweis zum rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum auf VfSlg. 12.998/1992, 14.610/1996 und 14.709/1996 und zur Zulässigkeit einer Durchschnittsbetrachtung bei der Erlassung genereller Normen, die im Vollzug zum Auftreten von Härtefällen führen können, auf VfSlg. 14.841/1997 mwN und 15.429/1999) die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Mit Beschluss vom 10. Jänner 2006, B 1607/04-10, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gem. Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Vor diesem bekämpft der Beschwerdeführer den Bescheid der belangten Behörde in seiner - ergänzten - Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass "entschiedene Sache" vorliege. Er verweist hiezu auf die - seiner Ansicht nach - seit Ergehen des Bescheides vom 3. Juni 2002 eingetretene (beachtliche) Änderung der Rechtslage. Auf Grund der Liberalisierung der Gewerbeordnung durch die Gewerbeordnungsnovelle 2002 und die Versicherungsaufsichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 33/2003 (im Folgenden: VAG-Novelle 2003) habe sich die Rechtslage grundlegend geändert. Nach dem liberalisierten § 13 GewO 1994 sei nämlich die Eröffnung des Konkurses kein Gewerbeausschlussgrund mehr, sodass sich die belangte Behörde auf Grund dessen bei seinem gegenständlichen Konzessionsantrag (vom 10. September 2004) nicht auf die Vorschrift des § 13 GewO 1994 berufen könnte. Auf Grund des durch die VAG-Novelle 2003 geänderten § 5 Abs. 1 Z 6 BWG hätte die belangte Behörde über den gegenständlichen Konzessionsantrag entscheiden müssen; die Anwendung dieser Vorschrift hätte einen inhaltlich anderen Bescheid ermöglicht. Die Beschwerde führt dies weiter dahingehend aus, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 6 BWG systemkonform derart ausgelegt werden müsse, dass das Tatbestandsmerkmal der Konkurseröffnung nur dann zu einem Ausschluss von der gewerblichen Tätigkeit eines Finanzdienstleisters führe, wenn dem Antragsteller ein Verschulden am Konkurs vorwerfbar sei. Ein Verschulden des Beschwerdeführers am Konkurs liege jedoch - wie gleichfalls näher ausgeführt wird - nicht vor.
2.2. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 6 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993, war eine Konzession dann nicht zu erteilen, wenn bei einem der Geschäftsleiter ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 13 Abs. 1 bis 6 der GewO 1994 vorlag.
§ 13 GewO 1994, BGBl. Nr. 194, bestimmte in seinem Abs. 5, dass eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen ist, wenn ihr ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war. § 13 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 schloss Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende aus.
Durch die Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 wurde § 13 Abs. 3 GewO 1994 mit Wirksamkeit vom 1. August 2002 dahin abgeändert, dass nach Z 1 der erwähnten Bestimmung Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (nur mehr) dann ausgeschlossen wurden, wenn der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde.
§ 5 BWG in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 35/2003, regelte ab 14. Juni 2003 den genannten Ausschließungsgrund in seinem Abs. 1 Z 6 dahin, dass bei keinem der Geschäftsleiter ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 13 Abs. 1 bis 3, 5 und 6 der GewO 1994 in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und über das Vermögen keines der Geschäftsleiter bzw. keines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, auf deren Geschäfte einem Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zustehe oder zugestanden sei, der Konkurs eröffnet worden sein dürfe, es sei denn, im Rahmen des Konkursverfahrens sei es zum Abschluss eines Zwangsausgleichs gekommen, der erfüllt worden sei.
2.3. Eine Änderung der maßgebenden Rechtslage, die es der Behörde verwehren würde, das neue Ansuchen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, liegt dann vor, wenn sich nach Abweisung des ersten Ansuchens die gesetzlichen Vorschriften, die tragend für die Entscheidung gewesen sind, so geändert haben, dass sie, hätten sie bereits früher bestanden, eine anders lautende Entscheidung ermöglicht hätten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0067). Dies ist jedoch nicht der Fall:
Unstrittig schloss § 13 Abs. 3 GewO 1994 den Gewerbetreibenden bei Eröffnung des Konkurses oder bei Abweisung des Antrages mangels Masse von der Gewerbeausübung aus. Infolge der Verweisung der (damaligen) Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 6 BWG galt dieses Konzessionsverbot auch für "Finanzdienstleister".
Nach der neuen Rechtslage gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 in der Fassung durch die Gewerberechtsnovelle 2002 bildet zwar die Eröffnung des Konkurses - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - per se keinen Gewerbeausschluss- bzw. Gewerbeentziehungsgrund mehr. Allein die Konkursabweisung mangels Masse wird als Ausschlussgrund beibehalten.
Nach der von der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. September 2004 anzuwendenden (neuen) Rechtslage nach der Novelle des BWG durch (hier) die VAG-Novelle 2003 lag jedoch ein Konzessionsversagungsgrund vor, weil über eine juristische Person, auf deren Geschäfte dem Beschwerdeführer als Geschäftsleiter maßgebender Einfluss zustand, der Konkurs eröffnet wurde (das Vorliegen eines Zwangsausgleiches wurde nicht behauptet). Damit liegt aber eine Änderung der maßgebenden Rechtslage nicht vor.
2.4. Soweit die Beschwerde unter Hinweis auf die Nachsichtsmöglichkeit des § 26 GewO 1994 eine systemkonforme Interpretation des § 5 Abs. 1 Z 6 BWG in der Fassung durch die VAG-Novelle 2003 dahingehend in Erwägung zieht, dass das Tatbestandsmerkmal der Konkurseröffnung nur dann zu einem Ausschluss von der gewerblichen Tätigkeit eines Finanzdienstleisters führe, wenn dem Antragsteller ein Verschulden am Konkurs vorwerfbar sei, findet diese Ansicht im Gesetzestext keine Grundlage (vgl. auch Brandl/Wolfbauer, Die BWG-Novellen des Juni 2003, ecolex 2003, 624: "Die FMA kann daher nichts anderes tun, als Personen, über deren Vermögen ein Konkursverfahren eröffnet wurde bzw. denen ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person, über deren Vermögen (ua) ein Konkursverfahren eröffnet wurde, zusteht oder zugestanden ist, die Konzession zu verweigern."). Auch spricht die "Sensibilität der Angelegenheiten der Finanzdienstleistungen" als Wertungsgesichtspunkt - worauf bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 26. September 2005 verwiesen hat - gegen die vom Beschwerdeführer angestrebte Auslegung.
2.5. Im Hinblick auf die - vorne unter Punkt 1.2. wiedergegebene - Begründung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss vom 26. September 2005 sind beim Verwaltungsgerichtshof auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die dargestellte Rechtslage entstanden, zumal der Beschwerdeführer selbst vor dem Verfassungsgerichtshof auf die kritischen Argumente der Lehre verwiesen hat.
2.6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2006
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Zurückweisung wegen entschiedener SacheIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006170015.X00Im RIS seit
23.03.2006Zuletzt aktualisiert am
20.11.2018