TE OGH 1992/12/16 13Os122/92

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Renate S***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 130, erster Satz, StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.Juni 1992, GZ 2 d Vr 10.605/88-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Angeklagte Renate S***** der Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 130 (erster Satz) StGB (A) sowie des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 (erster Fall) StGB (B) schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstafe von 18 Monaten verurteilt. Dem Privatbeteiligten Gerhard C***** wurde ein Schadenersatzbetrag von 772.000 S zugesprochen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat die Angeklagte

A) in der Zeit von Anfang 1986 bis 31.August 1988 in wiederholten

Angriffen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich Bargeld und (Trafik-)Waren im Wert von insgesamt 742.000 S dem Gerhard C***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern;

B) in der Zeit von Ende 1986 bis 31.August 1988 gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der von Gerhard C***** betriebenen Trafik, insbesondere Elfriede S*****, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Behauptung, (durchschnittlich) lediglich um 100 S Lotto gespielt zu haben, während sie tatsächlich (durchschnittlich) um 450

S gespielt hatte, zu Handlungen, nämlich zur jeweiligen Bonierung des angeführten geringeren Betrages verleitet, wodurch Gerhard C***** mit einem 25.000 S übersteigenden Betrag, nämlich um 30.000 S am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5 a, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. Den Strafausspruch und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche ficht sie mit Berufung an. Auch die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen den Strafausspruch erhoben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten ist unbegründet.

Durch die Ablehnung des Beweisantrages (S 423) auf zeugenschaftliche Vernehmung der Helga P***** wurden Verteidigungsrechte (Z 4) nicht beeinträchtigt. Der damit unter Beweis gestellte Umstand, daß die Angeklagte sich bei ihrem früheren Arbeitgeber nichts zuschulden kommen ließ, widerstreitet den Urteilsannahmen keineswegs und konnte daher ohne Nachteil für die Beschwerdeführerin unerhoben bleiben, weil sie - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat (S 424) - zugegebenermaßen (S 373) im Rahmen ihrer damaligen Aufgaben nur Büroarbeiten zu verrichten und jedenfalls mit der Kassengebarung nichts zu tun hatte und im übrigen früheres, trotz ähnlich gelagerter Gelegenheitsverhältnisse an den Tag gelegtes Wohlverhalten ein späteres Straffälligwerden nicht ausschließt.

Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der entscheidenden Tatsachenfeststellungen lassen sich - dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider - weder aus der Aussage des Zeugen Gerhard C***** über die Zeit seiner Anwesenheit in der Trafik noch daraus ableiten, daß trotz des Einsatzes einer Überwachungskamera nicht beobachtet werden konnte, daß die Angeklagte in die Kassenlade gegriffen und Geldscheine eingesteckt oder weggetragen hätte. Abgesehen davon, daß diese Kamera vom Trafikinhaber erst im Oktober/November 1987 installiert worden ist (S 393) und eine Videoaufzeichnung erst kurz vor Anzeigenerstattung erfolgte (S 13), weshalb eine effiziente technische Überwachung der Angeklagten während eines überwiegenden Teiles des Deliktszeitraumes noch gar nicht möglich war, hat Gerhard C***** als Zeuge angegeben, daß er (naturgemäß) "nicht immer vor dem Monitor gesessen und nicht immer geschaut" habe (S 403), sodaß für die Angeklagte eine Möglichkeit zu diebischen Zugriffen keineswegs ausgeschlossen war. Auch die Anwesenheit des Gerhard C***** in seiner Trafik schon ab 7.00 Uhr (S 395) vermag unter dem Gesichtspunkt einer dadurch erschwerten Gelegenheit zum Diebstahl nichtigkeitsbegründende ernsthafte Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten nicht zu erwecken, zumal das Geschäftslokal aus mehreren getrennten Räumlichkeiten besteht (S 396) und Gerhard C***** sich nicht immer im Verkaufsraum aufgehalten hat (S 403).

Daß anläßlich der Kontrollen der Handtasche der Angeklagten nach der Darstellung des Zeugen C***** "nie auch nur annähernd" die angenommene Durchschnittssumme der täglichen Diebsbeute (1.137 S bis 1.493 S - US 7) in Geldscheinen festgestellt werden konnte, ist einerseits unrichtig, weil die Beschwerdeführerin selbst einräumen muß, daß einmal zwei 500 S-Noten aufgefunden wurden (S 400), andererseits aber aktenwidrig, weil der Zeuge C***** auch deponiert hat, daß die Geldbörse der Angeklagten "voll mit Geld" war (S 395). Im übrigen wurden die vier bis fünf (S 395) Taschenkontrollen erst im Sommer 1988 (S 394 f), also unmittelbar vor Anzeigenerstattung vorgenommen, weshalb daraus keine die Angeklagte entlastenden Rückschlüsse für den vorangegangenen Deliktszeitraum (ab Anfang 1986) gezogen und somit insbesondere die unbedenklichen Berechnungen des Buchsachverständigen (ON 20 und 33) nicht in Zweifel gezogen werden können.

Erhebliche Bedenken gegen die Tatsachenfeststellungen zum Betrugsfaktum (B) können aber auch nicht daraus abgeleitet werden, daß sich die Tatrichter insoweit ausschließlich auf die Angaben der ihnen glaubwürdig erschienenen Zeugin Elfriede S***** gestützt haben (US 8/9,12,17), gegen deren Zuverlässigkeit die Beschwerdeführerin aus den Akten nichts Entscheidendes vorzubringen vermag.

Der Einwand (Z 9 lit. a), das Erstgericht habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob im Lebensstil der Angeklagten seit Ende 1986 "eine erkennbare Veränderung zu mehr Wohlstand" eingetreten ist, verfehlt die prozeßordnungsgemäße Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Abgesehen davon, daß der Schöffensenat ausdrücklich anführt, daß er Feststellungen über die Verwendung der als gestohlen erkannten Vermögenswerte nicht zu treffen vermochte (US 7), werden mit diesem Einwand keine Feststellungsmängel im Sinne von Lücken der Tatsachenkonkretisierung, die eine rechtsrichtige Gesetzesanwendung hindern, dargetan, sondern eine Unvollständigkeit der Beweiserhebungen behauptet, die aber nur unter den - hier nicht gegebenen - formellen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gerügt werden könnten (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 82 ff zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Auch die in Ansehung des Schuldspruchs wegen Betruges (B) erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Beschwerdeführerin nicht das andere Strafgesetz anzugeben vermag, das auf die Tat hätte angewendet werden sollen (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 8 zu § 281 Abs. 1 Z 10). Im übrigen sei nur zur Klarstellung vermerkt, daß die Täuschung der Zeugin Elfriede S***** bzw. anderer Angestellter sehr wohl eine der Bedingungen des den Geschäftsinhaber schädigenden Kausalverlaufes war, mag auch der Vermögensschaden letztlich erst anläßlich der Abrechnung mit der Glückspielmonopolverwaltung eingetreten sein, weil Gerhard C***** dabei zufolge des durch die Täuschung bewirkten Irrtums von der vollständigen Einzahlung des Spieleinsatzes ausgegangen ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher zum Teil als offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E30407

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00122.9200006.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19921216_OGH0002_0130OS00122_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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