Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** B***** Aktiengesellschaft ***** vertreten durch Dr.Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die beklagte Partei Hannes L*****, vertreten durch Dr.Harald Meder und Dr.Maximilian Ellinger, Rechtsanwälte in Kufstein, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Jörg W*****, vertreten durch Dr.Georg Huber und Dr.Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 229.267,95 s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21.Oktober 1992, GZ 3 R 254/92-39, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers ist bereits derart stark, daß das Vorbehaltsgut wirtschaftlich, aber auch rechtlich bereits dem Vermögen des Vorbehaltskäufers zuzurechnen ist (SZ 58/23 ua); die Rechtsordnung billigt ihm daher auch schon eine über die Rechte eines bloß Forderungsberechtigten hinausgehende Rechtsstellung zu (EvBl 1973/102 ua).
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wäre der Schaden nicht entstanden, hätte die klagende Partei den Typenschein dem (später wegen Malversation verurteilten) Vorbehaltsverkäufer nicht herausgegeben. Der Schaden ist demnach ursächlich dem Gefahren- und Verantwortungsbereich der klagenden Partei als Vorbehaltseigentümerin, in deren Gewahrsame sich der Typenschein deshalb auch befand, zurückzuführen. In diesem Fall hat dann auch sie nachzuweisen, daß sie die ihr obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten einhielt (RdW 1991, 174). Diesen Beweis hat sie nicht nur nicht angetreten, sondern festgestelltermaßen gegen ihre dem Vorbehaltskäufer gegenüber bestehenden Schutzpflichten verstoßen. Sie hätte nämlich mit ihm vor Aushändigung des Typenscheins Kontakt aufnehmen und dessen Rückstellung überwachen müssen.
Die klagende Partei präsentiert die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 HGB), was in der Präambel der AGBKr wiederholt wird.
An die Beurteilung ihrer Sorgfalt ist deshalb ein strenger Maßstab anzulegen, sodaß die Grenze zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit relativ weit unten anzunehmen ist.
Der Typenschein wurde ohne Rücksprache mit dem Beklagten herausgegeben. Nicht einmal bestätigen ließ sich die klagende Partei die Aushändigung. Auch hat sie die Retournierung nicht überwacht; sie hatte nicht einmal bei der Aushändigung gefordert, daß ihr der Typenschein unverzüglich zurückzustellen sei. Der Beklagte wurde von der Aushändigung an den Vorbehaltsverkäufer auch nicht später verständigt, wiewohl seine Rechtsstellung durch diesen Vorgang gefährdet war. Die klagende Partei blieb in der Folge auch monatelang untätig, obwohl der Typenschein nicht zurückgestellt worden war und weitere Zahlungen unterblieben. Darin ist wohl grobe Fahrlässigkeit (vgl oben 2.a) zu erblicke; jedenfalls ist diese Annahme durch das Berufungsgericht gewiß vertretbar.
Im allgemeinen wird bei Bekämpfung der Annahme einer bestimmten Verschuldensstufe auch keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, wenn die bekämpfte Lösung - wie hier - jedenfalls vertretbar ist (ZVR 1986/11; VersRdSch 1989, 352).
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Anmerkung
E31175European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB01689.92.0113.000Dokumentnummer
JJT_19930113_OGH0002_0010OB01689_9200000_000