TE OGH 1993/1/14 8Ob519/92

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Veröffentlicht am 14.01.1993
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gunther Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.J***** F*****-F*****, vertreten durch Dr.Heinz Knoflach und Dr.Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei M***** M*****, vertreten durch DDr.Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen eidlicher Vermögensangabe (Streitwert S 350.000) und Leistung (S 350.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 12.September 1991, GZ 2 R 166/91-30, womit infolge der Berufung der beklagten Partei das als Zwischenurteil bezeichnete Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. März 1991, GZ 12 Cg 165/90-25, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.609,20 (einschließlich S 3.268,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der 1945 geborene Kläger ist der außereheliche Sohn des 1984 verstorbenen Dr.R***** M*****. Dieser hatte die Vaterschaft zum Kläger 1946 vor Gericht anerkannt.

Die Beklagte ist die Witwe nach Dr.R***** M*****. Aus der Ehe der Beklagten mit dem Verstorbenen stammen zwei Töchter. Dem Verlassenschaftsverfahren wurde ein Testament zugrunde gelegt, nach dem die Beklagte zur Alleinerbin bestimmt wurde und seine Kinder auf den Pflichtteil gesetzt worden sind.

Dr.R***** M***** war mit der Mutter des Klägers verlobt, heiratete sie aber nicht, obwohl der Tag der Hochzeit schon bestimmt war. Ein von ihm mit der Mutter des Klägers 1944 geschlossener Vertrag, in dem er die Vaterschaft zu dem zu erwartenden Kind ausdrücklich anerkannte, enthält ua folgende, den Kläger betreffende Bestimmung:

"II. Herr Dr.R***** M***** verpflichtet sich, dieses Kind in jeder Weise seinen künftigen ehelichen Kindern, die aus einer mit wem immer geschlossenen Ehe stammen, vermögensrechtlich und vor allem erbrechtlich vollkommen gleichzustellen und gleichzuhalten.

Herr Dr.R***** M***** verpflichtet sich zu diesem Zweck schon jetzt, das zu erwartende Kind zu legitimieren und, falls die Voraussetzungen dazu sich als gegeben darstellen, an Kindes statt anzunehmen, sodaß dieses seinen Familiennamen führen soll und aus der Legitimation oder Adoption alle erbrechtlichen Ansprüche gleich einem ehelichen Kind ableiten oder geltend machen kann. ...."

Zur Legitimation oder Adoption des Klägers kam es aber nicht.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm unter Vorlage eines Verzeichnisses anzugeben, was ihr außer dem im Verlassenschaftsverfahren abgegebenen eidesstädtisches Vermögensbekenntnis von den Aktiven und Passiven der Verlassenschaft nach Dr.R***** M***** und von der Verschweigung oder Verheimlichung dieses Vermögens bekannt sei, sowie ferner anzugeben, welche Vermögenswerte der Erblasser seinen ehelichen Kindern zu Lebzeiten unentgeltlich zugewendet habe, und einen Eid zu leisten, daß ihre Angaben richtig und vollständig seien. Weiters begehrt er, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm S 350.000 sA und einen weiteren Geldbetrag zu bezahlen, dessen bestimmte Angabe vorbehalten bleibe, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht worden sei.

Dazu brachte der Kläger vor: Nach dem Vertrag aus dem Jahr 1944 habe sich sein verstorbener außerehelicher Vater verpflichtet, ihn optimal und verbindlich abzusichern. Diese Pflicht sei auf die Beklagte als Alleinerbin übergegangen. Den ehelichen Kindern sei ein Pflichtteil von je S 350.000 zuerkannt worden. Da die Angaben über das Verlassenschaftsvermögen und die Zuwendungen an die ehelichen Kinder aber nicht vollständig seien, sei der Anspruch nach Art XLII EGZPO begründet.

Die Beklagte beantragte aus verschiedenen Gründen die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein und sprach mit Zwischenurteil aus, daß die Klageforderung dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht wies infolge Berufung der Beklagten das Klagebegehren mit der tragenden Begründung ab, daß der Kläger aus dem echten Vertrag zugunsten Dritter (nämlich zu seinen Gunsten) keine Ansprüche ableiten könne, weil dieser dahin zu interpretieren sei, daß sich der Verstorbene hinsichtlich des Umfangs seiner Unterhaltsleistungen zu jener Versorgung des Klägers verpflichten wollte, welche er auch eventuellen künftigen ehelichen Kindern angedeihen lassen würde; unter der Wendung: "vermögensrechtlich ... gleichzustellen", seien Leistungen zur Versorgung des Klägers zu verstehen. Der Verstorbene schuldete dem Kläger aufgrund dieser Vereinbarung gewißermaßen den Erfolg sozialer Gleichstellung durch gleichwertige Versorgung des Klägers und etwaiger ehelicher Kinder. Diese sei erreicht worden, weil alle drei eine akademische Ausbildung erfahren hätten. Der Kläger hätte das Recht, welches seine Versorgung betraf, solange Zuwendungen an die ehelichen Kinder erfolgten, nicht geltend gemacht; nunmehr könne er unter diesem Titel nichts mehr fordern. Was die "erbrechtliche Gleichstellung" betreffe, so sei eine solche eines außerehelichen Kindes mit einem ehelichen Kind allein durch Vertrag zwischen den Parteien damals nicht möglich gewesen; dazu wären weitere Schritte, etwa Adoption oder Legitimation erforderlich gewesen, zu denen es aber nicht gekommen sei.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht mit der substanzlosen und daher nicht gesetzmäßig ausgeführten "Begründung" zu, daß die materiellrechtliche Frage erheblich sei und ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukomme.

In seiner Revision begehrt der Kläger in Abänderung des angefochtenen Urteils dem Klagebegehren stattzugeben, hilfsweise das Ersturteil - gegebenenfalls modifiziert - wiederherzustellen, in eventu stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Streitentscheidend ist die Auslegung eines Vertrages in einem Einzelfall, dem keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt. Daß die berufungsgerichtliche Auslegung bestehenden Auslegungsregeln widerspreche, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar wäre, kann nicht gesagt werden; eine bloß mögliche andere Auslegung des Vertrages in einem Einzelfall rechtfertigt nicht die Anrufung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 795/83; 6 Ob 614/84; 8 Ob 527/84 uva).

Die in der Revision behauptete Verfahrensfrage von erheblicher Bedeutung liegt ebenfalls nicht vor. Es trifft zwar zu, daß das Berufungsgericht die aus dem Akt sich ergebenden zusätzlichen Feststellungen ohne formelle Beweisergänzung getroffen hat, doch behauptet der Kläger selbst nicht, daß sie unrichtig wären. Ob sie die getroffene Schlußfolgerung für die Auslegung des Vertrages rechtfertigen, betrifft die nicht reversible Frage der Vertragsinterpretation im Einzelfall.

Die vom Revisionswerber vermißte Auseinandersetzung mit angeblichen Problemen des § 944 ABGB ist unverständlich, denn es ist nicht erkennbar, welchen Bezug sie auf den vorliegenden Fall haben sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat der Beklagten die Kosten für ihre Revisionsbeantwortung zu ersetzen, weil diese auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Anmerkung

E30918

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0080OB00519.92.0114.000

Dokumentnummer

JJT_19930114_OGH0002_0080OB00519_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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