Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Christian K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Thomas Prader, Dr.Werner Göritz, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Wolfgang H*****, vertreten durch Dr.Maximilian Eiselsberg, Dr.Dieter Natlacen und Dr. Franz Terp, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 25.Februar 1992, GZ 41 R 875/91-15, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 22.Mai 1991, GZ 5 Msch 5/91-5, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß dessen Punkt 1.) wie folgt zu lauten hat:
"1.) Der Antrag des Antragstellers auf Feststellung, daß die Wohnung top Nr.5 im Hause Wien 17, ***** der Ausstattungskategorie 'C' zuzuordnen sei, wird abgewiesen."
Im übrigen wird der Sachbeschluß des Rekursgerichtes bestätigt.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist seit 1.Juni 1990 Mieter der im Spruch dieser Entscheidung genannten, 100 m2 großen, aus drei Zimmern, Küche, Vorzimmer und Bad mit WC bestehenden, mit Gasetagenheizung ausgestatteten Wohnung. An Hauptmietzins wurden monatlich S 3.600,80 vereinbart. Nach dem Vorbringen der Parteien ist auch unstrittig, daß - abgesehen von der Unterbringung des einzigen WC's dieser Wohnung im Baderaum - das Badezimmer zeitgemäßen Standard aufweist.
Der Antragsteller begehrte auf Grund dieses Sachverhaltes - nach vorausgehendem Verfahren bei der Schlichtungsstelle - die Feststellung, daß die Wohnung in die Ausstattungskategorie "C" einzuordnen sei und daß durch die Vorschreibung des Nettohauptmietzinses von monatlich S 3.600,80 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß in der Zeit von Juni 1990 bis inklusive September 1990 um monatlich S 2.260,80 (Differenz zu dem nach § 16 Abs 2 Z 3 MRG für eine Wohnung der Ausstattungskategorie "C" zulässigen Mietzins) überschritten worden sei.
Der Antragsgegner wendete ein, daß durch die Unterbringung des einzigen WC's dieser Wohnung im Badezimmer der zeitgemäße Standard desselben nicht beeinträchtigt werde.
Das Erstgericht stellte fest, daß diese Wohnung in die Ausstattungskategorie "B" einzuordnen sei und daß daher durch Vorschreibung des vereinbarten Hauptmietzinses von monatlich S 3.600,80 von Juni 1990 bis September 1990 der zulässige monatliche Hauptmietzins um S 1.580,80 überschritten worden sei. Der Antragsgegner sei schuldig, dem Antragsteller dessen mit S 220,-
bestimmten Barauslagen zu ersetzen.
Rechtlich erachtete das Erstgericht, daß das Vorhandensein der einzigen Toilette der Wohnung im Badezimmer die Einordnung der Badegelegenheit als dem zeitgemäßen Standard entsprechend nicht hindere, doch fehle das Ausstattungsmerkmal eines separierten Klosetts in der Wohnung, weshalb diese in die Ausstattungskategorie "B" einzuordnen sei, weil das Fehlen eines separierten Klosetts durch das Vorhandensein der Gasetagenheizung aufgewogen werde.
Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes dahin
ab, daß es feststellte, daß diese Wohnung in die Ausstattungskategorie "A" einzuordnen sei, und daß es den Antrag auf Feststellung einer Mietzinsüberschreitung abwies; es sprach ferner aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
Das Rekursgericht pflichte der in MietSlg 39.328 vertretenen
Auffassung bei, daß nach den örtlich geltenden Standardmaßstäben
unter Bedachtnahme auf die Bauvorschriften zu beurteilen sei, ob
eine in der Wohnung vorhandene Badegelegenheit wegen des darin
befindlichen Klosetts dem zeitgemäßen Standard entspreche. Im
Vordergrund stünden daher die geltenden Standardmaßstäbe, nicht aber
die Konsensmäßigkeit oder gar die Verletzung von Bauvorschriften bei
Erteilung des Konsenses für eine Wohnung. Es müsse daher auf Grund
der zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden
Bauvorschriften geprüft werden, welche Anforderungen für einen
Baderaum galten. Der Auffassung des Antragstellers, daß ein
zeitgemäßes Bad schon dann nicht vorhanden sei, wenn dieser Raum
zwar den Anforderungen der Bauordnung an einen Baderaum, nicht aber
den Anforderungen der Bauordnung an Toilettenanlagen entspreche,
vermöge sich das Rekursgericht nicht anzuschließen.
Die Bauordnung für Wien sehe nicht vor, daß sich in einem Badezimmer kein WC befinden dürfe. Eine Zweittoilette im Badezimmer würde den Badezimmerkomfort sogar steigern. Befinde sich nun das einzige WC der Wohnung im Badezimmer, so sei dem Komfort des Badenden ebenso gedient, wie wenn die Wohnung über zwei Toiletten verfüge. Nur dann, wenn es sich nicht um einen Ein-Personen-Haushalt handle, werde bei Vorhandensein bloß eines WC's im Baderaum die Toilettenbenützung allenfalls zeitweise erschwert. Die zeitgemäße Brauchbarkeit der Toilettenanlage sei aber kein Kategorienmerkmal. Es komme nur auf die Brauchbarkeit des vorhandenen WC's, nicht jedoch auf dessen zeitgemäßen Standard an.
Demgemäß sei die vom Antragsteller gemietete Wohnung in die Ausstattungskategorie "A" einzuordnen. Da die Angemessenheit des für die Wohnung begehrten Mietzinses nicht bestritten sei, müsse nach Feststellung dieser Ausstattungskategorie der Antrag auf Feststellung einer Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes abgewiesen werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der in MietSlg 39.328 veröffentlichte Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes eine inhaltliche Befassung mit Bauvorschriften, im speziellen über eine Badegelegenheit, nicht enthalte. Zur Frage, ob die Unterbringung des einzigen WC's im Badezimmer einer Wohnung den zeitgemäßen Standard des Badezimmers hindere, fehle es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß seinen Anträgen vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise stellte der Antragsteller einen Aufhebungsantrag.
Der Antragsgegner begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis teilweise berechtigt.
Gemäß § 16 Abs 3 MRG richtet sich die Ausstattungskategorie einer
Wohnung nach dem Ausstattungszustand derselben im Zeitpunkt des
Abschlusses des Mietvertrages. Gemeint ist damit der vom Vermieter
herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung
(Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 16 MRG Rz 20 mwN). In dem
hier zu beurteilenden Fall ist also der Zustand der Wohnung
maßgebend, wie sie dem Antragsteller zum 1.Juni 1990 übergeben
wurde.
Eine Wohnung der Ausstattungskategorie "A" ist gemäß § 16 Abs 2 Z 1
MRG eine solche in brauchbarem Zustand, die die in dieser
Gestzesstelle angeführten Merkmale aufweist. Von diesen Merkmalen muß
allein die Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) dem zeitgemäßen
Standard entsprechen, dessen Vorhandensein in dieser Rechtssache
allein strittig ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen,
daß der Antragsteller sowohl vor der Schlichtungsstelle als auch vor
den Vorinstanzen die mangelnde Einordenbarkeit der von ihm gemieteten
Wohnung in die Ausstattungskategorie "A" ausdrücklich und
ausschließlich damit begründete, daß entgegen der Bestimmung des §
90 Abs 2 der BauO für Wien Badegelegenheit und (einziges) WC der
Wohnung in einem Raum gemeinsam installiert seien. Bei einem solchen
Vorbringen erfordert der im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37
MRG geltende beschränkte Untersuchungsgrundsatz nicht, daß der
Richter den Antragsteller hätte anleiten müssen, sich dahin zu
erklären, ob er nicht etwa die mangelnde Zeitgemäßheit der
Bedegelegenheit auch auf andere Umstände stütze. Das erst im
Revisionsrekurs diesbezüglich erstattete Sachvorbringen ist als
unzulässige Neuerung unbeachtlich. Der Antragsteller wurde auch
nicht mit einer von keiner der Parteien vorgebrachten Rechtsansicht
überrascht: Gerade die vom Rekursgericht zu Ungunsten des
Antragstellers beantwortete Rechtsfrage war zwischen den Parteien
strittig. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestand daher keine
Anleitungspflicht (s MGA JN-ZPO14 § 182 ZPO/E 13).
§ 90 Abs 2 BauO für Wien in der am 1.Juni 1990 (seit der Novelle 1976) geltenden Fassung schreibt vor, daß in Wohnungen, die mehr als einen Aufenthaltsraum enthalten, an Nebenräumen ua ein Raum zur Unterbringung einer Dusche oder Badegelegenheit, ein Abort und ein Abstellraum vorhanden sein müssen. Lediglich in Wohnungen, die nur einen Aufenthaltsraum enthalten (Einzelwohnräume), dürfen Abort einerseits und Dusche oder Badegelegenheit andererseits in einem Raum untergebracht werden, wenn dieser Raum nur vom Vorraum aus zugänglich ist (§ 90 Abs 3 BauO für Wien). Früher (so 1974 bzw. 1970) verlangte die Bauordnung für Wien nur, daß ein eigener Abort im Wohnungsverband enthalten sein mußte, enthielt jedoch keine Vorschrift über die Notwendigkeit des Vorhandenseins einer Badegelegenheit (§ 90 Abs 1 BauO für Wien).
Nach diesen Bestimmungen sind bloße Badenischen in neu errichteten
Wohnungen nicht mehr vorgesehen. Dennoch hat der Gesetzgeber in § 16
Abs 2 Z 1 MRG schon während der Geltung dieser Vorschriften der BauO
für Wien noch generell Badenischen zur Rechtfertigung der
Ausstattungskategorie "A" auch im Falle der Neuvermietung, auf die
sich § 16 Abs 2 MRG bezieht, für geeignet angesehen. Der schon
vertretene Grundsatz (s 5 Ob 1050/92), daß die Bauordnungen den
jedenfalls einzuhaltenden Mindeststandard angeben, unterhalb dessen
von einem zeitgemäßen Standard nicht gesprochen werden könne,
erfährt daher schon durch das MRG selbst insoweit eine Modifikation,
als eine Badegelegenheit mit zeitgemäßem Standard nicht unbedingt in
einem eigenen, für sonst nichts vorgesehenen Raum gegeben sein muß.
Dem steht nicht entgegen, daß bei der Beurteilung, ob eine
Badegelegenheit dem zeitgemäßen Standard entspricht, auf die
Förderungsrichtlinien, die Bestimmungen der Bauvorschriften und die
örtlich geltenden Maßstäbe (Verkehrsauffassung) Bedacht zu nehmen
ist (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 16 MRG Rz 29 mit
Judikaturhinweisen, insbesondere MietSlg 39.328). "Bedachtnehmen"
bedeutet die Berücksichtigung aller dieser Beurteilungskriterien in
ihrem Zusammenspiel, nicht aber die Prävalenz eines von ihnen ohne
Rücksicht auf die anderen, mag es auch im Regelfall so sein, daß
die Bestimmungen der Bauordnungen den Mindeststandard angeben, der
nicht unterschritten werden darf. Das gilt aber aus den oben
dargelegten Gründen nicht für die Unterbringung von Badegelegenheit
und (einzigem) WC in einem Raum. Soweit aus der in MietSlg 39.328
veröffentlichten Entscheidung abgeleitet werden könnte, daß die
Installation von Badegelegenheit und WC in einem Raum (entgegen den
Bestimmungen der Bauordnung) den zeitgemäßen Standard der
Badegelegenheit ausschließt, wird diese Ansicht nicht aufrecht
erhalten.
Im Hinblick auf die - gerichtsbekanntermaßen - große Anzahl relativ neuer Wohnungen in Wien, in denen entsprechend den früher geltenden Bauvorschriften noch Bad und WC in einem Raum untergebracht sind, was von einem Großteil der Bevölkerung auch heute noch als durchaus zeitgemäß empfunden wird, hat der Oberste Gerichtshof auch keine Bedenken, daß eine solche Wohnung den örtlich geltenden Maßstäben widerspräche.
Schließlich wird der Komfort des Badenden durch das im Baderaum
befindliche WC nicht beeinträchtigt. Allenfalls wird die
WC-Benützung zeitweise erschwert. Auf den zeitgemäßen Standard des
WC's kommt es aber nicht an, weil das Gesetz auch bei Wohnungen der
Ausstattungskategorien "A" und "B" dies nicht verlangt. Den
diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes ist
nichts hinzuzufügen (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm den §§ 528a und 510
Abs 3 ZPO).
Auf Grund des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhaltes
ist die vom Antragsteller gemietete Wohnung daher in die
Ausstattungskategorie "A" einzuordnen. Der Antragsteller begehrte
jedoch die Feststellung der Ausstattungskategorie "C". Entgegen
der Meinung des Rekursgerichtes ist in einem solchen Fall die
spruchgemäße Feststellung einer anderen Ausstattungskategorie mit
Bindungswirkung für alle anderen Mieter aus folgenden, vom Obersten
Gerichtshof in der Entscheidung vom 24.11.1992, 5 Ob 147/92,
dargelegten Gründen nicht zulässig:
Die selbständige Feststellung der Ausstattungskategorie einer Wohnung
unterliegt wegen ihrer erweiterten Rechtskraftwirkung nicht der
Parteiendisposition. Eine derartige Entscheidung berührt im
Hinblick auf die Mietzinsbildung bei der Finanzierung von Erhaltungs-
und Verbesserungsarbeiten auch die Interessen der übrigen
Hauptmieter des Hauses und kann daher nur in einem Verfahren
ergehen, dem alle Hauptmieter beigezogen wurden. Folgerichtig darf
das Gericht unbeschadet einer dem § 37 Abs 3 Z 12 letzter Halbsatz
MRG gerecht werdenden Allparteieneinigung über die
kategoriebegründenden Umstände immer nur die dem Gesetz
entsprechende, objektiv richtige Ausstattungskategorie einer Wohnung
mit Rechtskraftwirkung für alle Hauptmieter eines Hauses feststellen.
Da bei Einleitung eines Verfahrens nicht abzusehen ist, ob ein Einvernehmen aller Parteien über die kategoriebestimmenden Umstände zu erzielen sein wird, ist jedes die Feststellung einer Wohnungskategorie betreffende Begehren so zu verstehen, daß es schlechthin um die Feststellung der Ausstattungskategorie geht.
Eine Bindung des Gerichtes (der Schlichtungsstelle) an das auf
Feststellung einer bestimmten Ausstattungskategorie gerichtete
Begehren besteht nur insoweit, als der Sachantrag abzuweisen ist,
wenn er nicht die richtige Kategorie trifft und sich der
Antragsteller zu keiner Änderung oder Erweiterung seines Begehrens
bereit findet. Dem Antragsteller steht es jedoch vor Wirksamwerden
des Neuerungsverbotes jederzeit frei, sein Begehren den konkreten
Beweisergebnissen anzupassen.
Demgemäß war der Punkt 1.) des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes
dahin abzuändern, daß an die Stelle der Feststellung der
Ausstattungskategorie "A" die Abweisung des Antrages des
Antragstellers auf Feststellung der Ausstattungskategorie "C" zu
treten hat.
Hingegen war die Entscheidung des Rekursgerichtes, soweit sie den Antrag des Antragstellers auf Feststellung einer Überschreitung des
zulässigen Hauptmietzinses abweist, zu bestätigen, weil die Verfahrensergebnisse im Zusammenhang mit der hiefür erforderlichen Vorfragenbeurteilung die Ausstattungskategorie "A" ergaben.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
E34056European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00109.92.0119.000Dokumentnummer
JJT_19930119_OGH0002_0050OB00109_9200000_000