TE OGH 1993/1/19 5Ob146/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Eduard H*****, Fleischhauer, und 2. Hildegard H*****, Geschäftsfrau, beide *****, beide vertreten durch Dr.Günther Niebauer, Dr.Armin Paulitsch und Dr.Karl Schaumüller, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Otto P*****, Beamter, ***** vertreten durch Dr.Hubert Dostal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 9. Juli 1992, GZ 48 R 949/91-14, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 22.Juli 1991, GZ 9 Msch 10/91-8, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind aufgrund des Mietvertrages vom 18.November 1969 (Beilage 2) Mieter des Geschäftslokales top Nr 2 in dem dem Antragsgegner gehörigen Haus *****. Die Antragsteller betreiben im Bestandobjekt eine Fleischhauerei. In § 4 des Mietvertrages bestätigten die nunmehrigen Antragsteller, den Mietgegenstand in gutem, brauchbarem Zustand übernommen zu haben; in einverständlicher Abänderung der dem § 1096 ABGB entsprechenden Pflichten übernahmen die Antragsteller die Verpflichtung, den Mietgegenstand auf ihre Kosten ohne Anspruch auf Ersatz jederzeit in gutem brauchbarem Zustand zu erhalten und nach Beendigung der Mietzeit in gutem, brauchbarem Zustand zurückzustellen. In § 11 des Mietvertrages vereinbarten die Vertragsteile unter Hinweis darauf, daß das gegenständliche Mietobjekt den Bestimmungen des Mietengesetzes nicht unterliege, ausdrücklich, daß zum Mietzins die jeweils anfallenden Instandhaltungskosten des Hauses im Ausmaß des Betriebskostenschlüssels von 9 % zusätzlich zu bezahlen sind und die Bezahlung nach Fälligkeit der anfallenden Rechnungen erfolgt. In der "Freistellungsmitteilung" vom 14.Februar 1957 brachte das Zentralfinanzamt für Beiträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz zum Ausdruck, daß für die Liegenschaft ***** Beiträge gemäß § 7 Abs 1 Z 2 WWG nicht zu entrichten sind, weil die Räume des Hauses hinsichtlich der Mietzinsbildung den Bestimmungen des Mietengesetzes nicht unterlägen und ein Kriegsschaden im Sinne des § 10 WWG vorliege (Beilage 3). Nach der Bestätigung des Magistrates der Stadt Wien, MA 50, vom 9.Dezember 1947 (Beilage 4) hat die MA 37 mit ihrem Bescheid F-XII/12/47 vom 8.März 1947 festgestellt, daß die "Wohnung ***** durch Kriegseinwirkung unbewohnbar geworden ist und daß zu deren Wiederherstellung erhebliche Aufwendungen gemacht werden müssen", sowie weiters, daß die MA 50/R des Wohnungsamtes hiezu feststellt, daß die "gegenständliche Wohnung" gemäß § 3 Abs 1 des Wohnungsanforderungsgesetzes der Anforderung nicht unterliegt, wenn die Wiederherstellung nicht mit öffentlichen Mitteln erfolgte.

Im Zuge des Abbruches und/oder des Neubaues eines Wohnhauses auf der Nachbarliegenschaft sind im Mietobjekt der Antragsteller Schäden in Form von Rißbildungen im Wand- und Bodenbereich eingetreten. In dem von den Antragstellern bei der Schlichtungsstelle des magistratischen Bezirksamtes für den 12. Bezirk anhängig gemachten Verfahren wurde von der MA 25 festgestellt, daß es sich dabei um ernste Schäden des Hauses handelt, die Sanierung der Fußbodenkonstruktion in der Fleischerwerkstätte Kosten von etwa 57.000 S, die Instandsetzung der Boden- und Wandfliesen im Verkaufsraum solche von etwa 17.000 S und die Instandsetzung der Risse im Bereich über den Wandfliesen sowie an der Decke Kosten von etwa 8.000 S erfordern werde; außerdem wurden Schäden an der Fassadenverkleidung des Geschäftslokales festgestellt.

Mit dem am 27.Juni 1990 beim Magistrat der Stadt Wien, MA 50, eingebrachten Antrag begehrten die Antragsteller, der Antragsgegnerin im Sinne des § 37 MRG unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzutragen, die Arbeiten zur Behebung der Boden- und Wandrisse im Geschäftslokal innerhalb einer angemessenen Frist in Angriff zu nehmen und durchzuführen. Die im Zuge des Abbruches und/oder des Neubaues eines Wohnhauses auf der Nachbarliegenschaft in ihrem Mietobjekt aufgetretenen Schäden stellten ernste Schäden im Sinne des § 3 Abs 2 Z 2 MRG dar, zu deren Behebung der Hauseigentümer verpflichtet sei. Trotz Aufforderung und Kenntnis des Schadensausmaßes sei eine Behebung bisher abgelehnt worden. Der Antragsgegner wendete demgegenüber ein, daß die Schlichtungsstelle unzuständig sei, weil es sich nicht um Erhaltungsarbeiten nach dem MRG, sondern um Schäden handle, die durch Bauführungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück hervorgerufen worden seien. Von einem Dritten hervorgerufene Schäden habe die Hausverwaltung nicht zu verantworten.

Die zwischenweilig verstorbene Rechtsvorgängerin des in das Verfahren eingetretenen Antragsgegners gab sich mit der im stattgebenden Sinn ergangenen Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht einverstanden und rief rechtzeitig das Erstgericht an. Der Antragsgegner beantragte die Zurückweisung des Antrages infolge "Unzulässigkeit des Rechtsweges" und hilfsweise dessen Abweisung. Er brachte ergänzend vor, es handle sich um einen Ausgleichsanspruch nach § 364 b ABGB; die Antragsteller hätten das ihnen gemachte Anbot auf Abtretung der dem Liegenschaftseigentümer nach § 364 b ABGB zustehenden Ansprüche nicht angenommen. Im übrigen unterliege das Mietobjekt nicht den Bestimmungen des MRG und sei rechtswirksam im Mietvertrag ausdrücklich einvernehmlich in Abänderung der Bestimmung des § 1096 ABGB von den Mietern die Pflicht zur Erhaltung des Mietobjektes auf ihre Kosten und ohne Anspruchsersatz übernommen worden.

Das Erstgericht wies mit Sachbeschluß den von den Mietern bestellten Antrag wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurück. Die Antragsteller hätten in dem 1969 abgeschlossenen Mietvertrag in Abänderung des § 1096 ABGB es übernommen, das Bestandobjekt auf ihre Kosten zu erhalten. Da das Bestandobjekt hinsichtlich der Mietzinsbildung nicht den Bestimmungen des MG unterlegen sei, sei diese als Mietzinsvereinbarung zu beurteilende vertragliche Übernahme der Instandhaltungspflicht zulässig und wirksam und stehe damit einer Antragstellung nach § 6 MRG entgegen. Im übrigen befänden sich die antragsgegenständlichen Schäden hier nur im Mietobjekt selbst, sie seien daher nicht als ernste Schäden des Hauses zu qualifizieren. Überdies stehe dem Hauseigentümer hinsichtlich der durch Bauführung auf dem Nachbargrundstück verursachten Risse ein Ersatzanspruch nach § 364 ff ABGB zu, dessen Geltendmachung gegenüber den Nachbarn bzw. Abtretung die geschädigten Mieter verlangen könnten. Da der Antragsgegner zu einer solchen Abtretung bereit gewesen wäre, sei die Antragstellung auch aus diesem Grund unzulässig.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit Sachbeschluß dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und bestätigte den angefochtenen erstgerichtlichen Sachbeschluß mit der Maßgabe, daß es den von den Mietern gestellten Antrag abwies, wobei es aussprach, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach § 3 Abs 1 MRG habe der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten werden, wobei die Erhaltung nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG unter anderem auch Arbeiten umfasse, die zur Erhaltung der Mietgegenstände des Hauses erforderlich seien; diese Arbeiten jedoch nur dann, wenn es sich um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt oder wenn sie erforderlich sind, um einen zu vermietenden Mietgegenstand in brauchbarem Zustand zu übergeben. Die Argumentation des Erstgerichtes, daß sich die Schäden nur im Mietobjekt selbst befänden und daher nicht als ernste Schäden des Hauses zu qualifizieren wären, sei nicht haltbar. Es handle sich immerhin um Mauerrisse im Wand- und Bodenbereich des Mietobjektes, denen die Qualifikation als ernster Schaden des Hauses nicht ohne weiteres abgesprochen werden könne. Auch der Umstand, daß hier möglicherweise ein nachbarrechtlicher Ersatzanspruch des Antragsgegners nach §§ 364 ff ABGB bestehe, dessen Geltendmachung oder Abtretung die Antragsteller von ihm verlangen könnten (vgl MietSlg 37.023), berühre die grundsätzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 MRG und das Recht des Mieters, diese in einem Verfahren nach § 6 MRG durchzusetzen, nicht. Ein darauf gestützter Anspruch wäre allerdings im streitigen Verfahren durchzusetzen. Weshalb das Vorhandensein einer weiteren Anspruchsgrundlage die Ansprüche nach §§ 3, 6 MRG ausschließen sollte, sei nicht einsichtig.

Auch wenn das Erstgericht "festgestellt" habe, daß das gegenständliche Mietobjekt nicht den Bestimmungen des MRG unterliege, ergebe sich doch aus der weiteren Begründung und der rechtlichen Beurteilung, daß das Erstgericht sehr wohl von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des MRG - diesbezüglich sei nicht einmal vom Antragsgegner ein Ausnahmetatbestand behauptet worden - ausgegangen sei, sodaß sich diese "Feststellung", die in Wahrheit rechtliche Beurteilung darstelle, offensichtlich auf die Frage der Anwendbarkeit des im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages in Geltung stehenden MG beziehe. Tatsächlich seien nach § 1 Abs 2 Z 1 MG vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes Räume ausgenommen gewesen, die erst nach dessen Wirksamkeitsbeginn (23.12.1922) durch Umbauten, Auf-, Ein- oder Zubauten neu geschaffen worden waren. Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen habe das Bestandobjekt hinsichtlich der Mietzinsbildung nicht den Bestimmungen des MG unterlegen, weil die Räume des Hauses nach schwerem Kriegsschaden ohne Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Wohnhauswiederaufbaufonds (Beil./3) neu errichtet worden seien, sodaß das Objekt auch nicht aus diesem Grunde nach § 15 Abs 9 und 10 WWG in den Anwendungsbereich des MG gefallen sei. Mit Recht habe daher das Erstgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung die Zulässigkeit der Überwälzung der Erhaltungspflicht in Abänderung des § 1096 ABGB mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen bejaht, weil die Vorschriften der §§ 1096, 1097 ABGB nachgiebiges Recht darstellten (vgl MietSlg 28.124). In der Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung zusätzlich zum ziffernmäßig bestimmten Mietzins, der dem Vermieter rein verbleiben sollte, liege die Vereinbarung eines bestimmbaren Entgelts für die Zurverfügungstellung des Bestandgegenstandes, welches daher als Mietzins zu qualifizieren sei (vgl MietSlg 27.155 f). Da die Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses nach dem bei Vertragsabschluß geltenden Recht zu beurteilen und durch das Inkrafttreten des MRG an sich nicht berührt worden sei (MietSlg 35.311/19), sei auch die Instandhaltungsverpflichtung des Mieters durch das MRG nicht berührt worden (MietSlg 36.538). Der Vorschrift des § 43 Abs 1 MRG, wonach das erste Hauptstück des MRG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge gelte, die vor dem Inkrafttreten des MRG abgeschlossen worden sind, sei zunächst nur die sich bereits aus § 5 ABGB ergebende Anordnung zu entnehmen, daß auf Mietverträge als Dauersachverhalte ab Inkrafttreten des MRG dessen Bestimmungen auch dann anzuwenden seien, wenn derartige Verträge vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen worden sind. Eine ausdrückliche Rückwirkungsanordnung in dem Sinn, daß vor dem Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu beurteilen seien, ergebe sich aus dieser Gesetzesstelle nicht (MietSlg 38.287/5, 39.406/19 ua; vgl ferner MietSlg 38.295; MietSlg 40.594/3). Die Auffassung der Rekurswerber, daß eine wirksame Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung wegen widersprüchlicher Vertragstextierung nicht erfolgt sei, weil einerseits in § 4 des Vertrages in einverständlicher Abänderung der dem § 1096 ABGB entsprechenden Pflichten der Mieter die Verpflichtung übernommen hatte, den Mietgegenstand auf seine Kosten ohne Anspruch auf Ersatz jederzeit in gutem, brauchbarem Zustand zu erhalten, und andererseits daneben vereinbart worden sei, daß zum Mietzins die jeweils anfallenden Instandhaltungskosten des Hauses im Ausmaß des Betriebskostenschlüssels zusätzlich zu bezahlen wären, könne nicht geteilt werden. Eine Vertragsauslegung im Sinne der §§ 914, 915 ABGB ergebe, daß Erhaltungsarbeiten im Inneren des Mietgegenstandes vom Mieter selbst durchzuführen seien, während Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses außerhalb des Mietgegenstandes vom Vermieter gegen anteiligen Ersatz der Kosten durch die Mieter vorzunehmen seien.

Dahingestellt bleiben könne, ob ein Erhaltungsbeitrag eingehoben

worden sei, weil das Rekursgericht bei seinen Erwägungen ohnedies

davon ausgehe, daß das in Rede stehende Bestandobjekt schon nach § 1

Abs 1 MRG nunmehr in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt. Die

auch nach Inkrafttreten des MRG weiterhin wirksame vertragliche

Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch den Mieter stehe

allerdings einer Antragstellung nach § 6 MRG entgegen (vgl MietSlg

40.258/3). Es handle sich dabei nicht um eine Frage der Zulässigkeit

des außerstreitigen Rechtsweges, sondern um eine materielle

Anspruchsvernichtung durch - in diesem Falle - wirksamen

Vorausverzicht des Berechtigten. Den auf § 37 Abs 3 Z 16 und 18 MRG

iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gestützten Ausspruch über die

Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das

Rekursgericht mit dem Hinweis auf die den zwingenden Charakter der

Bestimmungen des MRG über die Instandhaltungsverpflichtung betonenden

Entscheidungen des OGH 4 Ob 591/89 = ImmZ 1990, 6 = WoBl 1991, 10/2)

und 6 Ob 687/90 (= WoBl 1991/43) und damit scheinbar

entgegenstehenden Auffassungen.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des von ihnen bereits bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrages abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragte in seiner Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsteller wenden sich in ihrem Revisionsrekurs in erster Linie gegen die Annahme der Rechtswirksamkeit der im Mietvertrag in Abänderung des § 1096 ABGB vereinbarten Überwälzung der Erhaltungspflicht auf sie und damit gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß diese Vereinbarung einer Antragstellung nach § 6 MRG entgegenstehe. Die Rechtsmittelwerber räumen ein, es möge richtig sein, daß bei Zulässigkeit der freien Mietzinsvereinbarung im Geltungsbereich des MG die Instandhaltungspflicht des Vermieters habe abbedungen werden können, sie vertreten jedoch die Meinung, der durch das MRG geschützte Mieter könne anders als bei bloßer Anwendung des an sich nachgiebiges Recht enthaltenden § 1096 ABGB auf das Recht, die Erhaltung des Mietgegenstandes vom Vermieter zu verlangen, im voraus nicht verzichten. Ein vertraglicher (Voraus-) Verzicht habe nur solange eine materielle Anspruchsvernichtung zur Folge, als diese Vertragsbestimmung wirksam sei. Mit der Anwendbarkeit der Bestimmungen des MRG, insbesondere der §§ 3 und 6 MRG auf das Bestandobjekt sei der vertraglich normierte (Voraus-) Verzicht jedoch unwirksam geworden. Schreibe das Rekursgericht dem vor Geltung des MRG wirksamen Vorausverzicht eine materielle Anspruchsvernichtung zu, so stelle es auf den vertraglichen Ausschluß künftig entstehender Ansprüche ab. Sei dieser vertragliche Ausschluß mit Anwendung des MRG unwirksam geworden, könnten ab dann entstehende materielle Ansprüche auch nicht mehr vernichtet werden. Wie der OGH wiederholt ausgesprochen habe, seien die Bestimmungen des MRG zugunsten des Mieters im Zweifel stets als zwingend anzusehen. Ein Verzicht des Mieters auf sein Recht, im Rahmen des § 3 MRG die Erhaltung des Mietgegenstandes durch den Vermieter zu verlangen, sei sohin unwirksam. Ihrem Antrag hätte daher stattgegeben werden müssen. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat wohl wiederholt ausgesprochen, daß die Bestimmungen des MRG zugunsten des Mieters im Zweifel stets als zwingend anzusehen sind und daher auch ein im vorhinein abgegebener Verzicht des Mieters auf sein Recht, im Rahmen des § 3 MRG die Erhaltung des Mietgegenstandes durch den Vermieter zu verlangen, unwirksam ist (JBl 1988, 522 = MietSlg. 40.250; ImmZ 1990, 6 = WoBl 1991/2; WoBl 1991/43; 3 Ob 569/90). Der Oberste Gerichtshof hat aber auch wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß außerhalb zwingender Normen der Mietrechtsgesetzgebung die Pflicht des Bestandgebers zur laufenden Instandhaltung abdingbar und auf den Bestandnehmer überwälzbar ist (MietSlg 38.182 unter Hinweis auf Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 und 5 zu § 1096 ABGB; MietSlg 41.101; WoBl 1991/43; 6 Ob 546/91; 1 Ob 517/92). Das Rekursgericht hat auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend erkannt, daß der Bestimmung des § 43 Abs 1 MRG, wonach auf Mietverträge als Dauersachverhalte ab Inkrafttreten dieses Gesetzes dessen Bestimmungen auch dann anzuwenden sind, wenn derartige Verträge vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen wurden, eine ausdrückliche Rückwirkungsanordnung in dem Sinn, daß vor Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu beurteilen seien, nicht zu entnehmen ist (vgl weiters 1 Ob 538/90; 8 Ob 545/90; 6 Ob 546/91; 4 Ob 517/92; 6 Ob 613/91). Im Revisionsrekursverfahren ist nicht mehr strittig, daß der Mietvertrag über das gegenständliche Geschäftslokal im November 1969 geschlossen wurde und dieses damals hinsichtlich der Mietzinsbildung den Bestimmungen des MG nicht unterlag. Bestand somit damals das Recht zur freien Mietzinsvereinbarung, so war es zulässig, daß die Antragsteller - als teilweise Gegenleistung für die Benützung des Geschäftslokales - dessen Instandhaltung übernahmen. Da diese als Mietzinsvereinbarung zu beurteilende vertragliche Übernahme der während der Mietvertragsdauer anfallenden Reparaturen durch die Mieter in dem genannten Mietvertrag aus dem Jahr 1969 einen vor dem Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichten Sachverhalt darstellt (MietSlg 40.594/3), ist die Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung nach der im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Rechtslage zu beurteilen. Diese Rechtslage, wonach die Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch die Mieter mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen wegen der Nachgiebigkeit der Vorschrift des § 1096 ABGB zulässig ist, wurde daher vom Rekursgericht im Sinne der Lehre und Rechtsprechung zutreffend dargelegt.

In ihrem Revisionsrekurs halten die Antragsteller weiters an ihrer Auffassung fest, eine wirksame Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung sei wegen widersprüchlicher Vertragstextierung nicht erfolgt. Die Bestimmungen der §§ 4 und 11 des Mietvertrages seien gerade bei den vorliegenden ernsten Schäden des Hauses nicht miteinander in Einklang zu bringen. Zu Unrecht weise das Rekursgericht darauf hin, § 4 des Vertrages stelle auf vom Mieter vorzunehmende Erhaltungsarbeiten im Inneren des Objektes ab, während Arbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses nach § 11 des Vertrages vom Vermieter gegen anteiligen Kostenersatz durch den Mieter zu tragen seien, weil die festgestellten Mauer- und Bodenrisse nicht bloß "das Innere des Bestandobjektes" beträfen, sodaß in bezug auf diese Schäden bei richtiger Vertragsauslegung ohnehin kein wirksamer Verzicht ihrerseits auf die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten durch den Vermieter angenommen werden könne.

Auch diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. In § 4 des Mietvertrages wird nämlich ausdrücklich auf die Instandhaltungspflicht des § 1096 ABGB Bezug genommen und eine davon abweichende Regelung vereinbart. § 1096 Abs 1 ABGB enthält im ersten Satz die Verpflichtung des Vermieters zur Übergabe und Erhaltung des Bestandstücks im brauchbaren Zustand. Die Pflicht des Bestandgebers zur laufenden Instandhaltung umfaßt daher primär das eigentliche Bestandobjekt mit allen seinen Teilen, also auch den Außenmauern (EvBl 1960/255 = MietSlg 7893/15). Erst aus der im ersten Satz der genannten Bestimmung weiters noch normierten Verpflichtung des Bestandgebers, den Bestandnehmer vor Störungen zu schützen, ergibt sich weiters noch, daß die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters auch noch die allgemeinen Teile des Hauses umfaßt, die der Mieter zu benützen berechtigt ist. Wenn die Vertragsteile demgegenüber in § 11 des Mietvertrages - außerhalb des vorgedruckten Vertragstextes - die Verpflichtung der Mieter vereinbarten, zum Mietzins die jeweils anfallenden Instandhaltungskosten des Hauses im Ausmaß des Betriebskostenschlüssels nach Fälligkeit der anfallenden Rechnungen zusätzlich zu bezahlen, so kann in der vom Rekursgericht vorgenommenen Auslegung der beiden Vertragspunkte kein Rechtsirrtum erblickt werden, zumal die Festlegung des Ausmaßes der Beteiligung der Antragsteller an den jeweils anfallenden Instandhaltungskosten des Hauses nach Maßgabe des sie treffenden Betriebskostenanteils darauf hindeutet, daß damit - zum Unterschied von der Vereinbarung nach § 4 des Mietvertrages - die allgemeinen Teile des Hauses, soweit sie nicht unmittelbar den Bestandgegenstand selbst betreffen, gemeint waren.

Der Revisionsrekurs erweist sich damit als unberechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Anmerkung

E34073

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00146.92.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19930119_OGH0002_0050OB00146_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten